Книга - Berufen

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Berufen
Morgan Rice


Weg der Vampire #11
Ein Buch, das TWILIGHT und VAMPIRE DIARIES Konkurrenz machen kann, und eines, dass Du bis zur letzten Seite durchlesen willst! Wenn Du Abenteuer magst, Liebe und Vampire, ist dieses Buch das Richtige für Dich! Vampirebooksite. com {bezüglich Turned}In VOM SCHICKSAL BESTIMMT, kämpft die 16 Jahre alte Scarlet Paine darum, zu verstehen, was mit ihr passiert ist, während sie aufwacht und erkennt, dass sie ein Vampir geworden ist. Von ihren Eltern und Freunden entfremdet, ist die einzige Person, an die sie sich noch wenden kann, Sage, der mysteriöse Junge, der schnelle zur Liebe ihres Lebens geworden war. Aber Sage, dessen Haus sie mit Brettern vernagelt findet, ist nirgendwo zu finden. Scarlet, allein auf der Welt, mit nichts wohin sie sich wenden könnte, sucht ihre Freunde auf und versucht, sich mit ihnen zu versöhnen. Alles scheint wieder in Ordnung zu sein, als sie sie zu einem Ausflug auf eine Insel im Hudson einladen – aber als die Dinge aus dem Ruder laufen und Scarlet ihre wahre Macht enthüllt, ist es verwirrender als je zuvor zu erkennen, wer Freund und wer Feind ist. Blake, immer noch interessiert an ihr, versucht, alles wieder gut zu machen. Er scheint aufrichtig und Scarlet ist verwirrt und kämpft mit sich, ob die mit Blake zusammen sein will oder lieber auf Sage warten soll, der nirgends zu finden ist. Als Scarlet Sage schließlich findet, erleben sie zusammen die romantischste Zeit ihres Lebens; doch sie wird von der Tragödie überschattet, da Sage bald sterben muss und nur noch ein paar Tage zu leben hat. Kyle verwandelt sich in der Zwischenzeit zu dem zweiten Vampir auf dieser Welt, unternimmt einen unkontrollierte Amoklauf auf der Suche nach Scarlet; Caitlin und Caleb konsultieren Aiden, und jeder von ihnen verfolgt eine andere Mission – Caleb will Kyle aufhalten und töten und Caitlin sucht unterdessen in der berühmten Yale Bibliothek nach antiken Relikten, um Vampire sowohl heilen als auch töten zu können. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und es könnte schon zu spät sein. Scarlet verändert sich zusehends und kann kaum kontrollieren, zu was sie geworden ist und Sage stirbt mit jeder vergangenen Minute ein bisschen mehr. Das Buch endet in einer actiongeladenen, schockierenden Wendung, in der Scarlet eine monumentale Entscheidung treffen muss – eine, die die Welt für immer verändern wird. Wird Scarlet ein ultimatives Opfer bringen, um Sages Leben zu retten? Wird sie alles, was sie hat, für die Liebe riskieren? Vollgepackt mit Action, Romantik, Abenteuer und Überraschungen. Nimm es in die Hand und verliebe Dich immer wieder. vampirebooksite. com (bezüglich Turned)





Morgan Rice

Berufen (Band #11 der weg der vampire)





Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Christa Keussen




Ausgewählte Kommentare zu DER WEG DER VAMPIRE



„Rice leistet gute Arbeit, den Leser von Beginn an in die Geschichte hineinzuziehen, mit wunderbaren Beschreibungen, die über das reine Zeichnen des Hintergrundes hinausgehen....schön geschrieben und extrem schnell zu lesen.“

    --Black Lagoon Reviews (über Turned – Gewandelt)



„Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice leistet gute Arbeit, eine interessante Wendung herauszuarbeiten…erfrischend und ungewöhnlich. Die Serie dreht sich um ein Mädchen…ein außergewöhnliches Mädchen!…Einfach zu lesen, doch extrem rasant… Bedingt jugendfrei.“

    --The Romance Reviews (über Turned – Gewandelt)



„Packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht locker… diese Geschichte ist ein fantastisches Abenteuer, von Beginn an rasant und actionreich. Es ist kein langweiliger Moment zu finden.“

    --Paranormal Romance Guild {über Turned- Gewandelt}



„Vollgepackt mit Action, Romantik, Abenteuer und Spannung. Lasst es euch nicht entgehen, und verliebt euch ganz von Neuem.“

    --vampirebooksite.com (über Turned – Gewandelt)



„Eine tolle Geschichte, und vor allem die Art von Buch, die man nachts nicht weglegen kann. Das Ende war ein Cliffhanger, der so spektakulär war, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte, nur um herauszufinden, wie es weitergeht.“

    --The Dallas Examiner {über Loved – Vergöttert}



„Ein Buch, das TWILIGHT und VAMPIRE DIARIES Konkurrenz macht, und dazu führen wird, dass man bis zur letzten Seite nicht genug davon bekommt! Wer Abenteuer, Liebe und Vampire mag, liegt mit diesem Buch genau richtig!“

    --vampirebooksite.com (über Turned – Gewandelt)



„Morgan Rice erweist sich erneut als äußerst talentiert im Geschichtenerzählen…Dies wird eine große Bandbreite an Lesern ansprechen, darunter die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Das Ende ist ein unerwarteter Cliffhanger, der Sie schockieren wird.“

    --The Romance Reviews (über Loved – Vergöttert)



Über Morgan Rice

Morgan Rice schrieb die Nr. 1-Bestseller DER WEG DER VAMPIRE, eine bisher elf Teile umfassende Jugend-Serie, die großteils bereits auf Deutsch erschienen ist; die Nr. 1-Bestseller-Serie THE SURVIVAL TRILOGY, ein postapokalyptischer Thriller, der aus bisher zwei Bänden besteht; und die epische Nr. 1-Bestseller-Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, die bisher aus dreizehn Bänden besteht und großteils bereits auf Deutsch erhältlich ist.

Morgans Bücher sind als Hörbuch und gedruckte Ausgaben erschienen, und Übersetzungen der Bücher sind auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch, Spanisch, Holländisch, Türkisch, Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch erschienen (mit weiteren Sprachen in Arbeit).

Sämtliche Bücher von Morgan Rice werden demnächst in deutscher Sprache erhältlich sein.

Bitte besuchen Sie auch www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/), wo Sie sich in die E-Mail-Liste eintragen, ein Gratis-Buch und andere kleine Geschenke erhalten, die Gratis-App herunterladen, exclusiv aktuelle Neuigkeiten erfahren, sowie über Facebook und Twitter Kontakt halten können. Morgan freut sich auf Ihren Besuch!



Bücher von Morgan Rice

DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (Band #1)

MARSCH DER KÖNIGE (Band #2)

LOS DER DRACHEN (Band #3)

RUF NACH EHRE (Band #4)

SCHWUR DES RUHMS (Band #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band #6)

A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band #7)

A GRANT OF ARMS – GEWÄHR DER WAFFEN (Band #8)

A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band #9)

A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band #10)

demnächst auf Deutsch erhältlich

A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band #11)

A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND #12)

A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)



DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)

ARENA TWO –  ARENA ZWEI (Band #2)



DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire)

VERGÖTTERT (Band #2 Der Weg Der Vampire)

VERRATEN (Band #3 Der Weg Der Vampire)

BESTIMMT (Band #4 Der Weg Der Vampire)

BEGEHRT (Band #5 Der Weg Der Vampire)

BETROTHED – VERMÄHLT (Band #6)

VOWED – GELOBT (Band #7)

FOUND  – GEFUNDEN (Band #8)

RESURRECTED  – ERWECKT (Band #9)

demnächst auf Deutsch erhältlich

CRAVED  – ERSEHNT (Band #10)

FATED  – BERUFEN (Band #11)












Hören (https://itunes.apple.com/de/artist/morgan-rice/id417552527?mt=11&uo=4) Sie sich die VAMPIRE JOURNALS-Serie im Hörbuch-Format an!


Copyright © 2012 by Morgan Rice

Alle Rechte vorbehalten. Außer entsprechend den Ausnahmen der U.S. Coryright Act von 1976 darf kein Teil dieser Veröffentlichung kopiert, vertrieben oder in irgendeiner Form oder durch irgendwelche Mittel übertragen werden, auch nicht in einer Datenbank oder in einem Datenabfragesystem gespeichert werden, ohne die vorherige Erlaubnis des Autors.

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Dieses Werk ist fiktional. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle entstammen entweder der Fantasie des Autors oder werden fiktional verwendet. Jede Ähnlichkeit zu realen Personen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.


“Will und Geschick sind stets in Streit befangen.
Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel,
Nur der Gedank ist unser, nicht sein Ziel.”

    --William Shakespeare, Hamlet
    In der Übersetzung von Wilhelm von Schlegl






KAPITEL EINS


Caitlin Paine stand im Hinterzimmer von Pete´s Bar, zusammen mit Caleb, Sam, Polly und einem Dutzend Polizeibeamter, und starrte durch das zertrümmerte Fenster in die Nacht, die hell erleuchtet war von den vielen Blaulichtern. Sie fragte sich, was zur Hölle mit ihrer Tochter passiert sein konnte. Scarlet, die Liebe ihres Lebens, war irgendwo dort draußen, rannte durch die Nacht, allein, vermutlich verängstigt und der Gedanke daran zerriss sie innerlich. Was Caitlin noch mehr schmerzte, als der Gedanke daran, dass Scarlet vermisst wurde, war, zu was Scarlet geworden war; ihre Erinnerungen an sie; ihr letzter Blick auf sie, bevor sie durch das Fenster gesprungen war. Das war nicht ihre Tochter.

Das war etwas anderes.

Caitlin schauderte bei dem Gedanken daran, und doch, obwohl sie versuchte, es abzuschütteln, wusste sie, dass es die Wirklichkeit war. Sie hatte sich mit der Idee die ganze Zeit herumgeschlagen, darum gekämpft, nicht zu glauben, dass Scarlet nicht mehr länger ein Mensch war, dass Scarlet wirklich ein Vampir war. Caitlin hatte sich mit Aiden auseinandergesetzt, mit dem Priester, mit Caleb und vor allem mit sich selbst, hoffend, wünschend, es wäre etwas anderes. Aber jetzt gab es nichts mehr zu kämpfen. Sie hatte keine Erklärungen mehr.

Caitlins Herz klopfte schnell, als sie in die Nacht sah. Dieses Mal hatte sie es selbst gesehen, mit ihren eigenen Augen. Ihr Mädchen hatte sich verwandelt, sie hatte diesen Mann ausgesaugt, hatte eine übermenschliche Stärke gewonnen. Sie hatte diesen riesigen Mann gegen die Wand geworfen, als wäre er ein Zahnstocher – und sie war so schnell in die Nacht gesprungen, innerhalb eines Augenzwinkerns, dass es keine Frage mehr gäbe, ob sie noch menschlich war. Es gab auch keine Möglichkeit, das wusste Caitlin, dass sie sie fangen würden. Sie wusste, dass die Polizei ihre Zeit verschwendete.

Dieses Mal war es allerdings anders, da sie nicht die einzige war, die es miterlebt hatte. Caitlin hatte den Ausdruck auf Calebs Gesicht gesehen, auf Pollys und Sams und sie konnte es in ihren Augen lesen: ein Ausdruck von Schock, eine Angst vor dem Übernatürlichen. Scarlet, die Person, die sie alle am meisten auf der Welt geliebt hatten, war nicht mehr Scarlet.

Dies war der Stoff, aus dem Alpträume und Märchen gemacht wurden, etwas, womit Caitlin nie gerechnet hätte, es in ihrem Leben zu sehen. Es veränderte nicht nur ihren Blick auf Scarlet, sondern auf die ganze Welt. Wie konnten solche Dinge wirklich existieren? Wie konnte dieser Planet mehr als nur Menschen beherbergen?

“Mrs. Paine?”

Caitlin wendete sich ab und sah, dass ein Polizeibeamter neben ihr Stand, Stift und Block in der Hand, und sie ungeduldig anschaute.

“Haben Sie meine Frage gehört?”

Caitlin, zitternd, geschockt, schüttelte langsam ihren Kopf.

“Es tut mir leid”, antwortete sie mit heiserer Stimme. “Das habe ich nicht.”

“Ich sagte: wo glauben Sie, könnte Ihre Tochter hingegangen sein?”

Caitlin seufzte bei dem Gedanken daran. Wäre es noch die alte Scarlet, könnte sie diese Frage leicht beantworten. Zu einer Freundin, ins Fitnessstudio, auf ein Date, das Fußballfeld….

Aber bei der neuen Scarlet hatte sie keine Ahnung.

“Ich wünschte, ich wüsste es”, sagte sie schließlich.

Ein anderer Beamter trat vor.

“Gibt es irgendwelche Freunde, zu denen sie vielleicht gegangen ist?” fragte er. “Einen festen Freund?”

Bei den Worten fester Freund drehte Caitlin sich um und durchsuchte den Raum mit ihren Blicken, auf der Suche nach einem Zeichen von dem mysteriösen Jungen, der in die Bar gestürzt war. Sage, hatte er gesagt. So einfach, nur ein Wort, als wenn sie wissen müsste, wer er war. Caitlin musste zugeben, dass sie noch nie jemanden wie ihn getroffen hatte. Er strahlte mehr Macht aus, als jeder andere, den sie getroffen hatte, und er war eher ein erwachsener Mann als ein Teenager. Er war komplett in schwarz gekleidet gewesen und seine glänzenden Augen und die gemeißelten Wangenknochen ließen ihn aussehen, als wenn er aus einem anderen Zeitalter stammte.

Am Seltsamsten aber war, was er mit den Einheimischen in der Bar gemacht hatte. Sie wusste, dass Caleb und Sam ziemlich gut auf sich selbst aufpassen konnten – aber dieser Junge hatte einen schnellen Sieg erreicht, wo sie nicht in der Lage zu waren und hatte alle Männer in Sekundenbruchteilen niedergeschlagen. Wer war er? Warum war er hier gewesen?

Und warum hatte er nach Scarlet gesucht?

Als sie sich jetzt jedoch umsah, konnte Caitlin ihn nicht entdecken. Sage war ebenfalls irgendwie verschwunden. Was für eine Verbindung hatte er zu Scarlet? fragte sie sich. Ihre Mutterinstinkte sagten ihr, dass die Beiden irgendwie zusammen waren. Aber wer war er? Das Geheimnis wurde immer größer.

Caitlin fühlte sich nicht bereit, das der Polizei gegenüber zu erwähnen; es war alles zu verrückt.

“Nein”, log Caitlin mit zitternder Stimme. “Nicht, dass ich wüsste.”

“Sie haben gesagt, hier war noch ein Junge, der an der Auseinandersetzung beteiligt war?” fragte ein anderer Beamter. “Kennen Sie seinen Namen?”

Caitlin schüttelte ihren Kopf.

“Sage”, mischte sich Polly ein und kam einen Schritt näher. “Er sagte, sein Name wäre Sage.”

Aus irgendeinem Grund hatte Caitlin es ihnen nicht sagen wollen; sie fühlte sich, als müsse sie ihn beschützen. Und sie fühlte auch, dass Sage ebenfalls kein Mensch war – und sie wollte das nicht der Polizei sagen, damit nicht wieder jeder dachte, sie wäre verrückt.

Der Polizist schrieb seinen Namen auf und sie fragte sich, was er damit anstellen würde.

“Was ist mit diesem ganzen Abschaum hier?” presste Polly hervor und schaute sich betroffen um. “All diese Idioten, die uns angegriffen haben? Möchten Sie sie nicht verhaften?”

Die Polizisten schauten sich unangenehm berührt an.

Einer von ihnen räusperte sich.

“Wir haben bereits Kyle verhaftet, den Mann, der Ihre Tochter angegriffen hat”, sagte der Beamte. “Was die anderen angeht, also, um ehrlich zu sein, da steht ihr Wort gegen das von Ihnen – und sie sagen alle, dass Sie die Auseinandersetzung angefangen haben.”

“Das haben wir nicht!” sagte Caleb und ging wütend einen Schritt auf ihn zu, einen Verband um seinen Kopf tragend. “Wir sind hier reingekommen, um meine Tochter zu suchen—und sie haben versucht, uns aufzuhalten.”

“Wie ich schon gesagt habe”, sagte der Beamte, “Ihr Wort steht gegen deren. Sie sagten, Sie hätten den ersten Schlag gelandet – und ehrlich gesagt, sehen sie schlechter aus als Sie! Wenn wir die anderen verhaften, müssen wir auch Sie verhaften.”

Caitlin starrte sie mit schwelender Wut an.

“Was ist mit meiner Tochter?” fragte sie. “Wie planen Sie, sie zu finden?”

“Ma’am, ich kann Ihnen versichern, dass alle unserer verfügbaren Kräfte da draußen auf der Suche nach ihr sind”, sagte der Polizist. “Aber es ist furchtbar schwer, jemanden zu finden, wenn wir nicht wissen, wo er hingegangen ist – oder warum. Wir brauchen ein Motiv.”

“Sie sagten, sie sei gerannt”, sagte ein anderer Beamter und trat einen Schritt nach vorn. “Wir verstehen das nicht. Warum sollte sie wegrennen? Sie waren bereits da. Sie war mit Ihnen zusammen. Sie war in Sicherheit. Also, warum sollte sie wegrennen?”

Caitlin sah Caleb und die anderen an und sie alle sahen unsicher zurück.

“Ich weiß es nicht”, sagte sie ehrlich.

“Warum haben Sie dann nicht versucht, sie aufzuhalten?” fragte ein weiterer Polizist. “Oder hinter ihr herzurennen?”

“Sie verstehen das nicht”, sagte Caitlin in dem Versuch, Licht auf die Sache zu werfen. “Sie ist nicht nur weggerannt; sie ist gesprungen. Es war wie…einem Reh zuzusehen. Wir hätten sie nicht fangen können, auch wenn wir es versucht hätten.”

Die Beamten sahen sich skeptisch an.

“Möchten Sie mir damit sagen, dass unter allen Erwachsenen hier, nicht einmal einer versucht hat, sie zu fangen? Was ist sie, eine Art Olympiasiegerin?” spottete er skeptisch.

“Haben Sie heute Abend etwas getrunken, Ma’am?” fragte sie ein anderer Polizist.

“Hören Sie zu”, fauchte Caleb und ging einen weiteren Schritt auf sie zu, “meine Frau erfindet das nicht nur. Ich habe es auch gesehen. Wir alle hier haben es gesehen: ihr Bruder und seine Frau auch. Wir vier. Denken Sie, dass wir uns alle etwas einbilden?”

Der Beamte hielt eine Hand hoch.

“Kein Grund sich zu verteidigen. Wir spielen alle im selben Team. Aber versetzen Sie sich doch mal in unsere Situation: Sie erzählen mir, dass Ihr Kind schneller als ein Reh gelaufen ist. Offensichtlich macht das keinen Sinn. Vielleicht sind Sie alle noch erledigt von dem Kampf. Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie scheinen. Alles, was wir sagen, ist, dass das alles nicht zusammen passt.”

Der Beamte tauschte einen skeptischen Blick mit seinen Partnern.

“Wie ich schon gesagt habe, unsere Einheiten suchen nach Ihrer Tochter. In neun von zehn Fällen kommen davongelaufene Kinder wieder nach Hause. Oder zu einem Freund. Also ist mein Rat an Sie: gehen Sie nach Hause und bleiben Sie da. Ich wette, dass alles, was hier passiert ist, so war, dass sie die Regeln ein bisschen brechen wollte und einen Drink in einer Erwachsenen-Bar einnehmen wollte und dann sind die Dinge ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Vielleicht hat sie einen Typen in der Bar getroffen. Als Sie ankamen, ist sie vielleicht verschwunden, weil es ihr peinlich war. Gehen Sie nach Hause, ich wette, sie wartet dort schon auf Sie”, schloss der Beamte ab, als hätte sich damit alles geklärt.

Caitlin schüttelte überwältigt von Frustration ihren Kopf.

“Sie verstehen das nicht”, sagte sie. “Sie kennen meine Tochter nicht. Scarlet geht nicht in Bars. Und sie reißt keine fremden Männer auf. Sie kam hierhin, weil sie litt. Sie kam hier hin, weil sie nirgendwo anders hingehen konnte. Weil sie etwas brauchte. Sie kam hierher, weil sie sich verwandelt. Verstehen Sie nicht? Verwandelt.”

Die Beamten sahen sie an, als wenn sie verrückt wäre; Caitlin hasste diesen Blick.

“Verwandelt?” wiederholten sie, als hätte sie ihren Verstand verloren.

Caitlin seufzte verzweifelt.

“Wenn Sie sie nicht finden, könnten Menschen dort draußen verletzt werden.”

Die Beamten runzelten die Stirn.

“Verletzt? Was erzählen Sie da? Hat Ihre Tochter Menschen verletzt? Ist sie bewaffnet?”

Caitlin schüttelte ihren Kopf, jenseits jeder Frustration. Diese lokalen Beamten würden sie nie verstehen; sie verschwendete nur ihren Atem.

“Sie ist unbewaffnet. Sie hat nie eine Menschenseele verletzt. Aber wenn Ihr Männer sie nicht finden, werden sie nicht in der Lage sein, sich vor ihr zu retten.”

Die Polzisten sahen sich gegenseitig an, als wenn sie sich einig wären, dass Caitlin verrückt wäre und dann drehten sie sich um und gingen in den nächsten Raum.

Als Caitlin sah, wie sie weggingen, drehte sie sich um und schaute hinaus, durch das zerbrochene Glas in die Nacht.

Scarlet, dachte sie. Wo bist Du? Komm zu mir nach Hause, Baby. Ich liebe Dich. Es tut mir leid. Was immer ich getan habe, was Dich wütend gemacht hat. Es tut mir leid. Bitte komm nach Hause.

Das verrückteste war, wurde Caitlin klar, dass, als sie an Scarlet dort draußen dachte, allein in der Nacht, sie sich keine Sorgen um sie machte.

Sie machte sich um alle anderen Sorgen.




KAPITEL ZWEI


Kyle saß auf der Rückbank des Polizeiwagens, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, starrte auf das Gitter vor ihm und fühlte sich anders als je zuvor. Etwas veränderte sich in ihm, er wusste nicht, was es war, aber er konnte es in sich gären fühlen. Es erinnerte ihn an die Zeit, in der er noch Heroin genommen hatte, der erste Rausch, als die Nadel die Haut durchbohrte. Dieses neue Gefühl war wie eine sengende Hitze, die durch seine Venen lief – begleitet von einem Gefühl von unvorstellbarer Kraft. Er fühlte sich überwältigt durch Kraft, als wenn seine Venen aus seiner Haut herausspringen würden, weil sein Blut in ihm anschwoll. Er fühlte sich stärker als je zuvor in seinem Leben, die Haut prickelte ihm im Gesicht und im Nacken. Die Kraftentfaltung in ihm war etwas, was er nicht verstand.

Aber Kyle war es egal; solange die Kraft da war, begrüßte er sie. Er sah durch verschwommene Augen, wie die Welt sich rot färbte, und langsam wieder Gestalt annahm. Hinter dem Gitter konnte er die beiden Polizisten sehen.

Als das Klingeln in seinen Ohren nachließ, verstand er auch langsam ihr Gespräch, am Anfang noch gedämpft.

“Dieser Täter wird für lange Zeit weg sein”, sagte der eine zu dem anderen.

“Habe gehört, er ist gerade erst draußen. Pech für ihn.”

Die Polizisten begannen zu lachen und der blecherne Ton schnitt direkt durch Kyles Kopf. Der Wagen fuhr den Highway hinunter, mit Blaulicht, und Kyle wurde sich langsam bewusst, wo er war. Er war auf derselben Straße Neun, auf dem Weg zurück ins Gefängnis, in dem er die letzten fünf Jahre seines Lebens verbracht hatte. Er erinnerte sich langsam wieder an die Nacht: die Bar…das Mädchen…er war gerade dabei, sie zur Frau zu machen, als…etwas passiert war. Die kleine Schlampe hatte ihn gebissen.

Die Realität stürzte über ihm zusammen. Sie hatte ihn gebissen.

Kyle versuchte seinen Hals zu erreichen – die beiden Bissspuren, die dort pochten – aber er wurde aufgehalten; er bemerkte, dass seine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren.

Kyle bewegte seine Arme und zu seinem Erstaunen, brachen die Handschellen entzwei ohne dass er sich dafür anstrengen musste. Er hielt verwundert seine Handgelenke hoch, sah sie an und war geschockt von seiner eigenen Stärke. Waren die Handschellen schlecht gefertigt? Er sah sie baumelnd vor sich und fragte sich: Wie konnte er das getan haben?

Kyle fuhr sich an den Hals und fühlte die beiden Löcher an seinem Hals, sie brannten, als hätte sie ihm etwas in die Venen gespritzt. Er sah auf die kaputten Handschellen und fragte sich: Existieren Vampire wirklich? War das möglich?

Kyle grinste breit. Es war an der Zeit, es herauszufinden.

Kyle nahm die kaputten Handschellen und klopfte damit an das Gitter vor ihm.

Die beiden Polizisten drehten sich zu ihm herum, und dieses Mal lachten sie nicht; dieses Mal waren ihre Gesichter starr vor Schock. Kyles Hände waren frei, seine Handschellen zerbrochen und sie hingen an ihm herunter, während er weiterhin grinsend damit an das Gitter tippte.

“Heilige Scheiße”, sagte der eine zu dem anderen. “Hast Du ihn nicht gefesselt, Bill?”

“Doch, habe ich. Da bin ich mir sicher. Ich habe ihn super eng gefesselt.”

“Nicht fest genug”, knurrte Kyle.

Einer der Polizisten griff nach seiner Waffe, während der andere auf die Bremsen trat.

Aber nicht schnell genug. Mit einer unfassbaren Geschwindigkeit griff Kyle das Metallgitter, riss es heraus, als wäre es ein Zahnstocher und warf es auf den Vordersitz.

Kyle stürzte sich auf den Cop auf dem Beifahrersitz, schlug ihm die Waffe aus der Hand und schlug ihn so hart mit dem Ellbogen, dass das Genick des Polizisten knackte.

Der andere Polizist versuchte ihm auszuweichen und das Auto schlingerte über den Highway, als Kyle zu ihm hinüberkam, seinen Hinterkopf packte und den Kopf auf das Lenkrad schlug. Ein Krachen ertönte und das Blut des Polizisten spritzte durch den Innenraum, und besudelte Kyle von oben bis unten. Da das Auto außer Kontrolle war, versuchte Kyle aus dem Auto zu greifen und den Reifen zu stoppen –aber es war zu spät.

Das Auto brach aus und geriet auf die Gegenspur, die Sirenen ertönten immer noch laut, als es in ein entgegenkommendes Auto krachte.

Kyle flog durch die Windschutzscheibe, mit dem Kopf zuerst, landete hart auf der Straße und überschlug sich mehrfach, während der Wagen, ebenfalls auf der Seite, hinter ihm her rutschte.  Ein Auto kam Kyle entgegen, seine Bremsen kreischten, aber zu spät – Kyle fühlte, wie seine Brust zerschmettert wurde, als das Auto ihn überfuhr.

Das Auto hielt kreischend an, während Kyle dort lag, schwer atmend und eine Frau in ihren Dreißigern herausgerannt kam, schreiend, weinend, und zu Kyle rannte, der auf seinem Rücken lag.

“Oh mein Gott, sind Sie in Ordnung?” fragte sie gehetzt. “Ich habe versucht, rechtzeitig anzuhalten. Oh mein Gott. Ich habe einen Mann umgebracht! Oh mein Gott!”

Die Frau war hysterisch, kniete über ihm und wiegte sich vor und zurück.

Plötzlich öffnete Kyle seine Augen, setzte sich auf und sah auf die Frau vor ihm.

Ihr Weinen hörte auf, als sie ihn ansah, geschockt, die Augen geweitet im Scheinwerferlicht.

Kyle grinste, lehnte sich über sie und senkte seine riesigen Fänge, die wuchsen und wuchsen, in ihren Hals.

Es war das größte Gefühl seines Lebens.

Die Frau kreischte, als er ihr Blut trank, sich selbst füllte, bis sie schlaf in seinen Armen lag.

Kyle sprang befriedigt auf seine Beine, drehte sich um sich selbst und betrachtete den leeren Highway.

Er richtete seinen Kragen, glättete sein Hemd und nahm den ersten Schritt. Es gab eine Menge, was dieser Stadt heimgezahlt werden musste – und es würde alles mit Scarlet beginnen.




KAPITEL DREI


Sage flog durch die Nacht, in den aufkeimenden Sonnenaufgang, die ersten, zarten Sonnenstrahlen beschienen eine Träne auf seiner Wange, die er schnell wegwischte. Er war erschöpft, übernächtigt, weil er die ganze Nacht geflogen war, auf der Suche nach Scarlet. Er war sich sicher, dass er sie mehrmals in der Nacht entdeckt hatte, nur um sich dann zu einem fremden Mädchen hinabzustürzen, die geschockt war, ihn vor sich landen zu sehen, und dann wieder abzuheben. Langsam fragte er sich, ob er sie je finden würde.

Scarlet war nirgendwo zu finden und Sage konnte es nicht verstehen. Ihre Verbindung war so stark, er war sich sicher gewesen, dass er in der Lage wäre, sie zu fühlen, dass sie ihn zu sich führen würde. Er konnte nicht verstehen, was passiert war. War sie gestorben?

Sages einzige Vermutung war, dass sie emotional so aufgewühlt war, dass alle ihre Sinne blockiert waren und er sie deshalb nicht erspüren konnte; oder vielleicht war sie in einen tiefen Schlaf gefallen, was Vampire häufig taten, nachdem sie von ihrem ersten Menschen getrunken hatten. Für einige war es auch tödlich, das wusste er, und sein Herz tat weh bei dem Gedanken an sie dort draußen, ganz allein. Würde sie wieder aufwachen?

Sage flog niedrig, aber so schnell, dass er nicht entdeckt werden konnte, an allen bekannten Orten vorbei, an denen sie zusammen gewesen waren – ihre Schule, ihr Haus, überallhin, wo er sich sie vorstellen konnte – und nutzte dabei seine super scharfe Sicht um die Bäume und die Straßen nach ihr abzusuchen.

Als die Sonne höher stieg und Stunde nach Stunde verstrich, wusste Sage schließlich, dass die Suche keinen Sinn mehr machte. Er würde warten müssen, bis sie auftauchte oder bis er sie wieder fühlen könnte.

Sage war erschöpft, auf eine Art und Weise, wie er es nie zuvor gewesen war. Er fühlte, wie seine Lebenskraft zu schwinden begann. Er wusste, dass er nur noch Tage hatte, bis er selbst starb und als er einen anderen Schmerz in seiner Brust, seinen Armen und seinen Schultern spürte, wusste er, er begann, innerlich zu sterben. Er fühlte, dass er diese Erde bald verlassen würde – und er hatte seinen Frieden damit geschlossen. Er wollte seine letzten Tage nur noch mit Scarlet verbringen.

Mit keinem weiteren Ziel für seine Suche, kreiste Sage über dem Anwesen seiner Familie am Hudson und schaute darauf herunter. Er umkreiste es immer wieder, wie ein Adler und fragte sich, ob er sie noch ein letztes Mal sehen sollte? Er wusste nicht, was das bringen sollte. Sie alle hassten ihn dafür, dass er ihnen Scarlet nicht ausgeliefert hatte; und er musste zugeben, dass er sie auch hasste. Das letzte Mal, als er von hier fortgegangen war, hatte er seine sterbende Schwester im Arm gehalten und Lore war auf dem Weg gewesen, Scarlet umzubringen. Er wollte sie nicht wiedersehen.

Und doch konnte er nirgendwo anders hin.

Während er flog, hörte Sage ein Klopfen und als er näherkam sah er einige seiner Cousins, die Bretter vor die Fenster hielten und hämmerten. Eines nach dem anderen, verbarrikadierten sie ihren Landsitz und Sage sah dutzende seiner Cousins, die davonflogen. Er war fasziniert. Offensichtlich war irgendetwas passiert.

Sage musste es herausfinden. Ein Teil von ihm wollte wissen, wo sie hingingen, was aus seiner Familie werden würde – und ein größerer Teil von ihm wollte wissen, ob sie eine Idee hätten, wo Scarlet steckte. Vielleicht hatte einer von ihnen etwas gesehen oder gehört. Vielleicht hatte Lore sie überwältigt. Er musste es wissen; es war das einzige, was ihm noch blieb.

Sage sank hinab zu dem Anwesen seiner Familie, landete auf der hinteren Marmorterrasse, vor der großen Treppe, die zu der hinteren Tür, einer großen, antiken, französischen Tür, führte.

Als er sich ihr näherte, öffnete sie sich plötzlich und er sah seine Mutter und seinen Vater, die heraustraten und ihn mit einem strengen, missbilligendem Blick ansahen.

“Was machst Du wieder hier?” fragte seine Mutter, als wäre er ein unwillkommener Eindringling.

“Du hast uns einmal getötet”, sagte sein Vater. “Unsere Leute hätten überleben können, wenn Du nicht gewesen wärst. Bist Du gekommen, um uns noch einmal zu töten?”

Sage runzelte die Stirn; er war die Missbilligung seiner Eltern so müde.

“Wo geht Ihr alle hin?” fragte Sage.

“Was denkst, Du denn, wohin?”, antwortete sein Vater. “Sie haben den großen Rat zum ersten Mal seit Tausend Jahren einberufen.”

Sage sah sie geschockt an.

“Boldt Castle?” fragte er. “Ihr geht zu den Tausend Inseln?”

Seine Eltern blickten finster zurück.

“Was kümmert es Dich?” sagte seine Mutter.

Sage konnte nicht glauben, was er da hörte. Der große Rat war seit einer Ewigkeit nicht mehr zusammengetroffen und alle von ihrer Art auf einem Platz, das konnte nichts Gutes bedeuten.

“Aber warum?” fragte er. “Warum wird er einberufen, wenn wir alle sowieso sterben?”

Sein Vater trat einen Schritt vor und lächelte, während er seinen Finger hob und ihn gegen Sages Brust stieß.

“Wir sind nicht wie Du”, knurrte er. “Wir ergeben uns nicht kampflos. Wir werden die größte Armee bilden, die es jemals gegeben hat, wenn wir alle an einem Ort versammelt sind. Die Menschheit wird dafür bezahlen. Wir werden Rache nehmen.”

“Rache wofür?” fragte Sage. “Die Menschheit hat damit nichts zu tun. Warum solltet Ihr unschuldige Menschen verletzen?”

Sein Vater lächelte ihn an.

“Dumm bis zum Ende”, sagte er. “Warum sollten wir nicht? Was haben wir zu verlieren? Was wollen sie tun, uns umbringen?”

Sein Vater lachte und seine Mutter fiel ein, während sie beide Arm in Arm an ihm vorbeigingen, unsanft seine Schulter anstießen und sich auf ihren Flug vorbereiteten.

Sage rief hinter ihnen her: “Ich erinnere mich an eine Zeit, in der Ihr edel wart” sagte er. “Aber jetzt, seid Ihr nichts mehr. Weniger als nichts. Ist es das, wozu Euch die Verzweiflung macht?”

Sie drehten sich um und verzogen das Gesicht.

“Dein Problem, Sage, ist, dass, obwohl Du einer von uns bist, Du unsere Art nie verstanden hast. Zerstörung ist alles, was wir jemals wollten. Nur Du, einzig und allein Du, bist anders.”

“Du bist das Kind, das wir nie verstanden haben”, sagte seine Mutter. “Und Du hast es nie versäumt, uns zu enttäuschen.”

Sage fühlte einen Schmerz, der ihn durchfuhr, er fühlte sich zu schwach, um zu reagieren.

Als sie sich rumdrehten, um zu verschwinden, fand Sage keuchend die Kraft hinter ihnen her zu schreien: “Scarlet! Wo ist sie? Sagt es mir!”

Seine Mutter drehte sich um und lächelte breit.

“Oh, mach Dir keine Sorgen mehr um sie”, sagte seine Mutter. “Lore wird sie finden und uns alle retten. Oder er wird bei dem Versuch sterben. Und wenn wir weiterleben, glaube nicht, mein Schatz, dass es dann noch einen Platz für Dich bei uns geben wird.”

Sage errötete.

“Ich hasse Dich!”, schrie er. “Ich hasse Euch Beide!”

Seine Eltern drehten sich nur lächelnd um, traten auf das Marmorgeländer und verließen ihn in die Nacht.

Sage stand einfach dort und sah ihnen zu, wie sie verschwanden, in den Himmel, und seine verbleibenden Cousins sich zu ihnen gesellten. Er stand dort ganz allein, vor seiner mit Brettern vernagelten Heimat, mit nichts, was ihm geblieben war. Seine Familie hasste ihn – und er hasste sie ebenfalls.

Lore. Sage fühlte einen frischen Ausbruch von Entschlossenheit, als er an ihn dachte. Er durfte ihn Scarlet nicht finden lassen. Trotz all des Schmerzes in ihm, wusste er, er musste seine Kräfte ein letztes Mal bündeln. Er musste Scarlet finden.

Oder bei dem Versuch sterben.




KAPITEL VIER


Caitlin saß auf dem Beifahrersitz ihres Pickups, erschöpft, untröstlich, während Caleb unerbittlich die Straße 9 hinauf- und herunterfuhr, wie er es schon seit Stunden tat, um die Straßen abzusuchen. Es dämmerte und Caitlin sah durch die Windschutzscheibe auf den ungewöhnlichen Himmel. Sie wunderte sich, dass der Tag bereits anbrach. Sie waren die ganze Nacht herumgefahren, sie beiden auf den Vordersitzen und Sam und Polly auf der Rückbank, hatten ihre Augen über die Straßen und Büsche schweifen lassen und nach Scarlet gesucht. Einmal waren sie mit quietschenden Reifen stehengeblieben, da Caitlin gedacht hatte, sie hätte sie gesehen – nur, um dann zu erkennen, dass es eine Vogelscheuche war.

Caitlin schloss für einen Moment die Augen, ihre Lider fühlten sich so schwer und geschwollen an, und durch sie blitzten die Lichter der entgegenkommenden Wagen, von dem endlosen Verkehr, der die ganze Nacht nicht abgerissen war. Ihr war nach Weinen zumute.

Caitlin fühlte sich so hohl innerlich, wie eine schlechte Mutter, da sie nicht genug dagewesen war für Scarlet – dafür, dass sie nicht an sie geglaubt hatte, sie nicht verstanden hatte, nicht für sie dagewesen war, als sie sie gebraucht hatte. Irgendwie fühlte Caitlin sich verantwortlich für all das. Und sie wollte sterben bei dem Gedanken, ihre Tochter nicht wiederzusehen.

Caitlin begann zu weinen und schnell öffnete sie ihre Augen und wischte sich die Tränen fort. Caleb nahm ihre Hand, aber sie schüttelte sie ab. Caitlin wandte ihren Kopf zum Fenster, um ein bisschen Privatsphäre zu finden, wollte allein sein – wollte sterben. Ohne ihr kleines Mädchen im Leben blieb ihr nichts mehr.

Caitlin fühlte eine beruhigende Hand auf ihrer Schulter. Sie drehte sich um und sah, dass Sam sich vorgelehnt hatte.

“Wir sind die ganze Nacht herumgefahren”, sagte er. “Es gibt kein Zeichen von ihr. Wir haben jeden Zentimeter auf der 9 abgesucht. Die Cops suchen auch nach ihr, mit viel mehr Autos. Wir sind alle erschöpft und haben keine Ahnung, wo sie sein könnte. Vielleicht ist sie schon zu Hause und wartet auf uns.”

“Das sehe ich genauso”, sagte Polly. “Ich sage, wir sollten nach Hause. Wir brauchen eine Pause.”

Plötzlich hörte sie ein lautes Hupen und Caitlin sah erschrocken auf und sah einen LKW, der ihnen entgegenkam, da sie auf der falschen Seite fuhren.

“CALEB!” schrie Caitlin.

Caleb wich in der letzten Sekunde aus, zurück auf die richtige Straßenseite und verpasste den LKW nur um Zentimeter.

Caitlin schaute ihn mit klopfendem Herzen an und der erschöpfte Caleb starrte zurück, seine Augen rot vor Müdigkeit.

“Was war das?” fragte sie.

“Es tut mir leid”, sagte er. “Ich muss weggedöst sein.”

“Dies tut niemandem von uns gut”, sagte Polly. “Wir brauchen eine Pause. Wir müssen nach Hause. Wir sind alle erschöpft.”

Caitlin zweifelte, aber endlich, nach einem langen Augenblick, nickte sie.

“In Ordnung. Bring uns nach Hause.”


*

Caitlin saß auf ihrer Couch, als die Sonne aufging und schaute durch ein Fotoalbum mit Fotos von Scarlet. Die Erinnerungen von Scarlet in jedem Alter überfluteten sie. Caitlin fuhr sanft mit ihrem Daumen über die Fotos und wünschte mehr als alles andere, sie könnte Scarlet jetzt hier bei sich haben. Sie würde alles dafür geben, sogar ihr eigenes Herz und ihre Seele.

Caitlin hielt die zerrissene Seite aus dem Buch in der Hand, die sie in dem Buchladen gefunden hatte, mit dem antiken Ritual, dass Scarlet gerettet hätte, wenn Caitlin rechtzeitig zurück gekommen wäre, das sie davon geheilt hätte, ein Vampir zu werden. Caitlin zerpflückte die Seite in Tausend Teile und warf sie auf den Boden. Sie landeten neben Ruth, ihrem großen Husky, die winselte und sich an Caitlins Seite zusammenrollte.

Die Seite, das Ritual, das Caitlin einst so viel bedeutet hatte, war jetzt nutzlos. Scarlet hatte sich bereits an einem Menschen vergangen und kein Ritual konnte sie jetzt noch retten.

Caleb, Sam und Polly, die ebenfalls in dem Raum waren, waren jeder für sich verloren in ihrer eigenen Welt, alle hingen auf dem Sofa oder den Stühlen herum, und alle waren bereits eingeschlafen, oder zumindest fast. Sie alle lagen in der dichten Stille und warteten darauf, dass Scarlet durch die Tür käme – und alle ahnten, dass das nicht passieren würde.

Plötzlich klingelte das Telefon. Caitlin sprang auf und hob mit zitternder Hand ab. Sie ließ den Hörer mehrmals fallen, bis sie endlich ans Ohr hielt.

“Hallo, hallo, hallo?” sagte sie. “Scarlet, bist Du das? Scarlet!?”

“Ma’am, hier ist Officer Stinton”, erklang eine männliche Stimme.

Caitlins Herz wurde schwer, als ihr klar wurde, dass es nicht Scarlet war.

“Ich rufe Sie nur an, um Ihnen mitzuteilen, dass wir Ihre Tochter noch nicht gefunden haben.”

Caitlins Hoffnungen fielen in sich zusammen. Sie nahm das Telefon fester in die Hand und drückte es verzweifelt.

“Sie strengen sich nicht genug an”, kochte sie.

“Ma’am, wir tun alles, was wir können—”

Caitlin wartete nicht auf den Rest seiner Antwort. Sie schlug den Hörer auf, griff das Telefon, ein altes aus den 80ern, riss die Schnur aus der Wand, hob es über den Kopf und warf es mit aller Gewalt auf den Boden.

Caleb, Sam, und Polly sprangen auf, unsanft aus dem Schlaf gerissen und sahen sie an, als wäre sie verrückt geworden.

Caitlin sah hinunter auf das Telefon und bemerkte, dass sie es vielleicht war.

Caitlin stürmte durch den Raum, öffnete die Tür zu ihrer großen Veranda und setzte sich in einen Schaukelstuhl. Es war kalt in der Morgendämmerung, aber das war ihr egal. Sie war betäubt.

Sie verschränkte die Arme fest vor der Brust und schaukelte und schaukelte in der kalten Novemberluft. Sie schaute auf die Straße, die von dem Licht eines neuen Tages beschienen wurde und sah keinen Menschen, kein einziges Auto, alle Häuser lagen noch still da. Alles war still. Eine perfekte, ruhige Vorstadtstraße, alles so wie es sein sollte. Perfekt normal.

Aber nichts, das wusste Caitlin, war normal. Plötzlich hasste sie diesen Ort, den sie so viele Jahre geliebt hatte. Sie hasste die Stille, sie hasste die Ruhe. Was würde sie nicht für ein wenig Chaos geben, etwas, was die Stille zerstörte, für Bewegung, für Ihre Tochter, die auftauchte.

Scarlet, betete sie, als sie ihre Augen schloss, weinend, komm zurück zu mir, Baby. Bitte komm zurück zu mir.




KAPITEL FÜNF


Scarlet Paine spürte, wie sie durch die Luft schwebte, das Flattern von Millionen kleiner Flügel im Ohr fühlte sie, wie sie immer höher stieg. Sie schaute sich um, um zu sehen, dass sie von einem Schwarm von Fledermäusen getragen wurde, die sie umgaben, sie klammerten sich an die Rückseite ihres Shirts und trugen sie durch die Luft.

Scarlet wurde durch die Wolken getragen, durch den schönsten Sonnenaufgang, den sie je gesehen hatte, der ganze blutrote Himmel war in Feuer getaucht. Sie verstand nicht, was passiert war, aber irgendwie hatte sie keine Angst. Sie spürte, dass sie sie irgendwohin trugen, und das Kreischen und Flattern um sie herum fühlte sich vertraut und familiär an.

Bevor Scarlet verstehen konnte, was passiert war, setzten die Fledermäuse sie sanft ab, vor dem größten Schloss, dass sie je gesehen hatte. Es hatte alte Steinwände und sie stand vor einem enormen, gewölbten Tor. Die Fledermäuse flogen hoch und verschwanden, ihr Flattern wurde leiser.

Scarlet stand vor der Tür und langsam öffnete sie sich. Ein gelbes Licht drang heraus und Scarlet wollte durch diese Tür gehen.

Scarlet trat über die Schwelle, ging in das Licht und kam in die größte Kammer, die sie je gesehen hatte. Im Inneren, aufgereiht in Perfektion, sie ansehend, stand eine Armee von Vampiren, alle in schwarz gekleidet. Sie schwebte zu ihnen hinüber, sah auf sie hinunter, als wäre sie ihr Führer.

Wie ein Mann erhoben sie gemeinsam ihre Hände und schlugen sich damit auf die Brust.  “Du hast eine Nation geboren”, riefen sie im Gleichklang, das Echo erschall laut von dem Wänden wieder. “Du hast eine Nation geboren!”

Die Vampire ließen einen lauten Ruf erklingen und als sie das taten, nahm Scarlet es in sich auf, sie fühlte dass sie endlich ihre eigenen Leute gefunden hatte.

Scarlets Augen flogen auf, als sie von dem Geräusch von zersplittertem Glas erwachte. Sie lag mit dem Gesicht nach unten auf Zement, ihre Wange drückte dagegen, kalt und feucht. Sie sah, wie Ameisen auf sie zu krabbelten und legte ihre Hand auf den rauen Zement, um sich aufzusetzen und sie wegzufegen.

Scarlet war kalt und hatte Schmerzen, ihr Nacken und Rücken taten von dem Schlaf in dieser unbequemen Position weh. Vor allem war sie desorientiert, es machte ihr Angst, dass sie ihre Umgebung nicht erkannte. Sie lag unter einer kleinen Brücke, als der Sonnenaufgang über ihr hineinbrach. Es stank nach Urin und schalem Bier und Scarlet sah, dass der Zement über und unter mit Graffiti besprüht war und als sie sich umsah, entdeckte sie viele leere Bierdosen und gebrauchte Nadeln. Sie stellte fest, dass sie an einem schlechten Ort war. Sie sah sich blinzelnd um und hatte keine Ahnung, wo sie war, oder wie sie hergekommen war.

Erneut erklang das Geräusch von splitterndem Glas, begleitet von schlurfenden Schritten und Scarlet drehte sich schnell um, alle ihre Sinne in Alarmbereitschaft.

Ungefähr drei Meter entfernt standen vier Penner, die betrunken oder auf Drogen aussahen – oder einfach nur gewalttätig. Unrasierte, ältere Männer, die sie anstarrten, als wäre sie ein Spielzeug, das lüsterne Grinsen in ihrem Gesicht enthüllte gelbe Zähne. Aber sie waren stark, das konnte sie sehen, breit und kräftig und auf Grund der Art, wie sich ihr näherten, einer von ihnen warf Bierflaschen kaputt, konnte sie sehen, dass ihre Absichten nicht freundlich waren.

Scarlet versuchte sich daran zu erinnern, wie sie an diesen Ort gekommen war. Es war ein Ort, an den sie niemals freiwillig gegangen wäre. War sie hierhin gebracht worden? Ihr erster Gedanke war, dass sie vielleicht vergewaltigt worden war; aber sie sah an sich hinunter und fand sich selbst voll eingekleidet wieder und wusste, das war es nicht. Sie dachte zurück und versuchte sich an den vorigen Abend zu erinnern.

Aber es war alles nur ein schmerzhafter Schatten. Einzelne Momente blitzten vor ihr auf: eine Bar auf der Straße 9…eine Auseinandersetzung…aber es war alles so verschwommen. Sie konnte sich nicht recht an die Details erinnern.

“Du weißt, dass Du unter unserer Brücke bist, oder?” fragte einer der Penner sie, als sie näherkamen. Scarlet stemmte sich auf Hände und Knie und dann auf ihre Füße, innerlich zitternd, aber sie wollte sich die Angst nicht ansehen lassen.

“Niemand darf hierher kommen, ohne die Maut zu bezahlen”, sagte ein anderer.

“Es tut mir leid”, sagte sie. “Ich weiß nicht, wie ich hier hingekommen bin.”

“Das war Dein Fehler”, sagte ein anderer mit einer tiefen, knurrenden Stimme und lächelte sie dabei an.

“Bitte”, sagte Scarlet und versuchte, dabei hart zu klingen, aber ihre Stimme zitterte, als einen Schritt zurückwich, “ich möchte keinen Ärger. Ich gehe jetzt. Es tut mir leid.”

Scarlet drehte sich um, um zu verschwinden, mit klopfendem Herzen, als sie plötzlich Schritte hörte, die hinter ihr herrannten und einen Arm fühlte der sich um sie schlang und ein Messer, das sich in Brust bohrte. Ein Würgen überkam sie bei dem Gestank nach Bier aus seinem Atem.

“Nein, das tust Du nicht, Liebling”, sagte er. “Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt.”

Scarlet kämpfte, aber der Mann war zu stark für sie, seine Bartstoppeln kratzten ihr im Gesicht, als er sein Gesicht an ihrem rieb.

Direkt standen auch die anderen drei vor ihr und Scarlet schrie auf, kämpfte mit aller Gewalt, aber schon fühlte sie die Hände, die an ihrem Oberkörper herunterfuhren. Einer von ihnen erreichte ihren Gürtel.

Scarlet bockte und drehte sich, versuchte wegzukommen – aber sie waren zu stark. Einer von ihnen öffnete ihren Gürtel, warf ihn davon und sie hörte das Klingen von Metall auf Zement.

“Bitte, lasst mich gehen!” schrie Scarlet während sie sich wand.

Der vierte Penner griff ihre Jeans an der Taille und begann sie herunterzuziehen. Scarlet wusste, dass, wenn sie jetzt nichts täte, sie verletzt werden würde.

Etwas in ihr schnappte ein. Sie verstand nicht, was es war, aber es überwältigte sie komplett, eine Energie flutete sie, stieg von den Zehen bis in ihre Fingerspitzen. Sie fühlte eine sengende Hitze, die ihre durch die Schultern fuhr, durch ihre Arme und die Hände. Ihr Gesicht wurde rot und am ganzen Körper standen ihr die Haare zu Berge und sie fühlte ein Feuer, das in ihr brannte. Sie fühlte eine Stärke, die sie nicht verstand, wusste plötzlich, dass sie stärker war als diese Männer, stärker, als alles im Universum.

Dann fühlte sie noch etwas anderes: eine animalische Wut. Es war ein neues Gefühl. Sie hatte nicht länger den Wunsch, von hier wegzukommen – jetzt wollte sie genau hier bleiben und diese Männer dafür bezahlen lassen. Sie auseinanderreißen, Stück für Stück.

Und schließlich fühlte sie noch eine Sache: Hunger. Ein tiefer, nagender Hunger, der gestillt werden wollte.

Scarlet lehnte sich zurück und knurrte, ein Geräusch, das sogar sie selbst erschreckte; ihre Fänge wuchsen, während sie sich zurücklehnte und den Mann trat, der ihr an die Jeans gegangen war. Der Tritt war so voller Wut, er ließ den Mann fast sechs Meter durch die Luft fliegen, bis er mit dem Kopf gegen eine Betonwand schlug. Er sackte bewusstlos in sich zusammen.

Die anderen traten zurück und ließen sie los, die Münder weit geöffnet vor Schock und Angst, während sie Scarlet anstarrten. Sie schauten, als hätten sie verstanden, dass sie einen sehr großen Fehler begangen hatten.

Bevor sie reagieren konnten, wirbelte Scarlet herum und schlug den Mann, der sie gehalten hatte mit ihrem Ellbogen, und traf seinen Kiefer so hart, dass er sich zweimal um sich selbst drehte und dann bewusstlos zu Boden ging.

Scarlet drehte sich um, fauchend und sah die beiden anderen an wie ein Tier seine Beute. Die beiden Penner standen mit vor Angst geweiteten Augen vor ihr und Scarlet hörte ein Geräusch und schaute an einem hinunter, um festzustellen, dass er sich in die Hose gepinkelt hatte.

Scarlet bückte sie, hob ihren Gürtel auf und ging beiläufig auf sie zu.

Der Mann stolperte Rückwärts.

“Nein!” wimmerte er. “Bitte! Ich habe es nicht so gemeint!”

Scarlet sprang nach vorne und legte den Gürtel um den Hals des Mannes. Dann hob sie ihn mit einer Hand hoch, die Füße baumelten über dem Boden, der Mann japste und versuchte sich am Gürtel festzuhalten. Sie hielt ihn hoch über dem Kopf bis er sich nicht mehr bewegte und tot zu Boden fiel.

Scarlet drehte sich rum und sah den letzten Mann an, der weinte und zu verängstigt zum Weglaufen war. Ihre Fänge wurden länger, sie ging auf ihn zu und versenkte sie in seinem Hals.  Er schüttelte die Arme und dann, nach wenigen Augenblicken, lag er in einer Blutlache.

Scarlet hörte ein entferntes Huschen und sah sich um, um festzustellen, dass der erste Penner langsam auf die Beine kam. Er sah sie panisch an und versuchte auf Händen und Knien davon zu krabbeln.

Sie stürzte sich auf ihn.

“Bitte tu mir nicht weh”, wimmerte er heulend. “Ich habe es nicht so gemeint. Ich weiß nicht, was Du bist, aber ich habe es nicht so gemeint.”

“Ich bin mir sicher, dass Du es nicht so gemeint hast”, antwortete sie mit einer dunklen, unmenschlichen Stimme. “So wie ich es auch nicht so meine, was ich jetzt tue.”

Scarlet packte ihm am Rücke seines Shirts, wirbelte ihn herum und warf ihn mit ganzer Kraft – gerade nach oben.

Der Penner flog wie eine Rakete, direkt gegen die Brücke, sein Kopf und seine Schultern krachten gegen den Zement, der Klang von fallendem Schutt erfüllte die Luft, da sie ihn halb durch die Brücke geworfen hatte. Dort hing er, steckte fest und seine Beine baumelten unter ihm.

Scarlet sprang mit einem Sprung auf die Brücke und sah zu, wie sein Oberkörper im Beton steckte, er schrie, sein Kopf und seine Schultern steckten fest und er war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Er wackelte in dem Versuch, sich zu befreien.

Aber das konnte er nicht. Er saß in der Falle für den nächsten Wagen, der vorbeifahren würde.

“Hol mich hier raus!” verlangte er.

Scarlet lächelte.

“Vielleicht beim nächsten Mal”, sagte sie. “Genieß den Verkehr.”

Scarlet drehte sich um, sprang ab und flog in den Himmel, die Schreie des Mannes wurden leiser und leiser, während sie höher und höher stieg, weg von diesem Ort, immer noch keine Ahnung, wo sie war, aber es interessierte sie auch nicht länger. Nur eine Person stahl sich in ihren Kopf: Sage. Sein Gesicht schwebte vor ihrem geistigen Auge, sein perfekt gestaltetes Kinn, seine Lippen, seine ausdrucksstarken Augen. Sie konnte seine Liebe für sie spüren. Und ihr ging es genauso.

Sie wusste nicht, wo ihr Zuhause war in dieser Welt, aber es interessierte sie auch nicht, solange sie mit ihm zusammen war.

Sage, dachte sie. Warte auf mich. Ich komme zu Dir.




KAPITEL SECHS


Maria saß mit ihren Freunden im Kürbisfeld, hasste das Leben und war so eifersüchtig auf alle. Jeder schien einen Freund zu haben, außer ihr. Und diejenigen, die keinen hatten, hatten eine wirklich starke Clique von Freunden, die sich zusammengeschlossen hatte.

Maria saß auf einem Haufen von Kürbissen, Becca und Jasmin an ihrer Seite und wusste nicht mehr genau, wo sie zugehörte. Maria hatte immer eine starke Clique um sich gehabt, die besten Freunde überhaupt, sie vier, sie und Becca und Jasmin und natürlich, ihre beste Freundin, Scarlet. Sie waren unzertrennlich gewesen. Wenn eine von ihnen keinen Freund hatte, waren die anderen immer da für sie gewesen. Sie und Scarlet hatte sich geschworen, niemals miteinander zu streiten, aufs selbe College zu gehen, die Trauzeugin der anderen zu sein und immer maximal zehn Blocks voneinander entfernt zu wohnen.

Maria war sich ihrer Freunde so sicher gewesen, auch Scarlet.

Dann war in den letzten paar Wochen alles auseinander gebrochen, ohne Vorwarnung. Scarlet hatte ihr Sage direkt vor der Nase weggeschnappt, den einzigen Jungen, den Maria wirklich toll fand, seit einer sehr langen Zeit. Marias Gesicht errötete, als sie an die Demütigung dachte; Scarlet hatte dafür gesorgt, dass sie so dumm aussah. Sie war immer noch so sauer auf sie deswegen und glaubte nicht, dass sie ihr je verzeihen könnte.

Maria erinnerte sich an ihren letzten Streit, als Scarlet sich verteidigt hatte und sagte, dass Sage sie halt mochte und sie ihn nicht gestohlen hatte. Tief im Inneren wusste Maria, dass sie vermutlich Recht hatte. Aber sie musste immer noch jemandem die Schuld geben und es war deutlich einfacher, als sich selbst die Schuld zuzuschieben.

Jemand schubste sie und Maria rutschte von dem Kürbishaufen, landete am Boden und ihre Jeans wurden schlammig.

“Pass doch auf!” schrie sie angepisst.

Sie sah hoch und entdeckte einen der betrunkenen Jungs. Mehrere Hundert Schüler ihrer Stufe hatten sich hier versammelt, wie sie es traditionell schon immer getan hatten, am Tag nach dem großen Herbstfest, für dieses dumme Schul-Kürbis-Pflücken-Event. Jeder wusste, dass niemand wirklich Kürbisse pflückte, sie alle saßen einfach nur im Kürbisfeld herum, füllten sich mit heißem Apfel-Cidre und Donuts, während das Gesindel ihrer Klasse den Cidre mit Gin versetzte. Und einer dieser Idioten hatte sie geschubst. Ihm war noch nicht einmal aufgefallen, dass er es getan hatte, als er herumstolperte. Maria kannte ihn und sie wusste, dass alle diese Jungs, die in diesem Alter schon so tranken, nichts aus ihrem Leben machen würden, so dass sie zumindest darauf Trost schöpfen konnte.

Maria musste ihren Kopf freibekommen. Sie konnte es nicht mehr ertragen, hier herumzusitzen. Sie wollte nur noch weg. Sie war immer noch niedergeschlagen und sie wusste nicht einmal, warum. Ihre beste Freundin zu verlieren, selbst mit Jasmin und Becca im Rücken, fühlte sich wie ein herber Verlust an. Was das Ganze noch schlimmer machte, war, dass sie immer noch Lust auf Sage hatte. Die Gedanken an ihn machten sie verrückt.

Maria kam auf ihre Füße und begann zu laufen.

“Wo gehst Du hin?” fragte Jasmin.

Maria zuckte die Achseln.

“Ein bisschen frische Luft schnappen.”

Maria schob sich durch die Menge, ging weiter und weiter in das Feld hinein, weg von der Stadt und beobachtete all die Kinder, die ihre Becher in der Hand hielte, lachend herumsaßen und allesamt so glücklich aussahen. Jeder außer ihr. In diesem Moment hasste sie sie alle.

Maria schaffte es bis zum Rand der Menge und ging weiter, bis sie einen einsamen Heuschober mitten im Feld fand.

Sie legte den Kopf in die Hände und hielt ihre Tränen zurück. Sie fühlte sich depressiv und wusste nicht, warum. Vor allem, dachte sie, weil Scarlet nicht mehr in ihrem Leben war. Normalerweise schrieb sie ihr hundert Mal am Tag. Sie verstand nicht, warum alles so weit kommen musste. Und sie konnte nicht aufhören an Sage zu senken, selbst wenn sie wusste, dass er sie nicht mochte. Sie schloss ihre Augen und wünschte ihn sich herbei.

Sage, ich würde alles dafür geben, dachte sie. Komm her, ich will Dich. Ich brauche Dich.

“Warum sitzt ein hübsches Ding wie Du hier ganz alleine?” erklang eine dunkle, verführerische Stimme.

Maria zuckte zusammen, öffnete ihre Augen und war völlig geschockt von dem Anblick, der sich ihr bot. Es war nicht Sage. Aber es war ein Junge, der, falls das möglich war, sogar noch wunderbarer als Sage war. Er trug schwarze Lederstiefel, schwarze Lederhosen, ein schwarzes T-Shirt, eine schmale Halskette aus Haizähnen und eine passende, schwarze Lederjacke. Er hatte graue Augen und gewellte, braune Haare und ein kleines, perfektes Lächeln. Er hatte mehr Sexappeal als jeder andere Kerl, den sie je gesehen hatte: er sah aus wie ein Rockstar, der direkt vor ihr von einer Bühne kam.

Maria blinzelte mehrere Male und schaute sich um, fragte sich, ob dies ein Witz sein sollte. Aber er war der einzige hier und er sprach mit ihr und niemand anderem. Sie versuchte, ihm zu antworten, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken.

“Hübsch?” war alles, was sie hervorbrachte, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.

Er lachte und es war das schönste Geräusch, das sie je gehört hatte.

“Komm schon, sie alle haben Spaß. Warum Du nicht?”

Ohne auf eine Antwort zu warten, näherte er sich anmutig, hielt ihr seine Hand hin und ohne dass sie es richtig mitbekam, nahm sie seine Hand, sprang von dem Heustapel und folgte ihm, so dass sie beide Hand-in-Hand allein durch das Feld liefen. Sie war so hin und weg von ihm, dass ihr noch nicht einmal auffiel, dass das nicht besonders normal war. Eine Fantasie aus ihrem Kopf war wahr geworden und er nahm sie mit sich. Aber sie war noch nicht bereit, sich Fragen zu stellen.

“Ähm…wer bist Du?” fragte sie versuchsweise mit zitternder Stimme, überwältigt von dem Gefühl seiner Hand in ihrer.

“Ich war auf der Suche nach einem Date für das Maislabyrinth”, sagte er mit einem Lächeln, während sie es betraten. “Das ist wohl mein Glückstag. Maria, richtig?”

Sie sah ihn erstaunt an.

“Woher kennst Du meinen Namen?”

Er grinste sie an und lachte.

“Du wirst bald feststellen”, sagte er, “dass ich fast alles weiß. Und was meinen Namen angeht: Du kannst mich Lore nennen.”


*

Lore lief Hand-in-Hand mit Scarlets Freundin und war begeistert von sich selbst, wie leicht es gewesen war, sie zu verführen. Diese Menschen waren einfach zu schwach, zu naiv – es war eigentlich nicht fair. Er hatte noch nicht einmal seine Kräfte entfalten müssen und innerhalb weniger Augenblicke, hatte er sie in der Hand. Ein Teil von ihm wollte sich an ihr nähren, die Energie aus ihrem Körper saugen und sie dann entsorgen, wie er es auch mit anderen Menschen tat.

Aber ein anderer Teil von ihm sagte ihm, dass er geduldig sein musste. Immerhin war er übers Land geflogen und direkt vor ihr gelandet. Lore hatte nach einem Weg gesucht, an Scarlet ranzukommen und während er flog, hatte er Marias starke Gefühle aufgeschnappt; er hatte ihr Verlangen nach Sage gespürt, ihre Verzweiflung. Es hatte ihn angezogen wie einen Magnet.

Lore hatte Maria mit seinen Adleraugen vom Himmel aus gesehen, und als er zu ihr runtergetaucht war, hatte er erkannt, dass sie die perfekte Falle wäre, jemand der so allein war, so verletzlich – und Scarlet so nahe stand. Wenn jemand einen Weg zu Scarlet finden würde, wäre es sie. Lore entschied, sich mit ihr anzufreunden, sie zu nutzen, um Scarlet zu finden und, wenn das alles vorbei wäre, sie umzubringen. In der Zwischenzeit könnte er vielleicht ein bisschen Spaß mit ihr haben. Diese erbärmlichen Menschen würden glauben, was ihre Phantasie ihnen vorgab.

“Ähm…ich verstehe es nicht…” sagte Maria während sie gingen, ihre Stimme zitterte nervös. “Erklär es mir. Du sagtest, Du bist… irgendwie neu hier?”

Lore lachte.

“In gewisser Weise”, sagte er.

“Also wirst Du auf unsere Schule gehen?” fragte sie.

“Ich glaube nicht, dass ich Zeit für die Schule haben werde”, antwortete er.

“Was meinst Du damit? Bist Du nicht in meinem Alter?” fragte sie.

“Doch, bin ich. Aber ich habe die Schule schon vor langer Zeit beendet.”

Lore hätte fast gesagt vor Jahrhunderten, aber glücklicherweise konnte er sich noch stoppen.

“Vor langer Zeit? Was meinst Du damit? Bist Du hochbegabt oder sowas?” Sie sah ihn mit großen, bewundernden Augen an und er lächelte sie an.

“Sowas in der Art”, sagte er. “Also Deine Freunde sind noch da, auf der Party?” fügte er hinzu.

Maria nickte.

“Ja, sie alle, außer… Naja, ich bin ja nicht mehr mit ihr befreundet, als ja, alle.”

“Außer wem?” fragte Lore fasziniert.

Maria errötete.

“Naja, meine frühere, beste Freundin. Sie ist nicht da. Aber wie schon gesagt, wir sind auch nicht mehr befreundet.”

“Scarlet?” fragte er und bereute sofort, zu viel von sich Preis gegeben zu haben.

Maria sah ihn misstrauisch an.

“Also, woher weißt Du das alles? Hast Du mich irgendwie gestalked?”

Lore spürte, dass sie sich von ihm zurückzog, und er wollte sie nicht verlieren. Er sah sie an, hielt ihre Wange und seine Augen blitzten sie an. Sie blinzelte und als sie das tat, wischte er die letzten dreißig Sekunden ihrer Konversation aus ihrem Gedächtnis.

Maria blinzelte mehrmals und er nahm ihre Hand und sie gingen weiter.

Das war´s, dachte er. Auf ein Neues.

“Also sind Deine Freunde noch da, auf der Party?” fügte er hinzu.

Maria nickte.

“Ja, alle außer… Naja, ich bin nicht mehr mit ihr befreunden, also ja, alle.”

“Außer wem?” fragte Lore fasziniert.

Maria errötete.

“Naja, bis auf meine ehemalige, beste Freundin. Sie ist nicht da. Aber wie ich schon sagte, wir sind nicht mehr befreundet.”

Lore machte eine Pause und durchdachte seine nächsten Worte.

“Was ist zwischen Euch passiert?” fragte er vorsichtig.

Maria zuckte die Achseln und sie gingen schweigend weiter, ihre Schuhe knirschten im Heu.

“Du musst es mir nicht erzählen”, sagte Lore schließlich. “Wie auch immer, ich weiß, wie das ist. Mein Cousin. Er war mal wie ein Bruder für mich. Jetzt sprechen wir nicht einmal mehr miteinander.”

Maria sah ihn mitfühlend an.

“Das ist schrecklich”, sagte sie. “Was ist passiert?”

Lore zuckte mit den Achseln.

“Lange Geschichte.” Jahrhunderte lang, wollte er hinzufügen, aber er hielt sich zurück.

Maria nickte, und fühlte eine große Sympathie ihm gegenüber.

“Nun, da Du es zu verstehen scheinst”, sagte sie, “erzähl ich es Dir. Ich weiß nicht warum, da ich Dich nicht einmal kenne, aber ich habe das Gefühl, dass Du es verstehen könntest.”

Lore schaute sie beruhigend an.

“Ich scheine diesen Effekt auf Menschen zu haben”, sagte er.

“Wie auch immer”, fuhr Maria fort, “meine Freundin, Scarlet, sie, also, sie hat mir einen Jungen weggenommen, den ich mochte. Nicht, dass mich der Junge jetzt noch interessiert.”

Maria hörte auf zu sprechen und Lore fühlte, dass sie noch etwas sagen wollte, er las es in ihren Gedanken:

Also, nicht, seitdem ich Dich getroffen habe, um genau zu sein.

Lore lächelte.

“Jemandem den Freund zu stehlen”, sagte Lore und schüttelte seinen Kopf. “Es gibt nichts Schlimmeres als das.”

Er drückte ihre Hand fester und Maria schenkte ihm ein halbes Lächeln.

“Also seid Ihr keine Freunde mehr?” sagte Lore abschließend.

Maria schüttelte ihren Kopf.

“Nein. Ich habe es komplett mit ihr beendet. Ich fühle mich ein bisschen schlecht dabei. Ich meine, sie ist immer noch in meinen Favoriten gespeichert und wir sind noch auf Facebook befreundet und so. Soweit bin ich noch nicht gekommen. Aber ich habe sie nicht mehr angerufen, oder ihr geschrieben. Wir haben uns früher hundert Mal am Tag geschrieben.”

“Hast Du versucht, ihr zu schreiben?”

Maria schüttelte den Kopf.

“Ich möchte wirklich nicht darüber reden”, sagte sie.

Lore spürte, dass er sie zu sehr bedrängt hatte. Es würde ihn viel Zeit kosten, sie zu verführen und von ihr alles über Scarlet zu erfahren, was er wissen musste. In der Zwischenzeit musste er sie dazu bringen, ihm zu vertrauen – ihm komplett zu vertrauen.

Sie erreichten die Mitte des Maislabyrinths und blieben stehen. Maria schaute zur Seite und Lore spürte, wie nervös sie war.

“Als, was jetzt?” fragte sie mit zitternden Händen. “Vielleicht sollten wir zurückgehen?” fügte sie hinzu.

Er las ihre Gedanken:

Ich hoffe, er will nicht zurück. Ich hoffe, er küsst mich. Bitte, küss mich.

Lore nahm ihr Gesicht in seine Hände, lehnte sich zu ihr und küsste sie.

Zuerst wiederstand Maria ihm und zog sich zurück.

Aber dann verschmolz sie mit seinem Kuss. Er konnte fühlen, dass sie sich ihm völlig hingab, und er wusste, dass sie ihm gehörte.




KAPITEL SIEBEN


Scarlet flog durch den morgendlichen Himmel, wischte ihre Tränen weg, immer noch zitternd von dem Vorfall unter der Brücke und versuchte zu verstehen, was mit ihr passierte. Sie flog. Sie konnte es kaum glauben. Sie wusste nicht, wie sie es machte, aber sie hatte Flügel bekommen und sie war einfach abgehoben, in die Luft gestiegen, als wäre es das Natürlichste der Welt. Sie verstand nicht, warum das Licht ihren Augen wehtat und warum ihre Haut unter der Sonne juckte. Glücklicherweise war es ein wolkiger Tag und dadurch spürte sie etwas Erleichterung; aber sie fühlte sich immer noch nicht wie sie selbst.

Scarlet fühlte sich so verloren, so allein und sie wusste nicht, wo sie hinsollte. Sie fühlte, dass sie nicht nach Hause konnte, nicht nach allem, was passiert war, nicht nachdem sie entdeckt hatte, dass ihre Mutter ihren Tod wollte, dass sie alle hassten. Sie konnte auch nicht zu ihren Freunden gehen, immerhin hasste Maria sie jetzt auch und es sah so aus, dass sie alle gegen sie aufgebracht hatte. Sie konnte nicht zurück zur Schule gehen, so tun, als wäre alles normal, besonders nach ihrem großen Kampf mit Vivian auf der Party.

Ein Teil von Scarlet wollte sich zu einem Ball zusammenrollen und einfach sterben. Sie fühlte sich, als hätte sie keine Heimat mehr auf der Welt.

Scarlet flog über ihre Heimatstadt und als sie über ihr Haus hinwegflog, war es ein ziemlich seltsames Gefühl, dieses von oben zu sehen. Scarlet flog hoch genug, um von niemandem gesehen zu werden und sah ihre Stadt aus der Vogelperspektive, wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie sah die perfekt geformten Blocks, die sauberen Straßen, den hohen Turm der Kirche, die Kabel überall, die Telefonmasten, die gerade abfallenden Dächer, manche mit Schindeln, andere mit Schiefer bedeckt, viele davon hunderte von Jahre alt. Sie sah, wie die Vögel auf den Dächern thronten und einen einsamen, lila Ballon, der ihr entgegenkam.

Der Novemberwind war kalt hier oben, peitschte in ihr Gesicht und Scarlet fror. Sie wollte herunterkommen, irgendwo ins Warme.

Während Scarlet flog und flog und versuchte, nachzudenken, war die einzig Person, die sie vor sich sehen konnte, das einzige Gesicht, dass immer wieder vor ihren Augen aufblitzte, Sage. Er war nicht wie versprochen beim Ball aufgetaucht: er hatte sie versetzt und sie war immer noch wütend darüber. Scarlet nahm an, dass er sie nicht wiedersehen wollte.

Dann allerdings war sie sich nicht mehr ganz sicher, was passiert war. Vielleicht, nur vielleicht, gab es einen Grund, warum er nicht aufgetaucht war. Vielleicht liebte er sie immer noch.

Je mehr Scarlet darüber nachdachte, desto mehr hatte sie das Gefühl, ihn sehen zu müssen. Sie musste ein vertrautes Gesicht sehen, jemanden auf der Welt, der sich um sie kümmerte, der sie liebte. Oder sie zumindest mal geliebt hatte.

Scarlet traf eine Entscheidung. Sie drehte ab und flog Richtung Westen, Richtung Fluss, wo sie wusste, dass Sage lebte. Sie flog über die Stadtgrenze hinaus, sah auf die Hauptstraßen unter sich und verwendete sie als Orientierungspunkte. Ihr Herz schlug schnell, als ihr klar wurde, dass sie ihn schon in wenigen Momenten wiedersehen würde.

Während sie aus der Stadt herausflog, veränderte sich die Landschaft: statt perfekt angelegter Blöcke und Häuser, kamen jetzt größere Anwesen, viele Bäume… Die Grundstücke gingen von zwei Hektar auf vier, dann auf sechs, dann zehn, zwanzig…sie kam in die richtige Gegend.

Scarlet erreichte den Rand des Flusses und als sie abdrehte und neben ihm her flog, sah sie unter sich die Villen, mit ihren langen, weitläufigen Zufahrten, umrahmt von alten Eichen und abgegrenzt durch riesige Tore. Es roch nach Reichtum und Geschichte und Geld und Macht.

Scarlet kam zum größten und elegantesten von allen, mehrere Hektar abseits der Straße, direkt am Fluss gelegen, ein altes Haus aus Stein, mit den schönsten Türmen und Windungen sah es mehr aus wie ein Schloss als wie ein Haus. Seine fünfzehn Schornsteine ragten in den Himmel wie Leuchttürme. Scarlet war nie aufgefallen, wie schön Sages Zuhause war, bis sie es von hier oben aus gesehen hatte.

Scarlet flog niedriger, segelte langsam bis zum Boden und ihr Herz schlug heftig vor Nervosität. Würde Sage sie überhaupt sehen wollen? Was, wenn nicht? Wenn nicht, wusste sie nicht, wo sie hingehen sollte.

Scarlet landete vor der Eingangstür, sanft, ihre Flügel zogen sich zurück und sie schaute auf das steinerne Gebäude – und was sie sah, ließ ihr Herz stocken. Sie konnte nicht verstehen, was sie vor sich sah: das gesamte Haus, alles, war mit Brettern vernagelt. Statt der schönen Glasfenster waren dort Sperrholzplatten, hastig vernagelt; anstatt all der Aktivitäten, die sie beim letzten Mal wahrgenommen hatte, als sie hier war, gab es nichts mehr.

Es war leer.

Scarlet hörte ein quietschendes Geräusch. Sie sah zur Seite und sah, dass ein rostiges Tor leicht im Wind schwankte. Es fühlte sich an, als hätte hier seit Tausenden von Jahren niemand mehr gelebt.

Scarlet flog zur Rückseite des Hauses, setzte auf der Marmorterrasse auf und schaute sich die Fassade an; es war genau dasselbe. Das Haus war komplett leer und verrammelt. Als ob alles, was gewesen war, nie geschehen war.

Scarlet drehte sich um und schaute auf das weitläufige Areal hinunter zum Fluss und spähte in den wolkenverhangenen Himmel, die schwarzen Wolken kündigten einen Sturm an, und suchte überall nach Sage.

Sie spürte ihn hier nicht. Nicht im Haus. Nirgendwo.

Er war gegangen.

Scarlet konnte es nicht glauben. Er war wirklich gegangen.

Scarlet setzte sich hin, legte ihre Hände auf die Knie und weinte. Hasste er sie wirklich so sehr? Hatte er sie wirklich nie geliebt?

Scarlet weinte, bis sie sich völlig ausgehöhlt und taub fühlte. Sie starrte ins Nichts und fragte sich, was sie tun sollte. Ein Teil von ihr wollte im Haus einbrechen, wenn auch aus keinem anderen Grund, als es warm zu haben und Schutz zu suchen. Aber sie wusste, das konnte sie nicht tun. Sie war keine Kriminelle.

Scarlet saß eine gefühlte Ewigkeit mit ihrem Kopf in den Händen, fühlte einen intensiven Druck zwischen ihren Augen, und wusste, dass sie irgendwohin musste, irgendwas tun musste. Aber wohin?

Aus irgendeinem Grund dachte Scarlet wieder an ihre Freunde. Maria hasste sie; aber die anderen hatten keinen Grund, sie auch zu hassen. Sie alle waren sich einmal so nahe gewesen. Wenn sie schon nicht mit Maria sprechen konnte, konnte sie aber vielleicht mit Becca oder Jasmin sprechen. Immerhin hatte Scarlet ihnen nichts getan. Und wofür waren Freunde gut, wenn nicht für Zeiten wie diese?

Scarlet stand auf, wischte sich die Tränen fort, ging drei Schritte und hob dann ab in die Luft. Sie würde ihre Freunde finden, sie bitten, sie hereinzulassen, nur für die eine Nacht und dann überlegen, was sie mit ihrem Leben anstellen sollte.




KAPITEL ACHT


Pater McMullen kniete vor dem Altar, seine Hände umklammerten zitternd den Rosenkranz, und betete um Klarheit. Und auch, das musste er zugeben, um Schutz. In seinem Kopf blitzten immer wieder Bilder von diesem Mädchen auf, Scarlet, die ihre Mutter vor ein paar Tagen hergebracht hatte, von dem Moment, als sogar hier, an diesem heiligen Ort, alle Fenster zerbrachen. Der Pater blickte auf und schaute sich um, als wenn er sich fragen würde, ob das alles wirklich passiert war – und er fühlte einen Stich in seinem Magen, als er von der starken Erinnerung erschüttert wurde, die ehemaligen Fenster waren nun mit Sperrholz beschlagen.

Bitte, Vater. Beschütze uns. Beschütze sie. Rette uns vor ihr. Und rette sie vor sich selbst. Ich bitte Dich um ein Zeichen.

Pater McMullen wusste nicht, was er tun sollte. Er war ein Kleinstadtpriester, mit einer Kleinstadtgemeinde und er hatte nicht die Fähigkeiten, sich mit einer spirituellen Kraft dieser Größenordnung auseinanderzusetzen. Er hatte Legenden darüber gelesen, aber er hatte nie gewusst, dass sie echt waren und sicherlich hatte er es nie zuvor mit eigenen Augen gesehen.

Jetzt, nachdem er sein ganzes Leben damit verbracht hatte, zu Gott zu beten, mit anderen über Gut und Böse gesprochen hatte, hatte er es selbst erlebt. Wahre, spirituelle Kräfte trugen Kämpfe aus, hier auf der Erde, für alle sichtbar. Jetzt hatte er es erfahren – alles, was er je gelesen hatte und worüber er zu anderen gesprochen hatte. Und es ängstigte ihn zu Tode.

Kann solch Böses wirklich auf der Erde wandeln? fragte er sich. Wo kommt es her? Was will es? Und warum war es gerade ihm begegnet, ihm in den Schoß gefallen?

Pater McMullen hatte umgehend den Vatikan kontaktiert, hatte berichtet, was vorgefallen war und um Hilfe gebeten, um Orientierung. Vor allem wollte er die beste Hilfe für dieses arme Mädchen. Gab es antike Gebete, antike Zeremonien, die er nicht kannte? Doch zu seinem Entsetzen hatte er keine Antwort erhalten.

Der Pater kniete dort, betend, wie er es jeden Nachmittag tat, allerdings dieses Mal länger und heftiger. Plötzlich zuckte er zusammen, als die alte, hölzerne Eingangstür aufgestoßen wurde und Licht hinter ihm hineinströmte, eine kalte Brise erwischte ihn am Rücken. Er fühlte sich bis ins Mark erschüttert – und das lag nicht nur am Wetter.

Er spürte, dass etwas Dunkles diesen Ort betreten hatte.

Der Pater sprang mit klopfendem Herzen auf die Füße und drehte sich rum, sah zum Eingang und fragte sich, was es sein könnte. Er blinzelte ins Licht.

Drei Männer in ihren Sechzigern kamen herein, alle mit weißem Haar und ganz in schwarz gekleidet, mit schwarzen Rollkragenpullover und Kutten. Er betrachtete sie erstaunt; etwas war anders an ihnen, etwas Unheimliches. Sie sahen nicht aus wie die Priester, die er sonst kannte.





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