Книга - Gewandelt

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Gewandelt
Morgan Rice


Weg der Vampire #1
GEWANDELT ist das erste Buch der Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE, die derzeit aus elf Büchern besteht. In GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire), wird die 18-jährige Caitlin Paine aus ihrem beschaulichen Vorort gerissen und muss eine gefährliche High School in New York besuchen, als sich ihre Mutter wieder einmal entschließt, umzuziehen. Der einzige Lichtblick in ihrem neuen Umfeld ist Jonah, ein Klassenkamerad, der sie sofort ins Herz schließt. Doch bevor sich ihre Romanze entfalten kann, bemerkt Caitlin plötzlich, dass sie sich verändert. Sie verfügt über übermenschliche Stärke, wird lichtempfindlich, hat unerklärlichen Hunger und Gefühle, die sie nicht verstehen kann. Sie sucht nach einer Erklärung für das, was mit ihr geschieht, und ihre Gelüste führen sie zur falschen Zeit an den falschen Ort. Ihre Augen werden geöffnet für eine verborgene Welt, die direkt unter ihr, im Untergrund von New York blüht. Sie findet sich selbst zwischen zwei gefährlichen Zirkeln wieder, in der Mitte eines Krieges unter den Vampiren. In diesem Augenblick trifft Caitlin auf Caleb, einen geheimnisvollen und mächtigen Vampir, der sie vor den dunklen Mächten rettet. Er braucht ihre Hilfe, um sie zu einem legendären Verlorenen Artefakt zu führen. Und sie hofft, in ihm Antworten zu finden und seinen Schutz. Gemeinsam müssen sie die Antwort auf eine entscheidende Frage finden: Wer war ihr Vater? Doch Caitlin ist gefangen zwischen zwei Männern als sich zwischen ihnen etwas Unerwartetes entwickelt: eine verbotene Liebe. Eine Liebe zwischen den Rassen, die ihrer beider Leben in Gefahr bringt, und sie zwingen wird sich zu entscheiden, ob sie bereit sind, alles füreinander zu riskieren. "GEWANDELT ist eine ideale Geschichte für junge Leser.





Morgan Rice

Gewandelt Band #1 Der Weg Der Vampire




AUSGEWÄHLTE STIMMEN ZU DEN BÜCHERN VON MORGAN RICE

„Hat mich von Anfang an gefesselt und es hörte nicht auf … Diese Geschichte ist ein erstaunliches Abenteuer, von Anfang an voller Tempo und Action. Nicht ein Moment Langeweile.“

–-Paranormal Romance Guild {über Turned}



„Ein großartiger Plot und genau diese Art Buch, die man nachts nicht weglegen kann. Das Ende ist ein so spektakulärer Cliffhanger, dass man sofort das nächste Buch kaufen will, um herauszufinden, was als nächstes passiert.“

–-The Dallas Examiner{über Loved}



„Ein Buch, das Locker mit Bis(s) zum Morgengrauen und den Vampire Readings mithalten kann. Man will einfach bis zur letzten Seite weiterlesen! Wenn Sie Abenteuer, Liebe und Vampire lieben, ist dieses Buch das Richtige für Sie!“

–-vampirebooksite.com {regarding Turned}



„Eine ideale Story für jüngere Leser. Morgan Rice ist gut darin, einem Buch, was ein typisches Vampirmärchen hätte werden können, einen originellen Twist zu verleihen. Der erfrischende und einzigartige Roman hat die klassischen Elemente übernatürlicher Storys für junge Erwachsene.“

–-The Romance Reviews {regarding Turned}



„Rice ist einfach fantastisch darin, Dich von Anfang an in die Geschichte hineinzuziehen. Seine Beschreibungen gehen weit über das bloße Ausmalen von Szenen hinaus … Nett geschrieben und liest sich extrem schnell. Ein guter Anfang für eine neue Vampirserie, die sicher ein Hit bei allen Lesern wird, die leichte und zugleich unterhaltsame Kost mögen.“

–-Black Lagoon Reviews {über Turned}



„Voller Action, Romantik, Abenteuer und Spannung. Das Buch ist eine wundervolle Ergänzung für die Serie. Man will sofort mehr von Morgan Rice lesen.“

–-vampirebooksite.com {über Loved}



„Morgan Rice beweist sich wieder einmal als extrem talentierte Geschichtenerzählerin … Das Buch gefällt sicher vielen Lesern, auch jüngeren Fans des Vampir-/Fantasygenres. Der unerwartete Cliffhanger lässt einen schockiert zurück.“

–-THE ROMANCE REVIEWS{über Loved}


Über Morgan Rice

Morgan Rice schrieb die Nr. 1 Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE, eine elfteilige Serie für junge Leser. Ihrer Feder entstammt auch die Nr. 1 Bestseller Serie TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptischer Thriller-Serie aus derzeit zwei Büchern (man darf auf das Dritte gespannt sein) und die epische Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, das derzeit aus dreizehn Büchern besteht und die Bestsellerlisten anführt.

Morgans Bücher gibt es als Audio oder Print-Editionen die in vielen Sprachen erschienen sind: Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch, Schwedisch, Holländisch, Türkisch, Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch – mehr Sprachen werden folgen.

Morgan freut sich, von ihren Lesern zu hören, darum besuchen Sie bitte www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/) um sich für Email-Updates zu registrieren. Erhalten sie ein kostenloses Buch, Geschenke, laden sie die kostenlose App herunter und erhalten sie exklusiv die neusten Nachrichten. Oder folgen Sie Morgan auf Facebook und Twitter. Morgan freut sich auf Ihren Besuch!




Bücher von Morgan Rice




DER RING DER ZAUBEREI


QUESTE DER HELDEN (Band #1)


MARSCH DER KÖNIGE (Band #2)


LOS DER DRACHEN (Band #3)


RUF NACH EHRE (Band #4)


SCHWUR DES RUHMS (Band #5)


ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band #6)


demnächst auf Deutsch erhältlich


A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band #7)


A GRANT OF ARMS – GEWÄHR DER WAFFEN (Band #8)


A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band #9)


A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band #10)


A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band #11)


A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND #12)


A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)




DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS


ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)


demnächst auf Deutsch erhältlich


ARENA TWO –  ARENA ZWEI (Band #2)




DER WEG DER VAMPIRE


GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire)


VERGÖTTERT (Band #2 Der Weg Der Vampire)


VERRATEN (Band #3 Der Weg Der Vampire)


BESTIMMT (Band #4 Der Weg Der Vampire)


BEGEHRT (Band #5 Der Weg Der Vampire)


demnächst auf Deutsch erhältlich


BETROTHED – VERMÄHLT (Band #6)


VOWED – GELOBT (Band #7)


FOUND  – GEFUNDEN (Band #8)


RESURRECTED  – ERWECKT (Band #9)


CRAVED  – ERSEHNT (Band #10)


FATED  – BERUFEN (Band #11)










Hören (https://itunes.apple.com/de/artist/morgan-rice/id417552527?mt=11&uo=4) im Audiobuch-Format an!


Copyright © 2014 von Morgan Rice



Alle Rechte vorbehalten. Außer entsprechend den Ausnahmen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Veröffentlichung kopiert, vertrieben oder in irgendeiner Form oder durch irgendwelche Mittel übertragen werden, auch nicht in einer Datenbank oder in einem Datenabfragesystem gespeichert werden, ohne, das seine vorherige Erlaubnis durch den Autor vorliegt.



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Dieses Werk ist fiktional. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle entstammen entweder der Imagination des Autors oder werden fiktional verwendet. Jede eventuelle Ähnlichkeit zu realen Personen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.



BAUMHAUS TASCHENBUCH Band 1015 Vollständige Taschenbuchausgabe Baumhaus Taschenbuch in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG Deutsche Erstausgabe Für die Originalausgabe: Copyright © 2011 by Morgan Rice Titel der amerikanischen Originalausgabe: „Turned – Book #1 in The Vampire Journals“ Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen Für die deutschsprachige Ausgabe: Copyright © [Jahr] by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln Lektorat: Beate Christmann, Pulheim ISBN 978-3-8432-1015-7


Ist es heilsam,
So entblößt umherzugehen und einzusaugen den Dunst
Des Morgens? Wie, ist Brutus krank,
Und schleicht er vom gesunden Bett sich weg,
Der schnöden Ansteckung der Nacht zu trotzen?

    William Shakespeare, Julius Cäsar

(Aus der Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel, Zweiter Aufzug, Erste Szene)




1. Kapitel


Caitlin Paine fürchtete sich jedes Mal vor dem ersten Tag an einer neuen Schule, denn sie fand es sehr anstrengend, immer wieder von vorne anfangen zu müssen. Zwangsläufig musste sie sich um wichtige Dinge wie das Kennenlernen neuer Freunde, die neuen Lehrer und das Erkunden der Räume, Gänge und Treppenhäuser kümmern. Außerdem waren da aber auch noch ein paar andere – zugegebenermaßen weniger wichtige – Dinge wie das Organisieren eines neuen Spinds, der Geruch des neuen Gebäudes und die Geräusche, die dort zu hören waren. Aber mehr als vor allem anderen fürchtete sie sich vor den neugierigen Blicken. Sie hatte immer das Gefühl, dass alle sie anstarrten, wenn sie irgendwo neu war. Dabei wollte sie doch nichts weiter, als anonym zu sein. Doch offensichtlich sollte das nicht sein.

Caitlin verstand nicht, was an ihr so auffällig war. Mit ihrer Größe von einem Meter fünfundsechzig war sie nicht sonderlich groß, und sie fand sich mit ihren braunen Haaren, den braunen Augen und ihrem normalen Gewicht absolut durchschnittlich. Sie war ganz bestimmt nicht so hübsch wie manche der anderen Mädchen, und mit ihren achtzehn Jahren war sie zwar ein wenig älter als die anderen, aber auch nicht alt genug, um herauszustechen.

Nein, es war irgendetwas anderes. Sie hatte etwas an sich, was die Leute zweimal hinsehen ließ. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie anders war. Aber woran genau das lag, wusste sie nicht.

Wenn es noch etwas Schlimmeres gab als einen ersten Schultag, dann war es ein erster Schultag mitten im Halbjahr, wenn alle anderen Schüler bereits Zeit gehabt hatten, Kontakte zu knüpfen. Der heutige Tag – dieser erste Schultag Mitte März – würde sicher besonders schlimm werden. Sie hatte da so ein Gefühl.

Trotzdem hätte sie sich in ihren wildesten Fantasien nicht vorstellen können, dass es so schlimm werden würde. Nichts, was sie je erlebt hatte – und sie hatte schon viel erlebt –, hatte sie auf das hier vorbereitet.

An einem eiskalten Märzmorgen stand Caitlin vor ihrer neuen Schule – einer großen staatlichen Schule in New York City – und fragte sich: Warum ausgerechnet ich? In ihrem Sweatshirt und den Leggins war sie viel zu leger gekleidet, außerdem war sie nicht im Entferntesten auf das lautstarke Chaos vorbereitet gewesen, das sie nun begrüßte. Hunderte von Schülern standen dort, tobten, kreischten und drängelten sich aneinander vorbei. Es sah aus wie auf einem Gefängnishof.

Caitlin fand alles hier irgendwie übertrieben: Diese Kids lachten zu laut, fluchten zu viel, schubsten sich gegenseitig zu heftig. Man hätte das Ganze für eine große Schlägerei halten können, wäre nicht auch hier und da ein Lächeln zu sehen oder ein spöttisches Lachen zu hören gewesen. Diese Kids hatten einfach zu viel Energie, und Caitlin konnte nicht verstehen, woher sie die nahmen. Sie selbst war erschöpft und litt unter Schlafmangel, außerdem fror sie erbärmlich. Ergeben schloss sie die Augen und wünschte sich, alles würde wie von Zauberhand verschwinden.

Als sie die Hand in die Tasche steckte, fühlte sie plötzlich etwas zwischen ihren Fingern: ihren iPod. Ja! Schnell steckte sie sich die Ohrstöpsel in die Ohren und drehte die Lautstärke auf. Sie hatte das dringende Bedürfnis, alles andere zu übertönen.

Aber es kam nichts. Sie warf einen Blick auf das Gerät und stellte fest, dass die Batterie leer war. Perfekt.

In der Hoffnung auf Ablenkung kontrollierte sie ihr Handy. Keine neuen Nachrichten.

Wenn sie so dieses Meer an neuen Gesichtern betrachtete, fühlte sie sich einsam. Nicht, weil sie das einzige weiße Mädchen war – das war ihr sogar ganz recht. Einige ihrer engsten Freundinnen an anderen Schulen hatten dunklere Haut gehabt – Schwarze, Südamerikanerinnen, Asiatinnen, Inderinnen –, und einige ihrer niederträchtigsten Neiderinnen waren Weiße gewesen. Nein, daran lag es nicht. Sie fühlte sich einsam, weil es hier so städtisch war. Unter ihren Füßen war Beton, und mit einem lauten Summton war sie in den »Erholungsbereich« eingelassen worden, vorher hatte sie allerdings noch mehrere hohe Metalltore passieren müssen. Jetzt war sie eingesperrt, gefangen hinter einem robusten Metallzaun, der von Stacheldraht gekrönt war. Sie hatte das Gefühl, im Gefängnis gelandet zu sein.

Als sie an dem großen Schulgebäude aufblickte, dessen Fenster mit Gitterstäben versehen waren, verbesserte das ihre Stimmung auch nicht gerade. Sie hatte sich immer problemlos an neue Schulen gewöhnt – egal, ob sie groß oder klein gewesen waren –, aber die hatten sich alle in Vororten befunden. Dort hatte es Gras und Bäume gegeben, und der Himmel war zu sehen gewesen. Doch hier war nichts außer Stadt. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Und das jagte ihr Angst ein.

Ein lauter Klingelton ertönte, und sie bewegte sich zusammen mit Hunderten von Schülern auf den Eingang zu. Ein großes Mädchen rempelte sie grob an, sodass ihr das Tagebuch aus der Hand fiel. Sie hob es auf und wartete, ob sich das Mädchen entschuldigen würde. Aber sie war nirgendwo mehr zu sehen – wahrscheinlich war sie schon in dem Gewühl verschwunden. Irgendwo hörte sie Gelächter, aber sie konnte nicht feststellen, ob es ihr galt.

Angespannt umklammerte sie ihr Tagebuch; es war das Einzige, was ihr Halt gab. Bis jetzt hatte es sie überallhin begleitet. Sie machte sich ständig Notizen und fertigte Zeichnungen an, wohin sie auch ging. Das Buch war eine Landkarte ihrer Kindheit.

Schließlich erreichte sie die Eingangstür und musste sich mit den anderen zusammen hineinquetschen. Es war, als würde man zur Hauptverkehrszeit in einen Zug steigen. Sie hatte gehofft, dass es im Gebäude warm sein würde, aber durch die offenen Türen wehte ein kalter Luftzug, der sie noch mehr frieren ließ.

Am Eingang standen zwei große Männer vom Sicherheitsdienst, flankiert von zwei Polizisten der Stadt New York. Sie trugen Uniform, und ihre Schusswaffen waren deutlich zu sehen.

»WEITERGEHEN!«, befahl einer von ihnen.

Sie konnte den Grund nicht erkennen, warum zwei bewaffnete Polizisten den Eingang einer Highschool bewachen mussten. Ihre Furcht wuchs und wurde noch stärker, als sie den Metalldetektor erblickte, der wie eins dieser Geräte beim Sicherheitscheck am Flughafen aussah.

Vier weitere bewaffnete Polizisten standen links und rechts neben dem Detektor, außerdem waren dort noch zwei weitere Sicherheitsbedienstete.

»TASCHEN LEEREN!«, blaffte ein Wachmann.

Caitlin beobachtete, wie die anderen Jugendlichen die Gegenstände aus ihren Taschen in kleine Plastikkörbe legten. Rasch folgte sie ihrem Beispiel und holte ihren iPod, ihre Geldbörse und ihre Schlüssel raus.

Dann schob sie sich durch den Detektor, doch der Alarm wurde ausgelöst.

»DU!«, fuhr ein Wachmann sie an. »Zur Seite treten!«

Natürlich.

Alle starrten sie an, als sie die Arme heben musste und der Wachmann mit einem Handscanner ihren Körper absuchte.

»Trägst du Schmuck?«

Sie fasste sich ans Handgelenk, dann an den Hals, und plötzlich fiel es ihr ein: ihr Kreuz.

»Nimm es ab«, forderte der Wachmann unfreundlich.

Es war die Halskette, die ihre Großmutter ihr kurz vor ihrem Tod geschenkt hatte. Daran hing ein kleines Silberkreuz mit einer Gravur in einer fremden Sprache, deren Bedeutung sie nie herausgefunden hatte. Ihre Großmutter hatte ihr erzählt, dass sie das Kreuz wiederum von ihrer Großmutter erhalten hatte. Caitlin war nicht religiös, und sie verstand auch die Bedeutung nicht, aber sie wusste, dass das Schmuckstück Hunderte von Jahren alt war. Es war bei Weitem das Wertvollste, was sie besaß.

Caitlin hob das Kreuz an, nahm es jedoch nicht ab.

»Lieber nicht«, antwortete sie.

Der Mann starrte sie mit kaltem Blick an.

Plötzlich brach ein Tumult aus. Es gab ein Riesengeschrei, als ein Polizist einen großen, dünnen Jungen packte und gegen die Wand stieß. Dabei zog er ihm ein kleines Messer aus der Tasche.

Der Wachmann kam ihm zu Hilfe, und Caitlin nutzte die Gelegenheit, um in der Menge unterzutauchen.

Willkommen in der staatlichen Schule von New York City, dachte Caitlin. Großartig.

Schon jetzt zählte sie die Tage bis zu ihrem Schulabschluss.


* * *

Noch nie hatte sie so breite Flure gesehen. Es war unvorstellbar, dass sie sich je füllen könnten, aber sie waren übervoll. Die Schüler drängten sich Schulter an Schulter. Auf diesen Gängen mussten sich Tausende von Jugendlichen befinden, der Anblick der vielen Gesichter erstreckte sie maßlos. Der Lärm hier drin war sogar noch schlimmer, weil er von den Wänden zurückgeworfen und so verstärkt wurde. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten. Aber sie hatte nicht einmal genug Platz, um die Arme zu heben. Allmählich bekam sie Platzangst.

Es klingelte, und das Treiben nahm zu.

Schon spät dran.

Schnell warf sie einen Blick auf den Raumplan und entdeckte schließlich in der Ferne das Klassenzimmer. Vergeblich versuchte sie, sich zwischen den Körpern hindurchzuschieben. Nach mehreren gescheiterten Versuchen begriff sie schließlich, dass sie offensiver vorgehen musste. Also fuhr sie die Ellbogen aus und schubste zurück, schob einen Körper nach dem anderen zur Seite. Auf diese Weise überquerte sie den Flur und öffnete die schwere Tür zu ihrem Klassenzimmer.

Sie wappnete sich gegen die ganzen Blicke, die sich auf sie richten würden, wenn sie – die neue Schülerin – gleich am ersten Tag zu spät kam. Eigentlich hätte sie erwartet, dass der Lehrer sie schelten würde, weil sie den Unterricht unterbrach. Doch verblüfft stellte sie fest, dass nichts davon geschah. Der Raum, der für dreißig Schüler gedacht war, war mit rund fünfzig Jugendlichen vollgestopft. Einige saßen auf ihren Plätzen, andere spazierten durch die Gänge, alle schrien und brüllten sich gegenseitig etwas zu. Es herrschte das absolute Chaos.

Bereits vor fünf Minuten hatte es zum Unterrichtsbeginn geklingelt, aber der Lehrer, der ungepflegt wirkte und einen zerknitterten Anzug trug, hatte noch nicht einmal mit dem Unterricht begonnen. Stattdessen hatte er die Füße auf den Tisch gelegt, las die Zeitung und ignorierte die Klasse völlig.

Caitlin ging zu ihm hin und legte ihren neuen Ausweis auf seinen Tisch. Dann blieb sie dort stehen und wartete darauf, dass er Notiz von ihr nahm, aber nichts dergleichen geschah.

Schließlich räusperte sie sich.

»Entschuldigen Sie bitte.«

Widerstrebend ließ er die Zeitung sinken.

»Ich bin Caitlin Paine. Ich bin neu hier. Ich glaube, ich soll Ihnen das hier geben.«

»Ich bin bloß eine Vertretung«, erklärte er und vertiefte sich wieder in seine Lektüre.

Caitlin war verwirrt.

»Sie überprüfen nicht die Anwesenheit?«, fragte sie.

»Der Lehrer ist am Montag wieder da«, antwortete er kurz angebunden. »Er wird sich darum kümmern.«

Als Caitlin begriff, dass das Gespräch beendet war, nahm sie ihren Ausweis wieder an sich.

Dann drehte sie sich zur Klasse um. Das Chaos hatte nicht eine Sekunde lang aufgehört. Das einzig Gute daran war, dass sie nicht auffiel. Niemand hier schien Notiz von ihr zu nehmen.

Sie ließ den Blick über den überfüllten Raum schweifen und stellte genervt fest, dass es offensichtlich keinen einzigen freien Sitzplatz mehr gab.

Also fasste sie sich ein Herz, umklammerte ihr Tagebuch und ging zögernd einen Gang entlang. Dabei zuckte sie einige Male zusammen, als die Kids sich ankreischten. Vom hinteren Ende des Klassenzimmers aus konnte sie den ganzen Raum überblicken.

Es gab wirklich keinen freien Platz.

Sie blieb stehen und kam sich vor wie ein Idiot. Allmählich nahmen ein paar Schüler Notiz von ihr, doch sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hatte nicht vor, die ganze Zeit hier stehen zu bleiben, und dem Vertretungslehrer war es offensichtlich völlig gleichgültig, was sie tat. Hilflos sah sie sich um.

Ein paar Gänge weiter ertönte Gelächter – sie war sich sicher, dass sie ausgelacht wurde. Schließlich war sie nicht wie diese Kids angezogen, und sie sah auch nicht so aus wie sie. Ihre Wangen wurden heiß.

Doch als sie sich gerade darauf vorbereitete, die Klasse und vielleicht sogar die ganze Schule zu verlassen, hörte sie plötzlich eine Stimme.

»Hier.«

Sie drehte sich um.

In der letzten Reihe neben dem Fenster erhob sich ein großer Junge von seinem Platz.

»Setz dich«, sagte er. »Bitte.«

Im Klassenzimmer wurde es ein wenig ruhiger, während die anderen auf ihre Reaktion warteten.

Sie ging zu ihm hinüber und versuchte, ihm dabei nicht in die Augen zu sehen – große, strahlende grüne Augen –, aber sie konnte es sich nicht verkneifen.

Er sah einfach fantastisch aus und hatte glatte, olivfarbene Haut – sie konnte nicht erkennen, ob er schwarz, Südamerikaner, weiß oder irgendeine Mischung war, aber sie hatte auf jeden Fall noch nie so glatte, weiche Haut gesehen. Sie betonte seine markanten Gesichtszüge. Seine braunen Haare trug er kurz, und er war sehr dünn. Irgendwie wirkte er hier fehl am Platz. Er war so zerbrechlich. Vielleicht war er ein Künstler.

Obwohl es untypisch für sie war, sich auf den ersten Blick in einen Typen zu vergucken, war sie sofort hin und weg. Zwar hatte sie bereits miterlebt, wie sich ihre Freundinnen verknallt hatten, aber sie hatte es nie wirklich verstanden – bis jetzt!

»Und wo wirst du dich hinsetzen?«, fragte sie.

Sie versuchte, ruhig und gelassen zu klingen, aber das wirkte nicht sehr überzeugend. Sie hoffte nur, dass er nicht hörte, wie nervös sie war.

Doch er grinste nur breit und enthüllte dabei seine perfekten Zähne.

»Gleich hier drüben«, antwortete er und ging zu der breiten Fensterbank, die nur ein paar Schritte entfernt war.

Sie sah ihn an, und er hielt ihren Blick fest. Eigentlich wollte sie wegsehen, aber irgendwie gelang ihr das nicht.

»Danke«, sagte sie und war sofort sauer auf sich selbst.

Danke? Mehr nicht? Danke!?

»Gut so, Barack!«, schrie eine Stimme. »Gib diesem netten weißen Mädchen deinen Sitzplatz!«

Gelächter folgte, und der Lärmpegel im Raum stieg wieder an. Die anderen ignorierten sie wieder.

Caitlin sah, wie er verlegen den Kopf senkte.

»Barack?«, fragte sie. »Heißt du so?«

»Nein«, antwortete er und wurde rot. »Sie nennen mich bloß so. Wie Barack Obama. Sie finden, ich sehe im ähnlich.«

Sie betrachtete ihn genauer und stellte fest, dass da tatsächlich etwas dran war.

»Es liegt daran, dass ich halb schwarz, teilweise weiß und teilweise puerto-ricanisch bin.«

»Nun, ich finde, es ist ein Kompliment«, erwiderte sie.

»Nicht so, wie sie es sagen«, widersprach er.

Als sie ihn dabei beobachtete, wie er sich auf die Fensterbank setzte, merkte sie, dass sein Selbstvertrauen angekratzt war. Und sie erkannte, dass er sensibel war. Sogar verletzlich. Er passte nicht zu diesen Kids. Es war verrückt, aber auf einmal hatte sie das Bedürfnis, ihn zu beschützen.

»Ich bin Caitlin«, stellte sie sich vor, streckte die Hand aus und sah ihm in die Augen.

Überrascht blickte er auf, und sein Lächeln kehrte zurück.

»Jonah«, entgegnete er.

Mit festem Griff nahm er ihre Hand und schüttelte sie. Als sie seine glatte Haut spürte, begann ihr Arm zu prickeln. Sie hatte das Gefühl, dass sie miteinander verschmolzen. Er hielt ihre Hand eine Sekunde zu lange fest, und unwillkürlich erwiderte sie sein Lächeln.


* * *

Der Rest des Vormittags lag irgendwie im Nebel, und als Caitlin schließlich die Cafeteria erreichte, war sie hungrig. Sie öffnete die große Tür und wurde völlig erschlagen von dem riesigen Raum und dem unglaublichen Lärmpegel der gefühlt tausend Kids, die alle durcheinanderschrien. Es war, als würde man eine Sporthalle betreten – wenn man einmal davon absah, dass alle fünf Meter Sicherheitsleute in den Gängen standen und das Geschehen aufmerksam beobachteten.

Wie üblich wusste sie nicht, wohin sie gehen sollte. Suchend sah sie sich in dem großen Raum um und entdeckte schließlich einen Stapel Tabletts. Sie nahm sich eins davon und stellte sich an das Ende der Warteschlange – oder an das, was sie dafür hielt.

»Nicht vordrängeln, du Schlampe!«

Caitlin drehte sich um und sah sich einem übergewichtigen Mädchen gegenüber, das sie um fünfzehn Zentimeter überragte. Finster blickte es auf Caitlin herunter.

»Es tut mir leid, ich wusste nicht …«

»Das Ende der Warteschlange ist da hinten!«, fauchte ein anderes Mädchen und deutete mit dem Daumen hinter sich.

Caitlin sah, dass die Schlange noch mindestens hundert Schüler weit zurückreichte. Es sah aus, als müsse man bestimmt zwanzig Minuten warten.

Gerade machte sie sich auf den Weg zum Ende der Reihe, als ein Schüler in der Schlange einen anderen so stark schubste, dass er vor ihr auf den Boden knallte.

Dann sprang der erste Junge auf den am Boden Liegenden und boxte ihn ins Gesicht.

Die ganze Cafeteria brach in begeistertes Grölen aus, und Dutzende von Kids umringten die Kämpfer.

»KÄMPFEN! KÄMPFEN!«

Caitlin trat einige Schritte zurück und beobachtete entsetzt die gewalttätige Szene zu ihren Füßen.

Schließlich kamen vier Wachleute herüber und beendeten das Ganze. Sie trennten die beiden blutenden Jungs voneinander und brachten sie weg. Dabei schienen sie es jedoch nicht besonders eilig zu haben.

Nachdem Caitlin endlich ihr Essen bekommen hatte, sah sie sich suchend um. Sie hoffte, irgendwo Jonah zu entdecken, aber er war nirgendwo zu sehen.

Also ging sie die Gänge entlang, aber fast alle Tische waren komplett besetzt. Zwar gab es noch ein paar wenige freie Plätze, aber die wirkten nicht gerade einladend, weil man dort hätte neben großen Cliquen sitzen müssen.

Zu guter Letzt fand sie einen freien Tisch ganz hinten. An seinem Ende saß nur ein kleiner, zierlicher Chinese mit Zahnspange, der ziemlich ärmlich gekleidet war. Doch er hielt den Kopf gesenkt und konzentrierte sich ausschließlich auf sein Essen.

Sie fühlte sich einsam. Prüfend kontrollierte sie ihr Handy. Auf Facebook hatte sie einige Mitteilungen von Freunden aus ihrem letzten Wohnort bekommen. Sie wollten wissen, wie es ihr in New York City gefiel. Aber ihr war nicht danach, ihnen zu antworten, sie waren so weit weg.

Caitlin bekam kaum etwas hinunter, offensichtlich war die Übelkeit des ersten Tages noch nicht ganz verschwunden. Also versuchte sie, an etwas anderes zu denken. Sie schloss die Augen und dachte an ihre neue Wohnung im fünften Stock eines schmutzigen Gebäudes ohne Fahrstuhl in der 132. Straße. Sofort wurde ihr noch übler. Sie atmete tief durch und zwang sich, an etwas Schönes in ihrem Leben zu denken.

An ihren kleinen Bruder. An Sam. Er war vierzehn und ging scharf auf die zwanzig zu. Sam schien immer zu vergessen, dass er der Jüngere war – er benahm sich, als wäre er ihr älterer Bruder. Inzwischen war er tough und abgebrüht, weil sie ständig umzogen, ihr Dad sie verlassen hatte und wegen der Art und Weise, wie ihre Mutter ihre beiden Kinder behandelte. Caitlin sah, wie sehr ihm das alles zu schaffen machte, und sie registrierte, dass er anfing, sich abzukapseln. Seine häufigen Streitereien in der Schule überraschten sie nicht. Vielmehr fürchtete sie, dass das alles noch schlimmer werden würde.

Aber was Caitlin anging, so liebte Sam sie aus ganzem Herzen. Und sie ihn. Er war die einzige Konstante in ihrem Leben, der einzige Mensch, auf den sie sich verlassen konnte. Offensichtlich war sie das Einzige auf der Welt, wofür er noch eine Schwäche hatte. Deshalb war sie fest entschlossen, sich alle Mühe zu geben, um ihn zu beschützen.

»Caitlin?«

Sie zuckte zusammen.

Neben ihr stand Jonah. Mit der einen Hand balancierte er ein Tablett, und in der anderen trug er einen Geigenkasten.

»Darf ich mich zu dir setzen?«

»Ja, ja natürlich«, stammelte sie verwirrt.

Idiotin, dachte sie. Hör auf, nervös zu sein.

In Jonahs Gesicht blitzte sein Lächeln auf, dann nahm er gegenüber Platz. Er saß sehr gerade, nahm eine perfekte Körperhaltung ein und legte seine Geige vorsichtig neben sich. Dann erst stellte er behutsam sein Tablett mit dem Essen ab. Er hatte etwas an sich, was sie nicht richtig einordnen konnte. Er war anders als alle Menschen, die sie bisher kennengelernt hatte. Es war, als stammte er aus einer anderen Epoche. Und er gehörte definitiv nicht an diesen Ort.

»Wie war dein erster Tag?«, fragte er.

»Nicht so, wie ich es erwartet hatte.«

»Ich weiß, was du meinst«, erwiderte er.

»Ist das eine Geige?«

Sie deutete mit dem Kinn auf sein Instrument. Er behielt es nahe bei sich und hatte eine Hand darauf gelegt, als hätte er Angst, es könnte gestohlen werden.

»Genau genommen ist es eine Bratsche. Sie ist nur ein bisschen größer als eine Geige, hat aber einen ganz anderen Klang. Viel weicher.«

Sie hatte noch nie eine Bratsche gesehen und hoffte, er würde sie auf den Tisch legen, um sie ihr zu zeigen. Aber er machte keine Anstalten, sie aus dem Kasten zu nehmen, und Caitlin wollte nicht zu neugierig wirken. Seine Hand ruhte immer noch auf dem Instrument, es sah aus, als würde er es beschützen, als wäre es etwas Persönliches, etwas Privates.

»Übst du viel?«

Jonah zuckte mit den Schultern. »Einige Stunden täglich«, antwortete er lapidar.

»Einige Stunden!? Du musst großartig spielen!«

Wieder zuckte er mit den Schultern. »Ich spiele vermutlich ganz passabel. Es gibt viele Musiker, die viel besser sind als ich. Aber ich hoffe, es ist meine Fahrkarte, um von dieser Schule wegzukommen.«

»Ich wollte immer gerne Klavier spielen«, gestand Caitlin.

»Warum tust du es dann nicht?«

Sie wollte gerade sagen: Weil ich nie ein Klavier hatte, verkniff es sich dann aber. Stattdessen zuckte sie mit den Schultern und richtete den Blick auf ihren Teller.

»Dazu musst du kein eigenes Klavier besitzen«, erklärte Jonah.

Sie sah ihn an, verblüfft, dass er ihre Gedanken gelesen hatte.

»Hier in der Schule haben sie einen Proberaum. Neben all den ganzen schlechten Dingen hier gibt es also auch etwas Gutes. Du kannst kostenlosen Unterricht bekommen, du musst dich nur anmelden.«

Erstaunt riss Caitlin die Augen auf.

»Wirklich?«

»Vor dem Musikraum hängt eine Anmeldeliste. Frag nach Mrs. Lennox und sag ihr, dass du eine Freundin von mir bist.«

Freundin. Das gefiel Caitlin. Sie spürte, wie sich langsam ein Glücksgefühl in ihr ausbreitete.

Sie lächelte, und ihre Blicke trafen sich.

Als sie in seine leuchtend grünen Augen starrte, brannte sie darauf, ihm eine Million Fragen zu stellen: Hast du eine Freundin? Warum bist du so nett zu mir? Magst du mich wirklich?

Doch stattdessen biss sie sich lieber auf die Zunge und schwieg.

Sie fürchtete, dass ihr gemeinsames Essen bald vorbei sein würde, und zerbrach sich den Kopf, wie sie ihre Unterhaltung verlängern könnte. Angestrengt suchte sie nach einer Frage, die ihr ein Wiedersehen mit ihm sichern würde. Aber sie wurde nur noch nervöser und erstarrte in Schweigen.

Schließlich öffnete sie doch noch den Mund, um etwas zu sagen, aber genau in dem Augenblick klingelte es.

Im Raum brachen Lärm und Unruhe aus. Jonah stand auf und griff nach seiner Bratsche.

»Ich bin spät dran«, erklärte er und nahm sein Tablett.

Dann warf er einen Blick auf ihr Tablett. »Soll ich deins auch mitnehmen?«

Sie stellte fest, dass sie es völlig vergessen hatte, und schüttelte den Kopf.

»Okay«, meinte er.

Auf einmal wirkte er schüchtern. Anscheinend wusste er nicht, was er sagen sollte.

»Naja … dann bis bald.«

»Bis bald«, echote sie lahm; doch ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.

Als ihr erster Schultag zu Ende war, trat Caitlin hinaus in den sonnigen Märznachmittag. Obwohl es sehr windig war, fror sie nun nicht mehr. Die Kids um sie herum schrien und kreischten, aber der Lärm machte ihr nichts mehr aus. Sie fühlte sich lebendig und frei. Den Rest des Tages hatte sie in einer Art Nebel verbracht, und sie konnte sich nicht einmal an den Namen eines einzigen neuen Lehrers erinnern.

Die ganze Zeit kreisten ihre Gedanken um Jonah.

Ständig fragte sie sich, ob sie sich in der Cafeteria nicht wie eine Idiotin benommen hatte. Schließlich war sie über ihre eigenen Worte gestolpert und hatte ihm kaum eine Frage gestellt. Ihr war tatsächlich nichts Besseres eingefallen, als sich nach dieser dämlichen Bratsche zu erkundigen. Stattdessen hätte sie lieber in Erfahrung bringen sollen, wo er wohnte, woher er kam und an welchem College er sich bewerben wollte.

Am wichtigsten wäre die Frage gewesen, ob er eine Freundin hatte. Ein Typ wie er musste doch mit jemandem zusammen sein.

Genau in dem Moment eilte eine hübsche, gut gekleidete Latina an Caitlin vorbei. Caitlin musterte sie von Kopf bis Fuß und fragte sich einen Moment lang, ob sie seine Freundin sein könnte.

Caitlin bog in die 134. Straße ein und wusste für einen Moment wusste sie nicht mehr, wohin sie wollte. Es war das erste Mal, dass sie von der Schule nach Hause ging, und gerade wollte ihr einfach nicht einfallen, wo sich ihre neue Wohnung befand. Orientierungslos blieb sie an der Straßenecke stehen. Eine Wolke verdunkelte die Sonne, der Wind frischte auf, und plötzlich fror sie wieder.

»Hey, amiga!«

Caitlin wandte sich um und bemerkte, dass sie vor einer schmuddeligen Eckkneipe – oder eher Bodega – stand. Vier verwahrlost aussehende Männer saßen auf Plastikstühlen davor. Sie spürten die Kälte offensichtlich gar nicht und grinsten Caitlin an, als wäre sie ihre nächste Mahlzeit.

»Komm rüber, Baby!«, rief ein anderer Mann.

Jetzt fiel es ihr wieder ein.

Die 132. Straße – das war die Adresse.

Schnell drehte sie sich um und ging strammen Schritts eine andere Seitenstraße hinunter. Dabei warf sie einige Male einen Blick über die Schulter, um zu kontrollieren, ob diese Männer ihr folgten. Glücklicherweise taten sie es nicht.

Der kalte Wind brannte auf ihren Wangen und sorgte dafür, dass sie hellwach war, während sie die harte Realität ihrer neuen Wohngegend auf sich wirken ließ. Sie betrachtete die stillgelegten Autos, die Schmierereien an den Hauswänden, den Stacheldraht, die Gitter vor den Fenstern … Plötzlich fühlte sie sich wieder schrecklich allein, und ihr war sehr beklommen zumute.

Sie war nur noch drei Häuserblocks von ihrem Apartment entfernt, aber es kam ihr vor wie eine halbe Ewigkeit. Insgeheim wünschte sie sich, sie hätte einen Freund an ihrer Seite – am liebsten Jonah. Würde sie wirklich in der Lage sein, diesen Weg jeden Tag allein zu bewältigen? Sie war wütend auf ihre Mom. Wie konnte sie ihr nur zumuten, ständig umzuziehen? Wie konnte sie sie immer wieder an neue Orte verpflanzen, die sie hasste? Wann würde das je aufhören?

Glasscherben.

Caitlins Herz schlug schneller, als sie sah, dass auf der anderen Straßenseite etwas vor sich ging. Mit gesenktem Kopf beschleunigte sie ihre Schritte, aber als sie näherkam, hörte sie Schreie und gehässiges Gelächter. Sie kam nicht umhin zu bemerken, was dort geschah.

Vier große Typen – vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt – standen um einen Jungen herum. Zwei von ihnen hielten ihn an den Armen fest, während der Dritte vortrat und ihm einen Schlag in den Bauch versetzte und der Vierte ihn ins Gesicht boxte. Das Opfer war ungefähr siebzehn, groß, dünn und wehrlos. Der Junge fiel zu Boden, und zwei der Angreifer traten ihm ins Gesicht.

Caitlin blieb unwillkürlich stehen und starrte hinüber. Sie war entsetzt, so etwas hatte sie noch nie erlebt.

Die anderen Jungen gingen um ihr Opfer herum und traten mit ihren Stiefeln zu.

Caitlin fürchtete, dass sie den Jungen umbringen würden.

»NEIN!«, schrie sie.

Ein übles, knirschendes Geräusch war zu hören.

Aber es klang nicht nach brechenden Knochen – es hörte sich eher nach Holz an. Holz, das zermalmt wurde. Jetzt erkannte Caitlin, dass sie auf einem kleinen Musikinstrument herumtrampelten. Sie sah genauer hin und entdeckte Teile einer Bratsche, die verstreut auf dem Gehweg herumlagen.

Entsetzt schlug sie sich die Hand vor den Mund.

»Jonah!?«

Ohne nachzudenken, überquerte Caitlin die Straße und lief geradewegs auf die Typen zu, die sie inzwischen ebenfalls bemerkt hatten. Sie sahen sie an, und ihr fieses Grinsen wurde noch breiter, während sie sich gegenseitig mit den Ellbogen anstießen.

Jetzt stand sie vor dem Opfer und stellte fest, dass es sich in der Tat um Jonah handelte. Er blutete im Gesicht und hatte diverse Blutergüsse. Außerdem war er bewusstlos.

Sie sah zu den vier Rowdys auf. Ihre Wut war stärker als ihre Furcht, und so stellte sie sich zwischen Jonah und die anderen.

»Lasst ihn in Ruhe!«, schrie sie.

Der Typ in der Mitte, der mindestens einen Meter neunzig groß und sehr muskulös war, lachte.

»Und wenn nicht?«, fragte er mit tiefer Stimme.

Da wurde Caitlin plötzlich heftig von hinten gestoßen. Sie hob die Arme, um sich abzufangen, aber das milderte ihren harten Aufprall auf dem Asphalt kaum. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ihr Tagebuch durch die Luft flog; die einzelnen Blätter verteilten sich überall um sie herum.

Sie hörte jemanden lachen, und Schritte näherten sich.

Ihr Herz klopfte heftig, und ihr Adrenalinspiegel stieg sprunghaft an. Es gelang ihr, sich zur Seite zu rollen und aufzuspringen, bevor sie sie erreichten. Dann sprintete sie die Straße entlang und rannte um ihr Leben.

Die Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen.

Auf einer der vielen Schulen, die sie besucht hatte, hatte Caitlin sich für Leichtathletik angemeldet – damals, als sie noch geglaubt hatte, sie würde auf Dauer dort bleiben. Schnell hatte sie festgestellt, dass sie Talent hatte. Sie war sogar die Beste im Team gewesen, und zwar nicht bei Langstreckenläufen, sondern im Sprint. Damals war sie sogar schneller gewesen als die meisten Jungen, das kam ihr jetzt zugute.

Sie rannte, was das Zeug hielt, und die Typen schafften es nicht, sie einzuholen.

Schnell warf Caitlin einen Blick hinter sich. Als sie sah, wie weit die anderen zurückblieben, war sie optimistisch, dass sie sie abhängen konnte. Jetzt musste sie bloß noch den richtigen Weg wählen.

Die Straße endete in einer T-Kreuzung, also konnte sie entweder nach links oder nach rechts abbiegen. Wenn sie ihren Vorsprung halten wollte, würde sie keine Zeit haben, es sich noch einmal anders zu überlegen, das hieß, sie musste sich schnell entscheiden. Da sie nicht sehen konnte, wohin die Straßen führten, bog sie blindlings nach links ab.

Sie betete, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. Bitte!

Doch als die Straße einen scharfen Linksknick machte, stockte ihr Herz. Sie erkannte, dass sie eine Sackgasse erwischt hatte.

Falscher Schachzug.

Eine Sackgasse. Sie lief bis zur Mauer und suchte nach einem Ausweg. Als sie begriff, dass es keinen gab, drehte sie sich um, um sich ihren Verfolgern zu stellen.

Völlig außer Atem sah sie zu, wie sie um die Ecke bogen und näherkamen. Über ihre Schultern hinweg konnte sie erkennen, dass sie in Sicherheit gewesen wäre, wenn sie sich für die andere Richtung entschieden hätte. Natürlich. Wie sollte es auch anders sein.

»Okay, du Schlampe«, drohte einer von ihnen, »jetzt bist du dran.«

Langsam und heftig atmend kamen sie auf sie zu und grinsten breit. Offenbar waren sie bereits voller Vorfreude, weil sie ihr gleich wehtun würden.

Caitlin schloss die Augen und atmete tief durch. Sie wünschte sich mit aller Macht, dass Jonah aufwachen und um die Ecke biegen würde – hellwach und allmächtig, bereit, sie zu retten. Aber als sie die Augen öffnete, war er nicht das. Nur ihre Angreifer. Sie kamen immer näher.

Sie dachte daran, wie sehr sie ihre Mom dafür hasste, dass sie ihre Kinder gezwungen hatte, ständig umzuziehen. Sie dachte an ihren Bruder Sam. Sie dachte daran, wie ihr Leben wohl nach diesem Tag sein würde.

Sie ließ ihr ganzes Leben Revue passieren, und ihr wurde bewusst, wie ungerecht man sie behandelt hatte. Nie war etwas gut für sie gelaufen. Und dann machte es plötzlich Klick. Sie hatte genug davon.

Das verdiene ich nicht. DAS VERDIENE ICH EINFACH NICHT!

Und plötzlich spürte sie es.

Es überkam sie wie eine Welle, und es war anders als alles, was sie bisher erlebt hatte. Unkontrollierbare Wut überkam sie und schoss durch ihre Adern. Es fing in ihrem Bauch an und breitete sich von dort aus weiter aus. Ihre Füße fühlten sich an, als wären sie im Boden verwurzelt, als wären sie eins mit dem Asphalt, und eine urtümliche Kraft ergriff Besitz von ihr. Sie strömte durch ihre Handgelenke, die Arme hinauf bis in ihre Schultern.

Caitlin stieß einen Urschrei aus, der sogar sie selbst überraschte und erschreckte. Als dann der erste Typ seine kräftige Hand auf ihr Handgelenk legte, sah sie zu, wie ihre Hand sich selbstständig machte, das Handgelenk des Angreifers ergriff und es im rechten Winkel zurückbog. Er verzog das Gesicht vor Schreck und auch vor Schmerz, als sein Handgelenk brach.

Schreiend fiel er auf die Knie.

Die anderen drei rissen erstaunt die Augen auf.

Der Größte stürzte sich sofort auf sie.

»Du verd…«

Doch noch bevor er seinen Satz beenden konnte, war sie in die Luft gesprungen und hatte ihm beide Füße in die Brust gerammt. Er flog rund drei Meter rückwärts und knallte scheppernd in einen Haufen Blechmülltonnen.

Bewegungslos blieb er liegen.

Die anderen beiden Jungs tauschten erschrockene Blicke. Die Furcht stand ihnen ins Gesicht geschrieben.

Unmenschliche Kraft strömte durch Caitlins Körper, und sie hörte sich selbst wütend knurren. Dann hob sie die beiden verbliebenen Gegner (von denen jeder doppelt so groß war wie sie) mit je einer Hand vom Boden in die Höhe.

Als sie dort oben in der Luft baumelten, holte sie aus und knallte die beiden mit unglaublicher Wucht gegeneinander. Sie stürzten zu Boden.

Schäumend vor Wut stand Caitlin über ihnen und sah sich um.

Keiner der vier Angreifer rührte sich.

Aber sie empfand keine Erleichterung. Im Gegenteil, sie wollte mehr. Mehr Kids, mit denen sie kämpfen konnte. Mehr Körper, um sie durch die Gegend zu werfen.

Und außerdem wollte sie noch etwas anderes.

Plötzlich hatte sie eine glasklare Vision und war in der Lage, ihre entblößten Hälse heranzuzoomen. Sie konnte alles millimetergenau erkennen – sie sah sogar ihre Venen pulsieren. Es war offensichtlich: Sie wollte zubeißen, und sie wollte Nahrung.

Weil sie nicht verstand, was mit ihr geschah, warf sie den Kopf zurück und stieß einen schauerlichen Schrei aus, der unheimlich von den Gebäuden widerhallte. Es war der urtümliche Schrei des Sieges und der ungestillten Wut.

Es war der Schrei eines Tieres, das mehr wollte.




2. Kapitel


Caitlin stand vor ihrer neuen Wohnung, starrte die Tür an und begriff erst langsam, wo sie war. Sie hatte keine Ahnung, wie sie hierher gelangt war. Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war die enge Straße. Irgendwie war es ihr wohl gelungen, nach Hause zu gehen.

Trotz ihres Blackouts erinnerte sie sich an alles, was in dieser engen Gasse passiert war. Sie versuchte, die Bilder aus ihrem Kopf zu vertreiben, aber es funktionierte nicht. Sie betrachtete ihre Arme und Hände, weil sie damit rechnete, dass sie jetzt anders aussahen – doch sie waren ganz normal. Genau so wie immer. Die Wut war in sie gefahren, hatte sie verwandelt und war ebenso schnell wieder verschwunden.

Aber die Nachwirkungen blieben. Sie fühlte sich ausgelaugt und leer, irgendwie benommen. Und sie fühlte noch etwas, aus dem sie nicht schlau wurde. In ihrem Kopf blitzten immer wieder bestimmte Bilder auf, Bilder von den entblößten Hälsen dieser Tyrannen. Von ihren Venen, die im Rhythmus ihres Herzschlags pulsierten. Und sie spürte den Hunger. Ein heftiges Verlangen.

Eigentlich wollte Caitlin gar nicht nach Hause – sie wollte sich nicht mit der neuen Wohnung und dem Auspacken beschäftigen. Wenn Sam nicht gewesen wäre, hätte sie sich vielleicht einfach umgedreht und wäre gegangen. Sie hatte keine Ahnung, wohin – aber gegangen wäre sie trotzdem.

Doch schließlich atmete sie tief ein und legte die Hand auf den Türknauf. Entweder war der Knauf warm, oder ihre Hand war eiskalt.

Caitlin betrat die hell erleuchtete Wohnung. Sie roch, dass Essen auf dem Herd stand – oder wahrscheinlich eher in der Mikrowelle. Sam. Er kam immer früh nach Hause und machte sich etwas zu essen. Ihre Mom würde erst in einigen Stunden heimkommen.

»Das sieht nicht nach einem tollen ersten Tag aus.«

Verblüfft drehte Caitlin sich um. Ihre Mom war doch schon zu Hause. Sie saß auf der Couch und rauchte eine Zigarette. Wütend musterte sie Caitlin von Kopf bis Fuß.

»Was hast du gemacht? Wie hast du es geschafft, diesen Pulli so dermaßen zu ruinieren?«

Caitlin sah an sich hinunter. Die Schmutzflecken waren ihr noch gar nicht aufgefallen; wahrscheinlich waren sie von ihrem Sturz.

»Warum bist du so früh zu Hause?«, wollte Caitlin wissen.

»Für mich war es auch der erste Tag, wie du weißt«, erwiderte ihre Mutter barsch. »Du bist nicht die Einzige. Aber es war nicht genug zu tun, deshalb hat der Chef mich früher nach Hause geschickt.«

Caitlin konnte den fiesen Ton ihrer Mom nicht mehr ertragen. Nicht heute Abend. Eigentlich war sie ihrer Tochter gegenüber immer pampig, doch heute hatte Caitlin die Nase voll davon. Sie beschloss, es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen.

»Super!«, schnauzte sie zurück. »Heißt das, dass wir wieder umziehen werden?«

Ihre Mom sprang auf die Füße. »Hüte deine Zunge!«, schrie sie.

Caitlin wusste, dass ihre Mutter nur auf einen Vorwand gewartet hatte, um sie anzuschreien. Ihr war auch klar, dass es am besten war, das Gespräch schnell zu beenden.

»Du solltest nicht rauchen, wenn Sam in der Nähe ist«, erwiderte Caitlin kühl, ging in ihr winziges Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und schloss ab.

Ihre Mom trommelte gegen die Tür.

»Komm sofort wieder raus, du kleines Luder! Wie sprichst du denn mit deiner Mutter? Wer sorgt denn dafür, dass das Essen auf den Tisch kommt …«

An diesem Abend war Caitlin so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Stimme ihrer Mom ausblenden konnte. Stattdessen ging sie in Gedanken die Ereignisse des Tages noch mal durch: wie diese Kids gelacht hatten, das Geräusch ihres eigenen Herzschlags, ihr eigener brüllender Schrei.

Was genau war geschehen? Wieso hatte sie plötzlich so viel Kraft? Lag es nur an dem Adrenalinstoß? Sie wünschte sich, dass es so wäre. Aber gleichzeitig war ihr klar, dass es nicht allein am Adrenalin gelegen haben konnte. Was war sie?

Das Hämmern an ihrer Tür ging weiter, aber Caitlin hörte es kaum. Ihr Handy lag auf dem Schreibtisch und vibrierte wie verrückt. Es blinkte, weil sie neue Kurzmitteilungen, E-Mails und Facebook-Nachrichten erhalten hatte – aber auch das registrierte sie kaum.

Stattdessen ging zu dem winzigen Fenster und sah hinunter auf die Ecke der Amsterdam Avenue. In ihrem Kopf hörte sie Jonahs Stimme. Seine leise, tiefe, beruhigende Stimme. Und sie sah sein Lächeln. Schnell rief sie sich ins Gedächtnis, wie schlaksig er war, wie zerbrechlich er wirkte. Dann sah sie ihn auf dem Boden liegen, blutend, daneben die Bruchstücke seines kostbaren Instruments. Wieder stieg Zorn in ihr auf.

Doch ihr Zorn schlug in Sorge um – Sorge darum, ob es ihm gut ging, ob er aufgestanden war, ob er es nach Hause geschafft hatte. Sie stellte sich vor, wie er nach ihr rief. Caitlin. Caitlin.

»Caitlin?«

Eine andere Stimme drang durch die Tür. Eine Jungenstimme.

Verwirrt schreckte sie auf.

»Ich bin’s, Sam. Lass mich rein.«

Sie ging zur Tür und lehnte den Kopf dagegen.

»Mom ist weg«, sagte die Stimme auf der anderen Seite. »Sie holt Zigaretten. Komm schon, lass mich rein.«

Sie öffnete die Tür.

Dort stand Sam und starrte sie besorgt an. Er sah älter aus als fünfzehn. Sicher, er war früh gewachsen und hatte schon einen Meter achtzig erreicht, aber das Breitenwachstum stand noch aus. Im Moment war er linkisch und schlaksig. Er hatte schwarze Haare, braune Augen, und sein Teint glich ihrem. Man sah eindeutig, dass sie miteinander verwandt waren. Sie merkte, wie besorgt er war. Er liebte sie über alles.

Schnell ließ sie ihn herein und schloss die Tür direkt wieder.

»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich kann sie heute Abend einfach nicht ertragen.«

»Was ist zwischen euch beiden denn vorgefallen?«

»Das Übliche. Sie ist bereits in dem Moment auf mich losgegangen, als ich zur Tür reingekommen bin.«

»Ich glaube, sie hatte einen harten Tag«, vermutete Sam. Wie immer versuchte er, Frieden zwischen ihnen zu stiften. »Ich hoffe, sie wird nicht wieder rausgeschmissen.«

»Wen interessiert das? New York, Arizona, Texas … Was spielt es schon für eine Rolle, was als Nächstes kommt? Unsere Umzieherei wird niemals aufhören.«

Sam saß auf ihrem Schreibtischstuhl und runzelte die Stirn. Sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen. Manchmal hatte sie wirklich eine scharfe Zunge und redete, ohne nachzudenken; doch jetzt wünschte sie, sie könnte ihre Worte zurücknehmen.

»Wie war denn dein erster Tag?«, fragte sie in dem Versuch, das Thema zu wechseln.

Er zuckte mit den Schultern. »Ich denke, ganz okay.« Seine Füße spielten mit dem Stuhl.

Er sah auf. »Und wie war’s bei dir?«

Sie antwortete ebenfalls mit einem Schulterzucken. Aber etwas an ihrem Gesichtsausdruck erregte seine Aufmerksamkeit, denn er wendete den Blick nicht ab, sondern starrte sie weiter an.

»Was ist passiert?«

»Nichts«, entgegnete sie abwehrend, drehte sich um und ging zurück ans Fenster.

Sie konnte spüren, dass sein Blick ihr folgte.

»Du wirkst … verändert.«

Sie schwieg und fragte sich, ob er etwas wusste oder ob man ihr rein äußerlich eine Veränderung anmerkte. Sie schluckte.

»Wie denn?«

Schweigen.

»Ich weiß nicht«, antwortete er schließlich.

Ziellos starrte sie nach draußen und entdeckte einen Mann vor der Eckkneipe, der einem Kunden ein Beutelchen mit Gras zusteckte.

»Ich hasse diesen neuen Ort«, gestand ihr Bruder.

Sie drehte sich um und sah in sein Gesicht.

»Ich auch.«

»Ich habe sogar schon darüber nachgedacht …«, er senkte die Stimme, »… mich einfach aus dem Staub zu machen.«

»Was willst du damit sagen?«

Er zuckte mit den Schultern.

Sie musterte ihn. Er wirklich richtig niedergeschlagen.

»Wohin willst du denn?«, wollte sie wissen.

»Vielleicht … mache ich mich auf die Suche nach Dad.«

»Wie denn? Wir haben doch keine Ahnung, wo er ist.«

»Ich könnte es versuchen. Vielleicht könnte ich ihn finden.«

»Sam. Nach allem, was wir wissen, könnte er genauso gut tot sein.«

»Sag so was nicht!«, schrie er und lief dunkelrot an.

»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich.

Er beruhigte sich wieder.

»Hast du dir schon mal überlegt, dass er uns vielleicht gar nicht sehen will, selbst wenn wir ihn finden? Schließlich hat er uns verlassen. Und er hat nie versucht, wieder Kontakt zu uns aufzunehmen.«

»Vielleicht, weil Mom ihn nicht gelassen hat.«

»Oder vielleicht, weil er uns nicht mag.«

Sams Blick wurde noch finsterer, während er unruhig die Füße hin und her bewegte. »Ich habe ihn auf Facebook gesucht.«

Caitlin riss überrascht die Augen auf.

»Du hast ihn gefunden?«

»Da bin ich mir nicht sicher. Es gab vier Personen mit seinem Namen, und zwei davon haben kein Foto eingestellt. Also habe ich beiden eine Nachricht geschickt.«

»Und?«

Sam schüttelte den Kopf.

»Ich habe noch keine Antwort bekommen.«

»Dad ist bestimmt nicht bei Facebook.«

»Das kannst du gar nicht wissen«, entgegnete er.

Caitlin seufzte, ging zu ihrem Bett und legte sich darauf. Sie starrte an die vergilbte Decke, von der die Farbe bereits abblätterte, und fragte sich, wie es dazu hatte kommen können, dass sie diesen Punkt erreicht hatten. Es hatte Orte gegeben, an denen sie glücklich gewesen waren, sogar Zeiten, als selbst ihre Mom beinahe zufrieden gewirkt hatte. Wie damals, als sie mit diesem Typen zusammen gewesen war. Da war sie zumindest zufrieden genug, um Caitlin in Ruhe zu lassen.

Es hatte Städtchen gegeben, wie beispielsweise ihren letzten Wohnort, wo sowohl Sam als auch Caitlin echte Freunde gefunden hatten. Beinahe hatte es so ausgesehen, als könnten sie tatsächlich auch dort bleiben – zumindest lange genug, um ihren Schulabschluss zu machen. Doch dann hatte sich ganz schnell alles wieder verändert. Koffer packen, Abschied nehmen … War es etwa zu viel verlangt, sich eine normale Kindheit zu wünschen?

»Ich könnte nach Oakville zurückgehen«, meinte Sam unvermittelt und unterbrach damit ihre Gedanken. Oakville war ihr letzter Wohnort gewesen. Irgendwie war es verblüffend, dass er immer ihre Gedanken lesen konnte. »Ich könnte bei Freunden wohnen.«

Der Tag wuchs ihr allmählich über den Kopf. Es war einfach zu viel. Sie konnte nicht mehr klar denken, und weil sie so frustriert war, verstand sie bloß, dass Sam sie auch noch im Stich lassen wollte. Anscheinend bedeutete sie ihm nicht mehr wirklich etwas.

»Dann geh doch!«, schnauzte sie ihn an, ohne es zu wollen. Es war, als hätte jemand anderes für sie gesprochen. Als sie merkte, wie barsch sie geklungen hatte, bedauerte sie ihre Unbeherrschtheit sofort.

Warum bloß musstest du so damit herausplatzen? Warum hast du dich nicht besser unter Kontrolle?

Wenn sie einer besseren Stimmung gewesen wäre, wenn sie ruhiger gewesen wäre und wenn nicht so viel gleichzeitig auf sie eingestürmt wäre, wäre ihr das sicher nicht passiert. Dann wäre sie freundlicher gewesen.

Sie hätte zum Beispiel etwas gesagt wie zum Beispiel: Ich weiß, dass du niemals abhauen würdest, egal, wie schlimm es kommt, weil du mich nicht allein lassen würdest. Dafür liebe ich dich. Und natürlich würde ich dich auch nicht im Stich lassen. Trotz unserer verkorksten Kindheit haben wir wenigstens uns.

Stattdessen hatte sie sich von ihrer schlechten Laune leiten lassen. Stattdessen hatte sie egoistisch reagiert und ihn angeschnauzt.

Sie setzte sich auf. An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, wie verletzt er war. Gerne hätte sie ihre Worte zurückgenommen und ihm gesagt, dass es ihr leidtat, aber sie war schlichtweg überfordert. Irgendwie schaffte sie es nicht, den Mund aufzumachen.

Still stand Sam auf, verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.

Du blöde Kuh, dachte sie. Du bist so eine Idiotin. Warum musst du ihn genauso behandeln, wie Mom dich behandelt?

Sie legte sich zurück und starrte wieder an die Decke. Auf einmal begriff sie, dass es noch einen anderen Grund für ihre barsche Reaktion gab. Er hatte ihren Gedankengang unterbrochen, und das genau zu dem Zeitpunkt, als sie zu den schlechten Dingen kam. Eine dunkle Erinnerung war ihr durch den Kopf geschossen, und Sam war dazwischengekommen, bevor sie den Gedanken hatte festhalten können.

Es ging um den Exfreund ihrer Mom. Am vorvorletzten Wohnort. Zu der Zeit hatte Mom tatsächlich glücklich gewirkt, ein einziges Mal. Frank. Fünfzig. Klein, untersetzt, beginnende Glatze. Er roch immer nach billigem Rasierwasser. Damals war Caitlin sechzehn gewesen.

Sie hatte in der winzigen Waschküche gestanden und ihre Wäsche zusammengelegt, als plötzlich Frank in der Tür auftauchte. Er war ein fieser Typ, ständig starrte er sie an. Er hob ein Unterhöschen von ihr auf und hielt es grinsend hoch. Sie spürte, wie ihr vor Verlegenheit und Zorn das Blut ins Gesicht schoss.

»Das hast du fallen lassen«, meinte er, und sein Grinsen wurde noch breiter. Sie riss ihm ihre Unterwäsche aus der Hand.

»Was willst du?«, fuhr sie ihn an.

»Redet man so mit seinem neuen Stiefvater?«

Er machte einen halben Schritt auf sie zu.

»Du bist nicht mein Stiefvater.«

»Aber ich werde es sein – und zwar bald.«

Sie versuchte, sich wieder auf die Wäsche zu konzentrieren, aber er kam noch näher. Zu nahe. Ihr Herz schlug heftig.

»Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir beide uns ein bisschen besser kennenlernen«, sagte er dann und öffnete dabei seinen Gürtel. »Findest du nicht auch?«

Entsetzt versuchte sie, sich an ihm vorbeizuquetschen. Sie wollte flüchten, aber er versperrte ihr den Weg, packte sie grob und drückte sie gegen die Wand.

Und da geschah es.

Sie kochte vor Wut. So wütend war sie noch nie gewesen. Sie spürte, wie ihr von Kopf bis Fuß heiß wurde. Als er noch näher kam, sprang sie in die Höhe und trat ihm mit beiden Füßen gegen die Brust.

Obwohl sie nicht einmal halb so viel wog wie er, flog er rückwärts durch die Tür, riss sie dabei aus den Angeln und landete drei Meter weiter im Nebenzimmer. Es war, als wäre er von einer Kanonenkugel durchs Haus geschossen worden.

Zitternd blieb Caitlin stehen. Sie war kein gewalttätiger Mensch, noch nie hatte sie jemanden geschlagen. Außerdem war sie weder groß noch stark. Woher hatte sie also gewusst, wie sie ihn treten musste? Woher war auf einmal die Kraft gekommen? Noch nie hatte sie jemanden durch die Luft fliegen und eine Tür zerschmettern sehen – schon gar nicht einen erwachsenen Mann –, also woher war die Kraft dazu gekommen?

Sie ging zu ihm hin und starrte auf ihn hinunter.

Er lag bewusstlos auf dem Rücken. Sie fragte sich, ob sie ihn umgebracht hatte. Aber gleichzeitig kochte in ihr immer noch die Wut, sodass es ihr gleichgültig war. Eher machte sie sich Sorgen um sich selbst. Wer – oder was – war sie eigentlich?

Frank sah sie nie wieder. Am folgenden Tag machte er mit ihrer Mom Schluss und kam nie zurück. Zwar hegte ihre Mom den Verdacht, dass zwischen ihnen beiden etwas vorgefallen war, aber Caitlin sagte kein Wort. Trotzdem machte ihre Mom Caitlin für die Trennung verantwortlich. Sie warf ihr vor, die einzige glückliche Zeit in ihrem Leben zerstört zu haben. Seitdem hatte sie nicht aufgehört, ihr Vorwürfe zu machen.

Caitlin starrte an die Decke, und ihr Herz pochte wieder heftig. Sie dachte an die Wut, die sie heute erfasst hatte, und fragte sich, ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen gab. Sie war immer davon ausgegangen, dass die Sache mit Frank nur ein verrückter, einmaliger Zwischenfall gewesen war, ein plötzlicher, merkwürdiger Kraftausbruch. Aber jetzt fragte sie sich, ob vielleicht doch mehr dahintersteckte. War da irgendeine besondere Kraft in ihr? War sie nicht normal? War sie verrückt?

Wer war sie?




3. Kapitel


Caitlin rannte. Die Schläger waren zurück, und sie jagten sie die Straße entlang. Vor ihr lag eine Sackgasse, die vor einer massiven Mauer endete, aber sie lief trotzdem weiter, direkt darauf zu. Sie wurde immer schneller, unglaublich schnell, und die Häuser flogen nur so an ihr vorbei. Der Wind wehte durch ihre Haare.

Als sie der Mauer immer näher kam, sprang sie, und mit einem einzigen Satz stand sie oben, in fast zehn Metern Höhe. Ein weiterer Sprung, und wieder flog sie meterweit durch die Luft. Diesmal landete sie auf dem Asphalt, allerdings ohne aus dem Rhythmus zu geraten. Sie rannte und rannte. Dabei fühlte sie sich kraftvoll und unbesiegbar. Ihre Geschwindigkeit erhöhte sich weiter, und sie hatte das Gefühl, fliegen zu können.

Als sie nach unten sah, wurde der Asphalt vor ihren Augen zu Gras – hohem, schwankendem grünem Gras. Sie durchquerte eine Prärie, die Sonne schien, und sie erkannte die Gegend als die Heimat ihrer frühen Kindheit.

Sie spürte, dass in der Ferne am Horizont ihr Vater stand. Sie näherte sich ihm; sah ihn jetzt deutlicher. Er hatte die Arme weit ausgebreitet und strahlte über das ganze Gesicht.

Sie sehnte sich danach, ihn wiederzusehen, und rannte mit aller Kraft.

Doch plötzlich stürzte sie.

Ein riesiges, mittelalterliches Portal öffnete sich, und sie betrat eine Kirche. Sie ging einen schwach beleuchteten Gang entlang, an dessen beiden Seiten Fackeln brannten. Vor dem Altar kniete ein Mann mit dem Rücken zu ihr. Als sie sich ihm näherte, erhob er sich und drehte sich um.

Es war ein Priester. Er sah sie an und erblasste vor Furcht. Sie spürte das Blut in ihren Adern fließen und sah sich selbst dabei zu, während sie auf den Mann zuging. Sie war nicht in der Lage, stehen zu bleiben. Voller Furcht streckte er ihr ein Kreuz entgegen.

Doch sie stürzte sich trotzdem auf ihn. Dabei merkte sie, wie ihre Zähne länger wurden – zu lang –, und sie sah, wie sie sich in den Hals des Priesters bohrten.





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GEWANDELT ist das erste Buch der Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE, die derzeit aus elf Büchern besteht. In GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire), wird die 18-jährige Caitlin Paine aus ihrem beschaulichen Vorort gerissen und muss eine gefährliche High School in New York besuchen, als sich ihre Mutter wieder einmal entschließt, umzuziehen. Der einzige Lichtblick in ihrem neuen Umfeld ist Jonah, ein Klassenkamerad, der sie sofort ins Herz schließt. Doch bevor sich ihre Romanze entfalten kann, bemerkt Caitlin plötzlich, dass sie sich verändert. Sie verfügt über übermenschliche Stärke, wird lichtempfindlich, hat unerklärlichen Hunger und Gefühle, die sie nicht verstehen kann. Sie sucht nach einer Erklärung für das, was mit ihr geschieht, und ihre Gelüste führen sie zur falschen Zeit an den falschen Ort. Ihre Augen werden geöffnet für eine verborgene Welt, die direkt unter ihr, im Untergrund von New York blüht. Sie findet sich selbst zwischen zwei gefährlichen Zirkeln wieder, in der Mitte eines Krieges unter den Vampiren. In diesem Augenblick trifft Caitlin auf Caleb, einen geheimnisvollen und mächtigen Vampir, der sie vor den dunklen Mächten rettet. Er braucht ihre Hilfe, um sie zu einem legendären Verlorenen Artefakt zu führen. Und sie hofft, in ihm Antworten zu finden und seinen Schutz. Gemeinsam müssen sie die Antwort auf eine entscheidende Frage finden: Wer war ihr Vater? Doch Caitlin ist gefangen zwischen zwei Männern als sich zwischen ihnen etwas Unerwartetes entwickelt: eine verbotene Liebe. Eine Liebe zwischen den Rassen, die ihrer beider Leben in Gefahr bringt, und sie zwingen wird sich zu entscheiden, ob sie bereit sind, alles füreinander zu riskieren. "GEWANDELT ist eine ideale Geschichte für junge Leser.

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