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Besessen
Morgan Rice


Weg der Vampire #12
GEWANDELT ist ein Buch das TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES Konkurrenz macht, und Eines, dass Sie bis zur letzten Seite fesseln wird! Wenn Sie Abenteuer mögen, Liebesgeschichten und Vampire, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie! Vampirebooksite. com (zu Gewandelt) In BESESSEN versucht Scarlet Paine mit aller Macht ihre wahre Liebe, Sage, zu retten, bevor er durch die Hände der Immortalisten getötet wird. Entfremdet von ihren Freunden und ihrer Familie - und mit nur einer Nacht bis Sage ausgelöscht wird - ist Scarlet gezwungen sich zu entscheiden, ob sie alles für ihn opfern wird. Caitlin und Caleb sind in einem Wettlauf gegen die Zeit um ihre Tochter zu retten, fest entschlossen einen Weg zu finden, um Scarlet zu heilen und den Vampirismus für alle Zeiten zu beenden. Ihre Suche führt sie von einem schockierenden Geheimnis zum Nächsten, während sie versuchen die antike, verlorene Vampirstadt zu finden, die tief unter der Sphinx in Ägypten versteckt ist. Was sie dort finden könnte das Schicksal der Vampirrasse für alle Zeiten verändern. Und doch könnte es bereits zu spät sein. Die Nation der Immortalisten beabsichtigt Scarlet und Sage zu töten, während auch Kyle auf einem mörderischen Amoklauf ist. Er verwandelt Vivian und die gesamte Highschool, macht aus ihr seine ganz eigene Vampirarmee und ist erpicht darauf die Stadt zu zerstören. In BESESSEN, dem schockenden Finale der 12 Buch starken Serie DER WEG DER VAMPIRE, stehen Scarlet und Caitlin vor einer monumentalen Entscheidung - einer, die die Welt für immer verändern wird. Wird Scarlet das ultimative Opfer bringen um Sages Leben zu retten? Wird Caitlin alles aufgeben um ihre Tochter zu retten? Werden Sie beide alles für die Liebe riskieren? Morgan Rice beweist sich wieder einmal als extrem talentierte Geschichtenerzählerin.. Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch jüngere Fans des Vampir/Fantasy Genres. Es ended mit einem unerwarteten Cliffhanger, der Sie schockieren wird. The Romance Reviews (zu Vergöttert)







besessen

(Band #12 Der Weg Der Vampire)



morgan rice


Morgan Rice



Morgan Rice ist die #1 Besteller- und USA Today Bestseller-Autorin der 17 Bände umfassenden, epischen Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI; der 12-bändigen #1 Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE; der neuen 6-bändigen #1 Bestseller Fantasy-Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und der #1 Bestseller-Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptische Thriller-Serie von bislang zwei Bänden. Morgans Bücher sind verfügbar als Hörbücher und Printeditionen und wurden bisher in mehr als 25 Sprachen übersetzt.

Das erste Buch aus Morgans neuer, epischer Fantasy-Serie, SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN (VON KRONEN UND EHRE Band #1) wird im April 2016 veröffentlicht.

Morgan freut sich, von Ihnen zu hören, darum zögern Sie nicht und besuchen Sie www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com), und melden Sie sich für den Email-Verteiler an. Erhalten Sie so Zugang zu kostenlosen Giveaways, der kostenlosen App und den neusten exklusiven Informationen. Folgen Sie Morgan auch auf Facebook und Twitter um nichts zu verpassen!


Ausgewählte Kritik für Morgan Rice



“Ein Buch das TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES Konkurrenz macht, und Eines, dass Sie bis zur letzten Seite fesseln wird! Wenn Sie Abenteuer mögen, Liebesgeschichten und Vampire, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie!

--Vampirebooksite.com (zu Gewandelt)



“Rice schafft es einen gleich zu Beginn in die Geschichte hineinzuziehen, mit ihrem beschreibenden Talent, das über das bloße Schaffen einer Szenerie hinausgeht ...Schön geschrieben und ein extrem spannendes Lesevergnügen.”

--Black Lagoon Reviews (zu Gewandelt)



“Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice schafft einen interessanten Twist ...Erfrischend und einzigartig. Die Serie dreht sich um ein Mädchen ...ein außergewöhnliches Mädchen! ...Leicht zu lesen, aber mit rasanter Entwicklung... Mit FSK 12 bewertet.”

--The Romance Reviews (zu Gewandelt)



“Fesselt vom ersten Moment an und lässt nicht mehr los ... Die Geschichte ist ein fantastisches Abenteuer, das von Anfang an rasant und voller Action ist. Nicht ein langweiliger Moment lässt sich finden.”

--Paranormal Romance Guild (zu Gewandelt)



“Bis oben hin voller Action, Romantik, Abenteuern und Spannung. Nehmen Sie das Buch zur Hand und verlieben sich von Neuem.”

--vampirebooksite.com (zu Gewandelt)



“Eine großartige Handlung, und dies war insbesondere die Art von Buch, bei der es schwerfällt sie abends aus der Hand zu legen. Das Ende war ein so spektakulärer Cliffhanger, dass man gleich das nächste Buch kaufen will, um herauszufinden was passiert.”

--The Dallas Examiner (zu Vergöttert)



“Morgan Rice beweist sich wieder einmal als extrem talentierte Geschichtenerzählerin ... Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch jüngere Fans des Vampir/Fantasy Genres. Es endet mit einem unerwarteten Cliffhanger, der Sie schockieren wird.”

--The Romance Reviews (zu Vergöttert)


Bücher von Morgan Rice



VON KRONEN UND EHRE

SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN (Band #1)



VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN

AUFSTAND DER DRACHEN (Band #1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (Band #2)

DAS GEWICHT DER EHRE (Band #3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (Band #4)

DAS REICH DER SCHATTEN (Band #5)

DIE NACHT DER MUTIGEN (Band #6)



DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (Band #1)

MARSCH DER KÖNIGE (Band #2)

SCHICKSAL DER DRACHEN (Band #3)

SCHREI DER EHRE (Band #4)

SCHWUR DES RUHMS (Band #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Band #6)

RITUS DES SCHWERTS (Band #7)

GEWÄHRUNG DER WAFFEN (Band #8)

HIMMEL DES ZAUBERS (Band #9)

SEE DER SCHILDE (Band #10)

HERRSCHAFT DES STAHLS (Band #11)

LAND DES FEUERS (Band #12)

HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (Band #13)

SCHWUR DER BRÜDER (Band #14)

TRAUM DER STERBLICHEN (Band #15)

TURNIER DER RITTER (Band #16)

GESCHENK DER SCHLACHT (Band #17)



DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: SKLAVENTREIBER (Band #1)

ARENA ZWEI (Band #2)



DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (Band #1)

VERGÖTTERT (Band #2)

VERRATEN (Band #3)

BESTIMMT (Band #4)

BEGEHRT (Band #5)

VERMÄHLT (Band #6)

GELOBT (Band #7)

GEFUNDEN (Band #8)

ERWECKT (Band #9)

ERSEHNT (Band #10)

BERUFEN (Band #11)

BESESSEN (Band #12)


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Hör die DER WEG DER VAMPIRE Serie als Hörbücher!


Copyright © 2016 Morgan Rice

Aus dem Englischen von Marina Sun



Alle Rechte vorbehalten. Außer durch eine Genehmigung nach dem U.S. Copyright Act von 1976, darf kein Teil dieses Buches ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin vervielfältigt, vertrieben oder in irgendeiner Form übermittelt, in Datenbanken oder Abfragesystemen gespeichert werden.



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Dieses Buch ist eine fiktive Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind von der Autorin frei erfunden oder werden fiktiv verwendet. Ähnlichkeiten mit echten Personen, lebendig oder verstorben, sind zufällig.



Copyright Umschlagsbild Subbotina Anna, genutzt unter der Lizenz von Shutterstock.com


Inhalt



KAPITEL EINS (#uc352edbf-1082-5cee-b2c1-0a5fbc478b22)

KAPITEL ZWEI (#ub8af5331-66aa-54df-a110-ed458b29a0ad)

KAPITEL DREI (#ue19dda13-3687-5147-a7c3-64861787b7d3)

KAPITEL VIER (#uc5780200-1332-5b76-8238-0cd98d5af56a)

KAPITEL FÜNF (#ue70bd852-353c-5476-af44-c19c213bfe6c)

KAPITEL SECHS (#ub6d001d8-4f56-5841-b1dc-e2e1cf0d8af6)

KAPITEL SIEBEN (#ubf49f1a7-6f9b-5c0d-84b2-f4adb104d3e9)

KAPITEL ACHT (#uab99ed15-72b0-5005-826b-7e0db61322cf)

KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ELF (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWÖLF (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL FÜNFZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIẞIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL EINUNDDREIẞIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWEIUNDDREIẞIG (#litres_trial_promo)


“Und so im Kusse sterb ich.”

- William Shakespeare

Romeo und Julia




KAPITEL EINS


Vom Dach des alten Boldt Castle konnte Scarlet Paine die gequälten Schreie von Sage hören. Sie echoten durch die kalte November Nacht und jeder einzelne fühlte sich an wie ein Dolchstoß durch ihr Herz. Sie konnte den Gedanken daran nicht ertragen, dass Sage von seiner eigenen Rasse zu Tode gefoltert wurde, nur weil er sie liebte, weil er sie nicht töten wollte, um weitere zweitausend Jahre zu leben. Scarlet hätte sich niemals erträumen können, dass sie jemals so intensiv von jemandem geliebt werden könnte, so sehr, dass er bereit war für sie zu sterben. Und trotzdem war sie hier, kurz davor das gleiche für ihn zu tun.

Lore, Sages Cousin, hatte sie zum Boldt Castle gelockt. Die zweitausend Jahre anhaltende Lebensspanne der Unsterblichen würde vorüber sein sobald der Mond verblasste und der einzige Weg, um ihre Leben zu retten, war sie umzubringen - was Lore verzweifelt wollte. Sie, der letzte Vampir auf Erden, musste geopfert werden. Obwohl Scarlet gewusst hatte, dass es eine Falle ist, war sie gekommen. Sie wusste, dass ihr Leben hier in dieser Nacht enden würde, aber es würde sich für die Chance lohnen Sage zu retten.

Ein weiterer von Sages gequälten Schreien durchbrach die Nacht. Scarlet konnte seinen Qualen nicht länger zuhören. Sie zog sich selbst hoch und schlug dann mit ihren Schwingen, sodass sie etwa zehn Zentimeter über den alten, abfallenden Schieferziegeln schwebte. Dann, mit klopfendem Herzen, flog sie hinunter durch das Fenster.

Der Raum war über 30 Meter hoch. Scarlet stieß durch die Schatten der gewölbten Decke hinab und hockte sich auf einen der alten, hölzernen Tragebalken. Sie spürte eine Hitzewelle unter sich und blickte nach unten. Der Saal war gefüllt mit einer aufgebrachten, wütenden Menge von Unsterblichen. Es mussten mindestens tausend von ihnen hier sein. Die Menge sah von weitem aus wie ein Insektenschwarm, wie einige von ihnen hin und her liefen und andere kurz über dem Boden herum sausten. Sie waren wenigstens weit genug unter ihr, um nicht zu bemerken, dass sie sich hier versteckte.

Scarlet klammerte sich an den Balken und fühlte wie ihre Handflächen vor Angstschweiß anfingen glitschig zu werden, während sie versuchte sich dazu zu bringen zu springen.

Unter ihr waren alle Unsterblichen auf eine bestimmte Richtung konzentriert: eine leicht erhöhte Plattform, die am Ende des Raumes stand. Dort war ein unglaublich großer Mann zu sehen, der einen langen Stab hielt. Er schien den Stab gegen ein großes Kreuz zu schlagen.

Scarlet legte verwirrt den Kopf zur Seite, als das Kreuz sich bewegte. Ihr wurde in dem Moment klar, dass jemand an das Kreuz gefesselt war, jemand der sich vor Schmerzen krümmte, jedes Mal wenn der Stab des Mannes gegen ihn geschlagen wurde.

Ihr Herz machte einen Satz, als sie erkannte, wer dieser jemand war: Sage.

Wut wallte durch jede Faser von Scarlets Körper. Der Mann, den sie liebte, war an Armen und Beinen aufgehängt. Sein Kopf lag erschöpft auf seiner Brust und sein Haar war nass vor Schweiß. Blut war an seinem Körper heruntergelaufen und sammelte sich an seinen Füßen. Scarlet wollte nach ihm rufen, aber sie wusste, dass sie sich ruhig verhalten musste, wenn sie nicht riskieren wollte von der kreischenden Menge entdeckt zu werden. Es machte sie krank zu wissen, dass Sages Folter wie eine Vorführung inszeniert war und dass er sich im Zentrum ihres Hasses befand.

Scarlet sah entsetzt zu, wie der Mann in dem langen, Purpurfarbenen Mantel auf dem Podest den Stab, der ein Kreuz an einem Ende hatte, herum schwang, bevor er ihn gegen den Boden schlug. Die Steinfliesen machten einen Laut, der durch den höhlenartigen Raum vibrierte.

“Wirst du aufgeben?” schrie der Mann. “Wirst du das Mädchen preisgeben?”

Er schien der Anstifter der Folter zu sein und Scarlet nahm deshalb an, dass es sich um den Anführer der Unsterblichen handeln musste. Sie erinnerte sich daran, was Sage ihr über den Mann erzählt hatte, der seine Rasse anführte. Sein Name war Octal und von dem was Sage ihr erzählt hatte, war er ein brutaler Tyrann.

“Antworte mir!” schrie Octal.

Die Menge stimmte mit einem lauten Johlen ein.

Scarlet konnte Sages Antwort aus der Entfernung nicht hören, aber sie wusste, dass was auch immer er gesagt hatte nicht war, was Octal hören wollte, denn er lehnte sich vor und stieß den Stab in Sages Brust. Sage entwich ein Schrei, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Scarlet konnte sich nicht länger zurückhalten. Sie sprang von dem Balken, auf dem sie gesessen hatte, und schrie so laut sie konnte.

“STOPP!”

Als sie begann in Richtung der Menge zu sinken, drehten sich die Unsterblichen unter ihr wie in einer Bewegung zu ihr um. Scarlet stockte und ihre Flügel verkrampften sich plötzlich vor Angst. Sie fiel durch die Luft und befand sich auf Kollisionskurs mit der wütenden Menge unter ihr.

Aus der Ferne konnte sie Sage ihren Namen schreien hören. Es war der Schrei eines verzweifelten Mannes der verliebt war, ein Mann, dessen Herz aus seiner Brust gerissen wurde, ein Mann, dessen Schmerz beim Anblick seiner Geliebten auf dem Weg in den Tod größer war, als der Schmerz, den er währen der Folter erlitten hatte.

Scarlet schlug wild mit ihren Flügel, aber es half nichts. Die Angst, die sie spürte, hatte ihre Kräfte überwältigt. Sie fiel immer schneller dem wütenden Mob entgegen. Sie wusste, dass die Menge sie in Stücke reißen würde, sobald sie sie erreichte, denn das war der einzige Weg für sie zu überleben. Das Johlen und Schreien wurde lauter je näher sie ihnen kam.

Während sie fiel schien sich die Zeit zu verlangsamen und sie sah die Gesichter ihrer Freunde und ihrer Familie vor ihren Augen vorbeiziehen - ihre beste Freundin, Maria, ihre Mutter, Caitlin, und Ruth, ihr Hund. Sogar Vivian kam ihr in den Sinn, obwohl Scarlet sie gehasst hatte.

Dann erschien ein wunderschönes Gesicht vor ihren Augen, eines, das ihr den Atem stocken ließ. Es war Sage. In ihrem seltsamen Zeitlupen-Fall, schaffte Scarlet es den Kopf zu drehen und dem richtigen Sage in die Augen zu sehen. Obwohl er von Blut und Schweiß bedeckt war und das Gesicht vor Schmerzen verzogen hatte, war er für sie nicht weniger schön, als die perfekte Erinnerung, die ihr Gehirn erzeugt hatte. Als sie sich in die Augen sahen spürte Scarlet eine Welle der Liebe in sich aufsteigen. Obwohl sie wusste, dass sie nur Sekunden von ihrem Tod entfernt war, fürchtete sie sich nicht länger, denn sie wusste, dass sie geliebt sterben würde.

Sie schloss die Augen und bereitete sich auf den Aufprall vor.

Aber bevor Scarlet auf dem Bode aufschlug machte Octal einen Schritt nach vorne und richtete seine durchscheinenden Augen auf sie. Mühelos und ohne Emotionen stieg er in die Luft und streckte sich nach ihr aus. Sie fühlte wie sich seine Hände um ihren Arm schlossen. Er zog sie zu sich, als würde er sie aus der Luft pflücken. Sofort wurde das Gefühl des rasenden Falls durch eine sanfte Windstille ersetzt, als sie kontrolliert zu Boden glitten.

Scarlet öffnete die Augen, fast nicht in der Lage zu glauben, dass sie nicht tot war. Aber auch wenn das Gefühl direkter Lebensgefahr Scarlets Körper verlassen hatte, wusste sie, dass die Gefahr noch nicht vorüber war. Octal hatte sie davor bewahrt mit dem Kopf auf den harten Steinfliesen der Kirche aufzuschlagen, aber sie wusste, dass er sie nicht aus Mitgefühl gerettet hatte. Er war ein Folterer. Scarlet wurde klar, dass er sie wahrscheinlich nur gerettet hatte um sie in einer weitaus unschöneren Art und Weise zu töten.

Sie schielte über Octals Schulter zu Sage.

“Scarlet!” rief Sage.

Octal setzte Scarlet ab. Die Menge machte einen Satz nach Vorne, aber Octal hielt seine Hand hoch, als wolle er sie zurückhalten. Die Menge gehorchte. Scarlet wusste nicht warum, aber Octal gab ihr und Sage eine letzte Möglichkeit zusammen zu sein, eine letzte Möglichkeit sich zu verabschieden.

Unter den Augen von Tausend brodelnden Unsterblichen rannte Scarlet zu Sage. Ihr Blick verschwamm durch ihre Tränen, als sie die Arme um ihn schlang und ihr Gesicht an seinem Hals vergrub. Seine Haut war versengend heiß, als würde er gegen ein Fieber kämpfen. Sie hielt ihn so fest sie konnte, aus Angst es könnte das letzte Mal sein, dass sie ihn umarmte.

“Scarlet,” murmelte Sage in ihr Ohr.

Sie lehnte sich zurück und hob seinen Kopf an. Seine Augen waren zugeschwollen und blau, seine Unterlippe aufgeplatzt und angeschwollen. Scarlet blutete das Herz ihn so zu sehen. Sie wollte ihn küssen, um den Schmerz weg zu küssen und ihn zu heilen, aber sie wusste, dass ihr keine Zeit mehr blieb. Stattdessen schob sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und gab ihm einen leichten Kuss auf die Stirn, den einzigen Teil seines Gesichts, der nicht zerschrammt und gebrochen war.

“Wie hast du mich gefunden?” fragte er.

“Lore. Er hat mir eine Nachricht hinterlassen, in der stand, wo du bist.”

Angst blitze in Sages Augen auf. “Das ist eine Falle. Sie werden dich töten.”

“Ich weiß,” murmelte Scarlet. “Aber ich musste dich sehen. Mein Leben ist so oder so ruiniert.”

Sie dachte an ihre Eltern und das ständige Streiten, an das Versprechen ihrer Mutter sie auszumerzen, ihr Haus, dass von Lore auf den Kopf gestellt worden war, an Vivian, die sie hasste und ihre Freunde, die sich anscheinend gegen sie gewandt hatten.

“Du bist das einzig Gute, was noch in meinem Leben ist,” fügte sie aufrichtig hinzu. “Erinnerst du dich nicht daran, dass ich dir gesagt habe, wenn du stirbst, dann sterbe ich mit dir?”

Sie versuchte ihm beruhigend zuzulächeln, aber der Blick in Sages Augen riss das schmerzhafte Gefühl in ihrer Magengegend wieder auf.

Er schüttelte den Kopf.

“Ich wollte, dass du lebst, Scarlet,” keuchte er und zuckte durch den Schmerz zusammen, den Octals Stab ihm zugefügt hatte. “Verstehst du das nicht? Das Einzige, was mich während meiner Folter getröstet hat, war das Wissen, dass du dein Leben leben kannst wenn ich weg bin.” Er seufzte. “Aber jetzt werden wir beide sterben.”

Scarlet hielt Sages schweren Kopf in ihren Händen. “Und was ist mit dem, was ich will?”

“Du bist jung,” sagte Sage und verzog das Gesicht. “Du weißt nicht, was du willst. ich habe zweitausend Jahre gelebt und das einzige, was jemals Sinn für mich gemacht hat, bist du. Ich will nicht, dass du für mich stirbst!”

“War Julia zu jung?” erwiderte Scarlet ernst, die sich an die magische Nacht erinnerte, in der sie zusammen Shakespeares Tragödie gesehen hatten.

In diesem Moment spürte Scarlet wie sich die Menge auf sie zubewegte und wusste, dass Octal nicht vorhatte sie länger zurückzuhalten.

“Wie auch immer,” sagte sie und schenkte Sage ein bittersüßes Lächeln, “jetzt ist es zu spät, um meine Meinung zu ändern.”

“Das ist es nicht,” widersprach Sage. “Bitte, Scarlet. Flieg weg. Es ist immer noch Zeit.”

Scarlet antwortete indem sie einen kraftvollen Kuss gegen seine Lippen drückte.

“Ich habe keine Angst zu sterben,” erwiderte sie fest. Dann schlang sie ihren Arm um seine Taille und drehte sich um der mörderischen Menge entgegenzublicken. “Solange wir zusammen sind.”




KAPITEL ZWEI


Ein Vampirkrieg.

Das Meer unter Caitlin war schwarz wie die Nacht. Sie lauschte dem Klang des brummenden Motors, als das kleine Militärflugzeug durch die Wolken stieg, und die Worte wiederholten sich immer wieder in ihrem Kopf. Sie konnte kaum verstehen wie es soweit gekommen war, wie ihre Tochter in die Nacht geflogen war und ihr und Caleb keine Wahl gelassen hatte als ihr verzweifelt nachzujagen. Die Angst, die sie um Scarlet hatte, war vereinnahmend und verknotete ihr den Magen.

Caitlin fühlte eine starke, primitive Sinneswahrnehmung in sich aufsteigen. Scarlet war irgendwo in der Nähe. Caitlin war sich sicher. Sie richtete sich auf und griff nach Calebs Arm.

“Kannst du sie spüren?” fragte er und betrachtete ihren Gesichtsausdruck.

Caitlin nickte und biss die Zähne zusammen, als das Verlangen mit ihrer Tochter zusammen zu sein sie überrollte.

“Sie ist in Gefahr, Caleb,” sagte Caitlin, die verzweifelt versuchte die Tränen zurückzuhalten, die sie zu ersticken drohten.

Caleb sah durch die Windschutzscheibe und sein Kiefer spannte sich an. “Wir werden bald bei ihr sein. Das verspreche ich dir. Alles wird wieder gut.”

Caitlin wollte ihm so sehr glauben, aber ein Teil von ihr blieb skeptisch. Scarlet war freiwillig an diesen Ort gekommen, zu diesem Schloss, gefüllt mit bösartigen Unsterblichen. Als ihre Mutter hatte Caitlin das Gefühl, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihr zu folgen. Als ein Vampir war Scarlet sicherlich in größerer Gefahr, als der durchschnittliche Teenager.

Ein weiterer Blitz des Verlangens durchfuhr sie. Dieses Mal war es noch schlimmer als zuvor. Es war nicht nur der Schmerz von ihrer Tochter getrennt zu sein, den Caitlin fühlte, es war etwas viel Schlimmeres.

Scarlet war in Todesgefahr.

“Caleb,” sagte Caitlin schnell. “Sie ist da unten und sie ist in Schwierigkeiten. Wir müssen landen. Sofort.” Die Dringlichkeit in ihrer Stimme ließen die Worte nur als ein Flüstern entweichen.

Caleb nickte und sah nach unten. Unter ihnen schäumten die schwarzen Wellen.

“Es gibt keinen Platz zum Landen,” sagte er. “Ich will keine Wasserlandung versuchen. Das ist viel zu gefährlich.”

Ohne zu zögern sagte Caitlin, “Dann müssen wir springen.”

Calebs Augen wurden groß. “Caitlin, bist du verrückt geworden?”

Aber noch als er sprach griff sie nach dem Fallschirmrucksack und schnallte ihn um.

“Nicht verrückt,” sagte sie. “Nur eine Mutter, dessen Tochter sie braucht.”

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, durchfuhr sie eine weitere Welle des Verlangens mit ihrer Tochter zusammen zu sein. Sie konnte in der Ferne einen Umriss erkennen und dachte, dass es vielleicht ein Gebäude war.

Regentropfen hatten angefangen zu fallen, zogen Linien über das Glas und reflektierten das helle Mondlicht und Calebs Griff um das Steuer wurde fester.

“Du willst, dass ich das Flugzeug aufgebe,” sagte er ruhig, eher eine Feststellung als eine Frage.

Caitlin klickte ihren Fallschirm fest. “Ja.”

Sie hielt Caleb einen zweiten Rucksack hin. Er sah ihn mit einem Ausdruck schierer Ungläubigkeit an.

“Es gibt keinen Platz um das Flugzeug zu landen,” fügte Caitlin bestimmt hinzu. “Das hast du selbst gesagt.”

“Und wenn wir ertrinken?” sagte Caleb. “Wenn die Wellen zu stark sind? Das Wasser zu kalt? Wie können wir Scarlet helfen, wenn wir tot sind?”

“Du musst mir vertrauen,” sagte Caitlin.

Caleb holte tief Luft. “Wie sicher bist du, dass Scarlet in der Nähe ist?”

Caitlin sah Caleb an, als eine weitere Welle des Verlangens sie durchströmte. “Ich bin mir sicher.”

Caleb sog die Luft durch seine Zähne ein und schüttelte den Kopf.

“Ich kann nicht glauben, dass ich das mache,” sagte er.

Dann befreite er sich von den Schultergurten des Pilotensitzes und legte den Fallschirmrucksack an. Sobald er fertig war sah er zu Caitlin hinüber.

“Das wird kein Spaß,” sagte er. “Und vielleicht wird es nicht gut enden.”

Sie streckte sich nach ihm aus und drückte seine Hand. “Ich weiß.”

Caleb nickte, aber Caitlin konnte die Angst auf seinem Gesicht und die Sorge in seinem Blick sehen.

Und dann schlug er seine Hand gegen den Abwurfknopf.

Sofort umgab sie ein Luftrausch. Caitlin fühlte, wie sich ihre Haare in dem eisigen Wind zerzausten und sie selbst so schnell hochgerissen wurde, dass es ihr der Magen in die Kniekehlen rutschten ließ.

Und dann fielen sie.




KAPITEL DREI


Vivian schreckte auf und fand sich auf einer Sonnenliege in ihrem Hintergarten. Sie Sonne war schon lange untergegangen und das Mondlicht glitzerte auf der Oberfläche des Pools. Die Fenster der Villa ihrer Familie warfen einen warmen orangen Schein über den perfekt manikürten Rasen.

Vivian setzte sich auf und wurde von einem heftigen Schmerz durchfahren. Er schien aus jeder ihrer Poren zu sickern, als stände jedes ihrer Nervenenden in Flammen. Ihr Hals war trocken, ihr Kopf pochte und hinter ihren Augen pulsierte ein stechender Schmerz.

Vivian hielt sich an der Seite der Liege fest als sie Übelkeit überkam.

Was passiert mit mir?

Erinnerungen kamen zurück, an Zähne, die sich unter unsäglichen Schmerzen in ihren Hals bohrten, an das Geräusch von etwas Groteskem, das in ihr Ohr atmete, an den Geruch von Blut, der ihre Nase füllte.

Vivian klammerte sich noch stärker an die Liege, als sie von den erschreckenden Erinnerungen überrannt wurde. Ihr Herz schlug schneller und ihr Magen verkrampfte sich, als plötzlich mit beißender Klarheit die Erinnerung an den Moment zurückkam, in dem Kyle sie in einen Vampir verwandelt hatte. Unter ihrem Griff zerbrach der Liegestuhl.

Vivian sprang alarmiert von ihrer Kraft auf. Sobald sie stand verflüchtigte sich der Schmerz sofort. Sie fühlte sich verändert, fast, als würde sie sich in einem neuen Körper befinden. Eine Kraft, die sie nie zuvor gespürt hatte, floss durch ihre Adern. Als Cheerleader war sie stark und athletisch - aber was sie jetzt fühlte ging über die normale physische Fitness hinaus. Sie war mehr als stark. Sie fühlte sich unbesiegbar.

Es war nicht nur Kraft. Etwas anderes schwoll in ihrem Inneren an. Ärger. Wut. Das Verlangen Schmerz zuzufügen. Das Verlangen nach Rache.

Sie wollte Kyle für das, was er ihr angetan hatte, leiden lassen. Sie wollte, dass er in gleicher Weise wie sie litt.

Sie hatte gerade angefangen in Richtung Villa zu gehen, entschlossen ihn zu finden, als die Terassentüren aufflogen. Sie hielt im Schritt inne, als ihre Mutter, mit ihren pinken, flauschigen Pompon-Schühchen, seidenem Bademantel und Prada Sonnenbrille hinausblickte. Es war so typisch für ihre Mutter selbst im Dunkeln eine Sonnenbrille zu tragen. Ihr Haar war aufgerollt, ein Zeichen dafür, dass sie sich fertig machte um auszugehen, wahrscheinlich zu einer ihrer dummen Gesellschaftsveranstaltungen.

Beim Anblick ihrer Mutter schwappte Vivians neugefundene Wut über den Rand. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.

“Was machst du hier draußen?” rief ihre Mutter in der hohen, kritisierenden Stimme, die Vivians Nerven immer zum Zerreißen spannte. “Du sollst dich doch für die Sanderson Party fertigmachen!” Sie hielt inne als Vivian ins Licht trat. “Mein Gott, du siehst ja aus wie der Tod! Komm schnell rein, damit ich dir die Haare machen kann.”

Vivians langes, blondes Haar war einmal ihr ganzer Stolz gewesen - die Quelle der Eifersucht unter den anderen Mitschülern und machtvoller Anzugspunkt für die heißen Jungs - aber jetzt könnte es Vivian nicht gleichgültiger sein wie sie aussah. Alles woran sie denken konnte waren die neuen Sinnesempfindungen die durch ihren Körper jagten, den nagenden Hunger in ihrem Bauch und das Verlangen zu Töten, das durch ihre Venen floss.

“Komm schon!” schnappte ihre Mutter und brachte dadurch die Lockenwickler auf ihrem Kopf zum zittern. “Was stehst du da so 'rum?”

Vivian fühlte, wie ein Lächeln ihre Mundwinkel hochzog. Sie machte einen weiteren, langsamen Schritt auf ihre Mutter zu. Als sie sprach, war ihre Stimme kalt und emotionslos.

“Ich gehe nicht zu der Sanderson Party.”

Ihre Mutter starrte zurück, ihr Blick voller Hass.

“Du gehst nicht?” kreischte sie. “Das ist keine Option, junge Dame. Das ist eine der wichtigsten Veranstaltungen in diesem Jahr. Wenn du nicht gehst werden die Gerüchte anfangen zu fliegen. Jetzt beeil' dich, wir haben nur noch eine Stunde bis der Wagen kommt. Und schau dir deine Nägel an! Du siehst aus als wärst du durch den Dreck gekrochen!”

Ihr Gesicht zeigte Ungläubigkeit und Scham.

Vivians Wut nahm nur noch zu. Sie dachte daran, wie ihre Mutter sie ihr ganzes Leben lang behandelt hatte, wie sie ihre Veranstaltungen immer vorgezogen hatte und sich nur insoweit um Vivian kümmerte, wie sie in das perfekte Bild passte, das sie der Welt zeigen wollte. Sie hasste die Frau mehr als sie sagen konnte.

“Ich gehe nicht zu der Sanderson Party,” knurrte Vivian als sie noch näher kam.

Sie begriff, dass es ein Wort gab, für das was sie gerade tat: anpirschen. Wie es eine Tierherde in der Wildnis tun würde, wenn sie ihre Beute umkreist. Ein Schauer der Vorfreude durchfuhr sie als sie sah, wie sich der Gesichtsausdruck ihrer Mutter von frustriert zu furchtsam wandelte.

“Ich gehe nicht zu der Sanderson Party,” sagte Vivian wieder, “oder zu den Johnsons oder den Gilbertons oder den Smythes. Ich gehe nie wieder zu einer Party.”

Der Blick in den Augen ihrer Mutter war etwas, dass Vivian nie wieder vergessen wollte.

“Was ist in dich gefahren?” fragte sie, diesmal mit einem nervösen Zittern in der Stimme.

Vivian trat weiter auf sie zu. Sie leckte sich die Lippen und knackte mit ihrem Nacken.

Ihre Mutter machte entsetzt einen Schritt zurück.

“Vivian ...” fing sie an.

Aber sie bekam nicht die Möglichkeit zu Ende zu sprechen.

Vivian sprang sie mit gefletschten Zähnen und ausgestreckten Armen an. Sie griff ihre Mutter, zog ihren Kopf zurück und grub die Zähne in ihren Hals. Die Prada Sonnenbrille flog zu Boden und sie zermalmte sie unter ihren Füßen.

Vivians Herz schlug schneller als der metallische Geschmack von Blut ihren Mund füllte. Und als ihre Mutter in ihren Armen erschlaffte, fühlte Vivian ein überwältigendes Gefühl von Triumph.

Sie ließ los und der leblose Körper ihrer Mutter fiel zu Boden, nicht mehr als ein Haufen verdrehter Körperteile und Designerklamotten. Ihre toten Augen starrten direkt auf Vivian. Vivian starrte zurück und leckte sich das Blut von den Lippen.

“Leb wohl, Mutter,” sagte sie.

Sie drehte sich um und rannte durch den schattigen Garten, rannte schneller und schneller und dann flog sie plötzlich durch die Nachtluft, über das gepflegte Anwesen und in die kalte, kalte Nacht hinein. Sie würde den Mann finden, der ihr das angetan hatte - und sie würde ihm ein Körperteil nach dem anderen ausreißen.




KAPITEL VIER


Ein voller Mond leuchtete über Kyle und ließ die Bäume auf der Vorstadtstraße zu Vivians Villa wie Umrisse von Skeletten aussehen. Er leckte sich das getrocknete Blut von den Lippen und kostete seine köstliche Beute aus, erinnerte sich an Vivians Ausdruck von Angst und Entsetzen. Er labte ihn. Sie würde, hatte er beschlossen, die erste von vielen sein, das erste Opfer für die Vampirarmee, die er aufzubauen gedachte.

Die High-School. Das stand als Nächstes auf der Liste. Er hatte das brennende Verlangen das Mädchen zu finden, das ihn verwandelt hatte - Scarlet. Vielleicht würde sie dort sein - oder jemand, der wusste, wo sie war.

Falls nicht wäre das auch egal - dort würde es einen endlosen Nachschub an jungen Kindern geben, die er verwandeln konnte. Nachdem er sich an Vivians Blut gütlich getan hatte, schien er einen Geschmack für Teenager entwickelt zu haben und er mochte die Idee von einer gehorsamen kleinen Armee, die ihm folgen würde. Mehr als das mochte er die Idee diese Stadt zu verwüsten - und dann die ganze Welt.

Kyle fing an die Straße entlang zu joggen, bevor er innehielt und laut lachte. Er erinnerte sich daran, dass er jetzt ein Vampir war, mit Kraft und Fähigkeiten die über alles hinausgingen, was Menschen sich nur vorstellen konnten - und, was am Wichtigsten war, mit der Fähigkeit zu fliegen. Das war die eine Sache, die er noch nicht vollständig erprobt hatte. Und jetzt wollte er alles fühlen und zwar vollkommen. Er wollte in den Himmel aufsteigen und auf diese unbedeutenden Ameisen herunterblicken, die ihre langweiligen kleinen Leben unter ihm lebten. Er wollte sich auf sie stürzen und sie jagen, wie ein Adler seine Beute riss.

Er grinste breit als er zwei große Schritte machte und abhob.

Es war berauschend. Der Wind raste an ihm vorbei und zerwühlte sein Haar, als er höher und höher in den Himmel flog. Unter ihm konnte er die Lichter der kleinen Stadt blinken sehen. Er dachte an all die Menschen in ihren Häusern, die nichts von der Hölle ahnten, in die er sie stürzen würde. Er lachte und stellte sich das Chaos vor das er bald anrichten würde. Nichts würde ihm mehr Freude bereiten als jedes einzelne ihrer Leben zu ruinieren.

Bald sah Kyle die High-School in der Ferne auftauchen, weit unter ihm. Die Polizei hatte Straßensperren um ein großes Gebiet der Nachbarschaft aufgestellt, jede Straße die zur Schule führte eingeschlossen. Jede Strecke war mit Streifenwagen besetzt.

Idioten, dachte Kyle, als er unbemerkt über sie hinwegflog.

Sie waren vorsätzlich dumm. Offensichtlich war die Vorstellung eines Vampir Mörders mehr als ihre kleinen Gehirne verarbeiten konnten, also hatten sie ihn in ihren Köpfen zu einem gewöhnlichen Amokläufer degradiert. Sie hatten keine Ahnung.

Als Kyle sich dem Eingang der Schule näherte, konnte er Fetzen von Absperrband im Wind flattern sehen, wo diese beiden Männer versucht hatten ihn zu erschießen. Er konnte sein eigenes Blut auf dem Beton sehen. Er ballte seine Fäuste und dachte daran, dass ihn jetzt keiner mehr aufhalten konnte. Jetzt war er unsterblich. Autos, Kugeln, nichts konnte ihn stoppen.

Er entschied sich den Hintereingang zu nehmen. Er flog über den Sportplatz, wo unter dem Flutlicht das Football Training stattfand, und landete in den Schatten. Er nutze seine geschärfte Sehkraft um die zwei Polizeiwagen zu betrachten, die gleich um die Ecke standen und dachten sie wären außer Sichtweite. Vielleicht, dachte Kyle mit einem Lächeln, waren sie außer Sichtweite für Menschen. Aber nicht für einen Vampir.

Auf dem Platz herrschte Unordnung. Zerbrochenes Glas übersäte den Asphalt. Er fragte sich, wie sie es geschafft hatten überhaupt jemanden davon zu überzeugen in der Schule zu bleiben. Das war wieder diese vorsätzliche Dummheit, entschied er.

Er ging zu den geschlossenen Türen der Sporthalle, die er für seinen besten Weg in die Schule hielt. Hier, bemerkte er, gab es auch zusätzliche Sicherung. Kyle konnte einen großen, kräftigen Typen neben den Türen sehen, größer als er selber. Er war die Art von Sicherheitsmann der besser vor einen rauen Nachtklub gepasst hätte als vor eine High-School. Kyle grinste in sich hinein, er freute sich auf die Herausforderung.

Er schlenderte selbstbewusst zu dem Sicherheitsmann hinüber und bemerkte, wie dieser seine Hand an die Hüfte bewegte. Kyle nahm an, dass er entweder nach einer Waffe griff oder einem Walkie-Talkie um Verstärkung zu rufen. Beides ließ Kyle kalt. Waffen konnten ihn nicht töten und selbst eine Hundertschaft von Polizisten würde nicht mehr tun, als ihn zu verlangsamen.

“Du hast ganz schön Nerven hier wieder aufzutauchen,” sagte der Mann als Kyle auf ihn zukam. “Du wirst gesucht. Jeder Polizist und jeder Sicherheitsmann in der Stadt hat dein Foto. Die ganze Stadt hält nach dir Ausschau.”

Kyle grinste und breitete seine Arme aus.

“Und trotzdem bin ich hier,” erwiderte er.

Der Sicherheitsmann versuchte seine Sorge nicht auf seinem Gesicht zu zeigen, aber Kyle durchschaute ihn.

“Was willst du?” fragte er Mann mit zitternder Stimme.

Kyle nickte in Richtung der Sporthallentüren. Er konnte Musik von innen hören und stellte sich vor, dass alle Cheerleader gerade beim Training waren. Er wollte jede einzelne von ihnen verwandeln.

Kyle ging geradewegs auf den Sicherheitsmann zu, griff ihn am Hals und hob ihn in die Luft. Obwohl er größer und schwerer als Kyle war, stellte er keine Herausforderung für Kyles Kräfte dar. Der Mann fühlte sich kaum schwerer an als ein Kind.

“Ich will eine Armee erschaffen,” flüsterte Kyle dem Mann ins Ohr.

Dem Mann entfuhr ein ersticktes Jaulen und er trat um sich. Kyle senkte den Kopf und biss ihm in den Hals. Der Mann versuchte zu schreien, aber der Griff um seinen Hals war zu fest. Er konnte keinen Laut von sich geben, als sein Blut ausgesaugt wurde.

Kyle ließ den Mann fallen, wissend, dass er einen zweiten Vampir erschaffen hatte. Wenn er aufwachte, neu geboren, würde er zu seiner Armee gehören.

Soldat Nummer zwei.

Kyle warf die Türen zur Sporthalle auf und laute Popmusik schlug ihm zusammen mit dem Schweiß und den Rufen der trainierenden Cheerleader entgegen.

“Hey!” rief ein Mädchen von der Tribüne. “Du kannst hier nicht reinkommen.”

Sie trug das gleiche Cheerleader Outfit wie der Rest der Mädchen. Sie stürmte auf Kyle zu, stoppte kurz vor ihm und starrte ihn dann stirnrunzelnd an.

“Verschwinde hier!” verlangte sie.

Kyle ignorierte ihren dummen Befehl.

“Kennst du Scarlet Paine?” fragte er.

Sie verzog das Gesicht. “Diesen Freak? Ich weiß von ihr.”

Hinter dem Mädchen hatten sich auch die anderen Cheerleader umgedreht, um zu sehen was los war.

“Wo ist sie?” fragte Kyle.

Das Mädchen zuckte mit den Schultern.

“Woher soll ich das wissen?” sagte sie.

Kyle sprang nach vorne, ergriff sie und hob sie über seinen Kopf. Die anderen Mädchen fingen an zu schreien.

“Falls einer von euch weiß, wo Scarlet Paine ist,” rief Kyle ihnen zu, “dann solltet ihr das besser jetzt sagen.”

Die Cheerleader duckten sich. Das Mädchen, das Kyle über seinem Kopf hielt, wand sich hin und her. Nur eines der Mädchen war mutig genug etwas zu sagen.

“Ich weiß nicht, wo sie ist,” sagte sie zitternd. “Aber ihre Freunde, Becca und Jasmine, sind im Schulchor. Sie üben gerade am Ende des Flurs.”

Kyle kniff die Augen zusammen. “Sagst du die Wahrheit?”

Sie presste die Lippen aufeinander und nickte.

Schließlich ließ er das kämpfende Mädchen herunter. Sie rannte zu dem Rest der Mädchen und sie zogen sie ihn ihren Kreis und versteckten sie hinter sich, während einige weinten.

Kyle ging zur Wand und riss eine der Kletterleitern herunter. Er brach ein langes Stück Holz ab und nutzte es um die Sporthallentüren zu sichern, indem er es durch die Türgriffe schob.

“Niemand rührt sich,” befahl er den verängstigten Mädchen.

Er wollte sie immer noch verwandeln, aber er musste erst dem Hinweis folgen.

Er konnte ersticktes Weinen hinter sich hören, als er die Sporthalle verließ und in den Schulkorridor trat. Trotz der Ereignisse früher am Tag und der Schüsse war die Schule immer noch vollgepackt mit Kindern. Kyle lachte, als ihm klar wurde, dass sie wahrscheinlich gedacht hatten es würde ausreichen die Schule mit Streifenwagen zu umgeben um ihn fernzuhalten. Sie versuchten alles so normal wie möglich zu halten um die Kinder und die Eltern in der Nachbarschaft nicht zu erschrecken.

Wie dumm kann man eigentlich sein? dachte Kyle und grinste.

Kyle ging zu einer Gruppe von Jugendlichen, die neben ihren Spinden stand. Sie sahen wie die Sorte von Kindern aus, mit denen er rumgehangen hatte, als er noch zur Schule ging, die Art, die den Abschluss nicht schafft und dazu bestimmt ist für den Rest ihres Lebens in einer Bar zu arbeiten.

“Mann,” sagte einer der Jungen und stieß seinen Freund mit dem Ellbogen an. “Guck dir den Penner an.”

Kyle ging geradewegs auf die Gruppe zu und schlug seine Faust so kraftvoll gegen den Spind neben ihnen, dass er eine tiefe Einbuchtung hinterließ. Die Gruppe sprang erschrocken zurück.

“Was hast du für ein Problem, Mann?” sagte der Junge.

“Chorprobe,” grunzte Kyle. “Wo ist die?”

Eines der Mädchen in der Gruppe, ein Goth mit langen, schwarzen Haaren, trat vor. “Als ob wir dir das sagen würden.”

Bevor jemand aus der Gruppe etwas sagen konnte, schnappte Kyle sich das Mädchen und zog sie zu sich. Er senkte seine Zähne in ihren Hals und saugte. Innerhalb von Sekunden erschlaffte sie in seinen Armen. Der Rest der Gruppe fing an zu schreien.

Kyle ließ das Mädchen auf den Boden fallen und wischte sich mit der Rückseite seiner Hand das Blut von den Lippen.

“Chorprobe,” wiederholte er. “Wo ist die?”

Der Junge der zuerst gesprochen hatte, zeigte mit einem zitternden Finger an das Ende des Flurs. Neben ihm weinten und umarmten sich zwei seiner Freundinnen, ihr Blick auf den Körper des toten Mädchens fixiert.

Kyle wandte sich zum gehen, aber war keine zwei Schritte gegangen, als er sich umdrehte und die zwei weinenden Mädchen packte. Er biss eine, dann die andere und saugte abwechselnd ihr Blut aus, bis ihre schmerzerfüllten Schreie versiegten. Er ließ sie zu seinen Füßen fallen, stieg über sie und ließ den Rest der Gruppe versteinert hinter sich stehen.

Kyle folgte dem Klang von Singen bis er schließlich den Raum erreichte, in dem die Chorprobe stattfand. Er warf die Türen auf.

Die Gruppe wusste sofort, dass sie in Gefahr waren, als er hereinkam. Das Singen brach abrupt ab.

“Jasmine. Becca,” verlangte er.

Die zwei zitternden Mädchen traten nach Vorne. Er packte sie beide am Hals und hob sie vom Boden.

“Scarlet Paine. Sagt mir, wo sie ist.”

Die Mädchen traten und wandten sich in seinem Griff. Keine konnte sprechen, da Kyle ihre Hälse zu fest zuschnürte.

“Ich weiß es,” sagte jemand.

Alle drehten sich überrascht um. Kyle ließ Becca und Jasmine fallen und sah das Mädchen an.

“Wer bist du?” fragte Kyle.

“Jojo,” erwiderte das Mädchen. Sie drehte eine Locke zwischen den Fingern und lächelte. Sie trug ein Ralph Lauren Top. Offensichtlich eine von Vivians Freundinnen.

“Also?” sagte Kyle.

“Ich ...” begann das Mädchen, hielt dann aber inne. “Wir waren zusammen auf dieser Party.”

“Und?” verlangte Kyle.

“Ich habe sie gesehen. Mit diesem Typen. Wirklich ein heißer Kerl.”

Becca und Jasmine sahen sich an. Jojo hustete und sprach weiter.

“Sie haben darüber geredet, wie sie nicht für immer zusammen sein könnten, weil er, irgendwie, stirbt oder so.”

Kyles Geduld nahm ab. Er flog durch den Raum und hob das Mädchen in die Luft.

“Komm zum Ende!” rief er.

Das Mädchen kratzte an seiner Hand um ihren Hals. “Kirche.”

Kyle betrachtete sie einen Moment und ließ sie dann los. “Kirche?”

Das Mädchen nickte, ihre Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Sie rieb sich den Hals.

“Kirche. Oder Schloss. Oder Kathedrale. Irgendwie sowas. Sie ... sind zusammen weggeflogen.”

Hätte das Mädchen kurz zuvor so etwas gesagt, wäre sie von ihren Mitschülern verspottet worden. Aber nur Augenblicke nachdem sie gesehen hatten, wie Kyle durch den Raum flog, schien die Idee, dass Scarlet Paine mit einem gut aussehenden Jungen zusammen ins Mondlicht geflogen war, nicht mehr so abwegig.

Vom Boden aus blitze Becca das Mädchen wütend an.

“Warum hast du ihm das erzählt, Jojo?” rief sie. “Er will ihr offensichtlich was antun!”

“Vivian Loyalität,” erwiderte Jasmine kurz angebunden.

Kyle spitzte die Ohren. Er dachte an Vivians süßes Blut. Er drehte sich wieder zu Jojo.

“Du bist eine von Vivians Freundinnen?” fragte er.

Das Mädchen nickte.

Kyle packte sie an der Hand.

“Du kommst mit mir.”

Der Chor sah entsetzt zu, wie Jojo aus dem Raum in den Korridor gezogen wurde. Kyle zog sie hinter sich her. Der ganze Flur war eine Szene des Chaos'. Die Kinder hatten angefangen sich gegenseitig auszusaugen. Diejenigen, die noch nicht verwandelt waren, liefen schreien herum und versuchten aus der Schule zu kommen. Kyle nickte dem Goth Mädchen und ihren Freunden zu als er vorbeikam und sah, wie sie das Blut aus ihren Mitschülern saugten. Neben ihm fühlte er wie Jojo zitterte.

Er kam zur Sporthalle, öffnete die Türen und sah, dass die Cheerleader mit einer menschlichen Pyramide versuchten durch eines der oberen Fenster zu entkommen. Die Pyramide fiel zusammen sobald sie bemerkten, dass er zurückgekommen war.

“Clever,” sagte Kyle mit einem Lachen. “Ihr werdet eine hervorragende Ergänzung für meine Familie sein.”

“Jojo!” schrie jemand, als Vivians Freundin in die Sporthalle geworfen wurde.

Kyle sah sich um und leckte langsam über seine Lippen.

“Lasst den Spaß beginnen,” sagte er zu sich selbst.




KAPITEL FÜNF


Polizistin Sadie Marlow blickte durch das kleine Glasfenster in den Raum. In dem ansonsten leeren Zimmer sah sie ein Bett an der Wand stehen. Auf dem Bett saß das Mädchen wegen dem sie gekommen war.

Der Psychologe, der an ihrer Seite stand, zog eine Plastikkarte aus der Tasche. Aber kurz bevor er sie über das Türschloss strich, um die Tür zu öffnen und den Polizisten Einlass zu gewähren, hielt er inne und wandte sich ihnen zu.

“Wissen Sie, wir waren noch nicht in der Lage auch nur ein verständliches Wort aus ihr herauszubekommen,” sagte der Psychologe. “Alles was sie sagt ist 'Scarlet. Scarlet. Ich muss Scarlet finden.'“

Nun war Officer Brent Waywood an der Reihe zu sprechen.

“Deswegen sind wir hier,” sagte er und zeigte auf sein offenes Notizbuch. “Scarlet Paine. Der Name taucht immer wieder in unseren Ermittlungen auf.”

Der Psychologe kräuselte die Lippen.

“Ich weiß, warum Sie hier sind,” erwiderte er. “Ich sehe es nur nicht gerne, wenn die Polizei meine Patienten verhört.”

Brent schlug abrupt sein Notizbuch zu, was ein klatschendes Geräusch verursachte. Er starrte den Psychologen genervt an.

“Wir haben tote Polizisten,” sagte er in abgehaktem Ton. “Gute Männer und Frauen, die heute Nacht nicht zu ihren Familien zurückkehren werden, wegen irgend so einem Psychopathen, der jeden tötet, der ihm in den Weg kommt. Was will er? Scarlet Paine. Das ist alles was wir haben. Also können Sie vielleicht verstehen, warum es für uns so wichtig ist ihre Patientin zu befragen.”

Officer Marlow trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, frustriert von der Tatsache, dass ihr Partner in jeder Situation Streit zu suchen schien. Sie konnte nicht umhin zu denken, dass es sehr viel einfacher sein würde das Interview alleine zu führen. Anders als Brent hatte sie eine ruhige Art mit den Zeugen umzugehen, vor allem mit psychisch verletzlichen, wie dem Mädchen, wegen dem sie hier waren. Darum hatte der Polizeichef sie in die Psychologische Anstalt geschickt. Sie wünschte sich nur sie hätte einen anderen Polizisten als Begleiter gewählt. Dann wurde ihr klar, warum der Polizeichef gerade nicht wirklich viele Polizisten zur Verfügung hatte und ihr Magen verknotete sich. Neben denjenigen, die die High-School bewachten, war der Rest des Reviers entweder tot oder verletzt.

Sie machte einen Schritt nach vorne.

“Wir verstehen, dass die Zeugin in einem zerbrechlichen Zustand ist,” sagte sie diplomatisch. “Wir werden unseren Ton freundlich halten. Keine pressenden Fragen. Keine lauten Stimmen. Vertrauen Sie mir, ich habe jahrelange Erfahrung in der Befragung mit Kindern wie ihr.”

Sie alle schauten zurück durch das Fenster auf das Mädchen. Sie wippte vor und zurück, ihre Knie an die Brust gezogen.

Der Psychologe schien sich damit zufriedenzugeben und ließ die Polizisten eintreten. Er wischte mit seiner Karte über das Türschloss. Ein grünes Lämpchen leuchtete auf, während gleichzeitig ein Biep ertönte.

Er führte die zwei Polizisten in den Raum zu dem zusammengekauerten Mädchen. Erst da bemerkte Marlow die Manschetten an den Knöcheln und Handgelenken. Haltegurte. Das Krankenhaus nutze die Gurte nicht, wenn der Patient nicht eine Gefahr für sich selbst oder andere war. Was auch immer das Mädchen durchgemacht hatte, es war schrecklich gewesen. Warum sonst sollte ein sechzehn Jahre altes Schulkind ohne die geringsten Vorstrafen plötzlich als gefährlich gelten?

Der Psychologe sprach als Erster.

“Es sind Polizisten hier, die dich sehen wollen,” sagte er ruhig zu dem Mädchen. “Es geht um Scarlet.”

Der Kopf des Mädchens schoss nach oben. Ihre Augen waren wild und suchten die Gesichter, der drei Menschen vor ihr, ab. Sadie Marlow konnte die Qualen in ihrem Gesicht sehen und die Verzweiflung.

“Scarlet,” rief das Mädchen und zog an den Fesseln. “Ich muss Scarlet finden.”

Der Psychologe warf den beiden Polizisten noch einen letzten Blick zu, bevor er den Raum verließ.



*



Maria sah zu den Polizisten auf. Irgendwo, weit hinten in ihrem Kopf, arbeitet ihr klarer Verstand noch und war immer noch wach und klar. Aber der Teil, den Lore zerstört hatte, war jetzt die kontrollierende Macht und es fühlte sich an wie eine dunkle Sturmwolke, die ihren Verstand benebelte. Sie musste hier rauskommen und sie musste Scarlet finden. Scarlet wäre bei Sage und Sage, dessen war sie sich sicher, würde ihr helfen können. Er wäre in der Lage rückgängig zu machen, was sein Cousin angerichtet hatte.

Aber egal wie sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte niemandem erklären, dass sie nicht verrückt war, dass sie nicht hierher gehörte, festgekettet wie ein Verbrecher. Selbst als ihre Freunde kamen um sie zu sehen, selbst als ihre Mutter ihre Hand hielt und weinte, konnte Maria die Worte nicht aussprechen. Was auch immer Lore in ihren Geist gepflanzt hatte war undurchdringlich. Und es wurde stärker. Mit jedem Moment der verging fühlte sie, wie ihre Kräfte nachließen. Ihre Fähigkeit Lores Gedankenkontrolle zu bekämpfen wurde weniger und ihr klarer Verstand wurde schwächer und schwächer. Maria war sich sicher, dass er schließlich ganz verschwinden würde, sie als eine leere Hülle zurückbleiben würde, wenn sie keine Hilfe bekam.

Der männliche Polizist stand vor ihr und starrte auf sie herunter. Die Polizistin saß neben ihr auf dem Bett.

“Maria. wir müssen dir ein paar Fragen stellen,” sagte sie leise.

Maria versuchte zu nicken, aber nichts passierte. Ihr Körper fühlte sich schwer an. Sie war erschöpft. Sich pausenlos gegen das zu wehren, was Lore ihr angetan hatte, war ermüdend.

“Deine Freundin Scarlet,” fuhr die Frau auf die gleiche, sanfte Weise fort. “Weißt du wo sie ist?”

“Scarlet,” sagte Maria.

Sie wollte mehr sagen, aber die Worte wollten einfach nicht rauskommen. Sie sah frustriert, wie der Polizist mit den Augen rollte.

“Das ist sinnlos,” sagte er zu seiner Partnerin.

“Officer Waywood, Sie müssen etwas Geduld zeigen,” schnappte die Frau.

“Geduld?” schrie der Polizist fast. “Meine Freunde sind tot! Unsere Kollegen sind in Gefahr! Wir haben keine Zeit um geduldig zu sein!”

Gefangen in ihrem eigenen Verstand, fühlte Maria ihre Frustration steigen. Sie verstand Officer Waywoods Sorge. Sie wollte helfen, das wollte sie wirklich. Aber dank Lore konnte sie kaum ein Wort herausbringen. Der Versuch etwas zu sagen war wie auf einem Laufband zu sein - unglaublich anstrengend, aber man kam nirgendwo hin.

Die Polizistin ignorierte den Ausbruch ihres Partners und drehte sich wieder zu Maria.

“Der Mann der nach deiner Freundin sucht heißt Kyle. Hast du ihn schon mal gesehen? Hast du gehört, wie sie seinen Namen gesagt hat?”

Maria versuchte ihren Kopf zu schütteln, aber konnte es nicht. Die Polizistin kaute auf ihrer Unterlippe und bewegte ein Notizbuch in ihren Händen. Maria konnte an ihren Gesten sehen, dass sie in ihrem Kopf etwas abwog, von dem sie nicht wusste, ob sie es sagen sollte oder nicht.

Schließlich griff sie nach Marias Hand und drückte sie. Sie sah ihr tief in die Augen.

“Kyle ... er ist ein Vampir, oder nicht?”

Aus seiner stehenden Position warf Officer Waywood die Arme in die Luft und schnaubte abfällig. “Sadie, du bist verrückt geworden! Der Vampir Kram ist doch Blödsinn!”

Die Polizistin sprang auf und brachte ihr Gesicht nah an seines.

“Wagen Sie es nicht, dass zu sagen,” sagte sie. “Ich bin Polizistin. Es ist meine Pflicht diese Zeugin zu befragen. Wie kann ich ihr ordentlich Fragen stellen ohne ihr zu sagen was wir wissen?” Bevor Officer Waywood auch nur die Möglichkeit hatte zu antworten, fügte Sadie hinzu, “Und es ist Officer Marlow, vielen Dank.”

Officer Waywood warf ihr einen verärgerten Blick zu.

“Officer Marlow,” sagte er und betonte jede Silbe durch zusammengebissene Zähne, “in meiner professionellen Meinung ist es eine schlechte Idee einer labilen Zeugin von Vampiren zu erzählen.”

Auf dem Bett begann Maria wieder hin und her zu wippen. Sie konnte fühlen, wie der klare Verstand, so tief unter dem begraben, was Lore ihr eingepflanzt hatte, anfing hervorzukommen. Irgendwie schien die Tatsache, dass die Polizistin an Vampire glaubte, dabei zu helfen ihren Verstand zu befreien. Sie versuchte zu sprechen und endlich löste sich ein Geräusch in ihrem Hals.

“Krieg.”

Die Polizisten hörten auf zu streiten und sahen zu Maria.

“Was hat sie gesagt?” fragte Brent Waywood mit einem Stirnrunzeln.

Officer Marlow kam sofort zurück an ihre Seite.

“Maria?” sagte sie. “Sag das noch einmal.”

“K ...” versuchte Maria. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Ihr Verstand kam zu ihr zurück. Ihr Geist wurde wieder ihr eigener. Schließlich brachte sie das Wort heraus. “Krieg.”

Officer Marlow sah hoch zu ihrem Kollegen. “Ich glaube sie sagt 'Krieg.'“

Er nickte, jetzt mit Besorgnis auf dem Gesicht.

Maria atmete noch einmal tief ein, zwang den klaren Teil ihres Verstandes die Kontrolle zu übernehmen, um ihnen zu sagen, was sie unbedingt sagen musste.

“Vampire,” sagte sie durch zusammengebissene Zähne. “Vampire. Krieg.”

Officer Marlow wurde blass.

“Weiter,” drängte sie Maria.

Maria leckte sich über die Lippen. Es brauchte größte Anstrengung um präsent zu bleiben.

“Kyle,” sagte sie mit angespanntem Gesicht. “Führer.”

Officer Marlow drückte ihre Hand. “Kyle wird den Vampirkrieg anführen?”

Maria drückte zurück und nickte.

“Scarlet,” sagte sie weiter. “Einzige. Hoffnung.”

Officer Marlow atmete tief ein und setzte sich gerader hin. “Weißt du, wo Scarlet ist?”

Maria biss die Zähne zusammen und sprach dann so sorgfältig wie sie konnte. “Mit Sage ... das Schloss.”

Plötzlich flutete ein tiefer Schmerz Marias Gehirn. Sie schrie auf, riss die Hände an den Kopf und packte ihre Haare mit den Fäusten. Sie wusste sofort, dass ihr klarer Verstand wieder von dem überwältigt wurde, was Lore getan hatte. Sie rutschte zurück in die Dunkelheit.

“Hilf mir!” schrie sie.

Sie fing an wild von einer Seite auf die andere zu schlagen und an ihren Fesseln zu ziehen.

Erschrocken stand Officer Marlow auf. Sie sah über ihre Schulter zu ihrem Partner.

“Gib das ans Revier weiter,” wies sie ihn an.

Sie versuchte Maria zu beruhigen, aber das Mädchen war vollkommen außer sich. Sie schrie immer wieder. Die Tür biepte und der Psychologe rannte herein.

“Was ist passiert?” rief er.

“Nichts,” sagte Marlow und wich zurück. “Sie ist einfach durchgedreht.”

Sie ging einige Schritte zurück, während der Psychologe versuchte Maria zu beruhigen, und stellte sich neben ihren Partner.

“Haben Sie Bescheid gesagt?” fragte sie schwer atmend.

“Nein,” gab er kurz angebunden zurück.

Sadie runzelte die Stirn und griff nach ihrem Walkie-Talkie. Aber Officer Waywood lehnte sich vor und hielt ihre Hand fest.

“Nicht,” schnappte er. “Der Chief will diesen Blödsinn nicht hören. Er muss sich um die ganze Mannschaft kümmern und du willst ihn stören weil ein verrücktes Kind denkt, dass es ein Vampirkrieg gibt!”

Sadie Marlow übertönte die Schreie von Maria mit einer schnellen, beharrlichen Stimme.

“Der Chief hat uns aus einem Grund hier hergeschickt. Warum sollte er wollen, dass wir ein 'verrücktes Kind' befragen, wenn er nicht denken würde, dass sie uns helfen kann?” Kyle sucht Scarlet Paine. Das Mädchen,” sie zeigte auf Maria,” ist der beste Hinweis den wir haben um sie zu finden und diese Sache vielleicht zu beenden. Wenn sie etwas weiß, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass der Chief davon hören will.”

Officer Waywood schüttelte den Kopf.

“Fein,” sagte er und ließ ihre Hand los. “Deine Karriere, nicht meine. Lass den Chief denken, dass du durchgeknallt bist.”

Officer Marlow nahm das Walkie-Talkie und drückte auf den Knopf.

“Chief? Marlow hier. Ich bin fertig mit der Zeugin in der Anstalt.”

Das Walkie-Talkie knisterte.

Officer Marlow hielt inne und wog ihre Worte ab. “Sie sagt, dass es einen Vampirkrieg geben wird. Angeführt von Kyle. Und die einzige Person, die ihn aufhalten kann, ist Scarlet Paine.”

Sie sah auf die hochgezogenen Augenbrauen ihres Partners und kam sich wie ein Idiot vor. Dann summte das Walkie-Talkie wieder und die Stimme des Polizeichefs war zu hören.

“Ich komme.”




KAPITEL SECHS


Scarlet hustete und wischte sich den Staub aus den Augen. Ihre Gedanken rasten, als sie versuchte aus dem Sinn zu machen, was um sie herum passierte. In dem einen Moment hatten sich die Unsterblichen auf sie und Sage gestürzt, im anderen war das gesamte Schloss von einer riesigen Explosion erschüttert worden. Dann waren die Wände um sie herum eingestürzt und hatten Ziegel, Holz und schwere Schieferplatten auf sie herunterfallen lassen.

Scarlet sah sich um und fand sich in einem Kokon aus Schutt wieder. Es war so dunkel, dass sie kaum etwas erkennen konnte. Dicker Staub verklebte ihre Lungen und machte ihr das Atmen schwer.

“Sage?” rief Scarlet in die Dunkelheit.

Etwas bewegte sich neben ihr.

“Scarlet?” kam Sages Stimme. “Bist du das?”

Scarlets Herz machte einen Sprung, als ihr klar wurde, dass ihr Geliebter überlebt hatte. Sie kroch über Steine und Schutt auf die eingesunkene Gestalt von Sage zu. Sobald sie ihn erreicht hatte drückte sie ihre Lippen gegen seine.

“Ich habe dich,” flüsterte sie.

“Scarlet, es ist zu spät,” erwiderte er traurig.

Aber Scarlet hörte ihm nicht zu. Sie schlang ihre Arme um seinen nackten Torso und zog ihn in eine sitzende Position. Er sackte zusammen, schwach, kaum in der Lage seinen eigenen Körper hochzuhalten.

“Was ist passiert?” fragte er mit krächzender Stimme und betrachtete die Zerstörung um sich herum.

“Ich habe keine Ahnung,” erwiderte Scarlet.

Sie sah sich um und bemerkte dieses Mal das Gewirr von Unsterblichen, die über den Boden verteilt lagen oder unter Deckenbalken und Klumpen von Ziegeln und Stein gefangen waren. An verschiedenen Stellen loderte Feuer, wie seltsames oranges Unkraut.

Octal lag regungslos auf dem Boden. Sein Stab lag neben ihm, glatt in der Mitte durchgebrochen und die Spitze des Stabs, die er genutzt hatte um Sage zu verletzten, stand in Flammen. Scarlet konnte nicht sagen ob Octal tot oder lebendig war, aber für den Moment schien er keine Gefahr für sie zu sein.

Dann erkannte Scarlet den verdrehten Rahmen eines Militärflugzeugs unter dem Schotter. Sie sog scharf die Luft ein.

“Es war ein Flugzeug,” sagte sie. “Ein Militärflugzeug ist in das Schloss gekracht.”

Sage schüttelte den Kopf, Verwirrung breitete sich auf seinem Gesicht aus.

“Es gibt keinen Grund für ein Flugzeug hier zu sein,” erwiderte er. “Das Schloss steht in der Mitte vom Nirgendwo.”

“Es sei denn, sie haben nach uns gesucht,” fiel Scarlet plötzlich ein. “Es sei denn, sie haben nach mir gesucht.”

In dem Moment rutschte ein schwerer Ziegelstein ab und Sage zuckte zusammen, als er gegen sein Bein fiel.

“Wir müssen weg von hier,” sagte Scarlet.

Es war nicht nur das beschädigte Gebäude, das ihr Sorgen machte - es waren die Unsterblichen. Sie mussten fliehen bevor jemand wieder zur Besinnung kam.

Sie drehte sich zu Sage.

“Kannst du laufen?”

Er sah sie mit müden Augen an. “Scarlet. Es ist zu spät. Ich sterbe.”

Sie biss die Zähne zusammen. “Es ist nicht zu spät.”

Er griff nach ihrer Hand und blickte ihr tief in die Augen. “Hör mir zu. Ich liebe dich. Aber du musst mich sterben lassen. Es ist vorbei.”

Scarlet wandte ihr Gesicht ab und wischte die einzelne Träne weg, die ihr über das Gesicht rollte. Als sie sich wieder zu ihm drehte, griff sie nach Sages Armen, legte ihn über ihre Schulter und zog Sage in eine stehende Position. Er schrie vor Schmerz auf und fiel gegen sie. Als sie ihn über den Schutt und durch die beißenden Rauchwolken führte, sagte sie:

“Es ist nicht vorbei, bis ich es sage.”



*



Das Schloss war im Chaos. Auch wenn das Flugzeug klein gewesen war, hatte es enormen Schaden an dem alten Gebäude angerichtet.

Scarlet hastete durch die Gänge als die Wände um sie herum anfingen einzubrechen. Sie hielt Sage fest an ihrer Seite und er stöhnte vor Schmerz. Er war so schwach und zerbrechlich, dass es Scarlet im Herzen weh tat. Alles was sie wollte war ihn in Sicherheit zu bringen.

Dann hörte sie laute Rufe hinter sich.

“Sie entkommen!”

Scarlet sank der Mut, als sie sah, dass das Verlangen nach Rache die Unsterblichen weiter antrieb, obwohl ihr Schloss zerstört war und viele ihres Clans verletzt oder sterbend am Boden lagen.

“Sage,” sagte Scarlet, “sie kommen. Wir müssen schneller gehen.”

Sage schluckte und verzog das Gesicht.

“Ich gehe so schnell ich kann.”

Scarlet versuchte ihr Tempo zu erhöhen, aber Sages Schwäche verlangsamte sie. Er musste aufhören zu laufen. Sie musste ein sicheres Versteck für ihn finden, damit sie sich wenigstens verabschieden konnten.

Sie sah über ihre Schulter wie mehrere Unsterbliche näher kamen. Dort, hinter ihnen und halb versteckt im Schatten, war Octal. Er war also nicht tot.

Als die Gruppe den Abstand zwischen ihnen weiter verkürzte, sah sie, dass Octals Gesicht zur Hälfte schwere Verbrennungen hatte. Er musste große Schmerzen haben und trotzdem hielt es ihn nicht davon ab sie und Sage verletzen zu wollen. Es machte Scarlet traurig zu denken, dass die Liebe zwischen ihr und Sage die Unsterblichen so entrüstete.

Plötzlich brachte ein mächtiges Krachen Scarlet dazu einen Satz zu machen und ein plötzlicher Schwall eiskalten Wassers durchtränkte sie. Mit einem Blick über ihre linke Schulter sah sie, dass die ganze Seite des Schlosses ins Meer gefallen war und eine riesige Welle verursacht hatte.

Sie hörte Schreie und hinter ihr fielen Unsterblichen ins Meer. Sie fielen so schnell, dass sie nicht einmal Zeit hatten um in Sicherheit zu fliegen und sobald sie auf die Wellen prallten, wurden sie von dem wütenden Wasser verschluckt.

Als die Fliesen unter ihren Füßen nachgaben, warf Scarlet sich mit dem Rücken zur Wand des Ganges und drückte Sage mit einem Arm zurück. Das schwarze Wasser wälzte sich nur wenige Meter unter ihnen. Plötzlich fühlte Scarlet sich, als würden sie an einem steilen Bergabhang entlang balancieren.

Die einzige Person die auf der anderen Seite noch stand war Octal. Scarlet wusste, dass es ihn nicht mehr als wenige Sekunden kosten würde um über den Abgrund zu fliegen. Aber stattdessen stand er da und sah zu.

Er denkt es ist hoffnungslos. Er denkt wir werden sterben.

“Schnell,” sagte sie zu Sage. “Bevor wir ins Meer fallen.”

Kaltes Meerwasser traf sie im Gesicht, als sie ihn über den schmalen Vorsprung führte. Mit jedem Schritt bröckelte mehr von dem Boden ab und fiel in die Wellen. Scarlets Herz schlug gequält. Sie betete, dass sie es aus dem Schloss und in Sicherheit schaffen würden.

“Dort,” sagte sie zu Sage. “Nur noch ein paar Schritte.”

Aber kaum hatten die Worte ihre Lippen verlassen, brachen die Fliesen unter Sages Füßen. Er hatte gerade noch Zeit hochzusehen und in ihre Augen zu blicken, bevor der Boden nachgab und er in die Dunkelheit fiel.

“Sage!” schrie Scarlet, ihre Arme ausgestreckt um nach ihm zu greifen.

Aber er war verschwunden.

Scarlet blickte auf die andere Seite des Abgrunds und sah ein Lächeln auf Octals furchtbar entstelltem Gesicht.

Ohne zu zögern sprang Scarlet von dem Vorsprung und raste auf Sages fallende Gestalt zu. Sekunden bevor er auf der Wasseroberfläche aufschlug fing sie ihn auf.

“Ich hab' dich,” flüsterte sie und drückte ihn gegen ihre Brust.

Sage war schwer. Scarlet schaffte es nur zu schweben. Sie waren wenige Zentimeter von dem tückischen Wasser entfernt. Sie wusste, dass sie nicht hochfliegen konnte, da das Octal gezeigt hätte, dass sie noch am Leben waren und dann würde er sie sofort angreifen.

Dann sah sie Höhlen rechts von sich. Es waren natürlich Höhlen, über Jahrhunderte von dem Ozean ausgehöhlt. Das Schloss musste auf ihnen errichtet sein.

Scarlet verlor keine Zeit. Sie flog mit Sage in ihren Armen in die Höhle und ließ ihn dort auf dem Boden nieder. Er fiel zurück und stöhnte auf.

“Wir sind okay,” sagte Scarlet. “Wir haben es geschafft.”

Aber sie war nass bis auf die Knochen und zitterte. Ihre Zähne klapperten während sie sprach. Als sie Sages Hand nahm, bemerkte sie, dass er ebenfalls zitterte.

“Wir haben es nicht geschafft,” sagte er schließlich. “Ich habe dir die ganze Zeit gesagt, dass ich sterben werde. Heute.”

Scarlet schüttelte den Kopf und Tränen flogen von ihren Wangen.

“Nein.”

Aber sie verstand, dass es keinen Sinn machte. Sage lag im Sterben. Es stimmte wirklich.

Sie hielt ihn in ihren Armen und ließ die Tränen ungehindert laufen. Sie liefen über ihre Wangen und ihren Hals entlang. Sie machte sich nicht die Mühe sie wegzuwischen.

Scarlet war kurz davor sich zu verabschieden, als sie einen seltsamen Schimmer bemerkte, der unter ihrem T-Shirt, direkt neben ihrem Herzen, hervorkam. Sie schüttelte den Kopf, denn das war sicherlich eine Halluzination. Aber der Schimmer wurde heller.

Sie sah runter und ihr wurde klar, dass es ihre Halskette war, die leuchtete und ein weißes Licht durch die Scharniere des Anhängers warf. Sie griff unter ihr T-Shirt und zog sie heraus. Sie war nie zuvor in der Lage gewesen den Anhänger zu öffnen, aber etwas sagte ihr, dass es dieses Mal anders sein würde. Ihre Tränen schienen darauf gefallen zu sein. Vielleicht war das der Weg den Anhänger aufzuschließen.

Die beiden Hälften ließen sich öffnen und weißes Licht ergoss sich in die Höhle und erhellte Scarlets und Sages Gesichter. In der Mitte des hellen Lichts war ein Bild. Scarlet sah es sich genauer an. Es war ein Schloss in der Mitte des Ozeans, aber es war nicht Boldt Castle. Es war kleiner und dünner, eher ein aufwendiger Turm als ein tatsächliches Schloss.

Scarlet schüttelte Sage an der Schulter.

“Schau,” sagte sie.

Sage schaffte es seine müden Augen halb zu öffnen.

Scarlet hörte ihn scharf die Luft einsaugen.

“Du weißt, wo das ist?” fragte sie.

Sage nickte. “Weiß ich.”

Dann fiel sein Kopf erschöpft zurück in ihren Schoß.

Scarlet spürte in ihrem Inneren, dass dieser Ort, wo auch immer er sein mochte, wichtig war. Und wenn Sage davon wusste, dann musste er Bedeutung für die Unsterblichen haben. Warum zeigte ihre Halskette ihr so einen Ort? Und warum hatte sie sich geöffnet als Tränen darauf fielen? Das musste ein Hinweis sein.

Scarlet schloss den Anhänger. Das Licht verschwand und mit ihm das Bild des Schlosses in der Mitte des wilden Ozeans. Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass sie Sage retten würde, wenn sie ihn in dieses Schloss brachte. Aber sie hatte keine Zeit mehr.

Sie hob den ohnmächtigen Sage auf ihren Rücken. Er war schwer, aber diesmal war Scarlet entschlossener als je zuvor und mehr als sicher, dass es Hoffnung gab. Sie flog in den Nachthimmel.

Sie würde ihn retten. Egal was es kosten würde.




KAPITEL SIEBEN


Caitlin hatte Schwierigkeiten zu atmen als sie durch den Nachthimmel fiel. Caleb hatte den Absprungknopf gedrückt und plötzlich war das Flugzeug nicht mehr um sie herum gewesen. Sie war in der dunklen Nacht und fiel einem wilden Ozean entgegen.

Sie sah sich nach Caleb um. Er war nicht da. Gequält suchte sie nach ihm - und schließlich sah sie ihn über sich mit ausgebreitetem Fallschirm. Er zeigte auf seine Reißleine. Sie konnte ihn über das Brüllen der Luft nicht hören.

Dann verstand sie: er versuchte ihr zu sagen, dass sie die Reißleine ziehen soll. Sie tat es und sofort wurde ihr Körper aus dem freien Fall gerissen. Alles war plötzlich friedlich. Sie schwebte mit dem offenen Fallschirm, der wie Engelsflügel über ihr hing.

Caitlin atmete tief ein, um ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. Sie sah wieder zu Caleb und er hielt beide Daumen hoch. Caleb, der sehr viel mehr Erfahrung mit dieser Art von Dingen hatte, schaffte es sich so neben sie zu manövrieren, dass sie fast auf gleicher Höhe waren.

“Das wird kalt!” rief er ihr zu.

Caitlin sah nach unten. Das Wasser drohte unter ihnen, aber bevor sie eine Möglichkeit hatte um über die eisigen Wellen nachzudenken erschütterte eine gewaltige Explosion die ganze Welt.

Panisch sah Caitlin nach rechts, wo das Flugzeug mit etwas zusammengestoßen war. Entsetzt erkannte sie, dass es das Gebäude war, dass sie am Horizont gesehen hatte, das Gebäude, von dem sie fühlte, dass Scarlet sich dort aufhielt.

“Nein!” schrie sie.

Flammen und brennende Wrackteile fielen in das Meer, als eine riesige Rauchwolke in den Himmel stieg.

Dann schlug sie auf der Wasseroberfläche auf.

Caitlin keuchte, als sie von dem eisigen Wasser eingehüllt wurde. Es war so kalt, dass es sich anfühlte, als hätten sich ihre Knochen in Eis verwandelt.

Aber der stechende Schmerz des eisigen Ozeans verblasste neben den Qualen in ihrem Herzen. Genau vor ihr stand das Gebäude, in dem Caitlin ihre Tochter wusste, in Flammen. Sie sah wie in Trance zu, wie die Decke einfiel. Einen Moment später fiel die gesamte Meerzugewandte Seite in die Wellen und hinterließ eine klaffende Wunde in der Außenseite.

“Caitlin!” Calebs Stimme kam aus kurzer Entfernung.

Caitlin schüttelte den Kopf und kam wieder zur Besinnung. Caleb schwamm auf sie zu, sein Fallschirm bereits abgenommen und von der Strömung weggezogen.

“Nimm den Fallschirm ab!” instruierte Caleb sobald er bei ihr war.

Caitlin wand sich aus den Riemen und fühlte sich sofort leichter. Aber ihr Körper war immer noch erschöpft und ihre mit Wasser vollgesogenen Anziehsachen zogen sie runter.

“Wir müssen an Land kommen,” sagte Caleb.

Er nahm seine Frau in die Arme. Sie konnte fühlen, dass er heftig zitterte. Er versuchte für sie stark zu sein, aber seine Situation war nicht weniger gefährlich.

“Denkst du, dass du so weit schwimmen kannst?” fragte er und nickte zu dem zerstörten Schloss.

Caitlin biss ihre klappernden Zähne zusammen.

“Was wenn das Flugzeug sie getroffen hat?” brachte sie schließlich heraus.

Caleb schüttelte den Kopf. “So darfst du nicht denken.”

“Ich kann nichts dagegen tun. Sie ist unsere Tochter. Was wenn--”

Aber Caleb ließ sie nicht ausreden. Er legte die Hand über Caitlins Herz.

“Wenn sie tot wäre, dann wüsstest du es,” sagte er. “Meinst du nicht? Wenn du unsere Tochter spüren kannst, ihr bis zu diesem Ort gefolgt bist, dann wüsstest du es hier in deinem Herzen. Ich habe recht, oder nicht?”

Caitlin biss sich auf die Lippe.

“Ja,” sagte sie endlich. “Du hast recht. Ich würde wissen wenn sie tot wäre. Ich würde es fühlen.”

Aber auch wenn sie die Worte sagte, als würde sie sie glauben, konnte sie das Gefühl nicht beiseiteschieben. Auch wenn Scarlet am Leben war, wäre sie doch noch immer in Gefahr

Caitlin fing an die Müdigkeit zu spüren, die durch die Anstrengung kam sich im Wasser aufrecht zu halten.

“Was sollen wir tun?” rief sie Caleb zu. “Land ist nur in dieser Richtung.”

Sie zeigte auf Boldt Castle und das klaffende Loch an seiner Seite. Caleb folgte ihrem ausgestreckten Finger.

“Ich weiß,” antwortete er beklommen.

Caitlin nickte. Nasse Haarsträhnen klebten an ihrem Gesicht. Sie wischte sie weg und fing an in Richtung Schloss zu schwimmen.

In dem Moment bemerkte Caitlin ein anderes Geräusch. Es klang wie ein entferntes Jaulen, metallisch. Vertraut. Lauter werdend.

Caitlin blickte über ihre Schulter zu Caleb.

“Ein Hubschrauber,” sagte sie.

Caleb hielt inne und starrte in den Himmel als das Geräusch lauter und lauter wurde.

“Die Polizei?” sagte er. “Die können uns nicht immer noch auf den Fersen sein, oder? Es sei denn sie haben das Flugzeug verfolgt.”

Caleb schlug plötzlich mit der offenen Handfläche gegen das Wasser und verursachte einen hohen Wasserspritzer. Aber das Geräusch wurde fast vollständig von den schwirrenden Rotorblättern des schnell näher kommenden Hubschraubers übertönt.

Sein Gesicht zeigte Resignation.

“Mach dich bereit,” sagte er. “Das Ganze wird jetzt noch um einiges gefährlicher.”



*



Sie brauchten mehrere Minuten um bis zum Boldt Castle zu schwimmen. Die Seite die Caitlin und Caleb am nächsten war hatte das Flugzeug komplett zerstört. Fels und Geröll waren in den Ozean gefallen und bildeten eine Art Rampe, die sie nun hochklettern konnten. Es war mühselig, aber sie schafften es schließlich bis ins Schloss.

Der starke Geruch von Treibstoff lag in der Luft, gemischt mit Staub, Rauch und Meersalz. Caitlin hörte Stimmen in der Ferne, von Menschen die riefen, stritten und vor Schmerzen aufschrien. Sie wusste sofort, dass das Schloss gefüllt gewesen war, als es vom Flugzeug getroffen wurde, und dass viele Menschen verletzt worden waren. Sie zitterte und wurde von einer Welle der Schuld überrollt.

Caitlins Haare waren durch den Fallschirmsprung und die wilden Wellen in ein triefendes Chaos verwandelt worden. Ihre Kleidung war an verschiedenen Stellen zerrissen. Caleb sah auch nicht besser aus.

“Also?” fragte er. “Kannst du sie spüren?”

Caitlin legte einen Finger an die Lippen und bedeutete ihm ruhig zu sein. Sie versuchte ihre Tochter zu fühlen, sich von ihren Instinkten sagen zu lassen wo sie war, aber es viel ihr schwer etwas Klares zu erkennen. Das laute Knattern des Hubschraubers über ihnen, die Hitze des Feuers, die Schreie der Verletzten, alles beeinflusste ihre Fähigkeiten und machte es schwer einen klaren Gedanken zu fassen.

“Ich kann sie nicht fühlen,” flüsterte Caitlin niedergeschlagen.

Caleb rieb sich das Kinn. Caitlin sah, dass er am Ende seiner Weisheit angelangt war. Sie wünschte sich sie könnte mehr tun, aber ihr Geist war zu aufgewühlt um sich auf Scarlet konzentrieren zu können.

“Ist sie hier irgendwo im Schloss?” fragte Caleb.

Trotz seines Versuchs es zu verstecken, konnte Caitlin den Frust in seiner Stimme hören. Sie hatte ihn an diesen Ort geführt, ihn gezwungen aus dem Flugzeug zu springen und jetzt konnte sie ihm nicht sagen ob sie richtig waren oder nicht.

Sie kniff die Augen zusammen und versuchte ihren Geist zu beruhigen.

“Ich denke das ist sie,” sagte sie schließlich. “Ich glaube sie ist hier irgendwo.”

“Dann suchen wir,” erwiderte Caleb.

Er wandte sich zum gehen, aber Caitlin hielt ihn am Arm fest.

“Ich habe Angst,” sagte sie.

“Vor dem was wir vielleicht finden?”

Sie schüttelte den Kopf.

“Nein,” sagte sie, “ davor den Schaden zu sehen, den ich angerichtet habe.”

Caleb griff nach ihrer Hand und drückte sie sanft.

Dann gingen sie weiter in das Schloss. Sie liefen sehr vorsichtig, da der Boden instabil schien. Dann blieb Caleb plötzlich stehen und hielt Caitlin mit ausgestrecktem Arm davon ab weiterzugehen. Sie nahm an, dass eine Art Hindernis vor ihnen lag. Aber als sie um seine Schulter herumblickte fiel ihr vor Überraschung die Kinnlade herunter. Nicht weit von ihnen entfernt waren hunderte von Männern und Frauen. Einige flogen, andere schwebten und alle sahen auf einen Mann, der größer war als jeder Mensch, den Caitlin je gesehen hatte. Er musste mindestens doppelt so groß sein wie ein normaler Mensch. Die Hälfte seines Gesichts hing in verbrannten Fetzen herunter.

“Was ist er?” wisperte Caitlin ihrem Mann zu.

Caleb schüttelte den Kopf.

Caitlin schauderte. Ihre Tochter zu finden schien nun wichtiger zu sein als jemals zuvor. Diese seltsamen Menschen machten sie unruhig, vor allem dieser gigantische Mann mit dem entstellten Gesicht.

“Hier entlang,” flüsterte Caleb mit gedämpfter Stimme.

Sie krochen weiter, bedacht darauf keinen Laut zu machen und in den Schatten zu bleiben, wo die Menge sie nicht sehen konnte. Dann legte Caitlin ihre Hand auf Calebs Arm um ihn zu stoppen. Er sah sie an.

“Was ist? Was stimmt nicht?”

“Scarlet,” sagte Caitlin. “Ich kann sie nicht mehr fühlen.”

“Du meinst sie ist nicht hier?” verlangte Caleb.

Caitlin wich vor der Wut in seiner Stimme zurück.

“Ich glaube, dass sie woanders hingegangen ist,” sagte sie leise und fühlte sich niedergeschlagen und verzweifelt. “Ich konnte sie vorher fühlen, genau dort, wo wir in das Schloss gegangen sind, aber je weiter wir gehen, desto schwächer wird das Gefühl. Ich glaube sie ist gegangen bevor wir überhaupt hier angekommen sind. Sie ist dort aus dem Schloss geflohen, wo wir reingegangen sind.”

Caleb fuhr sich frustriert mit seiner Hand durchs Haar.

“Das glaube ich einfach nicht,” murmelte er vor sich hin.

In dem Moment fiel ein starker Lichtstrahl von dem Hubschrauber aus auf das Schloss. Er sank durch die eingebrochene Decke.

“Er versucht zu laden!” rief Caleb ungläubig.

Die Menge in dem großen Saal stob auseinander, einige rannten davon, andere flogen.

“Wir müssen hier weg,” sagte Caitlin zu ihrem Mann.

“Ich weiß,” erwiderte er. “Aber wie?”

“Hier entlang,” sagte Caitlin und zog ihn am Arm.

Sie führte ihn durch den großen Saal. Dank des herabsinkenden Hubschraubers schien niemand der seltsamen Menschen in dem Saal zu bemerken, dass die beiden Figuren, die durch den Raum rannten, Fremde waren. Die Rotorblätter des Hubschraubers erzeugten einen Minitornado im Saal, der Rauchwolken durcheinanderwirbelte und das Chaos noch verstärkte.

Caitlin und Caleb sprinteten aus dem Saal in einen düsteren Korridor. Der Rauch war dicht und das Licht gedämpft. Zusammen rannten Caitlin und Caleb den Gang entlang, bis sie zu einer Tür kamen. Caleb stieß sie mit der Schulter auf und sie öffnete sich in die Außenwelt.

“Dort drüben!” rief Caitlin.

Caleb sah in die Richtung, in die sie zeigte.

Dort unten, vor den Steinstufen die zum Schloss führten, war ein kleiner Parkplatz für vier bis fünf Autos. Darunter war auch ein Motorrad.

Sie rannten darauf zu. Es war weder abgeschlossen noch in irgendeiner Weise gesichert.

Es brauchte mehrere Anläufe bis Caleb den Motor starten konnte, aber dann ratterte die Maschine und spuckte Dampf aus. Mittlerweile waren Menschen aus dem zusammenfallenden Schloss gekommen.

“Schnell,” rief Caitlin und sprang hinter Caleb auf die Maschine. “Sie kommen.”

Aber noch bevor Caleb die Möglichkeit zum Beschleunigen hatte, waren die Sirenen von Polizeiwagen in der Nähe zu hören.

Er gab Gas und wich den entgegenkommenden Menschen aus dem Schloss aus. Hinter ihnen sahen sie die Polizisten, die mit dem Hubschrauber angekommen waren. Vor ihnen tauchten auf den dunklen, sich windenden Wegen mehrere Streifenwagen auf, deren Lichter wild blinkten.

“Was jetzt?” schrie Caitlin über den Lärm.

Caleb sah sie an. Dann ließ er den Motor des Motorrads aufheulen.

“Jetzt hältst du dich fest,” sagte er.

Caitlin hatte gerade noch Zeit ihre Arme um seine Taille zu schlingen bevor er davonbrauste.



*



Das Motorrad holperte über die Straße. Caitlin war erschöpft. Sie ließ ihren Kopf auf Calebs Rücken fallen, getröstet durch das gleichmäßige Klopfen seines Herzens, und sah in den schwarzen Nachthimmel. Aber sie wusste, dass sie sich nicht ausruhen konnte. Scarlet brauchte ihre Hilfe und sie konnte sich nicht für eine Minute zurücklehnen während sie noch in Gefahr war.

“Irgendeine Idee?” rief Caleb über seine Schulter, bemüht mit seiner Stimme den Wind zu übertönen und die Polizeisirenen, die ihnen folgten. “Welche Richtung?”

Caitlin wusste, dass er sein Bestes tat um ruhig und gefasst zu bleiben, aber innerlich war er genauso erschöpft wie Caitlin.

“Ich kann sie nicht fühlen,” rief Caitlin zurück. “Nicht jetzt.”

Caleb sagte nichts, aber Caitlin sah, wie er den Lenker so fest umklammerte, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Das Motorrad brauste weiter und vergrößerte stetig seinen Abstand zu den Streifenwagen.

Sie waren auf einer engen Landstraße, die anfing bergan zu führen. Bald fiel neben ihnen ein steiler Abhang, während auf der anderen Seite eine Klippe aufstieg. Caitlin duckte sich hinter den schützenden Rücken von Caleb, als sie anfing sich schwindelig zu fühlen. Der Wind spielte mit ihrem Haar.

Dann spürte sie plötzlich eine Vibration in ihrer Tasche. Sicherlich konnte das nicht ihr Handy sein. Aber als Caitlin in ihre Tasche griff, entdeckte sie, dass ihr Handy tatsächlich den Sprung ins Meer überlebt hatte. Sie hatte vorher keinen Empfang gehabt, aber jetzt war es plötzlich angegangen und zeigte ihr eine Sprachnachricht an.

Caitlin wählte den Anrufbeantworter an und hörte Aidans hastige Stimme am anderen Ende.

“Caitlin,” sagte er. “Wo bist du? Du musst mich sofort zurückrufen.”

Die Nachricht endete. Das war alles. Sie wollte den Rückrufknopf drücken, aber verlor das Signal.

“Verdammt!” rief sie.

“Was ist los?” rief Caleb über seine Schulter.

“Wir müssen anhalten,” erwiderte Caitlin, als sie auf die Batterieanzeige ihres Handys blickte, die nur noch ein Prozent zeigte.

“Ich kann nicht anhalten,” gab Caleb zurück. “Die Polizei ist uns auf den Fersen. Wir müssen erst hier wegkommen.”

Da bemerkte Caitlin eine Höhle im Fels.

“Da vorne” rief sie.

Caleb sah was sie meinte und schaffte es mit erstaunlicher Präzision den Lenker herumzureißen und in die Höhle zu driften, wo sie Staub aufwirbelten als sie zum Stehen kamen.

Sobald sie angehalten hatten drehte er sich zu seiner Frau um. “Kannst du Scarlet spüren?”

“Nein,” erwiderte Caitlin. “Mein Handy ist angegangen. Ich muss Aidan anrufen.”

In dem Moment flogen die Polizeiwagen, die sie verfolgt hatten, mit lauten Sirenen an der Höhle vorbei, in der Caitlin und Caleb sich versteckten.

Caitlin griff nach ihrem Handy, wählte Aidans Nummer und betete, dass die Batterie halten würde. Er antwortete nach dem dritten Klingeln.

“Du hast dir Zeit gelassen,” sagte er.

“Wir waren beschäftigt,” erwiderte Caitlin und dachte an ihren Fallschirmsprung ins Meer. “Also, was musst du mir sagen?”

Caitlin hörte, wie Aidan am anderen Ende durch Papiere und Bücher blätterte. Sie fühlte ihre Frustration steigen.

“Kannst du dich bitte beeilen?” bellte Caitlin. “Die Batterie ist gleich alle.”

“Ah, ja,” sagte er schließlich.

“Was?” verlangte Caitlin. “Erzähl!”

“Sag mir noch einmal den Spruch. Sag mir den Spruch für das Heilmittel.”

Caitlin suchte durch ihre Taschen und zog die Notizen heraus, die sie sich gemacht hatte. Aber sie waren vollkommen durchweicht und die Tinte verlaufen. Sie schloss die Augen und versuchte die Seite zu visualisieren, wie sie sie gelesen hatte. Die Worte erschienen vor ihrem inneren Auge.

“Ich bin die See, der Himmel und der Sand,

Ich bin der Pollen im Wind.

Ich bin der Horizont, ich bin die Heide auf dem Hügel.

Ich bin Eis,

Ich bin das Nichts,

Ich bin ausgestorben.”

Caitlin öffnete die Augen und die Worte verschwanden. Es folgte ein langer Moment des Schweigens.

Caitlin wollte ihn anschreien sich zu beeilen.

“Caitlin!” sagte er dann. “Ich habe es. Ich habe es!”

“Erzähl,” erwiderte Caitlin eilig mit pochendem Herzen.

“Wir waren so dumm. Es ist überhaupt kein Spruch.”

Caitlin runzelte die Stirn.

“Was meinst du? Wie kann es nicht ein Spruch sein? Ich verstehe nicht.”

“Ich meine, dass der Spruch nicht die Heilung ist,” erwiderte Aidan, dessen Worte sich vor Aufregung fast überschlugen. “Der Spruch ist ein Hinweis zu dem Heilmittel!”

Caitlin spürte wie ihr Herz erwartungsvoll schlug.

“Also was ist der Hinweis?” fragte sie.

“Caitlin. Denk darüber nach. Es ist ein Rätsel. Richtungsangaben. Es sagt dir, wo du hingehen musst.”

Caitlin fühlte wie sie blass wurde als die Worte durch ihren Kopf liefen.

“Ich bin die See, der Himmel und der Sand,” wiederholte sie. Dann, plötzlich, verstand sie. “Nein. Du meinst doch nicht--”

“Ja,” erwiderte Aidan. “S.P.H.I.N.X.”

“Die Vampirstadt,” wisperte Caitlin.

Natürlich. Bevor Scarlet verschwunden war und sich in Gefahr gebracht hatte, war Caitlin auf der Suche nach einem Heilmittel gewesen, einem Weg um ihre Tochter wieder in einen Menschen zu verwandeln. Sie hatte gedacht, dass die Worte auf der Seite Scarlet vorgelesen werden mussten, dass das, was sie gefunden hatte, die Heilung wäre. Aber nein. Sie hatte einen Hinweis gefunden, der sie zur Heilung führen würde. Caitlin hatte ihre Angst als Mutter den vernünftigen, logischen Teil ihres Gehirns überrennen lassen, den, der ihr gesagt hätte, dass das Rätsel nicht die Heilung sondern eine Karte war.

“Danke, Aidan,” sagte sie schnell.

Ihr Handy ging aus.

Caitlin sah in Calebs erwartungsvolles Gesicht.

“Also?” fragte er.

“Ich weiß, wo wir hingehen,” erwiderte Caitlin, die seit langem wieder einen Funken Hoffnung verspürte.

Caleb zog eine Augenbraue hoch und sah seine Frau an.

“Wohin?”

Caitlin lächelte.

“Wir gehen nach Ägypten.”




KAPITEL ACHT


Lore stand auf einem Hügel aus Schutt in den Ruinen von Boldt Castle. Die Rotorblätter des herabsinkenden Hubschraubers ließen seine zerrissene Kleidung und sein Haar im Wind flattern. Er betrachtete die Zerstörung, die das Flugzeug angerichtet hatte. Hass erfüllte ihn.

Er schrie und schüttelte seine Faust dem klaffenden Loch in der Seite des antiken Schlosses entgegen. Dann atmete er tief durch. Er durfte keine Zeit verlieren. Seine Leute würden tot sein, ausgelöscht, am Ende der Nacht. Ihre einzige Hoffnung war das Mädchen zu finden, dass das Herz seines Cousins gestohlen hatte. Und das bedeutete jeden zu töten, der ihm im Weg stand.

Aber die Unsterblichen waren panisch, überrascht von der Ankunft des Hubschraubers. Sie fingen an durch den Saal zu flitzen und einige flohen aus dem Schloss in ihren unausweichlichen Tod.

“Woran denkst du, Sohn?” fragte eine Stimme neben Lore und riss ihn aus seinen Gedanken.

Er sah nach unten und blickte in das Gesicht seiner Mutter. Obwohl Unsterblichen die Eltern-Kind-Beziehung anders erlebten als Menschen, hatte Lore dennoch Respekt für die Frau, die ihn gefüttert und gekleidet und sicher durch das Kindesalter gebracht hatte. Der Gedanke daran, dass sie am Ende der Nacht sterben würde, schmerzte ihn noch mehr als der Gedanke an seinen eigenen Tod.

“Ich denke an Sage,” erwiderte Lore. “Wir haben ihn als Köder benutzt und das Mädchen ist gekommen.”

Seine Mutter runzelte die Stirn.

“Du denkst es gibt noch Hoffnung?” fragte sie leise.

Lore konnte sehen, dass sich Resignation in ihren Blick geschlichen hatte. Sie war bereit zu sterben. Oder zumindest dazu aufzuhören dagegen anzukämpfen.

Aber Lore war nicht bereit. Genauso wenig wie die hunderten von Unsterblichen, die hier im Boldt Castle noch an ihren Leben hingen.

“Ich werde nicht aufgeben,” erklärte Lore bestimmt. “Wir können unsere Leute nicht sterben lassen nur weil mein Cousin sich in einen Vampir verliebt hat. Er wird sowieso sterben. Was für einen Sinn macht es also?”





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GEWANDELT ist ein Buch das TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES Konkurrenz macht, und Eines, dass Sie bis zur letzten Seite fesseln wird! Wenn Sie Abenteuer mögen, Liebesgeschichten und Vampire, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie! Vampirebooksite. com (zu Gewandelt) In BESESSEN versucht Scarlet Paine mit aller Macht ihre wahre Liebe, Sage, zu retten, bevor er durch die Hände der Immortalisten getötet wird. Entfremdet von ihren Freunden und ihrer Familie – und mit nur einer Nacht bis Sage ausgelöscht wird – ist Scarlet gezwungen sich zu entscheiden, ob sie alles für ihn opfern wird. Caitlin und Caleb sind in einem Wettlauf gegen die Zeit um ihre Tochter zu retten, fest entschlossen einen Weg zu finden, um Scarlet zu heilen und den Vampirismus für alle Zeiten zu beenden. Ihre Suche führt sie von einem schockierenden Geheimnis zum Nächsten, während sie versuchen die antike, verlorene Vampirstadt zu finden, die tief unter der Sphinx in Ägypten versteckt ist. Was sie dort finden könnte das Schicksal der Vampirrasse für alle Zeiten verändern. Und doch könnte es bereits zu spät sein. Die Nation der Immortalisten beabsichtigt Scarlet und Sage zu töten, während auch Kyle auf einem mörderischen Amoklauf ist. Er verwandelt Vivian und die gesamte Highschool, macht aus ihr seine ganz eigene Vampirarmee und ist erpicht darauf die Stadt zu zerstören. In BESESSEN, dem schockenden Finale der 12 Buch starken Serie DER WEG DER VAMPIRE, stehen Scarlet und Caitlin vor einer monumentalen Entscheidung – einer, die die Welt für immer verändern wird. Wird Scarlet das ultimative Opfer bringen um Sages Leben zu retten? Wird Caitlin alles aufgeben um ihre Tochter zu retten? Werden Sie beide alles für die Liebe riskieren? Morgan Rice beweist sich wieder einmal als extrem talentierte Geschichtenerzählerin.. Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch jüngere Fans des Vampir/Fantasy Genres. Es ended mit einem unerwarteten Cliffhanger, der Sie schockieren wird. The Romance Reviews (zu Vergöttert)

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