Книга - Der Aufstand Der Tapferen

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Der Aufstand Der Tapferen
Морган Райс


Von Königen Und Zauberern #2
Nach dem Angriff des Drachen wird Kyra auf eine dringende Mission geschickt: Escalon zu durchqueren und ihren Onkel im mysteriösen Turm von Ur aufzusuchen. Die Zeit ist für Sie gekommen, zu erfahren, wer sie ist, wer ihre Mutter ist und zu trainieren, um ihre besonderen Kräfte zu erschließen. Für ein einsames Mädchen ist es eine Mission voller Gefahren, denn Escalon ist voller gefährlicher Kreaturen und Männer – eine, die all ihre Stärke fordern wird, um zu überleben.

Ihr Vater, Duncan, muss seine Männer nach Süden führen, nach Esephus, der großen Stadt am Wasser, um zu versuchen, seine Landsleute aus dem eisernen Griff Pandesias zu befreien. Wenn er damit Erfolg hat, wird er zum gefährlichen Lake of Ire und zu den eisigen Gipfeln von Kos weiterziehen müssen, wo die härtesten Krieger Escalons leben, Männer, die er braucht, wenn er auch nur den Hauch einer Chance haben will, die Hauptstadt zu erobern.

Alex flieht mit Marco von den Flammen und gelangt auf der Flucht durch den Wald der Dornen, wo sie von exotischen Biestern gejagt werden. Es ist eine qualvolle Wanderung durch die Nacht auf dem Weg in sein Heimatdorf, wo er hofft, wieder mit seiner Familie vereint zu werden. Als er ankommt, ist er jedoch geschockt über das, was er vorfindet.

Trotz besseren Wissens kehrt Merk um, um dem Mädchen zu helfen und wird zum ersten Mal in seinem Leben in die Angelegenheiten einer Fremden hineingezogen. Doch er gibt seine Reise zum Turm von Ur nicht auf und leidet innerliche Qualen, als er erkennen muss, dass der Turm nicht das ist, was er erwartet hat.

Vesuvius treibt während der unterirdischen Mission der Trolle den Riesen an, im Versucht, die Flammen zu umgehen, während Theos seine eigene Aufgabe in Escalon hat.

Mit seiner starken Atmosphäre und komplexen Charakteren ist AUFSTAND DER TAPEREN eine mitreißende Saga von Rittern und Kriegern, von Königen und Lords, von Ehre und Heldenmut, Magie, Schicksal, Monstern und Drachen. Es ist eine Geschichte von Liebe und gebrochenen Herzen, von Täuschung, Ehrgeiz und Verrat. Die Geschichte ist Fantasy vom Feinsten, die uns in eine Welt einlädt, die in uns auf ewig weiterleben und allen Altersgruppen und Geschlechtern zusagen wird.





Morgan Rice

Der Aufstand Der Tapferen (Von Königen Und Zauberern —Buch 2)


“ Der Feige stirbt schon vielmal, eh er stirbt,

Die Tapferen kosten einmal nur den Tod.”

    --William Shakespeare
    Julius Caesar




Morgan Rice


Morgan Rice ist die #1 Besteller- und USA Today Bestseller-Autorin der 17 Bände umfassenden epischen Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, der neuen #1 Bestseller Fantasy-Serie VON KÖNIGEN  UND ZAUBERERN, der #1 Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE (bestehend aus derzeit 11 Bänden) und der #1 Bestseller-Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptische Thriller-Serie. Morgans Bücher sind verfügbar als Hörbücher und Printeditionen und wurden bisher in mehr als 25 Sprachen übersetzt.



GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire), ARENA EINS (Band #1 Der Trilogie Des Überlebens), DER AUFSTAND DER DRACHEN (Band #1 Der  Von Königen Und Zauberern), und QUESTE DER HELDEN (Band #1 im Ring der Zauberei) sind als kostenlose Downloads verfügbar!



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Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern



„„Wenn Sie gedacht haben, dass es nach dem Ende der Serie DER RING DER ZAUBEREI keinen Grund zum Leben mehr gibt, haben Sie sich getäuscht. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN, hat Morgan Rice den verheißungsvollen Auftakt einer weiteren brillanten Serie veröffentlicht, die uns in eine Welt der Trolle und Drachen, voller Heldenmut, Ehre, Tapferkeit, Magie, und dem Glauben an das Schicksal eintauchen lässt. Morgan ist es wieder einmal gelungen starke Charaktere zu erschaffen, die wir nur zu gerne auf jeder Seite anfeuern… Wärmstens empfohlen für die Bibliothek aller Leser, die Fantasy-Geschichten lieben.“

    --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



“ DER AUFSTAND DER DRACHEN ist von Anfang an ein voller Erfolg…. Eine großartige Fantasy Geschichte… Sie beginnt, ganz wie es sein sollte, mit den Lebensqualen eines der Protagonisten und geht schön in einen weiteren Kreis von Rittern, Drachen, Magie, Monstern und Schicksal über… Das Buch beinhaltet alles, was zu einer guten Fantasy-Geschichte gehört, von Kriegern und Schlachten bis zu Konfrontationen der Protagonisten mit sich selbst… Empfohlen für alle, die gerne epische Fantasy mit starken, glaubwürdigen jungen Erwachsenen als Protagonisten.“

    --Midwest Book Review, D. Donovan, eBook Reviewer



“[ DER AUFSTAND DER DRACHEN] ist eine handlungsgetriebene Novelle, die leicht an einem Wochenende zu lesen ist… Ein guter Start für eine vielversprechende Serie.”

    --San Francisco Book Review



„Eine action-geladene Fantasy-Geschichte, die den Fans von Morgan Rices vorherigen Büchern und den Liebhabe von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini gefallen dürfte… Fans von Fantasy-Geschichten für junge Erwachsene werden dieses jüngste Werk von Rice verschlingen und um mehr betteln.“

    --The Wanderer, A Literary Journal (über Rise of the Dragons)



“Eine Fantasievolle Fantasy-Geschichte, die Elemente von Mystik und Intrige in die Handlung einwebt. In Queste der Helden geht es um Mut und um das Erkennen des Sinns des Lebens, was zu Wachstum, Erwachsenwerden und Vortrefflichkeit führt… Für alle, die gehaltvolle Fantasy-Abenteuer suchen bieten die Hauptfiguren, ihre Waffen und die Handlung eine Reihe von Begegnungen, die sich auf Thor Entwicklung weg von einem verträumten Kind zu einem jungen Erwachsenen konzentrieren, bei denen er sich schier unlösbaren Aufgaben gegenüber findet… Das ist nur der Anfang von etwas, das verspricht, eine epische Serie für Junge erwachsene zu werden.”

    --Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)



“DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten die für sofortigen Erfolg nötig sind: Anschläge und Gegenanschläge, Mysterien, edle Ritter und blühende Beziehungen die sich mit gebrochenen Herzen, Täuschung und Betrug abwechseln. Die Geschichten werden sie über Stunden in ihrem Bann halten und sind für alle Altersstufen geeignet. Eine wunderbare Ergänzung für das Bücherregal eines jeden Liebhabers von Fantasy Geschichten.”

    --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



„Mir gefiel besonders, wie Morgan Rice den Charakter von Thor aufgebaut hat und die Welt in der er lebte. Die Landschaft und die Kreaturen, die sie bevölkerten waren sehr gut beschrieben… Ich mochte [die Handlung]. Sie war kurz und prägnant… Genau die richtige Menge von Nebenfiguren, damit es nicht verwirrend wird. Es gab Abenteuer und erschreckende Augenblicke, doch die dargestellte Action war nicht übermäßig grotesk. Das Buch ist perfekt für Leser im Teenager-Alter… Der Anfang von etwas Bemerkenswerten ist gemacht.“

    --San Francisco Book Review



sem aktionsgeladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Serie Der Ring der Zauberei (die 17 Bücher umfasst) stellt Rice den Lesern den 14-jaehrigen Thorgrin „Thor“ McLeod vor, dessen Traum es ist, sich der Silver Legion anzuschließen, den Elite-Rittern, die dem König dienen. Rices Schreibstil ist solide und die Geschichte fasziniert.“

    --Publishers Weekly



“[QUESTE DER HELDEN] ist schnell und leicht zu lesen. Die Enden de Kapitel sind so gestaltet, dass man weiterlesen muss, um zu erfahren, was als nächstes passiert und Sie werden das Buch nicht beiseitelegen. (…) Das Ende des Buchs weckte den Wunsch in mir, sofort das nächste Buch zu kaufen – was ich auch getan habe. Alle Bücher der Serie Der Ring der Zauberei sind derzeit im Kindle Store erhältlich und Queste der Helden ist aktuell als kostenloser Download verfügbar, damit Sie sofort loslegen können! Wenn Sie nach einem Buch für den Urlaub suchen, das schnell zu lesen und unterhaltsam ist, haben Sie es gefunden.“

    --FantasyOnline.net


Bücher von Morgan Rice

VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (BAND #1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (BAND #2)



DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (BAND #1)

MARSCH DER KÖNIGE (BAND #2)

LOS DER DRACHEN (BAND #3)

RUF NACH EHRE (BAND #4)

SCHWUR DES RUHMS (BAND #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT(BAND #6)

RITUS DER SCHWERTER (BAND #7)

GEWÄHR DER WAFFEN (BAND #8)

HIMMEL DER ZAUBER (BAND #9)

MEER DER SCHILDE (BAND #10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (BAND #11)

LAND DES FEUERS (BAND #12)

DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)

DER EID DER BRÜDER (BAND #14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN(BAND #15)

DAS TOURNIER DER RITTER (BAND #16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (BAND #17)



DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)

ARENA TWO –  ARENA ZWEI (BAND #2)



DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (BAND #1)

VERGÖTTERT (BAND #2)

VERRATEN (BAND #3)

BESTIMMT (BAND #4)

BEGEHRT (BAND #5)

VERMÄHLT (BAND #6)

GELOBT (BAND #7)

GEFUNDEN (BAND #8)

ERWECKT (BAND #9)

ERSEHNT (BAND #10)

BERUFEN (BAND #11)













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Copyright © 2015 by Morgan Rice



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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig



Copyright für das Bild auf dem Umschlag by St. Nick, unter Lizenz von Shutterstock.com.









Kapitel Eins


Langsam ging Kyra durch das Blutbad. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln als sie die Zerstörung betrachtete, die der Drache hinterlassen hatte. Sie war sprachlos. Tausende der Männer des Lords, der am meisten gefürchteten Männer in Escalon, lagen tot vor ihr, ausgelöscht in einem einzigen Augenblick. Rauch stieg von verkohlten Leichen überall um sie herum auf, der Schnee unter ihnen geschmolzen, das, was von ihren Gesichtern übrig war, schmerzverzerrt. Skelette, verdreht in unnatürlichen Positionen, die immer noch ihre Waffen mit ihren knochigen Fingern umklammert hielten. Ein paar der Leichen standen aufrecht, wie angewurzelt, und starrten immer noch gen Himmel, als fragten sie sich, was sie getötet hatte.

Kyra blieb neben einer stehen und betrachtete sie staunend. Sie streckte die Hand aus und berührte sie, doch als ihre Finger den Rippenbogen berührten, beobachtete sie fasziniert, wie alles zerfiel und als Häufchen Asche und Knochen auf den Boden fiel, das Schwert harmlos daneben.

Als sie ein Kreischen über sich hörte, streckte sie den Hals, Theos kreiste über ihr und atmete Feuer, als wäre er immer noch nicht zufrieden. Sie konnte fühlen was er fühlte, spürte die Wut, die in seinen Adern brannte, sein Verlangen ganz Pandesia zu zerstören – nein, die ganze Welt – wenn er nur konnte. Es war eine ursprüngliche Wut, eine Wut, die keine Grenzen kannte.

Das Geräusch von Stiefeln im Schnee riss sie aus ihren Gedanken und Kyra drehte sich um und sah die Männer ihres Vaters, Dutzende von ihnen, die über das Schlachtfeld liefen und mit weit aufgerissenen Augen die Zerstörung betrachteten. Diese kampferprobten Männer hatten so etwas wie das hier noch nie gesehen; selbst ihr Vater, der ganz in der Nähe mit Anvin, Arthfael und Vidar lief, schien mit den Nerven am Ende zu sein. Es war als lief man durch einen Alptraum.

Kyra sah, dass die tapferen Krieger die Blicke vom Himmel zu ihr wandten und sie fragend ansahen. Es war als wäre sie diejenige, die all das getan hatte, als wäre sie selbst der Drache. Schließlich war nur sie in der Lage gewesen, ihn zu rufen. Sie wandte den Blick ab, fühlte sich unbehaglich. Sie konnte nicht sagen, ob sie sie als Kriegern betrachteten, oder als Freak. Vielleicht wussten sie es selbst nicht.

Kyra dachte an ihr Gebet zum Wintermond, ihren Wunsch zu wissen, ob sie etwas Besonderes war – ob ihre Kräfte real waren. Nach dem heutigen Tag, nach dieser Schlacht, hatte sie keine Zweifel mehr. Sie hatte den Drachen gerufen. Sie hatte es selbst gespürt. Sie wusste nicht wie, doch jetzt wusste sie definitiv, dass sie anders war. Und sie konnte nicht umhin sich zu fragen, ob das bedeutete, dass die Prophezeiungen über sie wahr waren. War es ihr wirklich bestimmt, eine große Kriegerin zu werden? Eine große Herrscherin? Größer noch als ihr Vater? Würde sie wirklich ganze Länder in die Schlacht führen? Lag das Schicksal von Escalon wirklich auf ihren Schultern?

Kyra verstand nicht, wie das möglich sein sollte. Vielleicht war Theos von selbst gekommen. Vielleicht hatte das, was er hier getan hatte, nichts mit ihr zu tun. Vielleicht war es Rache. Schließlich hatten die Pandesier ihn verletzt.

Kyra war sich keiner Sache mehr sicher. Alles was sie wusste war, dass sie in diesem Augenblick die Kraft des Drachen in ihren Adern brennen spürte. Während sie über dieses Schlachtfeld ging und ihre größten Feinde tot vor sich sah, hatte sie das Gefühl, dass alles möglich war. Sie wusste, dass sie keine Fünfzehnjährige mehr war, die auf Anerkennung in den Augen der Männern wartete. Sie war kein Spielzeug für den Lord Regenten mehr; sie war kein Besitz mehr, der verheiratet, misshandelt und gequält werden konnte. Sie war erwachsen. Eine Kriegerin unter Männern – und eine, die man fürchten musste.

Kyra ging durch das Meer von Leichen, bis es schließlich endete und die Landschaft wieder in Schnee und Eis überging. Sie blieb neben ihrem Vater stehen und ließ den Blick über das Tal unter ihnen schweifen. Dort lagen die weit offenen Tore von Argos, einer leeren Stadt. Die meisten der Männer lagen tot, hier, in diesen Hügeln. Es war gespenstisch, ein so großartiges Fort leer und unbewacht zu sehen. Die Tore  zu Pandesias wichtigster Festung standen weit offen – jeder konnte eintreten. Ihre gewaltigen Mauern aus dicken Steinen, ihre Garnison von Tausenden von Männern und verschiedenen Verteidigungsringen hatten jeden Gedanken an eine Revolte ausgeschlossen; ihre Existenz hatte Pandesia einen eiserne Kontrolle über das gesamte nordöstliche Escalon erlaubt.

Sie gingen alle den Hügel hinunter auf eine kurvige Straße, die zu den Stadttoren führte. Sie waren siegreich doch ernst, denn auch die Straße war voller verkohlter Leichen, Nachzügler, die der Drache ebenfalls nicht verschont hatte, Spuren auf dem Pfad der Verwüstung. Es war, als ginge man durch einen Friedhof.

Als sie die riesigen Tore passierten, blieb Kyra an der Schwelle stehen, es nahm ihr den Atem: im Inneren lagen Tausende weitere Leichen, verkohlt, rauchend. Das war alles, was von den Männern des Lords übrig war. Theos hatte keinen verschont; sein Zorn war selbst an den Mauern der Festung zu sehen, wo dicker Ruß zeigte, wo er Feuer gespien hatte.

Als sie eintraten, fiel vor allem die Stille auf. Der leere Hof. Es war gespenstisch, eine solche Stadt so ohne jedes Leben zu sehen. Es war, als hätte Gott es mit einem einzigen Atemzug eingesaugt.

Während die Männer ihres Vaters vordrangen, begannen aufgeregte Stimmen, die Luft von den Mauern widerzuhallen und bald konnte Kyra verstehen warum. Überall lagen zahllose Waffen herum, wie sie sie noch nie gesehen hatten. Dort, auf dem Boden des Hofs verteilt, lag ihre Kriegsbeute: Die feinsten Waffen, das feinste Stahl, die besten Rüstungen, die sie je gesehen hatten, alle mit dem Wappen Pandesias verziert. Sogar Säcke mit Gold lagen verstreut herum.

Und noch besser – am fernen Endes des Hofs stand ein großes Steingebäude, die Waffenkammer, deren Tore weit offen standen, da die Männer in Eile gegangen waren und einen wahren Schatz preisgaben. Überall an den Wänden waren Schwerter, Hellebarden, Piken, Beile, Speere, Bögen – alle aus dem besten Stahl gefertigt, das die Welt zu bieten hatte. Es waren genug Waffen, um halb Escalon zu bewaffnen.

Kyra hörte das Wiehern von Pferden und sah zur andern Seite des Hofs hinüber wo eine Reihe von gemauerten Ställen war, in denen die besten Pferde des Feindes mit den Hufen scharrten, die alle vom Hauch des Drachen verschont geblieben waren. Genug Pferde für eine ganze Armee.

Kyra sah die Hoffnung, die in den Augen ihres Vaters erwachte, einen Blick, den sie noch nie gesehen hatte, und sie wusste, was er dachte: Escalon konnte sich wieder erheben.

Sie hörte einen Schrei und als Kyra aufblickte, sah sie, dass Theos tiefer kreiste, die Krallen ausgestreckt. Er flog eine Siegesrunde über der Stadt. Mit seinen leuchtend goldenen Augen sah er sie an, selbst aus der Ferne. Sie konnte den Blick nicht abwenden.

Theos tauchte hinab und landete vor den Toren der Stadt. Er saß stolz da und sah sie an, als ob er sie rief. Und sie spürte, wie er sie rief.

Kyra spürte ein Prickeln auf ihrer Haut, eine Hitze, die in ihr aufstieg. Sie fühlte eine intensive Verbindung mit der Kreatur und hatte keine Wahl, als zu ihm zu gehen.

Als Kyra sich umdrehte und den Hof überquerte, zurück zu den Toren, konnte sie spüren, wie die Blicke der Männer auf ihr lagen und zwischen dem Drachen und ihr hin und her wanderten. Sie ging allein zum Tor, der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln und ihr Herz pochte.

Plötzlich legte sich sanft eine Hand auf ihren Arm und hielt sie auf. Sie drehte sich um und sah den besorgten Blick ihres Vaters.

„Sei vorsichtig“, warnte er.

Kyra ging weiter. Sie empfand keine Angst, trotz des wilden Ausdrucks in den Augen des Drachen. Sie spürte nur das tiefe Band mit ihm, als ob er ein Teil von ihr war, ein Teil, ohne den sie nicht leben konnte. Sie war neugierig. Zahllose Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Wo war Theos hergekommen? Warum war er nach Escalon gekommen? Warum jetzt und nicht früher?

Als Kyra durch die Tore von Argos ging und sich dem Drachen näherte, wurden seine Geräusche lauter, irgendetwas zwischen einem Schnurren und Fauchen, als wartete er auf sie mit sanft flatternden Flügeln. Er öffnete sein Maul als wollte er Feuer speien und entblößte seine riesigen Zähne, jeder einzelne beinahe so groß wie sie, so scharf wie ein Schwert. Einen Augenblick lang hatte sie Angst, denn seine Augen starrten sie mit einer Intensität an, die es ihr schwer machte, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

Schließlich blieb Kyra ein paar Schritte vor ihm stehen und betrachtete ihn fasziniert. Theos war fantastisch. Er war gut zehn Meter hoch, mit dicken harten Schuppen. Der Boden um ihn herum bebte, wenn er rasselnd einatmete, und sie hatte das Gefühl, ihm ausgeliefert zu sein.

Sie standen schweigend da und betrachteten einander, während Kyras Herz in ihrer Brust raste und die Anspannung so greifbar in der Luft lag, dass sie kaum atmen konnte.

Mit trockenem Mund brachte sie schließlich den Mut auf, zu sprechen.

„Wer bist du?“, fragte sie mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war. „Warum bist du zu mir gekommen? Was willst du von mir?“

Theos senkte den Kopf, brummend und beugte sich vor, so dicht, dass seine riesige Nase fast ihre Brust berührt hätte. Seine Augen, so groß, leuchtend gelb, schienen direkt durch sie hindurchzusehen. Sie starrte hinein, jedes fast so groß wie sie, und fühlte sich verloren in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit.

Kyra wartete auf eine Antwort. Sie wartete darauf, dass ihr Verstand von seinen Gedanken erfüllt wurde, wie es schon einmal passiert war.

Doch sie wartete und wartete und nichts geschah. Nicht ein Gedanke. Hatte Theos sich entschlossen, zu schweigen? Hatte sie ihre Verbindung zu ihm verloren?

Kyra starrte ihn staunend an, dieser Drache war ein größeres Mysterium denn je. Plötzlich legte er sich ab, als ob er sie zu einem Ritt einladen wollte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie sich vorstellte, auf seinem Rücken durch den Himmel zu fliegen.

Langsam trat Kyra neben ihn, griff hoch nach seinen harten und rauen Schuppen und wollte hinaufklettern.

Doch als sie ihn berührte, bewegte er sich von ihr Weg und sie verlor den Halt. Sie stolperte; er flatterte schnell mit den Flügeln und in einer schnellen Bewegung hob er ab, so abrupt, dass seine Schuppen ihre Hände zerkratzten.

Kyra stand da, erschrocken, sprachlos – doch viel mehr noch mit gebrochenem Herzen. Sie sah hilflos zu, wie sich die gigantische Kreatur gen Himmel erhob und höher und immer höher flog. So schnell, wie er gekommen war, verschwand Theos plötzlich wieder in den Wolken und hinterließ nichts als Still.

Kyra stand da, hohl, und fühlte sich einsamer denn je. Als der letzte seiner Schreie verhallte wusste sie, dass Theos diesmal für immer gegangen war.




Kapitel Zwei


Alec rannte mitten in der Nacht durch den Wald, Marco an seiner Seite, und stolperte über Wurzeln, die vom Schnee verdeckt waren und fragte sich, ob er mit dem Leben davonkommen würde. Sein Herz raste in seiner Brust, während er um sein Lebe rannte. Er rang keuchend nach Luft und wollte zu gerne stehenbleiben, doch er musste mit Marco mithalten. Wieder einmal blickte er über seine Schulter zurück und sah das Leuchten der Flammen, das schwächer wurde, je tiefer sie in den Wald rannten. Er kam an einer Gruppe dicker Bäume vorbei und bald war das Leuchten vollständig verschwunden und beide von Finsternis umhüllt.

Alec drehte sich um und tastete sich an den Bäumen vor. Er stieß sich immer wieder, Äste schlugen gegen seine Schultern und Zweige verkratzten seine Arme. Er spähte in die Schwärze vor ihm und konnte gerade so den Weg sehen. Er versuchte, die unbekannten Geräusche zu ignorieren, die ihn umgaben und an die Warnungen erinnerten. Man hatte ihnen gesagt, dass kein Flüchtling je überlebte, und das ungute Gefühl wuchs, je tiefer sie vordrangen. Er spürte die Gefahr hier, die bösen Kreaturen, die überall lauerten in diesem Wald, der so dicht war, dass es schwer fiel sich zu orientieren. Mit jedem Schritt schien das Unterholz dichter zu werden und er fragte sich, ob es vielleicht besser gewesen wäre, bei den Flammen zu bleiben.

„Hier entlang!“, zischte eine Stimme.

Marco packte ihn an der Schulter und zog ihn mit sich nach rechts, zwischen zwei riesigen Bäumen hindurch unter ihre knorrigen Äste. Alec folgte ihm und schlitterte durch den Schnee, bis er sich auf einer Lichtung mitten in dem dichten Wald wiederfand, auf der das Licht des Mondes ihnen den Weg wies.

Sie blieben stehen, beugten sich vor und rangen keuchend um Atem. Sie sahen einander an und Alec warf einen Blick zurück über seine Schulter in den Wald. Er atmete schwer, seine brannten von der Kälte, seine Rippen schmerzten.

„Warum folgen sie uns nicht?“, fragte Alec.

Marco zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht gehen sie davon aus, dass der Wald ihre Arbeit erledigen wird.“

Alec lauschte nach den pandesischen Kriegern, denn er rechnete damit, dass sie verfolgt wurden – doch da war nichts. Stattdessen hörte Alec ein anderes Geräusch – wie ein leises, wütendes Knurren.

„Hast du das gehört“, fragte Alec, dessen Nackenhaare sich aufstellten.

Marco schüttelte den Kopf.

Alec stand da, wartete und fragte sich, ob sein Verstand ihm einen Streich gespielt hatte. Dann hörte er es wieder. Es war ein fernes Geräusch, ein leises Knurren, bedrohlich, etwas, was Alec noch nie gehört hatte. Während er lauschte wurde es immer lauter, als näherte es sich ihnen.

Jetzt sah Marco ihn alarmiert an.

„Deswegen sind sie uns nicht gefolgt“, flüsterte Marco.

Alec war verwirrt.

„Was meinst du?“, fragte er.

„Wilvox“, antwortete er und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Sie haben sie freigelassen, damit sie uns folgen.“

Das Wort löste Angst und Schrecken in Alec aus. Er hatte als Kind von ihnen gehört, und er wusste, dass das Gerücht ging, dass sie den Wald der Dornen bewohnten, doch er hatte immer angenommen, dass sie nicht mehr als eine Legende waren. Man sagte, dass sie die tödlichsten Kreaturen der Nacht waren – alptraumhafte Wesen.

Das Knurren wurde lauter und es klang, als wären es mehrere von ihnen.

„Lauf!“, schrie Marco.

Marco drehte sich um und Alec folgte ihm über die Lichtung in den Wald. Adrenalin raste in seinen Adern während Alec rannte und seinen eigenen Herzschlag in seinen Ohren hörte, der das Knirschen des Schnees unter seinen Stiefeln übertönte. Doch bald hörte er, dass die Kreaturen hinter ihnen näher kamen und wusste, dass sie von Biestern gejagt wurden, denen sie nicht entkommen konnten.

Alec stolperte über eine Wurzel und stürzte gegen einen Baum. Er schrie vor Schmerz auf, atemlos, dann rappelte er sich auf und rannte weiter. Er suchte den Wald nach irgendeiner Zuflucht ab, den er erkannte, dass ihnen nicht viel Zeit blieb – doch da war nichts.

Das Knurren wurde lauter, und im Laufen warf Alec einen Blick über seine Schulter – und wünschte sich sofort, es nicht getan zu haben. Vier der wildesten Kreaturen, die er je gesehen hatte, waren ihnen dicht auf den Fersen. Die Wilvox ähnelten Wölfen, doch sie waren doppelt so groß mit kleinen spitzen Hörner, die aus ihren Köpfen ragten und einem einzelnen, roten Auge. Ihre Pranken waren so groß wie die eines Bären, mit langen, spitzen Krallen, und ihr Fell war glatt und schwarz wie die Nacht.

Als er sie so nah sah, wusste Alec, dass er ein toter Mann war.

Alec stürmte mit letzter Kraft voran, seine Hände schwitzten selbst in der Eiseskälte schwitzten seine Hände, sein Atem gefror in dicken weißen Wolken vor ihm. Die Wilvox waren kaum mehr als zehn Meter entfernt und der gierige Blick in ihren Augen, der Sabber, der ihnen aus den Mäulern lief, sagte ihm, dass sie ihn in Stücke reißen würden. Er sah keinen Ausweg. Er warf Marco einen Blick zu in der Hoffnung, dass er einen Plan hatte, doch er sah genauso verzweifelt aus. Auch er wusste nicht, was sie tun sollten.

Alec schloss die Augen und tat etwas, was er noch nie zuvor getan hatte: er betete. Sein Leben lief vor seinen Augen ab, und es veränderte ihn – es ließ ihn erkennen, wie sehr er das Leben liebte und mehr denn je wollte er weiterleben.

Bitte Gott, rette mich. Nach allem, was ich für meinen Bruder getan habe, bitte lass mich nicht hier sterben. Nicht an diesem Ort, nicht durch diese Kreaturen. Ich würde alles dafür tun.

Als Alec die Augen öffnete, hob er den Blick und bemerkte diesmal einen Baum, der ein wenig anders war als die anderen. Seine Äste waren knorriger und hingen tiefer hinab, gerade tief genug, um einen im Sprung zu erreichen. Er hatte keine Ahnung, ob die Wilvox klettern konnten, doch er hatte keine andere Wahl.

„Der Ast!“, schrie Alec Marco wild gestikulierend zu.

Gemeinsam rannten sie zu dem Baum und als die Wilvox näher kamen, nur wenige Meter entfernt, sprangen sie und zogen sich an dem Ast hoch.

Alecs Hände rutschten auf dem verschneiten Ast, doch es gelang ihm, sich festzuhalten und er zog sich hoch zum nächsten Ast hoch, der ein paar Meter über dem Boden war. Von dort sprang er sofort zum nächsten Ast, immer höher. So schnell war er noch nie in seinem Leben geklettert.

Die Wilvox erreichten den Baum, sprangen hoch und hieben nach ihren Beinen. Alec spürte ihren heißen Atem an seinen Fersen einen Augenblick bevor er sprang und ihre Kiefer verfehlten ihn um Zentimeter.

Die Jungen kletterten weiter, angetrieben durch das Adrenalin, bis sie gut fünf Meter über dem Boden waren und so sicher, wie sie sein konnten.

Alec hielt schließlich inne und klammerte sich mit aller Kraft an dem Ast fest. Schweiß brannte ihm in den Augen, während er langsam wieder zu Atem kam. Er sah nach unten und betete, dass die Wilvox nicht klettern konnten.

Zu seiner Erleichterung waren sie immer noch am Boden; knurrend und schnappend sprangen sie am Baum hoch, doch offensichtlich unfähig zu klettern. Sie kratzten wütend an der Rinde des Baums, doch ohne Erfolg.

Die beiden Jungen saßen auf dem Ast und als sie begriffen, dass sie in Sicherheit waren, seufzten beide erleichtert. Marco lachte und Alec sah ihn überrascht an. Es war ein verrücktes Lachen, ein Lachen der Erleichterung, das Lachen eines Mannes, dem es unerwartet gelungen war, dem Tod zu entkommen.

Als Alec erkannte, wie knapp es gewesen war, konnte auch er ein Lachen nicht unterdrücken. Er wusste, dass sie noch nicht in Sicherheit waren; er wusste, dass sie nicht vom Baum herunter konnten solange die Wilvox da unten waren und dass sie womöglich trotz allem hier sterben würden, doch zumindest für den Augenblick waren sie sicher.

„Sieht so aus, als wäre ich dir was schuldig“, sagte Marco.

Alec schüttelte den Kopf.

„Du solltest mir noch nicht danken“, erwiderte Alec.

Die Wilvox knurrten wütend und Alec blickte mit zitternden Händen nach oben. Er wollte noch weiter von den Biestern weg und fragte sich, wie hoch sie klettern konnten, und ob es einen Ausweg aus der Situation gab.

Plötzlich erstarrte er. Als er aufblickte, zuckte er zusammen, erfasst von einer Angst, wie er sie noch nie erlebt hatte. Von dort oben, aus den Ästen über ihm, blickte die hässlichste Kreatur auf ihn herab, die er je gesehen hatte. Mehr als zwei Meter lang, mit dem Körper einer Schlange und zwölf krallenbewehrten Beinen und einem Kopf wie dem eines Aals starrte sie ihn aus schmalen mattgelben Augen an. Nur ein paar Meter über ihm zischte sie und riss das Maul auf. Alec erschrak darüber, wie weit sie es öffnen konnte – sie konnte ihn glatt im Ganzen verschlucken! Das rasseln ihres Schwanzes verriet ihm, dass sie im Begriff war anzugreifen und beide zu töten.

Als sich ihr Maul in Richtung von Alecs Hals senkt, reagierte er instinktiv. Er schrie auf und wich zurück, wobei er seinen Halt verlor und an nichts anderes denken konnte, als ihren tödlichen Fangzähnen und dem sicheren Tod zu entkommen.

Er dachte nicht einmal an das, was unter ihnen lauerte. Als er spürte, wie er vom Baum stürzte, erkannte er zu spät, dass er vom Regen in die Traufe flüchtete. Er blickte in die Tiefe und sah die sabbernden Wilvox, die ihre Mäuler aufrissen und wusste, dass er nichts tun konnte, als sich für den Aufprall zu wappnen.

Er hatte einen sicheren Tod gegen den anderen ausgetauscht.




Kapitel Drei


Als Kyra langsam durch die Tore von Argos zurückkam, lagen die Blicke der Männer ihres Vaters auf ihr und die Scham brannte. Sie hatte ihre Beziehung zu Theos falsch verstanden. Dumm wie sie war hatte sie geglaubt, dass sie ihn kontrollieren konnte – doch stattdessen hatte er sie vor all diesen Männern verschmäht. Alle hatten gesehen, dass sie schwach war und keine Macht über den Drachen hatte. Sie war nur ein Krieger wie jeder andere auch – nicht einmal ein Krieger, sondern nur ein Mädchen, das ihr Volk in einen Krieg gestürzt hatte, den sie ohne den Drachen nicht gewinnen konnten.

Kyra trat durch die Tore von Argos, spürte die Blicke und die unbehagliche Stille. Was sie jetzt wohl von ihr dachten? Sie wusste nicht einmal, was sie selbst denken sollte. War Theos nicht wegen ihr gekommen? Hatte er die Schlacht aus eigenem Antrieb geschlagen? Hatte sie etwa doch keine besonderen Kräfte?

Kyra war erleichtert, als die Männer ihre Aufmerksamkeit endlich von ihr abwandten und sich wieder damit beschäftigten, Waffen zu sammeln und sich für den kommenden Krieg vorzubereiten. Sie eilten umher, sammelten die Reichtümer ein, die die Männer des Lords zurückgelassen hatten, füllten Karren, führten Pferde weg und das Klirren von Stahl war überall zu hören, als sie Berge von Schilden und Rüstungen sammelten. Da es immer noch schneite und es langsam dunkel wurde, hatten sie keine Zeit zu verlieren.

„Kyra“, hörte sie eine bekannte Stimme.

Sie drehte sich um und war froh, Anvins lächelndes Gesicht zu sehen. Er sah sie mit Respekt an, mit der aufmunternden Güte und Wärme der Vaterfigur, die er immer für sie gewesen war. Er legte liebevoll einen Arm um ihre Schulter, lächelte breit unter seinem Bart und hielt ihr ein glänzendes neues Schwert hin, dessen Schneide mit pandesischen Symbolen graviert war.

„Der beste Stahl, den ich seit Jahren in Händen gehalten habe“, bemerkte er mit breitem Grinsen. „Dank dir haben wir genug Waffen, um einen Krieg zu beginnen. Du hast uns stärker gemacht.“

Kyra fand Trost in seinen Worten, so wie immer; doch es gelang ihr nicht, dieses Gefühl der Niedergeschlagenheit und Verwirrung abzulegen, weil sie der Drache abgewiesen hatte. Sie zuckte mit den Schultern.

„Ich war das nicht“, antwortete sie. „Das war Theos Werk.“

„Aber Theos ist für dich zurückgekommen“, antwortete er.

Kyra blickte zum grauen Himmel hoch und fragte sich, ob er Recht hatte.

„Ich bin mir nicht sicher.“

Beide betrachteten schweigend den Himmel und die Stille wurde nur vom Pfeifen des Windes gestört.

„Dein Vater wartet auf dich“, sagte Anvin schließlich mit ernster Stimme.

Kyra folgte Anvin. Schnee und Eis knirschten unter ihren Stiefeln, als sie durch den Hof und das Gewimmel der Männer gingen. Sie gingen an Dutzenden der Männer ihres Vaters vorbei, als sie durch die Straßen von Argos gingen, Männer überall, seit langer Zeit endlich wieder einmal entspannt. Sie sah sie lachen, trinken und miteinander Scherzen, während sie Waffen und Vorräte einsammelten. Sie waren wie Kinder am Tag der Heiligen.

Dutzende der Männer ihres Vaters standen in einer Reihe und reichten säckeweise Getreide weiter, um es auf die Karren zu laden; ein weiterer Karren fuhr vorbei, auf dem die gestapelten Schilde klirrten. Er war so vollgeladen, dass ein paar über den Rand fielen und die Krieger beeilten sich, sie wieder einzusammeln. Überall um sie herum verließen Karren das Fort, einige zurück auf die Straße nach Volis, andere auf andere Straßen zu den Dörfern, zu denen sie ihre Vater geschickt hatte, alle gefüllt bis an den Rand. Kyra fand Trost in diesem Anblick und fühlte sich weniger schlecht wegen des Krieges, der wegen ihr ausgebrochen war.

Sie kamen um eine Ecke und Kyra sah ihren Vater, umgeben von seinen Männern. Er war damit beschäftigt Dutzende Schwerter und Speere zu inspizieren, die sie ihm entgegenhielten. Als sie sich näherte, drehte er sich um und bedeutete seinen Männern, sie allein zu lassen.

Ihr Vater sah Anvin an, und dieser stand einen Augenblick lang unsicher da, offensichtlich überrascht über den Blick, mit dem er auch ihn zu gehen bat. Schließlich wandte er sich ab, ging zu den anderen und ließ Kyra allein mit ihm. Auch sie war überrascht – nie zuvor hatte er Anvin gebeten, zu gehen.

Kyra blickte zu ihm auf, doch seine Miene war undurchdringlich wie immer. Er hatte das distanzierte Aussehen eines Anführers unter seinen Männern, nicht das liebevolle Gesicht des Vaters, das sie so kannte und liebte. Er blickte auf sie herab und sie war nervös, da so viele Gedanken in ihrem Kopf umherschwirrten: War er stolz auf sie? War er böse, weil sie sie in diesen Krieg gestürzt hatte? War er enttäuscht, weil Theos sie abgewiesen und seine Armee verlassen hatte?

Kyra wartete. Sie war sein langes Schweigen gewohnt, doch sie war unsicher, denn alles zwischen ihnen hatte sich so schnell verändert. Sie hatte das Gefühl, dass sie über Nacht erwachsen geworden war, während er von den jüngsten Ereignissen verändert worden war; es war, als wussten beide nicht mehr, wie sie miteinander umgehen sollten. War er der noch der Vater, den sie immer geliebt hatte, der ihr bis spät in die Nacht Geschichten vorgelesen hatte? Oder war er jetzt ihr Kommandant?

Er stand da und starrte sie an, und sie spürte, dass er nicht wusste, was er sagen sollte, während die Stille schwer zwischen ihnen hing. Schließlich konnte Kyra es nicht länger ertragen.

„Lässt du all das nach Volis zurückbringen?“, fragte sie, als ein Wagen voller Schwerter an ihnen vorbeifuhr.

Er drehte sich um und betrachtete den Wagen und es schien ihn aus seinem Tagtraum zu reißen. Er wandte sich nicht wieder zu Kyra um, sondern beobachtete kopfschüttelnd den Wagen.

„In Volis gibt es außer dem Tod nichts mehr für uns“, sagte er mit tiefer, entschlossener Stimme. „Wir gehen nach Süden.“

Kyra war überrascht.

„Nach Süden?“, fragte sie.

Er nickte.

„Esephus“, sagte er.

Aufregung machte sich in Kyra breit, als sie sich ihre Reise nach Esephus vorstellte, dem alten Bollwerk am Meer, ihrem größten Nachbarn im Süden. Sie wurde noch aufgeregter, als sie erkannte – wenn er dorthin ging, konnte es nur eines bedeuten: er bereitete sich auf den Krieg vor.

Er nickte, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

„Es gibt jetzt kein Zurück mehr“, sagte er.

Kyra sah ihren Vater mit einem Gefühl des Stolzes an, wie sie es schon seit Jahren nicht mehr empfunden hatte. Er war nicht mehr der selbstzufriedene Krieger, der seine besten Jahre in der Sicherheit einer kleinen Festung verbrachte, sondern der mutige Kommandant, den sie einst gekannt hatte, der bereit war, alles für die Freiheit zu riskieren.

„Wann gehen wir los?“, fragte sie mit pochendem Herzen und freute sich auf die erste Schlacht.

Sie war überrascht, als er den Kopf schüttelte.

„Nicht wir“, korrigierte er. „Meine Männer und ich. Nicht du.“

Kyra war schockiert, seine Worte waren wie ein Dolchstoß in ihr Herz.

„Warum lässt du mich zurück?“, stammelte sie. „Nach allem, was passiert ist? Was sonst muss ich tun, um mich dir zu beweisen?“

Er schüttelte entschieden den Kopf und als sie den Blick in seinen Augen sah, wusste sie, dass er sich nicht davon abbringen lassen würde.

„Du gehst zu deinem Onkel“, sagte er. Es war keine Bitte, es war ein Befehl und mit diesen Worten wusste sie, wo sie stand: sie war einer seiner Krieger, nicht mehr seine Tochter und das tat ihr weh.

Kyra atmete tief durch – sie würde nicht so schnell aufgeben.

„Ich will an deiner Seite kämpfen“, beharrte sie. „Ich kann dir helfen.“

„Du wirst mir helfen“, sagte er, „indem du dorthin gehst, wo du gebraucht wirst. Und ich brauche dich dort, bei ihm.“

Sie runzelte die Stirn und versuchte zu verstehen.

„Aber warum?“, fragte sie.

Er schwieg eine Weile bis er schließlich seufzte.

„Du besitzt…“, begann er, „…Fähigkeiten, die ich nicht verstehe. Fähigkeiten die wir brauchen, um diesen Krieg zu gewinnen. Nur dein Onkel weiß, wie man diese Fähigkeiten fördern kann.“

Er legte ihr bedeutungsvoll die Hand auf die Schulter.

„Wenn du uns helfen willst“, fügte er hinzu, „wenn du unserem Volk helfen willst, ist das der Ort, an dem du gebraucht wirst. Ich brauche nicht noch einen weiteren Krieger. Ich brauche die einzigartigen Talente, die du zu bieten hast. Die Fähigkeiten, die niemand sonst besitzt.“

Sie sah den Ernst in seinen Augen und fühlte sich schrecklich bei der Aussicht, nicht mit ihm gehen zu können, doch sie fühlte ein wenig Bestätigung in seinen Worten und sie weckten ihre Neugier. Sie fragte sich, welche Fähigkeiten er meinte und fragt sich, wer ihr Onkel war.

„Geh und lerne, was ich dir nicht beibringen kann“, fügte er hinzu. „Komm gestärkt zurück und hilf mir zu siegen.“

Kyra sah ihm in die Augen und sie spürte den Respekt, die Wärme zurückkehren, die sie sich wieder ganz fühlen ließen.

„Die Reise nach Ur ist lang“, sagte er. Ein Drei-Tages-Ritt nach Nordwesten. Du wirst Escalon allein durchqueren müssen. Du musst schnell reiten und dich versteckt halten. Meide die Straßen. Bald wird sich die Kunde dessen verbreiten, was hier vorgefallen ist – und den Zorn der pandesischen Lords wecken. Die Straßen werden gefährlich sein – du musst im Wald bleiben. Reite nach Norden, finde das Meer und bleib in Sichtweite. Es soll dein Wegweiser sein. Folge der Küste und du wirst Ur finden. Halte dich von den Dörfern und den Leuten fern. Halte nicht an. Sag niemandem wohin du gehst und sprich mit niemandem.“

Er hielt sie fest an den Schultern und sein eindringlicher Blick machte ihr Angst.

„Verstehst du mich?“, sagte er. „Es ist eine gefährliche Reise für einen Mann – und ganz besonders für ein einzelnes Mädchen. Ich kann niemanden entbehren, um dich zu begleiten. Du musst stark genug sein, es alleine zu tun. Bist du das?“

Sie konnte die Angst in seiner Stimme hören, die Liebe eines besorgten Vaters, der hin und hergerissen war, und sie nickte, stolz, dass ihr Vater ihr eine solche Mission zutraute.

„Das bin ich, Vater“, sagte sie stolz.

Er sah sie eindringlich an, dann nickte er schließlich zufrieden. Langsam füllten sich seine Augen mit Tränen.

„Von all meinen Männern“, sagte er, „von all diesen Kriegern, bis du diejenige, die ich am meisten brauche. Nicht deine Brüder, nicht einmal meine vertrautesten Krieger. Du bist die eine, die einzige, die diesen Krieg gewinnen kann.

Kyra war verwirrt und überwältigt; sie verstand nicht, was er meinte. Sie wollte ihn fragen, als sie plötzlich eine Bewegung wahrnahm.

Sie drehte sich um und sah Baylor, den Pferdemeister ihres Vaters, der sich ihnen wie immer lächelnd näherte. Ein kleiner, dicker Mann mit buschigen Brauen und dünnem Haar, kam mit federndem Schritt und lächelnd auf sie zu, dann sah er ihren Vater an, als ob er auf seine Zustimmung wartete.

Ihr Vater nickte ihm zu und Kyra fragte sich, was vor sich ging, als Baylor sich ihr zuwandte.

„Ich habe gehört, du wirst eine Reise machen“, näselte Baylor. „Dafür wirst du ein Pferd brauchen.

Kyra runzelte die Stirn.

„Ich habe ein Pferd“, antwortete sie und sah sich nach dem braven Pferd um, das sie im der Schlacht gegen die Männer des Lords geritten hatte. Es stand auf der anderen Seite des Hofs an einen Pfosten gebunden.

Baylor lächelte.

„Das ist kein Pferd“, sagte er.

Baylor sah ihren Vater an und der nickte.

„Folge mir“, sagte er, und drehte sich um, um in Richtung der Stallungen vorzugehen.

Kyra sah ihm irritiert hinterher, dann sah sie ihren Vater an. Er nickte.

„Folge ihm“, sagte er. „Du wirst es nicht bereuen.“


* * *

Kyra folgte Baylor über den verschneiten Hof, gefolgt von Anvin, Arthfael und Vidar zu den niedrigen Stallungen. Kyra fragte sich, was Baylor gemeint hatte und welches Pferd er für sie ausgewählt hatte. Ihrer Meinung nach gab es keine großen Unterschiede zwischen den Pferden.

Als sie das weitläufige Gebäude erreichten, das mindestens hundert Meter lang war, wandte sich Baylor zu ihr um.

„Die Tochter unseres Lords wird ein feines Pferd brauchen, das sie hinbringt, wo auch immer sie hingehen wird.“

Kyras Herz schlug schneller. Sie hatte noch nie zuvor ein Pferd von Baylor bekommen, das war eine Ehre, die normalerweise verdienten Kriegern vorbehalten war. Sie hatte immer davon geträumt, eines zu bekommen, wenn sie alt genug war und es sich verdient hatte. Es war eine Ehre, die bisher nicht einmal ihren älteren Brüdern zuteil geworden war.

Anvin nickte stolz.

„Du hast es verdient“, sagte er.

„Wenn du mit einem Drachen umgehen kannst“, fügte Arthfael mit einem Lächeln hinzu, „dann kannst du auch mit einem Schlachtross umgehen.“

Vor dem Stall sammelte sich eine kleine Menge, die ihnen gefolgt war. Die Männer machten eine Pause, offensichtlich neugierig zu erfahren, wohin sie geführt wurde. Ihre beiden älteren Brüder, Brandon und Braxton schlossen sich ihnen ebenfalls an und starrten wortlos in Kyras Richtung – mit Neid in den Augen. Schnell wandten sie den Blick ab, wie immer zu stolz, sie überhaupt zur Kenntnis zu nehmen von Lob ganz zu schweigen. Leider hatte sie von ihnen nichts anderes erwartet.

Kyra hörte Schritte und sah sich um, erfreut zu sehen, dass ihre Freundin Deirdre sich zu ihr gesellte.

„Ich habe gehört, du verlässt uns“, sagte sie, während sie neben ihr her ging.

Kyra ging neben ihrer neuen Freundin und fand Trost in ihrer Gesellschaft. Sie dachte, an ihre gemeinsame Zeit in der Zelle des Lord Regenten, all das Leid, das sie ertragen hatten und ihre gemeinsame Flucht, und das Band, das sie zwischen ihnen spürte. Deirdre hatte viel Schlimmeres durchgemacht als sie, und als sie sie ansah und die dunklen Ringe unter ihren Augen sah, die Aura des Leids und der Traurigkeit, die sie noch immer umgab, fragte sie sich, was aus ihr werden würde. Sie konnte sie nicht einfach allein in diesem Fort zurücklassen. Nachdem die Armee nach Süden zog, wäre Deirdre allein.

„Ich könnte jemanden gebrauchen, der mich auf meiner Reise begleitete“, sagte Kyra und hatte eine Idee, als sie die Worte aussprach.

Deirdre sah sie an, riss erfreut die Augen auf und lächelte. Die dunkle Aura schwand.

„Ich hatte gehofft, dass du fragen würdest.“

Anvin der zugehört hatte, runzelte die Stirn.

„Ich weiß nicht, ob dein Vater zustimmen würde. „Du hast eine ernste Aufgabe vor dir.“

„Ich werde mich nicht einmischen“, sagte Deirdre. „Wenn ich zurück zu meinem Vater will, muss ich Escalon sowieso durchqueren. Und wenn ich ehrlich bin, ist es mir lieber, wenn ich es nicht allein tun muss.“

Anvin rieb sich den Bart.

„Deinem Vater würde das nicht gefallen“, sagte er zu Kyra. „Sie könnte eine Belastung werden.“

Kyra legte beruhigend die Hand auf Anvins Arm. Sie hatte ihren Entschluss gefasst.

„Deirdre ist meine Freundin“, sagte sie. „Ich würde sie nie im Stich lassen, genauso wie du nie einen deiner Männer im Stich lassen würdest. Was sagst du immer? Wir lassen niemanden zurück.“

Kyra seufzte.

„Ich habe vielleicht geholfen, Deirdre aus dieser Zelle zu befreien“, fügte sie hinzu, „doch sie hat genauso mir geholfen. Ich stehe in ihrer Schuld. Tut mir leid, doch was mein Vater denkt, interessiert mich nicht. Ich bin es, die Escalon allein durchqueren soll, nicht er. Sie kommt mit mir.

Deirdre lächelte und hakte sich bei Kyra unter, sichtlich stolz. Kyra fühlte sich wohler bei dem Gedanken, sie auf ihrer Reise dabeizuhaben, und sie wusste, dass es die richtige Entscheidung war.

Kyra bemerkte, dass ihre Brüder ganz in ihrer Nähe gingen und sie konnte nicht umhin, eine gewisse Enttäuschung zu verspüren, dass sie nicht beschützender waren, dass sie nicht einmal daran gedacht hatten, anzubieten, sie zu begleiten. Doch sie empfanden sie als Konkurrenz. Es machte sie traurig, dass ihre Beziehung so war, doch sie konnte andere nicht ändern. Ohne sie war sie sowieso besser aufgehoben. Sie waren großmäulige Draufgänger und sie hätten sicher irgendetwas Dummes getan, das sie in Schwierigkeiten gebracht hätte.

„Ich würde dich auf gerne begleiten“, sagte Anvin, und man konnte den Selbstvorwurf in seiner Stimme hören. „Der Gedanke, dass du Escalon allein überqueren sollst, gefällt mir nicht.“ Er seufzte. „Doch dein Vater braucht mich mehr denn je. Er hat mich gebeten, ihn in den Süden zu begleiten.“

„Auch ich, würde dich gerne begleiten“, fügte Arthfael hinzu, „doch auch ich soll den Männern in den Süden folgen.“

„Und ich soll in seiner Abwesenheit über Volis wachen“, fügte Vidar hinzu.

Kyra war gerührt von ihrer Unterstützung.

„Macht euch keine Sorgen“, antwortete sie. „Es ist eine Reise von drei Tagen. Ich werde es schon schaffen.“

„Das wirst du“, stimmte Baylor ein. „Und dein neues Pferd wird dafür sorgen.“

Damit stieß Baylor die Tür zu den Stallungen auf und sie folgen ihm in das Gebäude, in dem der Geruch der Pferde schwer in der Luft lag.

Kyras Augen gewöhnten sich langsam an das schwache Licht, als sie ihm hinein folgte. Die Luft war kühl und feucht und erfüllt von dem nervösen Scharren der Pferde. Sie sah sich um und sah vor sich Reihen der schönsten Pferde, die sie je gesehen hatte – große, starke, schöne Pferde, schwarz und braun, jedes einzelne ein Champion. Der Stall war eine wahre Schatztruhe.

„Die Männer des Lords haben die besten für sich beansprucht“, erklärte Baylor im Gehen. Er war ganz in seinem Element. Er streichelte ein Pferd hier, tätschelte ein anderes dort und die Tiere schienen in seiner Gegenwart zum Leben zu erwachen.

Kyra ging langsam und genoss den Anblick. Jedes dieser Pferde war wie ein Kunstwerk, größer als die meisten Pferde, die sie bisher gesehen hatte, voller Schönheit und Kraft.

„Wir haben es dir und deinem Drachen zu verdanken, dass diese Pferde jetzt uns gehören“, sagte Baylor. „Da ist es passend, dass du dir eines aussuchst. Dein Vater hat mich angewiesen, dir die erste Wahl zu geben.“

Kyra war überwältigt. Als sie sich umsah, spürte sie die Last der Verantwortung, denn das war eine einmalige Auswahl.

Sie ging langsam, strich über ihre Mähnen, fühlte, wie weich sie waren, wie stark, und wusste nicht, welches sie wählen sollte.

„Wie soll ich meine Wahl treffen?“, fragte sie Baylor.

Er lächelte und schüttelte den Kopf.

„Ich habe mein ganzes Leben lang Pferde trainiert“, antwortete er. „Ich habe sie auch großgezogen. Und wenn es eines gibt, das ich dabei gelernt habe, dann ist es, dass keine zwei Pferde sich gleichen. Manche sind auf Schnelligkeit gezüchtet, andere auf Ausdauer, andere auf Stärke, während wieder andere gezüchtet werden, um große Lasten zu tragen. Manche sind zu stolz, irgendetwas zu tragen. Und wieder andere, ja, andere sind für den Krieg gemacht.

Manche blühen im Einzelkampf auf, andere wollen einfach nur kämpfen und andere sind geschaffen für einen endlosen Krieg. Manche werden dein bester Freund, andere wenden sich gegen dich. Deine Beziehung zu einem Pferd ist etwas Magisches. Sie müssen dich rufen, und du sie. Wähle gut, und du hast ein Pferd, das immer an deiner Seite sein wird, in Schlachten und Kriegen wie im Frieden. Kein guter Krieger ist vollkommen ohne sein Pferd.“

Kyra ging langsam mit vor Aufregung pochendem Herzen weiter, ging an einem Pferd nach dem anderen vorbei. Einige sahen sie an, andere wandten sich ab, einige wieherten und scharrten aufgeregt mit den Hufen, andere standen still. Sie wartete darauf, ein Band zu einem der Tiere zu spüren, doch nichts geschah. Sie war frustriert.

Dann, plötzlich, bekam Kyra eine Gänsehaut und es schoss durch sie hindurch wie ein Blitz. Ein scharfer Klang hallte durch den Stall, ein Klang der ihr sagte, dass das ihr Pferd war. Es klang nicht wie ein normales Pferd – sondern viel dunkler, mächtiger. Es drang durch das allgemeine Wiehern und Schnauben der anderen hindurch, wie ein wilder Löwe, der versuchte, aus seinem Käfig auszubrechen. Es machte ihr Angst und zog sie an.

Kyra wandte sich der Quelle am Ende des Stalls zu und in diesem Augenblick hörte sie Holz splittern. Sie sah, wie ein Tor zerbrach und Holz überall hin flog, und ein Tumult brach aus, als mehrere Männer hinübereilten, und versuchten, dass zerbrochene Tor zu schließen, während ein Pferd weiter mit den Hufen dagegentrat.

Kyra eilte auf den Tumult zu.

„Wo gehst du hin?“, fragte Baylor. „Die guten Pferde sind hier.“

Doch Kyra ignorierte ihn und ging mit pochendem Herzen schneller auf das Pferd zu. Sie spürte, dass es sie rief.

Baylor und die anderen folgten ihr, und als sie den Pferch erreichte, sah sie hinein und keuchte beim Anblick des Tiers. Es war ein Pferd, doch fast doppelt so groß wie die anderen, mit Beinen so dick wie Baumstämme. Es hatte zwei kleine, rasiermesserscharfe Hörner, die kaum sichtbar hinter seinen Ohren versteckt waren. Das Fell war nicht braun oder schwarz wie das der anderen Tiere, sondern tief scharlachrot und seine Augen glitzerten grün. Sie starrten sie an und ihre Intensität nahm ihr die Luft. Sie konnte sich nicht bewegen.

Die Kreatur stieß etwas aus, was wie ein Knurren klang und entblößte ihre Fangzähne.

„Was für ein Pferd ist das?“, fragte sie Baylor mit einer Stimme, die kaum lauter als ein Flüstern war.

Er schüttelte missbilligenden den Kopf.

„Das ist kein Pferd“, sagte er. „Das ist ein wildes Biest. Eine Laune der Natur. Ausgesprochen selten. Man nennt sie Solzor, und sie stammen aus den fernsten Gegenden Pandesias. Der Lord Regent muss einen als Trophäe behalten haben. Er könnte diese Kreatur nicht reiten – niemand kann das. Solzors sind wilde Kreaturen, die man nicht zähmen kann. Komm – du verschwendest kostbare Zeit. Zurück zu den Pferden.

Doch Kyra stand wie angewurzelt da und konnte den Blick nicht abwenden. Ihr Herz pochte, denn sie wusste, was das bedeutete.

„Ich wähle ihn“, sagte sie zu Baylor.

Baylor und die anderen keuchten und starrten sie an, als wäre sie verrückt geworden. Eine betretene Stille folgte.

„Kyra“, begann Anvin, „dein Vater würde dir nie erlauben –“

„Es ist meine Entscheidung, oder nicht?“, beharrte sie.

Er runzelte die Stirn und stemmte die Hände in die Hüften.

„Das ist kein Pferd“, betonte er. „Das ist ein wildes Tier.“

„Es würde dich umbringen“, fügte Baylor hinzu.

Lyra drehte sich zu ihm um.

„Warst nicht du derjenige, der gesagt hat, ich soll meinen Instinkten vertrauen?“, fragte sie. „Genau hier haben sie mich hingeführt. Dieses Tier und ich – wir sind füreinander bestimmt.“

Der Solzor stieg plötzlich auf und zertrümmerte ein weiteres Holztor, und schickte alle Männer unter dem Splitterregen in Deckung. Kyra war fasziniert. Er war wild und ungezähmt und prachtvoll. Ein Tier das zu groß war für den kleinen Pferch, zu groß für die Gefangenschaft und den anderen weit überlegen.

„Warum sollte sie ihn bekommen?“, sagte Brandon und stieß die anderen aus dem Weg. „Ich bin schließlich älter und ich will ihn haben.“

Bevor sie etwas erwidern konnte, stürmte Brandon an ihr vorbei, um ihn für sich zu beanspruchen. Er wollte auf seinen Rücken springen, doch der Solzor buckelte wild und warf ihn ab. Er flog durch den Stall und schlug gegen eine Wand.

Dann schob sich Braxton an allen vorbei, als ob er ihn auch für sich beanspruchen wollte, doch in diesem Augenblick wirbelte er seinen Kopf herum und schlitzte ihm mit seinen scharfen Zähnen den Arm auf.

Blutend und kreischend stürmte Braxton aus dem Stall und hielt sich den Arm. Brandon rappelte sich auf und folgte ihm. Nur knapp entkam er dem Solzor, der ihn beißen wollte.

Kyra stand wie hypnotisiert da, doch aus irgendeinem Grund hatte sie keine Angst. Sie wusste, dass er für sie bestimmt hatte und dass er sich bei ihr anders verhalten würde. Sie spürte eine Bindung zu dem Tier, ähnlich wie mit Theos.

Plötzlich machte sie einen Schritt vor und trat vor das Tier, direkt in Reichweite seiner tödlichen Fangzähne. Sie wollte dem Solzor zeigen, dass sie ihm vertraute.

„Kyra!“, stieß Anvin hervor. „Komm zurück.“

Doch Kyra ignorierte ihn und starrte dem Tier in die Augen.

Leise knurrend erwiderte er ihren Blick, als überlegte er, was er tun sollte. Innerlich zitterte Kyra vor Angst, doch sie hätte es den anderen nie gezeigt.

Sie zwang sich, ihren Mut zu zeigen. Sie hob langsam die Hand und berührte sein rotes Fell. Er knurrte lauter, entblößte seine Zähne, und sie konnte seine Wut und Frustration spüren.

„Macht seine Ketten los“, befahl sie den anderen.

„Was?!“, rief einer der Männer.

„Das ist keine gute Idee“, sagte Baylor mit Angst in der Stimme.

„Tut was ich sage!“, beharrte sie und spürte eine Kraft in sich aufsteigen, als würde der Willen des Tiers durch sie hindurch strömen.

Hinter ihre eilten ein paar Krieger mit Schlüsseln herbei, um seine Ketten zu lösen. Die ganze Zeit über wandte das Tier nicht seine wütenden Augen von ihr ab und knurrte, als ob er sie bewertete, als ob er sie herausforderte.

Sobald seine Ketten gelöst waren, stampfte er mit den Hufen, als drohte er anzugreifen.

Doch seltsamerweise tat er es nicht. Stattdessen starrte er Kyra in die Augen und langsam schien seine Wut stiller Toleranz zu weichen, vielleicht sogar etwas wie Dankbarkeit.

Er senkte kaum merklich den Kopf; es war eine Geste, die die meisten nicht einmal bemerkte, doch sie konnte sie verstehen.

Kyra trat vor, hielt sich an seiner Mähne fest und stieg in einer schnellen Bewegung auf.

Ein kollektives Keuchen erfüllte den Raum.

Zuerst zitterte das Tier und wollte sich aufbäumen, doch Kyra spürte, dass es nur Show war. Er wollte sie nicht abwerfen – sondern nur seinen Trotz zur Schau stellen, zu zeigen, wer die Kontrolle hatte. Er wollte sie wissen lassen, dass er eine Kreatur der Wildnis war, ein Wesen, das sich von niemandem zähmen ließ.

Ich will dich nicht zähmen, sagte sie stumm zu ihm. Ich möchte nur dein Partner in der Schlacht werden.

Der Solzor beruhigte sich, immer noch stampfend, doch nicht mehr so wild; es war, als hätte er sie verstanden. Bald blieb er stehen und war vollkommen ruhig. Er knurrte die anderen an, als wollte er sie beschützen.

Kyra saß auf dem Solzor und sah auf die anderen herab. Ein Meer geschockter Gesichter mit offenen Mündern starrte ihr entgegen.

Kyra strahlte – erfüllt von einem Gefühl des Triumpfs.

„Das“, sagte sie, „ist meine Wahl; und sein Name ist Andor.“


* * *

Kyra ritt Andor langsam über den Hof von Argo, und alle Männer ihres Vaters, kampferprobte Krieger blieben stehen und beobachteten sie staunend. So etwas hatten sie noch nie gesehen.

Kyra hielt sich vorsichtig an seiner Mähne fest und versuchte, ihn zu beruhigen, als er die Männer leise anknurrte und sie böse anstarrte, als wollte er Rache nehmen dafür, dass er eingesperrt gewesen war. Kyra rutschte auf dem neuen Sattel hin und her, bis sie ein bequeme Position gefunden hatte und versuchte, sich daran zu gewöhnen, so hoch zu sitzen. Mit diesem Tier unter sich, fühlte sie sich mächtiger als je zuvor.

Deirdre ritt eine wunderschöne Stute neben ihr her, eine, die Baylor für ist ausgesucht hatte und sie ritten durch den Schnee, bis Kyra ihren Vater in der Ferne am Tor stehen sah. Er wartete mit seinen Männern auf sie, um sie zu verabschieden, und auch sie sahen mit Angst und Staunen zu ihr empor, sprachlos, dass sie dieses Tier reiten konnte. Sie sah die Bewunderung in ihren Blicken und es machte ihr Mut für die Reise, die sie vor sich hatte. Wenn Theos nicht zu ihr zurückkehrte hatte sie zumindest diese wunderbare Kreatur unter sich.

Kyra stieg ab, als sie ihren Vater erreichte und führte Andor an seiner Mähne, als sie Sorge in den Augen ihres Vaters aufflackern sah. Sie wusste nicht, ob es wegen dem Tier war oder wegen der Reise, die sie vor sich hatte. Doch seine Besorgnis zeigte ihr, dass sie nicht die einzige war, die sich vor dem fürchtete, was vor ihr lag, und dass er sich doch um sie sorgte. Einen kurzen Augenblick lang ließ er seinen Maske fallen und warf ihr einen Blick zu, den nur sie erkennen konnte – in ihm lag die Liebe eines Vaters. Sie spürte, dass es ihm nicht leicht fiel, sie auf diese Mission zu schicken.

Sie blieb kurz vor ihm stehen und sah ihn an. Alle schwiegen und sammelten sich um sie herum, um den Austausch zu beobachten.

Sie lächelte ihn an.

„Keine Sorge Vater“, sagte sie. „Du hast mich dazu erzogen, stark zu sein.“

Er nickte und tat so, als wäre er beruhigt, doch sie konnte sehen, dass er es nicht war. Er war immer noch mehr ihr Vater als ihr Kommandant.

Er blickte auf und suchte den Himmel ab.

„Wenn nur dein Drache jetzt hier wäre“, sagte er. „Du könntest Escalon in ein paar Minuten überqueren. Und besser noch – er könnte dich auf deiner Reise beschützen und zu Asche verbrennen, wer immer auch sich dir in den Weg stellt.“

Kyra lächelte traurig.

„Theos ist fort, Vater.“

Er sah sie fragend an.

„Für immer?“, fragte er, die Frage eines Kriegsherrn, der seine Männer in die Schlacht führte – eine Frage die er stellen musste, sie jedoch auszusprechen fürchtete.

Kyra schloss die Augen und versuchte eine Antwort zu erhalten. Sie bat Theos um eine Antwort.

Doch es kam nichts als ohrenbetäubende Stille. Sie fragte sich, ob sie je eine Verbindung zu Theos gehabt hatte, oder ob sie sich alles nur eingebildet hatte.

„Ich weiß es nicht, Vater“, antwortete sie ehrlich.

Er nickte und akzeptierte es mit der Miene eines Mannes der gelernt hatte, Dinge zu akzeptieren wie sie waren und sich nur auf sich selbst zu verlassen.

„Erinnere dich an was ich –“, begann ihr Vater.

„KYRA!“, hallte ein aufgeregter Schrei durch die Luft.

Kyra drehte sich um als die Männer Platz machten und ihr Herz machte einen Sprung, als sie Aidan sah, der mit Leo an seiner Seite durch das Stadttor gerannt kam. Er rannte auf sie zu und stolperte durch den Schnee, um Leo einzuholen, der viel schneller war und bereits Kyra angesprungen hatte.

Kyra lachte, als Leo sie umwarf. Er stand auf ihrer Brust und leckte ununterbrochen ihr Gesicht. Andor knurrte hinter ihr, schon bereit, sie zu beschützen. Leo sprang auf und stellte sich ihm knurrend gegenüber. Beide waren furchtlose Kreaturen, beide mit demselben Beschützerinstinkt, und Kyra fühlte sich geehrt.

Sie sprang auf und stellte sich zwischen sie, wobei sie Leo zurückhielt.

„Es ist okay, Leo“, sagte sie. „Andor ist mein Freund. Und Andor“, sagte sie und drehte sich um. „Leo ist auch mein Freund.“

Leo zog sich widerwillig zurück, während Andor weiter knurrte, wenn auch leiser.

„Kyra!“

Kyra drehte sich um, als Aidan ihr um den Hals fiel. Sie hielt ihn fest an sich gedrückt, während sich seine kleinen Hände an ihren Rücken klammerten. Es fühlte sich so gut an, ihren kleinen Bruder zu umarmen, denn sie war sich sicher, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Er war das letzte bisschen, Normalität in dem Chaos, das aus ihrem Leben geworden war, das einzige, das sich nicht verändert hatte.

„Ich habe gehört, dass du hier bist“, sagte er eilig, „da bin ich ganz schnell gekommen. Ich bin so froh, dass du zurück bist.“

Sie lächelte traurig.

„Leider nicht für lange, kleiner Bruder“, sagte sie.

Besorgnis huschte über sein Gesicht.

„Du gehst schon wieder?“, fragte er niedergeschlagen.

Ihr Vater mischte sich ein.

„Sie ist auf dem Weg zu ihrem Onkel“, erklärte er. „Lass sie gehen.“

Kyra bemerkte, dass ihr Vater zu ihrem Onkel gesagt hatte, nicht zu eurem Onkel, und fragte sich, warum.

„Dann gehe ich mit ihr“, erklärte Aidan stolz.

Ihr Vater schüttelte den Kopf.

„Das wirst du nicht tun“, antwortete er.

Kyra lächelte auf ihren kleinen Bruder herab. Er war tapfer wie immer.

„Vater braucht dich anderswo“, sagte sie.

„An der Front?“, fragte Aidan und drehte sich hoffnungsvoll zu ihrem Vater um. „Du gehst nach Esephus“, sagte er eilig. „Ich habe es gehört! Ich will mit!“

Doch wieder schüttelte er den Kopf.

„Du bleibst in Volis“, antwortete er. „Du wirst dort bleiben, beschützt von meinen Männern, die ich dort zurücklasse. Die Front ist noch nichts für dich. Eines Tages…“

Aidan wurde rot vor Enttäuschung.

„Aber ich will kämpfen, Vater!“, protestierte er. „Ich muss nicht in einem leeren Fort mit Frauen und Kindern bleiben!“

Seine Männer kicherten, doch ihr Vater blieb ernst.

„Meine Entscheidung ist gefallen“, antwortete er kurz.

Aidan verzog das Gesicht.

„Ich darf Kyra nicht begleiten und ich kann nicht mit dir kommen“, beharrte er. „Was nutzt mir dann all der Unterricht über Schlachten und in Waffenkunde? Wofür war dann all mein Training?“

„Lass dir erst mal Haare auf der Brust wachsen, kleiner Bruder“, lachte Braxton, der mit Brandon an seiner Seite vortrat.

Gelächter ertönte und Aidan wurde hochrot, da Braxton ihn offensichtlich vor allen anderen in Verlegenheit gebracht hatte.

Kyra fühlte sich schlecht für ihren kleinen Bruder. Sie kniete sich vor ihn, sah in an und legte eine Hand auf seine Wange.

„Du wirst ein besserer Krieger werden als sie alle zusammen“, versicherte sie ihm leise, sodass nur er es hören konnte. „Sei geduldig, und pass in der Zwischenzeit auf Volis auf. Es braucht dich. Mach mich stolz. Ich werde zurückkehren, das verspreche ich, und eines Tages werden wir große Schlachten zusammen schlagen.“

Aidan schien sich ein wenig zu entspannen, denn er lehnte sich vor und umarmte sie erneut.

„Ich will nicht, dass du gehst“, sagte er leise. „Ich habe von dir geträumt. Ich habe geträumt…“ Er sah sie zögernd mit ängstlichen Augen an. „…dass du da draußen stirbst.“

Kyra erschrak bei seinen Worten, und besonders, als sie den Blick in seinen Augen sah. Er machte ihr Angst und sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Anvin trat neben sie und legte ein dickes, warmes Fell über ihre Schulter, das sie wärmte. Sie stand auf und fühlte sich zehn Pfund schwerer, doch es hielt den Wind ab und sie fröstelte nicht mehr. Er lächelte.

„Deine Nächte werden lang sein, und das nächste Feuer vielleicht meilenweit weg“, sagte er und umarmte sie.

Ihr Vater trat schnell vor und umarmte sie ebenfalls, es war die starke Umarmung eines Kriegsherrn. In seinen Armen fühlte sie sich sicher und beschützt.

„Du bist meine Tochter“, sagte er fest. „Vergiss das nicht.“ Dann senkte er seine Stimme, damit die anderen ihn nicht hören konnten, und fügte hinzu, „Ich liebe dich.“

Sie war überwältigt von Gefühlen, doch bevor sie antworten konnte, drehte er sich schnell um und eilt davon. Im selben Augenblick winselte Leo, sprang sie an und stupste mit seiner Nase gegen ihre Brust.

„Er will mit dir kommen“, bemerkte Aidan. „Nimm ihn mit – du brauchst ihn viel mehr als ich, wenn ich in Volis eingepfercht bin. Er gehört sowieso dir.“

Kyra umarmte Leo. Sie konnte ohnehin nicht ablehnen, denn er weigerte sich, von ihrer Seite zu weichen. Der Gedanke, dass er sie begleiten würde, spendete ihr Trost, da sie ihn zutiefst vermisst hatte. Sie konnte ein weiteres Paar Augen und Ohren gut gebrauchen und niemand war treuer als Leo.

Sie war bereit.

Kyra kletterte in Andors Sattel und die Männer ihres Vater machten Platz. Sie hielten als Zeichen des Respekt Fackeln entlang der Brücke hoch, verscheuchten die Nacht und erleuchteten den Weg für sie. Sie blickte über sie hinweg und sah den Himmel, der sich schnell verdunkelte, die Wildnis, die vor ihr lag. Sie spürte Aufregung, Angst, und ein Gefühl der Pflicht, das alle anderen übertraf. Ein Zielbewusstsein. Vor ihr lag die wichtigste Aufgabe ihres Lebens, eine Mission, die sich nicht nur auf ihre Identität, sondern auf das Schicksal ganz Escalons auswirken würde. Der Einsatz hätte nicht höher sein können.

Ihr Stab hing über der einen Schulter, der Bogen über der anderen, Leo und Deirdre an ihrer Seite, auf Andor sitzend unter den Blicken der Männer ihres Vater ritt Kyra auf das Stadttor zu. Zuerst ritt sie langsam an den Männern mit den Fackeln vorbei, und hatte das Gefühl in einen Traum zu reiten, in ihr Schicksal. Sie drehte sich nicht um, denn sie wollte ihre Entschlossenheit nicht verlieren. Ein leises Horn, das einer der Männer ihres Vaters blies, war ein Segen für ihre Reise und Zeichen des Respekts.

Sie wollte Andor antreiben, doch er hatte ihren Wunsch schon gespürt. Zuerst fiel er in einen Trab, dann in einen Galopp.

Kurze Zeit später jagte Kyra durch den Schnee, durch die Tore von Argos, über die Brücke, auf das offene Feld, den kalten Wind in den Haare und vor ihr nichts als einer langen Straße, wilde Kreaturen und die aufziehende Dunkelheit der Nacht.




Kapitel Vier


Merk rannte durch den Walt, stolperte den Hügel hinunter und wand sich zwischen Bäumen hindurch, während die Blätter von Whitewood unter seinen Füßen knirschten, als er rannte, so schnell er konnte. Sein Blick war auf die fernen Rauchwolken am Horizont gerichtet, die vor dem blutroten Sonnenuntergang aufstiegen und er spürte ein Gefühl der Dringlichkeit in sich wachsen. Er wusste, dass das Mädchen irgendwo da unten war. Vielleicht wurde sie in diesem Augenblick umgebracht und er konnte seine Beine nicht zwingen, schneller zu laufen.

Das Töten schien ihn zu finden; es erwartete ihn hinter jeder Kurve, scheinbar jeden Tag – so wie andere Männer zum Abendessen gerufen wurden. Er hatte einen Termin mit dem Tod, pflegte seine Mutter zu sagen. Diese Worte hallten durch seinen Kopf; sie hatten ihn sein Leben lang verfolgt. War es eine selbsterfüllende Prophezeiung? Oder war er mit einem schwarzen Stern über seinem Haupt geboren worden?

Das Töten war für Merk ein natürlicher Teil seines Lebens, wie atmen oder zu essen, ganz egal, für wen er es tat oder wie. Je mehr er darüber nachdachte, desto stärker wurde seine Abscheu, als ob er sein ganzes Leben ausspeien wollte. Doch während alles in ihm ihn anschrie umzukehren, ein neues Leben anzufangen, seine Pilgerfahrt zum Turm von Ur fortzusetzen, konnte er es einfach nicht tun. Wieder einmal rief die Gewalt ihn, und jetzt war nicht die Zeit ihren Ruf zu ignorieren.

Merk rannte, die dicken Rauchschwaden kamen näher und erschwerten ihm das Atmen. Der Gestank des Rauchs brannte in seiner Nase und ein wohl bekanntes Gefühl begann, von ihm Besitz zu ergreifen. Es war nicht Angst und nach all diesen Jahren auch keine Aufregung. Es war ein Gefühl der Vertrautheit, des Mörders, der er geworden war. Das geschah immer, wenn er in die Schlacht zog – seinen eigene Schlacht. In seiner Version der Schlacht tötet er seinen Gegner von Angesicht zu Angesicht; er musste sich nicht hinter einem Visier oder einer Rüstung verstecken und brauchte auch nicht den Jubel der Menge wie diese eingebildeten Ritter. Seiner Ansicht nach war das die mutigste Schlacht von allen, die wahren Kriegern wie ihm vorbehalten war.

Und doch fühlte Merks sich heute anders. Normalerweise war es ihm egal, wer lebte oder starb; es war nur eine Mission. Damit konnte er einen klaren Kopf bewahren, frei von den Nebeln der Emotion. Doch diesmal war es anders. Zum ersten Mal solange er denken konnte, zahlte ihn niemand dafür. Er ging aus eigenem Antrieb vor, nur aus Mitleid für das Mädchen wollte er Gerechtigkeit üben. Er war gefühlsmäßig bei der Sache und es gefiel ihm nicht. Er bedauerte, dass er nicht früher gehandelt hatte. Wie hatte er sie nur fortschicken können?

Merk rannte mit gleichmäßiger Geschwindigkeit. Er trug keine Waffen bei sich und brauchte auch keine. Er hatte seinen Dolch in seinem Gürtel und das war genug. Vielleicht brauchte er nicht einmal den. Er bevorzugte es, sich ohne Waffen in die Schlacht zu stürzen und seine Gegner zu überraschen. Davon abgesehen konnte er seinen Gegnern die Waffen abnehmen und sie gegen sie verwenden. Damit hatte er sofort ein Arsenal zur Verfügung, ganz gleich wohin er ging.

Merk stürmte aus dem Wald hervor. Die Bäume wichen einer offenen Ebene mit sanften Hügeln und die große rote Sonne, die tief am Horizont hing, begrüßte ihn. Das Tal erstreckte sich vor ihm, der Himmel darüber schwarz, als wäre er wütend – voller Rauch und dann sah er die brennenden Überreste der Farm des Mädchens. Merk konnte sie von hier aus hören, das Jubeln der Männer, Verbrecher, deren Stimmen voller Blutdurst waren.

Mit seinem geübten Auge betrachtete er die Szene und sah sie sofort: ein Dutzend Männer, deren Gesichter von Fackeln erhellt wurden, als sie hierhin und dorthin rannten und alles in Brand setzten. Einige kamen von den Stallungen zum Haus, hielten Fackeln an die Strohdächer, während andere die unschuldigen Tiere mit Äxten schlachten. Einer von ihnen zerrte einen Körper an den Haaren über den aufgeweichten Boden.

Eine Frau.

Merks Herz raste, als er sich fragte, ob das das Mädchen war – und ob sie tot war oder lebte.

Der Mann zerrte sie zu einer Gruppen von Leuten, wahrscheinlich der Familie des Mädchens, die alle im Schuppen mit Seilen gefesselt waren. Dort waren der Vater und die Mutter und neben ihnen wahrscheinlich ihre Geschwister, kleiner, jünger, beides Mädchen. Als eine Windböe eine Wolke dunklen Rauchs fort blies, konnte Merk einen Blick auf die langen blonden Haare werfen, und wusste, dass es das Mädchen war.

Merk spürte den Adrenalinstoß als er den Hügel hinunter rannte. Er stürmte auf das schlammige Anwesen, rannte mitten in den Rauch hinein auf die Flammen zu, bis er endlich sehen konnte, was vor sich ging: die Familie des Mädchens, die alle an der Wand lehnten, waren bereits tot. Sie hatten ihnen die Hälse aufgeschlitzt. Eine Welle der Erleichterung erfasste ihn, als er sah, dass das Mädchen, das der Mann hinter sich her zerrte, noch am Leben war. Er sah einen Schurken, der mit einem Dolch auf sie wartete und wusste, dass sie die nächste war. Er war zu spät gekommen, um ihre Familie zu retten, doch nicht zu spät für sie.

Merk wusste, dass er die Männer überraschen musste. Er ging langsamer und marschierte in aller Ruhe auf das Anwesen, als hätte er alle Zeit der Welt und wartete darauf, dass sie ihn bemerkten. Er wollte sie verwirren.

Bald sah der erste ihn. Der Schurke drehte sich sofort um, irritiert vom Anblick eines Mannes, der so ruhig durch dieses Blutbad wanderte und rief seinen Kumpanen zu.

Merk spürte all die irritierten Blicke auf sich als er weiter lief und scheinbar entspannt auf das Mädchen zuging. Der Schurke, der sie hinter sich her zerrte, warf einen Blick über seine Schulter und als auch er Merk sah, ließ er sie los und in den Schlamm fallen. Er wandte sich von ihr ab und ging mit den anderen auf Merk zu, bereit zu kämpfen.

„Was haben wir denn hier?“ rief der Mann, der ihr Anführer zu sein schien. Es war derjenige, der das Mädchen fallengelassen hatte, und als er Merk sah, zog er ein Schwert von seinem Gürtel und näherte sich ihm, als die anderen ihn umzingelten.

Merk hatte nur Augen für das Mädchen; er wollte sich vergewissern dass sie am Leben und unverletzt war. Er war erleichtert, als er sah, wie sie den Kopf hob und ihn verwirrt ansah. Merk war erleichtert dass er zumindest nicht zu spät gekommen war um sie zu retten. Vielleicht war das der erste Schritt auf sehr langen Weg zur Erlösung. Vielleicht sollte dieser Weg nicht am Turm anfangen, sondern genau hier.

Als das Mädchen sich aufrappelte und sich ihre Blicke begegneten, sah er, wie sich ihre Augen mit Hoffnung füllten.

„Töte sie“, kreischte sie.

Merk blieb ruhig und ging langsam auf sie zu, als bemerkte er die Männer um ihn herum nicht einmal.

„Dann kennst du also das Mädchen“, rief der Anführer ihm zu.

„Bist du etwa ihr Onkel?“, rief einer.

„Ein lange verlorener Bruder?“, lachte ein anderer.

„Bist du gekommen, um sie zu beschützen?“, höhnte ein weiterer.

Dia anderen lachten und näherten sich ihm.

Auch wenn er es nicht zeigte, nahm er im Stillen Bestand seiner Gegner auf und bewertete sie aus dem Augenwinkel, zählte, wie viele und wie groß sie waren, wie schnell sie sich bewegten und welche Waffen sie trugen. Er analysierte, wie muskulös oder fett sie waren, wie sie gekleidet waren, wie beweglich sie in ihren Kleidern waren und wie schnell. Er bemerkte die Waffen, die sie hielten – die primitiven Messer, die Dolche, die schlecht geschärften Schwerter – und er beobachtete, wie sie sie hielten, an der Seite oder vor sich und in welcher Hand.

Er erkannte, dass die meisten blutige Amateure waren und keiner war wirklich Anlass zur Sorge für ihn – außer einem: der Mann mit der Armbrust. Merk wurde ihn als erstes töten.

Merk betrat eine andere Ebene, eine andere Denkweise, des Seins, die, die ihn natürlich erfasste, wann immer er in eine Auseinandersetzung geriet. Er tauchte ein in eine eigene Welt, eine Welt, auf die er keinen Einfluss hatte, eine Welt, in die er sich vollkommen ergab. Es war eine Welt, die ihm diktierte, wie viele Männer er wie schnell töten konnte und wie effizient. Wie er den größten Schaden mit der geringsten Anstrengung anrichten konnte.

Er hatte beinahe Mitleid mit den Männern. Sie hatten keine Ahnung, auf was sie sich eingelassen hatten.

„Hey! Ich rede mit dir!“, rief ihr Anführer, kaum mehr als drei Meter entfernt und hielt mit bösem Blick sein Schwert vor sich ausgestreckt, während er schnell näher kam.

Merk ließ sich nicht vom Weg abbringen und ging weiter, leise und ausdruckslos. Er blieb konzentriert und hörte kaum auf die Worte ihres Anführers, die nur gedämpft in seinem Verstand ankamen. Er würde nicht rennen oder Zeichen von Aggression zeigen bis es an der Zeit war, und er konnte spüren, wie irritiert die Männer über seine Untätigkeit waren.

„Hey du, weißt du eigentlich, dass du gleich sterben wirst?“, rief der Anführer. „Hörst du mir überhaupt zu?“

Doch Merk ging weiter ruhig weiter, während ihr Anführer, rasend vor Wut, nicht länger warten wollte. Er schrie wütend auf, hob sein Schwert und stürmte auf Merk zu, bevor er nach seiner Schulter hieb.

Merk ließ sich Zeit und reagierte nicht. Ruhig ging er weiter auf seinen Angreifer zu, wartete bis zur letzten Sekunde und zeigte nicht die geringste Spur von Anspannung oder Gegenwehr.

Er wartete bis das Schwert seines Gegners den höchsten Punkt erreicht hatte, hoch über dem Kopf des Mannes, der Augenblick größter Verletzlichkeit für einen Mann – das hatte er vor langer Zeit gelernt.

Dann, schneller als sein Gegner damit rechnen konnte, schoss Merk vor wie eine Schlange und verwendete zwei Finger, um einen Druckpunkt unter der Achsel des Mannes zu treffen.

Sein Angreifer, dessen Augen vor Schmerz und Überraschung aus den Höhlen traten, ließ sofort das Schwert fallen. Merk zog ihn an sich und packte ihn in derselben Bewegung am Hinterkopf und riss ihn herum, um ihn als Schild zu benutzen. Denn Merk hatte keine Angst vor ihm, doch der Angreifer mit der Armbrust hinter ihm machte ihm Sorgen. Merk hatte den großmäuligen Idioten nur zuerst angegriffen, um ihn als Schild zu verwenden.

Merk fuhr herum und sah den Mann mit dem Armbrust an, der wie erwartet bereits einen Pfeil auf ihn angelegt hatte. Einen Augenblick später hörte er das Zischen des Pfeils und beobachtete, wie er direkt auf ihn zuflog und hielt sein menschliches Schild fest vor sich.

Mit einem keuchenden Laut erschlaffte der Anführer in seinen Armen. Er schrie vor Schmerzen auf und plötzlich spürte Merk selbst einen blitzartigen Schmerz, als wäre ein Messer in seinen Bauch eingedrungen. Zuerst war er verwirrt, dann erkannte er, dass der Pfeil durch den Körper seines Schilds hindurch gedrungen war und auch ihn verletzt hatte. Es war nur ein Kratzer und nicht tief, keine ernstzunehmende Wunde, doch es brannte wie die Hölle.

Er schätzte die Zeit, wie lange der Schütze brauchen würde, die Armbrust erneut zu spannen, ließ den Anführer fallen, nahm ihm das Schwert aus der Hand und warf es. Es segelte auf den Mann mit der Armbrust zu und er schrie geschockt auf, als das Schwert seine Brust durchbohrte. Er ließ die Armbrust fallen und fiel leblos daneben.

Merk drehte sich um und sah die anderen Schurken an, die offensichtlich schockiert waren, denn zwei ihrer besten Männer waren tot und das verunsicherte sie. Sie warfen einander betreten schweigend Blicke zu.

„Wer bist du?“, fragte einer schließlich nervös.

Merk lächelte, ließ seine Knöchel knacken und freute sich auf den Kampf.

„Ich“, antwortete er, „bin der Alptraum, der dich Nachts wach hält.“




Kapitel Fünf


Duncan ritt mit seiner Armee durch die Nacht. Das Trappeln der Hufe von hunderten von Pferden hallte in seinen Ohren während es ihn nach Süden führte, fort von Argos. Seine vertrauten Kommandanten waren an seiner Seite: Anvin auf der einen, Arthfael auf der anderen; nur Vidar war mit einer Einheit zum Schutz in Volis zurückgeblieben, während mehrere hundert Männer Duncan folgten. Anders als andere Kriegsherrn ritt Duncan gerne Seite an Seite mit seinen Männern; er betrachtete sie nicht als Untergebene, sondern als Waffenbrüder.

Sie ritten durch die Dunkelheit, den kalten Wind in den Haaren, den Schnee unter ihren Füßen und es fühlte sich gut an, in Bewegung zu sein, in die Schlacht zu ziehen, sich nicht länger hinter den Mauern von Volis zu verstecken, wie Duncan es sein halbes Leben lang getan hatte. Duncan blickte über seine Schulter. Er sah seine Söhne Brandon und Braxton unter seinen Männern und war stolz, sie hier bei sich zu haben. Er machte sich jedoch weniger Sorgen um sie als um seine Tochter. Ohne es zu wollen sorgte er sich um sie, auch wenn er sich immer wieder einredete, dass es nicht nötig war. Trotzdem kehrten seine nächtlichen Gedanken immer wieder zu Kyra zurück.

Er fragte sich, wo sie jetzt war. Er dachte daran, wie sie Escalon durchquerte nur mit Deirdre, Andor und Leo an ihrer Seite und sein Herz wurde schwer. Er wusste, dass er sie auf eine Reise geschickt hatte, die selbst für kampferprobte Krieger gefährlich war. Wenn sie sie überlebte, würde sie als größere Kriegerin zurückkehren, als all die Männer die mit ihm hier und heute ritten. Doch er könnte es nicht ertragen, wenn sie nicht zurückkehrte. Doch verzweifelte Zeiten verlangten verzweifelte Maßnahmen, und mehr denn je betete er, dass sie diese Mission erfüllen konnte – er brauchte sie.

Sie überwanden mehrere Hügel und als der Wind auffrischte, blickte Duncan hinaus in die Weite der Ebene, die sich vor ihnen im Mondlicht ausbreitete und dachte an ihr Ziel: Esephus. Das Bollwerk am Meer, die erste große Hafenstadt und die Kreuzung aller Straßen des Nordosten. Das Meer der Tränen lag auf der einen Seite, der Hafen auf der anderen und man sagte, wer immer Esephus kontrollierte, kontrollierte mehr als die Hälfte von Escalon. Das am nächsten gelegte Fort war Argos und als wichtiger Stützpunkt musste Esephus sein erster Halt sein. Duncan wusste, dass er diese einst so prächtige Stadt befreien musste, wenn er irgendeine Chance haben wollte, erfolgreich einen Aufstand zu führen. Er musste diese einst so große Stadt befreien. Ihr Hafen, der einst voller stolzer Schiffe unter dem Banner von Escalon war, war jetzt voller pandesischer Schiffe, eine demütige Erinnerung an das, was einmal gewesen war.

Duncan und Seevig, der lokale Machthaber von Esephus waren sich einmal sehr nah gestanden. Sie waren als Waffenbrüder zahllose Male in die Schlacht gezogen und Duncan war mit ihm mehr als einmal aufs Meer hinausgesegelt. Doch seit der Invasion hatten sie den Kontakt verloren. Seevig, der einst so stolze Kriegsherr, war nun ein gedemütigter Krieger, der nicht mehr die Meere befahren, nicht mehr über seine Stadt herrschen und die anderen Festungen nicht mehr besuchen konnte – genau wie alle anderen einstigen regionalen Machthaber. Sie hätten ihn genauso gut einsperren können und ihn als das bezeichnen können was er wirklich war: ein Gefangener wie alle anderen Kriegsherren Escalons auch.

Duncan ritt durch die Nacht, die Hügel nur erleuchtet von den Fackeln seiner Männer; hunderte von Lichtfunken auf dem Weg nach Süden. Auf dem Weg schneite es weiter und der Wind tobte und ihre Fackeln kämpften dagegen an, um weiter Licht geben zu können, während der Mond gegen die Wolken kämpfte. Doch Duncans kleine Armee zog weiter. Seine Männer wären ans Ende der Welt für ihn geritten. Duncan wusste, dass es ungewöhnlich war, mitten in der Nacht anzugreifen, und ganz besonders mitten in einem Schneegestöber, doch Duncan war kein gewöhnlicher Krieger. Das hatte es ihm ermöglicht, sich hochzuarbeiten, der Kommandant des alten Königs zu werden und hatte dazu geführt, dass er seine eigene Festung besaß. Und das war auch der Grund, warum er von all den verstreuten Kriegsherren respektiert wurde. Duncan hatte nie getan, was andere taten. Er hatte ein Motto, nach dem er zu leben versuchte: Tu was die anderen am wenigsten erwarten.

Die Pandesier würden nie einen Angriff erwarten, denn die Nachricht von Duncans Aufstand konnte sich nicht so schnell nach Süden verbreitet haben – nicht wenn Duncan und seine Männer weiter so gut vorankamen. Ganz besonders würden sie keinen Angriff mitten in der Nacht erwarten und schon gar nicht im Schnee. Sie kannten das Risiko, in der Nacht zur reiten, dass die Pferde sich die Beine brechen konnten und zahllose andere Probleme. Kriege, das wusste Duncan, wurden oft mehr durch das Überraschungsmoment und Geschwindigkeit gewonnen, als durch eine überlegene Armee.

Duncan hatte vor, die ganze Nacht hindurch zu reiten, bis er Esephus erreichen würde. Dort wollte er mit seinen paar hundert Männern versuchen, die riesige pandesische Besatzungsmacht zu überwältigen und diese großartige Stadt zurückerobern. Wenn es ihm gelang Esephus zu erobern, vielleicht – ja vielleicht konnte es ihm dann gelingen genug Männer und Schwung zu mobilisieren, ganz Escalon zurückzuerobern.

„Da unten!“, rief Anvin und deutete in das Schneegestöber.

Duncan blickte ins Tal und sah zwischen dem Schnee und dem Nebel ein paar kleine Dörfer, die in der Landschaft verteilt waren. Duncan wusste, dass in diesen Dörfern tapfere Krieger lebten, die Escalon gegenüber loyal geblieben waren. Jeder von ihnen hatte nur eine Handvoll Männer, doch jeder Mann zählte.

Duncan rief über den Wind hinweg.

„Lasst die Hörner erklingen!“

Seine Männer bliesen in die Hörner, ein paar kurze Stöße nur, die den alten Ruf Escalons zu den Waffen repräsentierten. Der Klang wärmte sein Herz, denn er war in Escalon schon seit Jahren nicht mehr zu hören gewesen. Es war ein Klang, den seine Landsleute erkennen würden, ein Klang, der ihnen alles sagte, was sie wissen mussten. Wenn in diesen Dörfern gute Männer lebten, würde dieser Klang sie rufen.

Wieder hallten die Hörner und als sie näher kamen, erhellten immer mehr Fackeln die Dörfer. Die Dorfbewohner, aufgeweckt von den Hörnern, begannen, sich mit Fackeln in den Straßen zu sammeln. Männer warfen sich schnell in ihre Kleider, nahmen die primitiven Waffen und das Rüstzeug, die man ihnen gelassen hatte und eilten nach draußen.

Sie starrten den Hügel hinauf wo sie Duncan und seine Männer sahen, die sich ihnen näherten und staunten.

Duncan konnte sich gut vorstellen, was für einen Anblick er und seine Männer boten, wie sie mitten in einem Schneesturm durch die Nacht ritten und Fackeln die Landschaft erhellten.

Duncan und seine Männer ritten in das erste Dorf, wo ihre Fackeln hunderte von verängstigten Gesichtern erhellten. Duncan blickte in die hoffnungsvollen Augen seiner Landsleute und wünschte sich nichts mehr, als die Männer zu inspirieren wie nie zuvor.

„Männer von Escalon!“, polterte er und sah die Männer an, die sich um ihn scharten.

„Wir haben viel zu lange unter der Unterdrückung Pandesias gelitten! Es ist eure Entscheidung: bleibt hier und lebt euer Leben in diesem Dorf und erinnert euch an das Escalon, das einmal war. Oder ihr könnt euch als freie Männer erhaben und euch uns in unserem großen Krieg für die Freiheit anschließen!“

Die Dorfbewohner brachen in freudigen Jubel auf und stürmten auf ihn zu.

„Die Pandesier haben angefangen, unsere Mädchen zu verschleppen!“, rief einer der Männer. „Wenn das die Freiheit sein soll, die sie uns versprochen haben, weiß ich nicht was Freiheit ist!“

Die Dorfbewohner jubelten.

„Wir stehen auf deiner Seite, Duncan!“, rief ein anderer. „Wir sind bereit, mit dir in den Tod zu reiten!“

Mehr Jubel erhob sich, und die Dorfbewohner eilten zu ihren Pferden, um sich Duncans Männern anzuschließen. Zufrieden mit seiner wachsenden Armee, gab Duncan seinem Pferd die Sporen und ritt aus dem Dorf hinaus. Dabei begann er zu erkennen, wie lange ein Aufstand in Escalon überfällig gewesen war.

Bald erreichten sie ein weiteres Dorf. Die Männer erwarteten sie bereits mit lodernden Fackeln. Sie hatten die Hörner gehört, die Schreie, sahen die wachsende Armee und wussten genau, was geschah. Sie riefen einander zu, erkannten einander und begriffen, was vor sich ging. Sie brauchten keine Ansprachen mehr.

Duncan ritt durch die Ortschaft hindurch und die Bewohner brauchten keine Überredung, sie sehnten sich nach der Freiheit, wollten ihre Würde zurück, ihre Waffen ergreifen, auf ihre Pferde aufsteigen und sich Duncan anschließen, wo immer er sie auch hinführen würde.

So ritt Duncan durch ein Dorf nach dem anderen, und erhellte trotzt Wind und Schnee die Nacht. Ihre Sehnsucht nach Freiheit war stark. Er erkannte, dass sie bereit waren, alles zu tun, die Nacht zu erhellen, bereit ihre Waffen zu nehmen, und ihre Leben zurückzufordern.


* * *

Duncan war die ganze Nacht lang geritten und führte seine wachsende Armee gen Süden. Seine Hände waren wund und kalt vom Halten der Zügel. Je weiter sie nach Süden kamen, desto mehr begann sich die Landschaft zu verändern; die trockene Kälte von Volis wich der feuchten Kälte von Esephus. Die Luft war schwer, so wie Duncan sie in Erinnerung hatte, mit der Feuchtigkeit und dem Salzgeruch des Meeres. Auch die Bäume waren anders hier, niedriger, vom Wind Ostwind verbogen, der hier nie aufhörte zu wehen.

Sie überwanden Hügel um Hügel. Die Wolken rissen auf; der Mond brach hindurch und erhellte ihnen den Weg. Sie ritten, Krieger gegen die Nacht, und es war eine Nacht, die Duncan für den Rest seines Lebens nicht vergessen würde – angenommen er überlebte sie. Von dieser Schlacht hing alles ab. Er dachte an Kyra, seine Familie sein Zuhause, und wollte sie nicht verlieren. Sein Leben stand auf dem Spiel genauso wie das aller die er kannte und liebte – heute Nacht würde er alles riskieren.

Duncan blickte zurück über seine Schulter und war überglücklich zu sehen, dass er mehrere hundert weiterer Männer rekrutiert hatte, die ihm nun alle folgten. Er wusste, dass sie selbst jetzt noch in der Unterzahl waren und noch dazu eine professionellen Armee gegenüberstehen würden. Tausende von Pandesiern waren in Esephus stationiert. Duncan wusste, dass Seevig immer noch Hunderte von Männern treu waren, doch er konnte nicht wissen, ob alle von ihnen das Risiko eingehen würden, sich Duncan anzuschließen. Duncan musste davon ausgehen, dass sie es nicht tun würden.

Bald überwanden sie den nächsten Hügel und blieben ehrfürchtig stehen. Denn dort, weit unter ihnen, breitete sich das Meer der Tränen aus, dessen Wellen an die Küste brandeten, den großen Hafen und die alte Stadt Esephus, die sich daneben erhob. Die Stadt sah aus, als wäre sie ins Meer gebaut worden und die Wellen brachen sich an ihren dicken Mauern. Sie wirkte, als kehrte sie dem Land den Rücken, ihre Tore öffneten sich zur See hin, als scherte sie sich mehr um Schiffe als um Pferde.

Duncan betrachtete den Hafen, die zahllosen Schiffe, die in ihm vor Anker lange und es verstimmte ihn, die Banner Pandesias an ihren Masten zu sehen, das Blau und Geld, das wie Stich in sein Herz über den Schiffen wehte. Die Flagge Pandesias – ein Schädel im Mail eines Adlers – machte Duncan krank. Eine solch großartige Stadt von Pandesia besetzt zu sehen beschämte Duncan, und selbst im Dunkel der Nach waren seine geröteten Wangen zu sehen. Die Schiffe lagen selbstgefällig, sicher vertäut und niemand rechnete mit einem Angriff. Natürlich. Wer sollte es auch wagen, sie anzugreifen? Und dann auch noch mitten in der Nacht während eines Schneesturms?

Duncan spürte die Blicke seiner Männer auf sich und er wusste, dass der Augenblick der Wahrheit gekommen war. Sie alle erwarteten seinen Befehl, jenen Befehl, der das Schicksal Escalons für immer verändern würde, und hier saß er auf seinem Pferd, umgeben vom heulenden Sturm und spürte, wie sein Schicksal in ihm aufwallte. Er wusste dass das einer der Augenblicke war, die sein Leben bestimmten – und das Leben all dieser Männer.

„VORAN!“, polterte er.

Seine Männer jubelten und stürmten gemeinsam den Hügel hinunter auf den Hafen zu, der nur ein paar Hundert Meter vor ihnen lag. Sie hielten ihre Fackeln hoch erhoben und Duncan spürte, wie sein Herz in seiner Brust raste, während der Wind ihm ins Gesicht schlug. Er wusste, dass es Selbstmord war, doch er wusste auch, dass es verrückt genug war, um vielleicht doch erfolgreich zu sein.

Sie stürmten über die Felder, ihre Pferde rasten so schnell, dass die kalte Luft ihnen fast den Atem nahm und als sie sich dem Hafen näherten, war Duncan bereit für die Schlacht.

„BOGENSCHÜTZEN!“, rief er.

Seine Bogenschützen, die in ordentlichen Reihen hinter ihm ritten, zündeten ihre Pfeile an und erwarteten seinen Befehl. Sie ritten mit donnernden Hufen weiter, doch die Pandesier waren sich immer noch nicht des Angriffs bewusst, der auf sie zukam.

Duncan wartete, bis sie näher kamen – vierzig Meter nur noch, dann dreißig, dann zwanzig – und endlich war die Zeit gekommen.

„SCHIESST!“

Die finstere Nacht wurde plötzlich erhellte von Tausenden brennender Pfeile, die in hohem Bogen durch die Luft flogen, durch den Schnee auf die pandesischen Schiffe zu, die im Hafen lagen. Ein Pfeil nach dem anderen, wie Glühwürmchen in der Nacht, fand sein Ziel und landete in den Segeln der Schiffe.

Es brauchte nicht lange, bis die Segel lichterloh brannten und sich das Feuer schnell im windigen Hafen ausbreiteten.

„NOCH EINE SALVE!“, schrie Duncan.

Salve um Salve folgte, in denen die brennenden Pfeile wie feuriger Regen auf die pandesische Flotte herabregneten.

Zunächst war alles totenstill, die Krieger schliefen arglos. Duncan erkannte, dass die Pandesier zu arrogant geworden waren um einen Angriff wie diesen zu erwarten.

Duncan gab ihnen keine Zeit, sich zu sammeln; ermutigt ritt er voran und führte seine Männer zu den Mauern, die den Hafen umgaben.

„FACKELN!“, rief er.

Seine Männer ritten ans Ufer, hoben ihre Fackeln und warfen sie Duncans Beispiel folgend mit lautem Geschrei auf die Schiffe vor ihnen. Die schweren Fackeln landeten wie Knüppel an Deck und setzten ein Dutzend weiterer Schiffe in Brand.

Die wenigen pandesischen Krieger, die Wachdienst schoben, bemerkten zu spät was geschah und gefangen von einer Wand aus Flammen blieb ihnen nichts anderes übrig, als schreiend über Bord zu springen.

Duncan wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die übrigen Pandesier erwachten.

„HÖRNER!“, schrie er.

Die Hörner erklangen mit dem alten Schlachtruf Escalons, kurze Stöße, von denen er wusste, dass Seevig und seine Männer sie erkennen würden. Er hoffte, dass sie sie wecken würden.

Duncan sprang von seinem Pferd, zog sein Schwert und rannte auf die Hafenmauer zu. Ohne zu zögern sprang er über die niedrige Steinmauer auf ein brennendes Schiff und führte seine Männer in die Stadt. Er musste die Pandesier erledigen, bevor sie sich formieren konnten.

Anvin und Arthfael an seiner Seite stießen laute Schlachtschreie aus und die Männer schlossen sich ihnen an, da sie wussten, dass sie ihr Leben in die Waagschale warfen. Nach so vielen Jahren der Unterdrückung war der Tag der Rache endlich gekommen.

Schließlich erwachten die Pandesier. Krieger kamen aus den Unterdecks hervor wie Ameisen, husteten vom Rauch, verwirrt und benommen. Als sie Duncans Männer sahen zogen sie ihre Schwerter und griffen an. Duncan wurde von einem Strom von Männern angegriffen – doch er wich nicht zurück; im Gegenteil, er griff seinerseits an.

Duncan stürmte voran und duckte sich, als der erste Mann mit dem Schwert nach seinem Kopf hieb, wirbelte herum und rammte dem Mann sein Schwert in den Bauch. Ein anderer schlug nach seinem Rücken, doch er fuhr herum und wehrte den Schlag ab, bevor er den Krieger entwaffnete und ihm das Schwert in die Brust rammte.

Duncan kämpfte heldenhaft, während er von allen Seiten angegriffen wurde und erinnerte sich dabei an die alten Zeiten, in denen er in der Schlacht gekämpft hatte wie heute. Als die Männer zu nah kamen, trat er um sich, um Platz zu schaffen für sein Schwert; oder er wirbelte herum und versetze seinen Gegnern Stöße mit dem Ellbogen und kämpfte mit bloßen Händen wenn es nötig war. Männer fielen wie die Fliegen um ihn herum, doch keiner konnte ihm gefährlich werden.

Bald kamen Anvin und Arthfael und Dutzende seiner Männer zur Hilfe. Anvin wehrte den Schlag eines Kriegers ab, der Duncan von hinten angriff während Arthfael mit seinem Schwert eine Axt abwehrte, die Duncans Gesicht zum Ziel hatte. Zur gleichen Zeit trat Duncan vor und stach dem Mann in den Bauch, ganz in seinem Element. Sie kämpften gut zusammen, eine wohl geölte Maschine waren sie, die  Männer, die jahrelang gemeinsam gekämpft hatten. Sie gaben einander Deckung und halfen einander aus als das Klirren von Schwertern und Rüstungen die Nacht durchdrang.

Um sich herum sah Duncan seine Männer, die im ganzen Hafen Schiffe stürmten und die Flacke angriffen. Pandesische Krieger stürmten aus den Unterdecks hervor, einige brennend, andere hustend, und die Krieger Escalons kämpften tapfer mitten unter den Flammen. Keiner wich zurück, so sehr die Feuer auch um sie herum wüteten.

Duncan kämpfte selbst, bis er seine Arme nicht mehr heben konnte. Er schwitzte, Rauch brannte in seinen Augen, Schwerter klirrten um ihn herum und fällten einen Krieger nach dem anderen, der versuchte, ans Ufer zu entkommen.

Schließlich wurden die Feuer zu heiß; pandesische Krieger in voller Rüstung, sprangen von den Schiffen ins eiskalte Wasser und Duncan führte seine Männer über die Mauern auf die Seite des Hafens. Er hörte einen Schrei und sah hunderte von pandesischen Kriegern, die versuchten, ihnen zu folgen.

Als auch der letzte seiner Männer auf trockenem Boden stand, hob er sein Schwert und schlug die Seile durch, mit denen die Schiffe vertäut waren.

„DIE TAUE!“, schrie Duncan.

Überall im Hafen folgten die Männer seinem Beispiel und durchtrennten die Seile, mit denen die Schiffe vertäut waren. Als das dicke Tau vor ihm schließlich riss, schob Duncan das Schiff mit einem Tritt von der Mauer weg. Er stöhnte vor Anstrengung und Anvin, Arthfael und Dutzenden anderer eilten vor und halfen. Gemeinsam gelang es ihnen, das brennende Schiff von der Mauer abzustoßen.

Das brennende Schiff, das voller kreischender Krieger war, trieb unaufhaltsam auf die anderen Schiffe zu und setzte auch sie in Brand. Hunderte Männer sprangen verzweifelt in das schwarze Wasser, das sie gierig verschluckte.

Duncan stand schwer atmend an Land und sah mit leuchtenden Augen zu, wie der Hafen bald zu einem einzigen riesigen Feuer wurde. Tausenden von Pandesiern, nun alle wach, kamen aus den Unterdecks der Schiffe hervor – doch es war zu spät. Sie wurden von einer Wand von Flammen begrüßt und ihnen blieb nur die Wahl zu verbrennen, oder im eiskalten Wasser zu ertrinken, wofür sich die meisten entschieden. Duncan sah zu, wie sich das Hafenbecken mit zahllosen Männern füllte, die verzweifelt schrien, während sie versuchten, an Land zu schwimmen.

„BOGENSCHÜTZEN!“, rief Duncan.

Seine Bogenschützen zielten und schossen eine Salve nach der anderen auf die schwimmenden Krieger ab. Ein Pfeil nach dem anderen fand sein Ziel und die Pandesier versanken im eisigen Nass.

Ihr Blut färbte das Wasser rot und bald waren grässliche Schreie zu hören, als gelbe Haie sich an den Männern im Hafenbecken zu laben begannen.

Duncan sah sich um und bald realisierte er, was er getan hatte: die gesamte pandesische Flotte, die vor kaum mehr als ein paar Stunden so stolz im Hafenbecken gelegen war, ein Zeichen der pandesischen Eroberung, existierte nicht mehr. Hunderte von Schiffen waren zerstört und das Feuer, das sie nährten loderte als Zeichen von Duncans Sieg gen Himmel. Ihr Überraschungsangriff hatte sich als erfolgreich erwiesen.

Seine Männer begannen zu jubeln und als Duncan sich umdrehte, sah er ihre vom Ruß geschwärzten Gesichter, in denen die Erschöpfung zu sehen war, nachdem sie die ganzen Nacht geritten und nun auch noch diese Schlacht geschlagen hatten – doch alle waren trunken vom Sieg. Es waren Schreie der Erleichterung, Schreie der Freiheit. Schreie, die ihnen Jahrelang auf den Lippen gelegen hatten.

Doch kaum waren ihre Schreie verklungen – erfüllte ein weiterer Schrei die Nacht – ein viel unheilvollerer, gefolgt von einem Geräusch, bei dem sich Duncans Nackenhaare aufstellten. Er drehte sich um und erschrak, als er sah, wie sich die Tore zu den steinernen Baracken langsam öffneten. Als sie aufschwangen, begrüßte ihn ein erschreckender Anblick: Tausende von pandesischen Krieger in voller Rüstung, in perfekten Reihen, eine professionelle Armee, die seinen Männern zehn zu eins überlegen war. Als sich die Tore öffnete, stießen sie einen Schrei au und stürmten auf sie zu.

Sie hatten das Biest geweckt. Jetzt begann der wahre Krieg.




Kapitel Sechs


Kyra galoppierte an Andros Mähne geklammert durch die Nacht. Mit Deirdre an ihrer Seite, Leo zu ihren Füßen jagten sie wie Diebe in der Nacht über die verschneite Ebene westlich von Argos. Mit jeder Stunde, die sie ritten, das Donnern der Hufe in den Ohren verlor sich Kyra mehr in ihrer eigenen Welt. Sie stellte sich vor, was sie im Turm von Ur erwarten würde, wer ihr Onkel war und was er ihr über sie und ihre Mutter zu sagen hatte, und konnte ihre Aufregung kaum beherrschen. Doch sie musste auch zugeben, dass sie Angst hatte. Es war eine lange Reise quer durch Escalon hindurch, eine wie sie sie noch nie zuvor gemacht hatte. Vor ihnen kam der Wald der Dornen in Sicht. Die offene Eben endete und bald würden sie in den bedrückenden Wald hineinreiten, der voller wilder Kreaturen war. Sie wusste, dass es keine Regeln mehr gab, wenn sie erst einmal die Baumgrenze überschritten hatten.

Der Schnee schlug ihnen ins Gesicht und der Wind heulte über die weite Ebene. Kyra, die erst jetzt bemerkt hatte, dass ihre Fackel schon lange verloschen war, warf sie in den Schnee. Sie ritt durch die Dunkelheit, in Gedanken versunken. Das einzige Geräusch war das Donnern der Hufe der Pferde und Andors gelegentliches Knurren. Sie konnte seine Wut spüren, seine ungezähmte Natur; er war anders als jedes andere Tier, auf dem sie je  geritten war. Es war, als hätte Andor nicht nur keine Angst vor dem, was sie erwartete, nein, er schien auf eine Konfrontation zu hoffen.

In ihre Felle gehüllt, spürte Kyra eine neue Welle von Hunger und als sie Leo winseln hörte, wusste sie, dass sie den Hunger nicht mehr länger ignorieren konnte. Sie waren schon seit Stunden geritten und bemerkte erst jetzt – viel zu spät – dass sie nicht genug Vorräte mitgenommen hatten. In dieser finsteren Nacht kam kein Wild aus seinem Versteck und das war kein gutes Zeichen. Sie würden bald anhalten müssen, um etwas essbares zu finden.

Sie ritten langsamer, als sie sich dem Waldrand näherten und Leo knurrte in Richtung der dunklen Waldgrenze. Kyra warf einen Blick zurück über ihre Schulter auf die sanfte Ebene und den Himmel. Es war das letzte Mal für eine ganze Weile, dass sie offenen Himmel sehen sollten. Sie wandte sich wieder dem Wald zu und ein Teil von ihr hasste den Gedanken, weiterzugehen. Sie kannte die Geschichten über den Wald der Dornen, und dies, das wusste sie, war der Punkt ohne Wiederkehr.

„Bist du bereit?“, fragte sie Deirdre.

Deirdre kam ihr jetzt wie ein anderes Mädchen vor als das, das sie im Kerker kennengelernt hatte. Sie war stärker, entschlossener. Sie hatte in die Tiefen der Hölle geblickt und war bereit, sich allem zu stellen.

„Ich habe bereits das Schlimmste erlebt, was einem zustoßen kann“, sagte Deirdre. Ihre Stimme war kalt und hart wie der Wald vor ihnen und wirkte viel älter als sie eigentlich war.

Kyra nickte. Sie verstand sie –und gemeinsam ritten sie in den Wald hinein.

Sofort spürte Kyra einen kalten Schauer, selbst in der Kälte dieser Nacht. Es war dunkler hier, bedrückender, ein Wald voller alter schwarzer Bäume mit knorrigen Ästen, die Dornen ähnelten, und fleischigen, schwarzen Blättern. Anders als andere Wälder strahlte dieser hier keinen Frieden aus; man konnte das Böse spüren.

Sie ritten so schnell sie konnten zwischen den Bäumen hindurch und Schnee und Eis knirschte unter ihren Tieren. Langsam begannen sie, die Schreie der Kreaturen des Waldes zu hören, die sich in den Ästen versteckten. Kyra drehte sich um und betrachtete die Bäume auf der Suche nach der Quelle der Schreie, konnte sie jedoch nicht finden. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie ritten immer tiefer in den Wald hinein, wobei Kyra versuchte, sich in nordwestlicher Richtung zu orientieren, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, bis sie das Meer erreichten. Sie war aufgeregt wegen ihrer Mission, doch sie sehnte sich danach, bei ihren Leuten zu sein, an ihrer Seite in dem Krieg zu kämpfen, den sie begonnen hatte. Schon jetzt spürte sie den Drang, zurückzukehren.

Stunde um Stunde verging und Kyra spähte in den Wald und fragte sich, wie weit es noch bis zum Meer war. Sie wusste, es war gefährlich in der Dunkelheit zu reiten- doch sie wusste auch, dass es gefährlicher war, hier draußen ein Lager aufzuschlagen, besonders, als sie ein weiteres Geräusch hörte.

„Wo ist das Meer?“, fragte Kyra schließlich Deirdre, hauptsächlich, um das Schweigen zu brechen.

An Deirdres Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass sie sie aus ihren Gedanken gerissen hatte; sie konnte nur ahnen, in welchen Albträumen sie verloren war.

Deirdre schüttelte den Kopf.

„Ich wünschte, ich wüsste es“, antwortete sie mit trockener Stimme.

Kyra war verwirrt.

„Bist du nicht auf diesem Weg gekommen, als sie dich verschleppt haben?“, fragte sie.

Deirdre zuckte mit den Schultern.

„Ich war in einem Käfig auf einem Karren eingesperrt“, antwortete sie. „Die meiste Zeit über war ich bewusstlos. Darum weiß ich nicht, welchen Weg wir genommen haben. Ich kenne diesen Wald nicht.“

Sie seufzte und spähte in die Dunkelheit.

„Doch wenn wir Whitewood erreichen, sollte ich die Gegend besser kennen.“

Sie ritten in behaglichem Schweigen weiter, und Kyra dachte über Deirdre und ihre Vergangenheit nach. Sie konnte ihre Stärke spüren, doch auch ihre tiefe Traurigkeit. Kyra bemerkte, wie dunkle Gedanken über ihre weitere Reise sich bemerkbar machten, über ihren Mangel an Essen, die beißende Kälte und die wilden Kreaturen, die sie erwarteten. Um sich abzulenken wandte sie sich Deirdre zu.

„Erzähl mir vom Turm von Ur“, sagte Kyra. „Wie ist er?“

Deirdre sah sie aus tiefliegenden Augen an und zuckte mit den Schultern.

„Ich bin nie am Turm gewesen“, antwortete sie. „Ich bin aus der Stadt Ur und die liegt fast einen Tagesritt südlich vom Turm.“

„Dann erzähl mir von deiner Stadt“, sagte Kyra. Sie wollte an alles denken, nur nicht diesen Wald hier.

Deirdres Augen begannen zu leuchten.

„Ur ist ein schöner Ort“, sagte sie mit Sehnsucht in der Stimme. „Eine Stadt am Meer.“

„Wir haben eine Stadt südlich von uns, die auch am Meer liegt“, sagte Kyra. „Esephus. Sie liegt einen Tagesritt von Volis entfernt. Mein Vater hat mich als Kind immer dorthin mitgenommen.

Deirdre schüttelte den Kopf.

„Das ist kein Meer“, antwortete sie.

Kyra war verwirrt.

„Was meinst du?“

„Das ist das Meer der Tränen“, antwortete Deirdre. „Ur liegt am Meer der Sorgen. Unser Meer ist viel größer. An eurer Ostküste sind die Gezeiten schwach; an der Westküste hat das Meer der Sorgen Wellen, die sieben Meter hoch sind, wenn sie sich an der Küste brechen und bei Vollmond können die Gezeiten ein Schiff in einem einzigen Augenblick aufs Meer ziehen, von Männern ganz zu schweigen. Unsere Stadt ist die einzige Stadt in Escalon, wo sich die Klippen weit genug absenken, damit die Schiffe ans Ufer können. Wir haben den einzigen Strand in ganz Escalon. Darum ist Andros nur einen Tagesritt nach Osten entfernt von uns gebaut worden.“

Kyra dachte über ihre Worte nach, froh, abgelenkt zu werden. Sie erinnerte sich an all das aus ihrem Unterricht als Kind, doch sie hatte nie genau darüber nachgedacht.

„Und deine Leute?“, fragte Kyra. „Wie sind die?“

Kyra seufzte.

„Wir sind ein stolzes Volk“, antwortete sie, „genau wie alle anderen in Escalon auch. Doch wir sind auch anders. Man sagt, dass die Menschen aus Ur ein Auge auf Escalon haben und das andere auf das Meer. Wir blicken zum Horizont. Wir sind weniger provinziell als andere – vielleicht weil so viele Fremde an unserer Küste ankommen. Die Männer von Ur waren einst berühmte Krieger, ganz besonders mein Vater. Jetzt sind wir Unterdrückte, wie alle anderen auch.“

Sie seufzte und schwieg eine ganze Weile, sodass Kyra überrascht war, als sie weitersprach.

„Unsere Stadt ist durchzogen von Kanälen“, fuhr Deirdre fort. „Als ich dort aufgewachsen bin, habe ich oft auf dem Gipfel eines Hügels gesessen und stundenlang das Kommen und Gehen der Schiffe beobachtet, manchmal tagelang. Sie kommen aus der ganzen Welt zu uns unter allen möglichen Bannern, mit Segeln in allen erdenklichen Farben. Sie bringen Gewürze und Seide und Waffen und Delikatessen aller Art – manchmal sogar Tiere. Ich habe immer die Leute beobachtet und mich gefragt, wie sie wohl lebten. Ich wollte so gerne eine von ihnen sein.“

Sie lächelte, ein ungewöhnlicher Anblick und ihre Augen leuchteten von den Erinnerungen.

„Ich hatte immer einen Traum“, sagte Deirdre. „Ich habe immer gedacht, dass wenn ich alt genug wäre, auf einem dieser Schiffe in ein fremdes Land segeln und dort meinen Prinzen finden würde. Dann würden wir auf einer wunderschönen Insel leben in einem großen Schloss. Egal wo, nur nicht in Escalon.“

Kyra sah Deirdre an, die immer noch lächelte.

„Und jetzt?“, fragte Kyra.

Deirdres Gesicht wurde Ernst, als sie in den Schnee blickte und ihre Augen waren plötzlich traurig. Sie schüttelte nur den Kopf.

„Für mich ist es jetzt zu spät“, sagte Deirdre. „Nach allem, was sie mir angetan haben.“

„Es ist nie zu spät“, sagte Kyra, um sie aufzumuntern.

Doch Deirdre schüttelte nur den Kopf.

„Das waren die Träume eines unschuldigen Mädchens“, sagte sie voller Bedauern. „Dieses Mädchen gibt es schon lange nicht mehr.“

Kyra empfand Mitleid und Trauer für ihre Freundin als sie schweigend weiterritten, tiefer und tiefer in den Wald hinein. Sie wollte ihr den Schmerz nehmen, doch sie wusste nicht wie. Sie dachte über all das Leid nach, mit dem viele Menschen leben mussten. Was hatte ihr Vater einst gesagt? Lass dich nicht von Gesichtern täuschen. Wir alle leben Leben voller stiller Verzweiflung. Manche verbergen es besser als andere. Empfinde Mitleid für alle, selbst wenn du keinen äußerlichen Grund dazu siehst.

„Der schlimmste Tag in meinem Leben“, fuhr Deirdre fort, „war als mein Vater sich dem pandesischen Gesetz unterworfen hat, ihren Schiffen erlaubt hat, in unsere Kanäle zu fahren und seinen Männer befohlen hat, unsere Banner einzuholen. Dieser Tag war sogar noch trauriger als der, an dem er ihnen erlaubt hat, mich mitzunehmen.“

Kyra verstand sie nur zu gut. Sie verstand den Schmerz, den Deirdre hatte ertragen müssen, das Gefühl, verraten zu werden.

„Und wenn du zurückkehrst?“, fragte Kyra. „Wirst du deinen Vater sehen?“

Deirdre blickte mit gequälter Miene zu Boden. Schließlich sagte sie, „Er ist immer noch mein Vater. Er hat einen Fehler gemacht und ich bin mir sicher, dass er nicht wusste, was sie mit mir tun würden. Ich denke er wird nie wieder derselbe sein, wenn er erfährt, was geschehen ist. Ich will es ihm sagen. Von Angesicht zu Angesicht. Ich will, dass er meinen Schmerz über seinen Verrat versteht. Er muss begreifen, was passiert, wenn Männer über das Schicksal von Frauen entscheiden.“ Sie wischte eine Träne fort. „Er ist einmal mein Held gewesen. Ich verstehe nicht, wie er mich an sie übergeben konnte.“

„Und jetzt?“, fragte Kyra.

Deirdre schüttelte den Kopf.

„Nicht mehr. Kein Mann wird je mehr mein Held sein. Ich werde andere Helden finden.“

„Was ist mit dir?“

Deirdre sah sie verwirrt an.

„Was meinst du?“

„Warum fängst du nicht bei dir selbst an?“, fragte Kyra. „Kannst du nicht deine eigene Heldin sein?“

Deirdre schnaubte.

„Warum sollte ich eine Heldin sein?“

„Für mich bist du eine Heldin“, sagte Kyra. „Was du in dem Kerker erlitten hast – hätte ich nicht ertragen können. Du hast überlebt. Mehr noch – du bist aufgestanden und blühst auf. Das ist es, was für mich eine Heldin ausmacht.“

Deirdre schien über ihre Worte nachzudenken, während sie schweigend weiter ritten.

„Und du, Kyra?“, fragte Deirdre schließlich. „Erzähl mir von dir.“

Kyra zuckte mit den Schultern.

„Was möchtest du wissen?“

Deirdre räusperte sich.

„Erzähl mir von dem Drachen. Was ist da passiert? Ich habe noch nie so etwas gesehen. Warum ist er zu dir gekommen?“ Sie zögerte. „Wer bist du?“

Kyra war überrascht, Furcht in der Stimme ihrer Freundin zu spüren. Sie dachte über ihre Worte nach, denn sie wollte so wahrheitsgetreu wie möglich antworten – und wünschte sich, sie hätte eine Antwort.

„Ich weiß es nicht“, sagte sie ehrlich. „Ich denke, das werde ich am Ende dieser Reise herausfinden.“

„Du weißt es nicht?“, drängte Deirdre. „Ein Drachen schießt vom Himmel herab, um für dich zu kämpfen, und du weißt nicht warum?“

Kyra dachte darüber nach, wie verrückt das klang, doch sie konnte nur den Kopf schütteln. Instinktiv blickte sie zum Himmel auf, der durch die knorrigen Äste zu sehen war und hoffte auf ein Zeichen von Theos.

Doch sie sah nichts als bedrückende Finsternis. Sie hörte ihn auch nicht und das Gefühl der Isolation wurde stärker.

„Du weißt, dass du anders bist, nicht wahr?“, fragte Deirdre.

Kyra zuckte mit den Schultern. Ihre Wangen brannten und sie war unsicher. Sie fragte sich, ob ihre Freundin für eine Missgeburt hielt.

„Ich war mir immer aller Dinge so sicher“, antwortete Kyra. „Doch jetzt… weiß ich gar nichts mehr.“

Sie fielen wieder in behagliches Schweigen und ritten stundenlang weiter. Manchmal, wenn der Wald sich lichtete, kamen sie schneller voran, und manchmal wurde er so dicht, dass sie absteigen und ihre Pferde führen mussten. Kyra war die ganze Zeit über nervös und hatte das Gefühl, dass sie jederzeit angegriffen werden könnten. Sie wusste nicht, was mehr schmerzte, die Kälte oder der Hunger. Ihre Muskeln brannten und sie konnte ihre Lippen nicht spüren. Sie war schrecklich unglücklich. Sie konnte kaum glauben, dass ihre Reise gerade erst begonnen hatte.

Nach dem weitere Stunden vergangen waren, begann Leo zu wimmern. Es waren seltsame Laute, nicht sein normales Winseln, sondern die Laute, die er von sich gab, wenn er etwas zu essen Roch. Und plötzlich roch Kyra es auch und auch Deirdre wandte den Kopf.

Kyra spähte durch den Wald, doch sie sah nichts. Als sie stehenblieben und lauschten, begann sie, etwas vor sich zu hören.

Kyra war aufgeregt über den Geruch und nervös über das, was es bedeutete: andere waren hier mit ihnen im Wald. Sie erinnerte sich an die Warnung ihres Vaters und das letzte, was sie wollte war eine Konfrontation. Nicht hier und nicht jetzt.

Deirdre sah sie an.

„Ich bin am Verhungern“, sagte sie.

Auch Kyra knurrte der Mangen.

„Wer auch immer das ist“, sagte Kyra. „Ich fürchte, dass niemand in einer Nacht wie dieser gerne teilen möchte.“

„Wir haben jede  Menge Gold“, sagte Deirdre. „Vielleicht verkaufen sie uns ja was.“

Doch Kyra schüttelte den Kopf, denn sie hatte ein ungutes Gefühl. Derweil wimmerte Leo und leckte sich die Lefzen. Auch er war offensichtlich hungrig.

„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, sagte Kyra trotz ihres schmerzenden Magens. „Wir sollten auf dem Weg bleiben.“

„Und wenn wir kein Essen finden“, beharrte Deirdre. „Wir könnten hier draußen verhungern. Und unsere Pferde auch. Es könnte Tage so weitergehen und das ist vielleicht unsere einzige Chance. Davon abgesehen haben wir nichts zu befürchten. Du hast deine Waffen, ich habe meine und wir haben Leo und Andor. Du weißt genau, dass du drei Pfeile auf einen Feind abschießen kannst, bevor de auch nur mit der Wimper gezuckt hat.“

Kyra zögerte. Sie war nicht überzeugt.

„Davon abgesehen bezweifle ich, dass ein Jäger mit einem Braten über dem Feuer uns irgendetwas antun würde.

Kyra, die den Hunger ihrer Weggefährten spüren konnte, ihren Wunsch, den Duft zu folgen, konnte nicht länger widerstehen.

„Mir gefällt das nicht“, sagte sie. „Lass uns langsam gehen und sehen, wer das ist. Wenn wir irgendeine Gefahr spüren, musst du mir versprechen, zu gehen, bevor wir zu nah kommen.“

Deirdre nickte.

„Ich verspreche es dir“, antwortete sie.

Sie ritten langsam los. Als der Duft stärker wurde, sah Kyra ein schwaches Leuchten vor sich, und als sie darauf zu ritten, schlug ihr Herz schneller, als sie überlegte, wer hier draußen sein könnte.

Sie ritten langsamer, als sie näher kamen, und tasteten sich vorsichtig zwischen den Bäumen vor. Das Leuchten wurde stärker, die Geräusche lauter, die Unruhe größer, und Kyra spürte, dass vor ihnen eine große Gruppe von Menschen war.

Deirdre war weniger vorsichtig und ließ sich vom Hunger dazu verleiten, schneller zu reiten und entfernte sich von Kyra.





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Nach dem Angriff des Drachen wird Kyra auf eine dringende Mission geschickt: Escalon zu durchqueren und ihren Onkel im mysteriösen Turm von Ur aufzusuchen. Die Zeit ist für Sie gekommen, zu erfahren, wer sie ist, wer ihre Mutter ist und zu trainieren, um ihre besonderen Kräfte zu erschließen. Für ein einsames Mädchen ist es eine Mission voller Gefahren, denn Escalon ist voller gefährlicher Kreaturen und Männer – eine, die all ihre Stärke fordern wird, um zu überleben.

Ihr Vater, Duncan, muss seine Männer nach Süden führen, nach Esephus, der großen Stadt am Wasser, um zu versuchen, seine Landsleute aus dem eisernen Griff Pandesias zu befreien. Wenn er damit Erfolg hat, wird er zum gefährlichen Lake of Ire und zu den eisigen Gipfeln von Kos weiterziehen müssen, wo die härtesten Krieger Escalons leben, Männer, die er braucht, wenn er auch nur den Hauch einer Chance haben will, die Hauptstadt zu erobern.

Alex flieht mit Marco von den Flammen und gelangt auf der Flucht durch den Wald der Dornen, wo sie von exotischen Biestern gejagt werden. Es ist eine qualvolle Wanderung durch die Nacht auf dem Weg in sein Heimatdorf, wo er hofft, wieder mit seiner Familie vereint zu werden. Als er ankommt, ist er jedoch geschockt über das, was er vorfindet.

Trotz besseren Wissens kehrt Merk um, um dem Mädchen zu helfen und wird zum ersten Mal in seinem Leben in die Angelegenheiten einer Fremden hineingezogen. Doch er gibt seine Reise zum Turm von Ur nicht auf und leidet innerliche Qualen, als er erkennen muss, dass der Turm nicht das ist, was er erwartet hat.

Vesuvius treibt während der unterirdischen Mission der Trolle den Riesen an, im Versucht, die Flammen zu umgehen, während Theos seine eigene Aufgabe in Escalon hat.

Mit seiner starken Atmosphäre und komplexen Charakteren ist AUFSTAND DER TAPEREN eine mitreißende Saga von Rittern und Kriegern, von Königen und Lords, von Ehre und Heldenmut, Magie, Schicksal, Monstern und Drachen. Es ist eine Geschichte von Liebe und gebrochenen Herzen, von Täuschung, Ehrgeiz und Verrat. Die Geschichte ist Fantasy vom Feinsten, die uns in eine Welt einlädt, die in uns auf ewig weiterleben und allen Altersgruppen und Geschlechtern zusagen wird.

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