Книга - Sklavin, Kriegerin, Königin

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Sklavin, Kriegerin, Königin
Morgan Rice


Für Ruhm und Krone #1
Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird.. Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen. Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Von der Nummer 1 Bestseller Autorin Morgan Rice eine neue mitreißende Fantasy-Serie. Die siebzehn Jahre alte Ceres aus der Reichsstadt Delos ist ein hübsches wenngleich auch armes Mädchen, das als Bürgerliche ein hartes und beschwerliches Leben fristet. Tagsüber liefert sie die von ihrem Vater geschmiedeten Schwerter am Palast aus während sie in der Nacht heimlich am königlichen Hof trainiert, denn ihr größter Traum ist es den für Mädchen verbotenen Beruf der Kriegerin auszuüben. An einen Sklavenhalter verkauft scheint dieser Traum für sie zu platzen. Der achtzehnjährige Prinz Thanos verabscheut die Machenschaften der königlichen Familie zu der auch er gehört. Er hasst das harte Vorgehen gegen das Volk und vor allem den brutalen Wettstreit – Die Tötungen – um den sich im Reich alles dreht. Er sehnt sich danach aus dem Gefängnis seiner Abkunft auszubrechen. Obwohl er selbst ein hervorragender Kämpfer ist, sieht er keinen Ausweg aus seiner Situation. Als Ceres den Hof mit ihren geheimen Kräften verblüfft, wird sie fälschlicherweise eingekerkert und sieht sich mit einem Leben konfrontiert, das sie sich schlimmer nicht hätte vorstellen können. Thanos der ihr vollständig verfallen ist, muss sich entscheiden, ob er alles für sie aufs Spiel setzen will. In einer Welt aus Betrug und tödlichen Geheimnissen lernt Ceres sehr schnell zwischen denjenigen, die die Spielregeln machen und denjenigen die als Spielsteine eingesetzt werden zu unterscheiden. Auserwählt zu sein ist dabei häufig die schlechteste Option. SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN ist eine tragische Geschichte über Liebe, Rache, Betrug, Ehrgeiz und Schicksal. Durch seine unvergesslichen Helden und adrenalinreiche Aktion entführt uns diese Geschichte in eine Welt, die wir niemals vergessen werden und durch die wir uns wieder neu in das Fantasy-Genre verlieben werden. Buch 2 der FÜR RUHM UND KRONE Reihe erscheint bald!





Morgan Rice

SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN FÜR RUHM UND KRONE–BUCH 1




Morgan Rice

Als Autorin von Fantasy-Epen wie der siebzehn-bändigen Reihe DER RING DER ZAUBEREI; der zwölf-bändigen Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE; der bisher zwei-bändigen post-apokalyptischen Bestseller Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS; der sechs-bändigen epischen Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und dem neuen Fanatsy-Epos Serie FÜR RUHM UND KRONE gehört Morgan Rice zu den Bestsellern in ihrem Genre. Morgans Bücher sind als Hör- und Printbücher in mehr als 25 Sprachen erhältlich.

Morgan würde sich freuen von Ihnen zu hören. Besuchen Sie deshalb gerne ihre Homepage www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/) und registrieren Sie sich für ihre E-Mail-Liste. Sie erhalten dafür ein kostenloses Buch und Extra. Downloaden Sie auch die kostenlose App und erhalten Sie die neusten Neuigkeiten über Facebook und Twitter!



Ausgewählte Kritiken zu Morgan Rice

„Wenn Sie geglaubt haben nach dem Ende von DER RING DER ZAUBEREI nicht weiterleben zu können, dann haben Sie sich geirrt. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN hat Morgan Rice eine brillante neue Serie geschaffen, die uns in das Reich von Trollen und Drachen, von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird… Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen.“

–-Books and Movie Reviews

Roberto Mattos



„Ein Action-geladenes Fantasy Abenteuer das nicht nur allen Morgan Rice Fans gefallen wird sondern auch Anhängern von Christopher Paolinis DAS VERMÄCHTNIS DER DRACHENREITER… Fans von Fiction für Jugendliche werden dieses Werk von Rice verschlingen und um eine Fortsetzung betteln.“

–-The Wanderer,A Literary Journal (bezugnehmend auf Der Aufstand der Drachen)



„Ein lebhaftes Fantasy-Abenteuer das auch durch seine mysteriösen Elemente und sein Intrigenspiel besticht. In QUESTE DER HELDEN geht es um Mut und darum einen Sinn im Leben zu finden. Die Helden und Heldinnen reifen, wachsen über sich hinaus und leisten dabei Außergewöhnliches… Alle die ein bissiges Fantasy-Abenteuer suchen, werden bei diesen Protagonisten und dieser Action fündig werden. Vor einer lebhaften Kulisse wächst das verträumte Kind Thor zu einem jungen Erwachsenen heran, das es mit lebensbedrohlichen Herausforderungen aufnehmen muss… Dieser Band verspricht der Anfang einer epischen Serie für Jugendliche zu werden.“

--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)



„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten für einen Bestseller: die Handlung, die Gegenhandlung, viel Geheimnisvolles, wackere Ritter und sich entfaltende Beziehungen voll von Herzschmerz, Betrug und Täuschung. Es wird Ihnen sicherlich keine Minute langweilig sein. Für jedes Alter geeignet, darf es in keiner Fantasy-Buchsammlung fehlen.”

–-Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



„In diesem Action-geladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Reihe Der Ring der Zauberei – die momentan 14 Bände umfasst – stellt Rice ihren Lesern den 14-jährigen Thorgin „Thor“ McLeod vor, dessen Traum es ist in die silberne Legion – der Eliteritter-Einheit des Königs – aufgenommen zu werden… Rices Schreibstil ist solide und ihre Handlung faszinierend.“

--Publishers Weekly



Weitere Morgan Rice Bücher




FÜR RUHM UND KRONE


SLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN (Buch 1)




VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN


DER AUFSTAND DER DRACHEN (Buch 1)


DER AUFSTAND DER TAPFEREN (Buch 2)


DAS GEWICHT DER EHRE (Buch 3)


DIE SCHMIEDE DES MUTS (Buch 4)


EIN REICH DER SCHATTEN (Buch 5)


DIE NACHT DER VERWEGENEN (Buch 6)




DER RING DER ZAUBEREI


QUESTE DER HELDEN (Buch 1)


MARSCH DER KÖNIGE (Buch 2)


FESTMAHL DER DRACHEN (Buch 3)


KAMPF DER EHRE (Buch 4)


SCHWUR DES RUHMS (Buch 5)


ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Buch 6)


RITUS DER SCHWERTER (Buch 7)


GEWÄHR DER WAFFEN (Buch 8)


HIMMEL DER ZAUBER (Buch 9)


MEER DER SCHILDE (Buch 10)


REGENTSCHAFT DES STAHLS (Buch 11)


LAND DES FEUERS (Buch 12)


DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (Buch 13)


DER EID DER BRÜDER (Buch 14)


DER TRAUM DER STERBLICHEN (Buch 15)


DAS TOURNIER DER RITTER (Buch 16)


DAS GESCHENK DER SCHLACHT (Buch 17)




DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS


ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (Buch 1)


ARENA ZWEI (Buch 2)


ARENA DREI (Buch 3)




GEFALLENE VAMPIRE


VOR DEM MORGENGRAUEN (Buch 1)




DER WEG DER VAMPIRE


GEWANDELT (Buch 1)


VERGÖTTERT (Buch 2)


VERRATEN (Buch 3)


BESTIMMT (Buch 4)


BEGEHRT (Buch 5)


VERMÄHLT (Buch 6)


GELOBT (Buch 7)


GEFUNDEN (Buch 8)


ERWECKT (Buch 9)


ERSEHNT (Buch 10)


BERUFEN (Buch 11)


BESESSEN (Buch 12)












Hören Sie die DER RING DER ZAUBEREI


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Audible (http://www.audible.com/pd/Sci-Fi-Fantasy/A-Quest-of-Heroes-Audiobook/B00F9DZV3Y/ref=sr_1_3?qid=1379619215&sr=1-3)


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Copyright © 2016 durch Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie gemäß unter dem US Urheberrecht von 1976 ausdrücklich gestattet, darf kein Teil dieser Veröffentlichung auf irgendwelche Weise oder in irgendeiner Form sei es elektronisch oder mechanisch kopiert, reproduziert, verteilt oder angezeigt werden ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Autoren eingeholt zu haben. Dieses Ebook ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Dieses Ebook darf kein zweites Mal verkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch an andere Personen weitergeben wollen, so erwerben Sie bitte für jeden Rezipienten ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen ohne es käuflich erworben zu haben oder es nicht für Ihren alleinigen Gebrauch erworben wurde, so geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Es handelt sich um eine fiktive Handlung. Namen, Charaktere, Geschäftsangelegenheiten, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle entspringen der Fantasie der Autorin oder werden fiktional benutzt. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen, ob tot oder lebendig, sind zufälliger Natur. Die Bildrechte des Bildbandes liegen bei Nejron Photo und werden unter der Lizenz Shutterstock.com verwendet.


„Komm nah her zu mir, lieber Krieger und ich werde dir eine Geschichte erzählen.
Eine Geschichte von fernen Schlachten
Eine Geschichte von Männern und Heldenmut.
Eine Geschichte von Ruhm und Krone.“

    --Die vergessenen Chroniken von Lysa






KAPITEL EINS


Ceres’ Schritte hallten in den dunklen Gassen von Delos wider. Aufregung pochte in ihren Adern und sie wusste, dass sie nicht zu spät kommen durfte. Die Sonne ging gerade erst in der Stadt auf und doch wog ihre schwülstaubige Luft bereits schwer. Sie achtete nicht auf ihre Beine die schmerzten und ihre Lunge die brannte, sie rannte immer schneller und sprang dabei über eine der zahllosen Mäuse, die aus der Kanalisation auf die Straßen geflohen war. Sie konnte bereits das Grollen in der Ferne hören und ihr Herz schlug voller Vorfreude höher.

Sie ließ ihre Hände die Steinmauern entlangfahren und drehte sich kurz um bevor sie in eine der engen Straßen einbog immer darauf bedacht, dass ihre Brüder nicht den Anschluss verloren. Sie war froh, Nesos an ihren Fersen und Sartes nur wenige Schritte dahinter zu erblicken. Mit neunzehn Jahren war Nesos nur zwei Sonnenzyklen älter als sie, Sartes ihr jüngster Bruder war hingegen vier Sonnenzyklen jünger und gerade dabei vollständig zum Mann zu reifen. Beide hatten sie langes dunkelblondes Haar und braune Augen. Sie sahen sich zum verwechseln ähnlich und waren im Gegensatz zu Ceres ihren Eltern wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch wenn sie ein Mädchen war, war es ihnen nie gelungen mit ihr Schritt zu halten.

„So beeilt euch doch!“ schrie Ceres über ihre Schulter hinweg.

Erneut drang das Grollen an ihr Ohr und auch wenn sie noch nie bei dem Festival gewesen war, so hatte sie es sich doch viele Mal in ihrer Fantasie ausgemalt: die gesamte Stadt, Delos’ drei Millionen Bürger, drängte ins Stadion zum Feiertag der Sonnenwende. Es würde mit nichts was sie je zuvor gesehen hatte zu vergleichen sein und wenn ihre Brüder und sie sich nicht beeilten, würde es keinen Sitzplatz mehr geben.

Ceres legte noch weiter an Geschwindigkeit zu und wischte einen Schweißtropfen von ihrer Augenbraue. Sie trocknete ihre Hand an der ausgefranste elfenbeinfarbenen Tunika, die ihre Mutter ihr überlassen hatte. Sie hatte noch nie neue Kleidung bekommen. Ihre Mutter, die ganz in ihre Brüder vernarrt war und einen eigentümlich neidbesetzten Hass gegen sie pflegte, war der Ansicht, dass sie es nicht verdiente.

„Warte!“ schrie Sartes, Verärgerung schwang in seiner brüchigen Stimme.

Ceres grinste.

„Soll ich dich vielleicht tragen?“ schrie sie zurück.

Er ließ sich nicht gerne von ihr ärgern, dennoch würde ihre Bemerkung ihn motivieren schneller zu laufen. Ceres machte es eigentlich nichts aus vorneweg zu laufen. Sie fand es liebenswert wie er mit seinen dreizehn Jahren alles dafür gab zu ihnen zu gehören und auch wenn sie es nicht offen zugegeben hätte, so brauchte sie das Gefühl von ihm gebraucht zu werden genauso sehr.

Sartes stöhnte laut auf.

„Mutter wird dich umbringen, wenn sie herausfindet, dass du wieder nicht ihren Anweisungen gefolgt bist!“ schrie er zurück.

Er hatte natürlich Recht. Sie würde ihr mindestens eine ordentliche Tracht Prügel verpassen.

Es war der Moment in dem ihre Mutter sie im Alter von fünf Jahren zum ersten Mal geschlagen hatte der Ceres ihre Unschuld geraubt hatte. Vor diesem Moment war Ceres ein lustiges, liebes und gutes Kind gewesen. Danach war ihr kein Ort jemals mehr sicher erschienen und sie erwartete seitdem ungeduldig und hoffnungsvoll den Tag, an dem sie ihr würde entkommen können. Heute war sie älter und verschlossener und auch ihr großer Traum verwelkte langsam in ihrem Herzen.

Ceres wusste, dass ihre Brüder sie niemals verraten würden. Sie vertraute ihnen in dem gleichen Maße, wie sie ihr vertrauten.

„Dann ist es doch gut, dass Mutter es niemals erfahren wird!“ schrie sie zurück.

„Vater wird es jedoch herausfinden!“ konterte Sartes.

Sie kicherte. Vater wusste es bereits. Sie hatten mit ihm eine Verabredung getroffen: wenn sie aufbleiben würde, um die Schwerte für den Palast fertig zu schleifen, dann würde sie die Tötungen sehen dürfen. Genau das hatte sie getan.

Ceres hatte die Mauer am Ende der Gasse erreicht. Sie grub ohne auch nur Luft zu holen ihre Finger in zwei Steinspalten und begann die Mauer hinaufzuklettern. Ihre Hände und Füße bewegten sich rasch nach oben, nach gut sechs Metern hatte sie das obere Ende erreicht.

Dort stand sie schwer atmend, helle Sonnenstrahlen liebkosten sie. Eine Hand spendete ihren Augen etwas Schatten.

Sie keuchte. Normalerweise erblickte man nur wenige Bürger der alten Stadt von hier, vielleicht noch eine herumstreunende Katze oder einen Hund. Heute jedoch herrschte ein lebhaftes Treiben. Schwärme von Menschen strömten herbei. Ceres konnte nicht einmal mehr das Kopfsteinpflaster unter dem Meer von Menschen die auf den Quellplatz strömten ausmachen.

In der Ferne schimmerte das Blau des Ozeans, es kontrastierte mit dem Weiß des eindrucksvollen Stadions, das wie ein Berg über den sich windenden Straßen und engen zwei- und dreistöckigen Häusern thronte. An den Seiten des Platzes hatten Händler kleine Stände aufgebaut, jeder war begierig darauf Essen, Schmuck oder Kleidung zu verkaufen.

Eine Windbrise fuhr ihr über das Gesicht und der Geruch von frisch Gebackenem stieg ihr in die Nase. Sie hätte viel dafür gegeben ihren bohrenden Hunger zu stillen. Sie schlang die Arme um ihren Körper, als nagender Hunger sie überkam. Das Frühstück heute Morgen hatte nur aus einigen Löffeln matschigen Breis bestanden, der sie hungriger zurückgelassen hatte, als wenn sie ihn nicht gegessen hätte. Angesichts der Tatsache, dass heute ihr achtzehnter Geburtstag war, war sie zuversichtlich gewesen wenigstens einen kleinen extra Leckerbissen in ihrer Schüssel zu finden – oder eine Umarmung oder irgendetwas.

Aber niemand hatte ihren Geburtstag auch nur erwähnt. Sie bezweifelte, dass sie sich überhaupt an das genaue Datum erinnerten.

Das Licht blendete sie und Ceres blickte nach unten und erspähte einen goldenen Wagen, der sich langsam und schimmernd seinen Weg durch die Menge bahnte als würde er in einem Topf Honig stecken. Sie runzelte die Stirn. In ihrer Aufregung hatte sie ganz vergessen, dass auch das Königshaus bei der Veranstaltung anwesend sein würde. Sie verachtete sie, ihre Hochmütigkeit und dass ihre Tiere mehr zu fressen bekamen als die meisten Menschen von Delos. Ihre Brüder waren zuversichtlich, dass sie sich eines Tages über das Klassensystem hinwegsetzen würden. Aber Ceres konnte ihren Optimismus nicht teilen. Wenn jemals der Gedanke der Gleichheit Einzug halten sollte, dann durch eine Revolution.

„Siehst du ihn?“ Nesos keuchte als er sich neben ihr heraufquälte.

Ceres’ Herz begann beim Gedanken an ihn schneller zu schlagen. Rexus. Auch sie hatte sich bereits gefragt, ob er schon hier sein würde, doch ihre Blicke hatten erfolglos die Menge durchkämmt.

Sie schüttelte den Kopf.

„Dort.“ Nesos deutete mit dem Finger auf etwas.

Sie blinzelte seiner Hand folgend in Richtung Quelle.

Plötzliche erblickte sie ihn und es fiel ihr schwer ihrer Freude nicht zu viel Ausdruck zu verleihen. Sie fühlte sich wie immer, wenn sie ihn sah. Dort saß er, auf dem Rande des Brunnens und spannte seinen Bogen. Auch wenn er weit entfernt war, konnte sie das Spiel seiner Schulter- und Brustmuskeln unter seiner Tunika sehen. Er war nur wenige Jahre älter als sie, hatte blondes Haar, das unter den vielen schwarzen und braunen Häuptern herausstach und gebräunte Haut, die in der Sonne schimmerte.

„Warte!“ rief eine Stimme.

Ceres blickte die Mauer hinab und sah wie Sartes sich beschwerlich seinen Weg nach oben bahnte.

„Beeil dich oder wir ziehen ohne dich weiter!“ spornte Nesos ihn an.

Natürlich würden sie nicht im Traum ihren jüngeren Bruder zurücklassen auch wenn er langsam lernen musste mithalten zu können. In Delos konnte ein Moment der Schwäche tödlich enden.

Nesos fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. Immer noch nach Atem ringend beobachtete er die Menge.

„Auf wen hast du dein Geld gesetzt?“ fragte er.

Ceres drehte sich zu ihm um und lachte.

„Welches Geld?“ fragte sie.

Er grinste.

„Angenommen du hättest welches“, antwortete er.

„Brennius“, erwiderte sie ohne zu zögern.

Seine Brauen eilten überrascht nach oben.

„Wirklich?“ fragte er. „Warum?“

„Ich weiß nicht.“ Sie zuckte die Schultern. „Nur so eine Ahnung.“

Aber eigentlich wusste sie warum. Sie wusste es sogar sehr gut, besser als ihre Brüder, besser als alle Jungen ihrer Stadt. Ceres hatte ein Geheimnis, dass sie noch niemandem verraten hatte. Sie hatte sich gelegentlich als Junge verkleidet und im Palast trainiert. Durch einen königlichen Erlass war es Mädchen unter Androhung der Todesstrafe strengstens untersagt die Kunst der Kampfherren zu erlernen. Männlichen Bürgerlichen stand es hingegen offen diese Kunst zu studieren, wenn sie die gleiche Zahl an Arbeitsstunden in den königlichen Ställen ableisteten. Eine Arbeit, die Ceres freudig in Kauf nahm.

Sie hatte Brennius beobachtet und war von seiner Art zu kämpfen beeindruckt gewesen. Er war mitnichten der größte der Kampfherren, doch seine Bewegungen waren präzise.

„Nie und nimmer“, erwiderte Nesos. „Stefanus wird siegen.“

Sie schüttelte den Kopf.

„Stefanus wird die ersten zehn Minuten nicht überleben“, sagte sie kurz.

Stefanus brachte alle offensichtlichen Merkmale mit. Er war der größte der Kampfherren und wahrscheinlich auch der stärkste. Dennoch war sein Kämpfen weniger überlegt als das Brennius’ oder einiger anderer der Krieger, die sie beobachtet hatte.

Nesos lachte auf.

„Ich wette mein bestes Schwert darauf.“

Sie blickte auf das Schwert, das an seiner Hüfte befestigt war. Er hatte keine Ahnung wie neidisch sie gewesen war, als er dieses Prachtstück einer Waffe als Geburtstagsgeschenk von Mutter vor drei Jahren geschenkt bekommen hatte. Das Schwert, das Ceres trug, hatte sie aus dem Müll gefischt nachdem ihr Vater er ausrangiert hatte. Sie dachte an all die Dinge, die sie mit einer Waffe wie der Nesos’ machen könnte.

„Ich werde darauf bestehen, nur dass du es weißt“, sagte Ceres und grinste – auch wenn sie ihm in Wirklichkeit niemals sein Schwert abgenommen hätte.

„Ich erwarte nichts geringeres“, feixte er zurück.

Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und ein dunkler Gedanke machte sich in ihrem Kopf breit.

„Mutter würde das niemals gestatten“, sagte sie.

„Aber Vater würde es“, sagte er. „Er ist sehr stolz auf dich, das weißt du.“

Nesos’ gut gemeinter Kommentar überrumpelte sie und da sie nicht recht wusste, ob sie dem zustimmen sollte, senkte sie ihren Blick. Sie liebte ihren Vater sehr und er liebte sie, das wusste sie. Doch aus irgendeinem Grund stand ihre Mutter für ihn an erster Stelle. Es war ihr sehnlichster Wunsch gewesen, dass ihre Mutter sie akzeptieren und so sehr lieben würde wie sie ihre Brüder liebte. Aber so sehr sie es auch versuchte, in den Augen ihrer Mutter würde es nie genug sein.

Sartes schnaubte als er den letzten Satz auf die Mauer hinter ihnen machte. Er war noch immer ungefähr einen Kopf kleiner als Ceres und dürr wie ein Ästchen. Doch sie war davon überzeugt, dass er schon bald wie ein Bambusspross in die Höhe schießen würde. So war es bei Nesos gewesen. Der war heute ein muskelbepackter Fels, der fast zwei Meter groß war.

„Und du?“ Ceres drehte sich zu Sartes. „Wer glaubst du wird gewinnen?“

„Ich bin auf deiner Seite. Brennius.“

Sie grinste und wuschelte ihm durch sein Haar. Er wiederholte immer was sie sagte.

Erneut war ein Grollen zu hören, die Menge verdichtete sich noch mehr und Unruhe machte sich in Ceres breit.

„Lasst uns gehen“, sagte sie, „wir sollten keine Zeit verschwenden.“

Ohne zu warten kletterte Ceres die Mauer hinab und rannte los sobald sie auf dem Boden stand. Den Brunnen im Visier und darauf bedacht Rexus dort noch zu erwischen sauste sie über den Platz.

Er drehte sich um und seine Augen leuchteten als er sie kommen sah. Sie stürzte auf ihn zu und fühlte wie seine Arme sich um ihre Hüfte schlangen und eine schmutzige Wange sich gegen die ihre drückte.

„Ciri“, sagte er in seiner tiefen und rauen Stimme.

Ein Schauer fuhr ihr den Nacken herab als sie sich aus seinen Armen wand und in Rexus‘ kobaltblaue Augen blickte. Mit einem Meter fünfundachtzig war er fast einen Kopf größer als sie. Sein borstiges blondes Haar umrahmte sein herzförmiges Gesicht. Er roch nach Seife und wilder Natur. Himmel, war es schön ihn wiederzusehen. Auch wenn sie sich in fast jeder Situation zu wehren wusste, so verlieh seine Gegenwart ihr doch eine gewisse Ruhe.

Ceres stellte sich auf ihre Fußspitzen und schlang begierig ihre Arme um seinen kräftigen Hals. Sie hatte in ihm nie mehr als nur einen Freund gesehen bis er angefangen hatte von der Revolution und der Untergrundarmee, deren Mitglied er war, zu sprechen. „Wir werden kämpfen und uns von dem Joch der Unterdrückung befreien“, hatte er ihr vor Jahren einmal gesagt. Er hatte mit solcher Inbrunst von der Rebellion gesprochen, dass sie für einen Moment an den Sturz des Königshauses geglaubt hatte.

„Wie war die Jagt?“ fragte sie mit einem Lächeln, denn sie wusste, dass er mehrere Tage unterwegs gewesen war.

„Ich habe dein Lächeln vermisst.“ Er strich ihr langes rosig-goldenes Haar zurück. „Und deine smaragdgrünen Augen.“

Ceres hatte ihn auch vermisst, aber sie wagte nicht es auszusprechen. Sie hatte zu viel Angst ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen sollten sie sich näherkommen.

„Rexus“, rief Nesos, der mit Sartes an seinen Fersen nun auch den Brunnen erreicht hatte und seinen Arm ergriff.

„Nesos“, sagte er in seiner tiefen väterlichen Stimme. „Wir haben nur noch wenig Zeit, wenn wir reinkommen wollen“, setzte er hinzu und nickte den anderen zu.

Sie eilten davon und mischten sich unter die Menge, die sich Richtung Stadion bewegte. Die Soldaten des Kaisers waren überall und trieben den Menschenpulk wenn nötig auch mit Stöcken und Peitschen voran. Je mehr sie sich der Straße zum Stadion nährten desto zäher wurde die Menschenmasse.

Doch plötzlich drang von einem der Stände ein Geschrei an Ceres’ Ohr. Sie blieb instinktiv stehen und drehte sich in die Richtung aus der es gekommen war. Sie sah wie die Menge vor einem von zwei Reichssoldaten und einem Händler eingerahmten kleinen Jungen zurückgewichen war. Einige der Umstehenden liefen eilend weiter, andere bildeten gaffend einen Kreis um die Szene.

Ceres stürzte nach vorne und sah wie einer der Soldaten erst einen Apfel aus der Hand des Jungen schlug und dann den Arm des Kleinen ergriff, um ihn heftig zu schütteln.

„Dieb!“ brüllte er.

„Mitleid, bitte!“ schrie der Junge, Tränen rannen über sein dreckiges Gesicht und seine hohlen Wangen. „Ich hatte… solchen Hunger!“

Ceres’ Herz quoll vor Mitgefühl über, denn sie wusste, wie sich dieser Hunger anfühlte – und sie wusste, dass die Soldaten keine Gnade würden walten lassen.

„Lassen Sie den Jungen gehen“, sagte der wohlbeleibte Händler mit einer Handgeste, die seinen goldenen Ring in der Sonne aufblitzen ließ. „Es schadet mir nicht, ihm einen Apfel zu geben. Ich habe hunderte Äpfel.“ Er lachte leise, als würde er versuchen wollen die Situation zu entschärfen.

Immer mehr Schaulustige blieben stehen. Die Menge verstummte als die Soldaten sich dem Händler zuwandten. Ihre glänzenden Rüstungen klapperten. Ceres’ Herz blieb bei diesem Anblick fast stehen – sie wusste, dass man das Reich niemals in Frage zu stellen hatte.

Der Soldat trat bedrohlich auf den Händler zu.

„Du verteidigst einen Kriminellen?“

Der Händler schaute unsicher von einem zum anderen. Schließlich drehte sich der Soldat zu dem Jungen hin und schlug ihm mit einem markerschütternd lauten Hieb ins Gesicht. Ein Schauer lief Ceres über den Rücken.

Der Junge fiel dumpf zu Boden. Die Menge hielt den Atem an.

Auf den Händler zeigend sagte der Soldat, „um deine Treue zum Kaiserreich unter Beweis zu stellen wirst du den Jungen festhalten während wir ihn auspeitschen.“

Die Augen des Händlers verhärteten sich, sein Gesicht fing an zu schwitzen. Ceres war überrascht, dass er standhaft blieb.

„Nein“, erwiderte er.

Der zweite Soldat tat zwei bedrohliche Schritte auf den Händler zu, eine Hand am Griff seines Schwertes.

„Wirst du wohl gehorchen, oder willst du deinen Kopf verlieren und dein Geschäft in Flammen aufgehen sehen?“ fragte der Soldat.

Das runde Gesicht des Händlers wurde bleich und Ceres wusste, dass er sich geschlagen geben musste.

Langsam ging er zu dem Jungen hinüber und griff seinen Arm. Er kniete vor ihm nieder.

„Bitte verzeih mir“, sagte er, Tränen schimmerten in seinen Augen.

Der Junge wimmerte und versuchte sich schreiend aus dem Griff des Händlers zu befreien.

Ceres sah, dass das Kind zitterte. Sie wollte weiter zum Stadion um das hier nicht mit ansehen zu müssen. Doch ihre Füße waren wie gelähmt und ihre Augen auf die zu erwartende Grausamkeit gerichtet.

Der erste Soldat zerriss die Tunika des Jungen während der zweite Soldat eine Peitsche über seinem Kopf schwang. Die meisten Schaulustigen jubelten den Soldaten zu, doch einige murmelten nur und verließen mit hängenden Köpfen den Schauplatz.

Niemand verteidigte den Dieb.

Mit einem gierigen, fast wahnsinnigen Ausdruck im Gesicht ließ der Soldat die Peitsche auf dem Rücken des Jungen niedergehen. Er schrie vor Schmerzen. Blut quoll aus den frischen Furchen seines Rückens. Immer und immer wieder zischte das Folterinstrument nieder. Der Soldat peitschte den Jungen solange bis ihm der Kopf in den Nacken fiel und er verstummte.

Ceres verspürte den starken Drang nach vorne zu laufen und den Jungen zu retten. Doch sie wusste, dass es ihren Tod bedeuten würde und den Tod all jener, die sie liebte. Sie ließ resigniert die Schultern hängen. In ihrem Kopf schwor sie eines Tages Rache zu nehmen.

Sie zog Sartes zu sich und hielt ihm in einem verzweifelten Versuch seine Unschuld zu bewahren die Augen zu. Nur ein paar Jahre der Unschuld wollte sie ihm noch geben auch wenn es in diesem Land keine Unschuld gab. Sie musste sich dazu zwingen ihrem Impuls nicht nachzugeben. Als Mann musste er diese grausamen Taten mitansehen nicht nur um sich daran zu gewöhnen, sondern auch um später ein starker Mitstreiter der Rebellion zu werden.

Die Soldaten griffen nach dem Jungen, der noch immer in den Händen des Händlers lag und schmissen seinen leblosen Körper auf einen hölzernen Wagen. Der Händler schlug seine Hände ins Gesicht und schluchzte.

Nach nur wenigen Sekunden hatte sich der Wagen in Bewegung gesetzt und der vormals leere Raum füllte sich erneut mit Menschen, die sich schlängelnd über den Platz bewegten als wäre nichts passiert.

Ceres fühlte Übelkeit in ihr aufkommen. Es war ungerecht. In genau diesem Augenblick konnte sie ein halbes Dutzend Taschendiebe ausmachen – Männer und Frauen, die ihre Kunst so weit ausgefeilt hatten, dass selbst die Reichssoldaten sie nicht erwischen konnten. Das Leben des armen Jungen war nun für immer ruiniert, weil seine Fähigkeit zu stehlen nicht ausgereift genug gewesen war. Einmal in die Falle gegangen, würden Dieben ob jung oder alt die Gliedmaßen oder noch mehr abgeschlagen, das hing von der Laune des Richters an jenen Tagen ab. Wenn er Glück hatte, würde er sein Leben behalten und dazu verurteilt lebenslang in einer der Goldminen zu schuften. Ceres hätte lieber den Tod in Kauf genommen als eine solche Strafe auf sich zu nehmen.

Schulter an Schulter zusammen mit den Anderen und in zunehmend unerträglicher Hitze gingen sie weiter. Die Stimmung war gedrückt.

Ein goldener Wagen bahnte sich seinen Weg durch die Menge und zwang die Leute ihm auszuweichen. An den Seiten wurden Menschen an die Häuserwände gedrückt. Ceres musste einen ordentlichen Stoß einstecken. Sie blickte nach oben und sah drei Mädchen in bunten Seidenkleidern. Gold und Juwelen schmückten ihre aufwendig hochgesteckte Haarpracht. Eines der Mädchen warf lachend eine Münze auf die Straße und eine Handvoll Bürgerlicher kroch aufgescheucht suchend auf dem Boden herum um das Stück Metall zu ergattern, das ihre Familie einen ganzen Monat lang ernähren würde.

Ceres hätte sich niemals dazu herabgelassen solche Almosen anzunehmen. Sie wäre lieber verhungert als eine Schenkung von denen anzunehmen.

Sie beobachtete wie es einem jungen Mann gelang die Münze zu erhaschen. Doch ein älterer Mann rang ihn zu Boden und begann ihn mit steifer Hand zu würgen. Mit der freien Hand nötigte er ihn die Münze aus seiner Hand freizugeben.

Die Mädchen amüsierten sich köstlich und zeigten mit dem Finger auf sie bevor ihr Wagen sich wieder in Bewegung setzte und weiter durch die Menge mähte.

Ceres’ Inneres zog sich angewidert zusammen.

„Bald schon wird es keine Ungleichheit mehr geben“, sagte Rexus. „Dafür werde ich sorgen.“

Ceres’ Brust straffte sich beim Klang dieser Worte. Eines Tages würde sie mit ihm und ihren Brüder Seite an Seite in der Rebellion kämpfen.

Als sie sich dem Stadion näherten, wurden die Straßen breiter und Ceres hatte das Gefühl endlich wieder atmen zu können. Die Luft schwirrte. Sie hatte das Gefühl vor Aufregung fast zu platzen.

Sie lief durch einen der vielen gewölbten Eingänge und schaute nach oben.

Es wimmelte nur so vor Bürgerlichen in dem prächtigen Stadion. Die ovale Struktur war auf der äußersten Nordseite eingestürzt und der Großteil der roten Sonnensegel war zerrissen und bot somit wenig Schutz vor der sengenden Sonne. Wilde Tiere knurrten hinter eisernen Toren und unter Falltüren. Sie konnte sehen, dass die Kampfherren hinter den Toren bereit standen.

Ceres stand da wie gebannt. Als wäre es ein Wunder, sog sie alles in sich auf.

Schneller als sie es hätte bemerken können, war sie hinter Rexus und ihren Brüdern zurückgefallen. Sie eilte nach vorne um sie einzuholen, doch schon war sie von vier stämmigen Männern umzingelt. Sie roch den Alkohol, Fischgestank und Körpergeruch als sie ihr zu nahe kamen und sie mit ihren verfaulten Zähnen und fratzenhaften Grinsen anglotzten.

„Du kommst mit uns hübsches Mädchen“, sagte einer von ihnen während sie sich ihr gemeinschaftlich näherten.

Ceres’ Herz begann schneller zu schlagen. Sie suchte mit ihren Blicken nach den Anderen, aber die Menge hatte sie bereits vollends verschluckt.

Sie setzte ihr tapferstes Gesicht auf und konterte.

„Lasst mich in Ruhe oder…“

Sie brachen in Gelächter aus.

„Was?“ machte sich einer über sie lustig. „Ein kleines Mädchen wie du will es mit uns vieren aufnehmen?“

„Wir könnten dich tretend und schreiend nach draußen befördern und niemand würde sich um dich scheren“, fügte ein anderer hinzu.

Er hatte Recht. Aus dem Augenwinkel konnte Ceres sehen wie die Leute vorbeieilten und so taten als würden sie nicht sehen, dass sie von den vier Männern bedrängt wurde.

Plötzlich nahm das Gesicht des Anführers einen ernsten Ausdruck an und mit einer flinken Bewegung griff er nach ihren Armen und zog sie nahe zu sich heran. Sie wusste, dass sie sie ohne Schwierigkeiten von hier wegschaffen konnten, ohne dass sie jemals wiedergesehen würde. Dieser Gedanke machte ihr die größte Angst.

Ohne Rücksicht auf ihr pochendes Herz wrang Ceres sich aus dem Griff des Anführers frei. Die anderen Männer johlten vor Begeisterung, doch als sie dem Anführer ihre Handwurzel gegen die Nase rammte und seinen Kopf zurückstieß wurden sie still.

Der Anführer hielt sich mit seinen dreckigen Händen die Nase und stöhnte.

Sie wusste, dass dies ihre einzige Chance sein würde und so ließ sie ihm keine Zeit sich zu erholen und trat ihm in den Magen. Ihr Kampftraining zahlte sich aus, er klappte zusammen.

Doch sofort waren die anderen drei auf den Plan gerufen. Ihre starken Hände griffen zerrend nach ihr.

Doch dann ließen sie von ihr ab. Ceres blickte erleichtert auf und sah wie Rexus einem der Männer ins Gesicht schlug und ihn ausknockte.

Dann tauchte Nesos auf und griff nach einem anderen, stieß ihm sein Knie in den Magen und trat ihn auf den Boden. Er blieb in einer roten Lache liegen.

Der vierte Mann hatte es auf Ceres abgesehen. Doch gerade als er sie angreifen wollte, duckte sie sich drehend, trat ihm in die Seite und verhalf ihm kopfüber zu einem Zusammenprall mit dem Pfeiler.

Ceres atmete schwer und versuchte zu verstehen was gerade passiert war.

Rexus legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Alles klar?“

Ceres’ Herz raste noch immer wie wild, doch schnell machte Stolz sich auf ihrem Gesicht breit. Sie hatte sich gut geschlagen.

Sie nickte und Rexus legte einen Arm um ihre Schultern und sie gingen weiter. Sein Gesicht war ein einziges Grinsen.

„Was?“ fragte Ceres.

„Als ich sah was passierte, wollte ich nichts lieber als mein Schwert in jedem einzelnen von ihnen zu versenken. Aber dann hab ich gesehen wie du dich verteidigt hast.“ Er schüttelte seinen Kopf und lachte. „Das hatten sie nicht erwartet.“

Sie merkte, dass sie rot wurde. Sie hätte gerne gesagt, dass sie keine Angst gehabt hatte, doch das stimmt nicht.

„Ich war angespannt“, gab sie zu.

„Ciri angespannt? Niemals.“ Er küsste ihren Kopf und sie drangen weiter in das Innere des Stadions vor.

Sie fanden einige Sitze in den unteren Rängen und nahmen Platz. Ceres war berauscht. Sie würde die Ereignisse des heutigen Tages hinter sich lassen und in die Aufregung der jubelnden Massen miteinstimmen.

„Siehst du die da?“

Ceres folgte Rexus’ Finger und blickte nach oben zu einer der Dutzend Boxen, in denen Jugendliche saßen und an silbernen Weinbechern nippten. Sie hatte noch nie in ihrem Leben solch prachtvolle Kleidung gesehen, noch nie Tische, die vor köstlichem Essen geradezu überquollen und auch die Fülle an glitzernden Juwelen war ihr fremd. Keiner von ihnen hatte eingefallene Wangen oder Hungerbäuche.

„Was machen die dort?“ fragte sie als sie beobachtete wie einer von ihnen Münzen in einem goldenen Becher einsammelte.

„Einem jeden von ihnen gehört ein Kampfherr“, sagte Rexus, „und sie wetten darauf welcher gewinnen wird.“

Ceres stöhnte. Sie verstand, dass es für diese Leute nichts als ein Spiel war. Es war klar, dass die verwöhnten Jugendlichen sich wenig um Kämpfer oder Kampfkunst scherten. Sie wollten einfach nur sehen, ob ihr Kampfherr würde gewinnen können. Für Ceres ging es bei dieser Veranstaltung jedoch um Ehre, Mut und Technik.

Die königlichen Banner waren gehisst, Trompeten ertönten und als die ehernen Tore an beiden Enden des Stadions aufsprangen, marschierte ein Kampfherr nach dem anderen aus den schwarzen Löchern der Anlage. Ihre Rüstungen fingen das Sonnenlicht und warfen Lichtstrahlen in die Menge.

Die Menge tobte als diese Kampfmaschinen in die Arena marschierten. Ceres ließ sich von den Beifall klatschenden Massen mitreißen und sprang auf. Die Kämpfer erreichten in einem mit dem Gesicht nach außen gekehrten Zirkel ihre Positionen. Ihre Äxte, Schwerter, Speere, Schilder, Dreizacke, Peitschen und anderen Waffen reckten sie in die Luft.

„Wohlergehen dem König Claudius“, schrien sie.

Wieder wurden Trompeten geblasen und der goldene Wagen von König Claudius und Königin Athena sauste durch einen der Eingänge in die Arena. Es folgten der Wagen mit Kronprinz Avilius und Prinzessin Floriana und schließlich die restliche königliche Entourage und Sippschaft. Jeder der Wägen wurde von zwei schneeweißen mit Gold und Juwelen geschmückten Schimmeln gezogen.

Ceres machte unter ihnen Prinz Thanos aus und sie war angewidert vom finsteren Blick des Neunzehnjährigen. Wenn sie Schwerter für ihren Vater auslieferte, hatte sie gelegentlich gesehen wie der Prinz mit den Kampfherren im Palast sprach. Ihm stand stets dieser Ausdruck von Verachtung und Hochmut ins Gesicht geschrieben. Sein Körperbau stand in nichts dem der Kämpfer nach – man hätte ihn leicht für einen halten können. Seine Arme waren muskelbepackt, seine Hüften straft und definiert und seine Beine glichen zwei harten Baumstämmen. Dennoch machte sein offenkundiger Mangel an Respekt und Leidenschaft für seine Position Ceres wütend.

Trompeten erschallten als die Angehörigen des Königshauses zu ihren Podiumsplätzen paradierten und damit den Beginn der Tötungen anzeigten.

Die Menge brüllte als alle Kampfherren bis auf zwei wieder hinter den Eisentoren verschwanden.

Ceres erkannte, dass es sich bei dem einen um Stefanus handelte. Den anderen jedoch, der nichts als einen beschirmten Helm und einen von einem Ledergürtel gehaltenen Lendenschutz trug, konnte sie nicht zuordnen. Vielleicht war er von weit her angereist um an den Kämpfen teilzunehmen. Seine gut eingeölte Haut glich der Farbe fruchtbaren Bodens und sein Haar war so schwarz wie die Nacht. Durch die Schlitze in seinem Helm konnte Ceres die Entschlossenheit in seinen Augen sehen und sie wusste sogleich, dass Stefanus’ letzte Stunde geschlagen hatte.

„Keine Sorge“, sagte Ceres und blickte zu Nesos hinüber. „Du kannst dein Schwert behalten.“

„Noch hat er nicht verloren“, antwortete Nesos mit einem Grinsen. „Stefanus würde nicht so weit oben auf der Favoritenliste stehen, wenn er nichts zu bieten hätte.“

Als Stefanus seinen Dreizack und sein Schwert in die Luft schwang wurde es still.

„Stefanus!“ rief mit erhobener und geballter Faust einer der wohlhabenden jungen Männer aus einer der Kabinen. „Stärke und Mut!“

Stefanus nickte in Richtung des jungen Mannes und die Menge bekundete brüllend ihre Zustimmung und dann stürzte er sich mit voller Kraft auf den Weithergereisten. Dieser wich geschickt aus, drehte sich und schlug mit seinem Schwert nach Stefanus, den er nur um wenige Zentimeter verfehlte.

Ceres zuckte zusammen. Bei solchen Reflexen würde Stefanus nicht lange durchhalten. Immer wieder auf Stefanus’ Schild einschlagend stieß der Fremde laute Kampfschreie aus während Stefanus weiter zurückwich. Aus einer Geste der Verzweiflung stieß Stefanus dem Fremden eine Ecke seines Schilds ins Gesicht. Blut schoss durch die Luft und sein Feind taumelte zu Boden.

Ceres gefiel dieser Schachzug. Vielleicht hatte sich Stefanus’ Technik verbessert seitdem sie ihn das letzte Mal trainieren gesehen hatte.

„Stefanus! Stefanus! Stefanus!“ skandierten die Zuschauer im Chor.

Stefanus richtete sich zu Füßen des verletzten Kriegers auf, doch in dem Moment als er ihm den Todesstoß mit seinem Dreizack verpassen wollte, hob der Fremde seine Beine und trat Stefanus mit voller Wucht, sodass er rückwärts stolperte und auf seinem Hinterteil landete. Beide sprangen katzengleich auf ihre Füße und standen sich erneut gegenüber.

Keiner ließ den anderen aus den Augen und sie begannen sich lauernd im Kreis zu bewegen. Die Luft war zum zerreißen angespannt.

Der Fremde fletschte die Zähne, schwang sein Schwert in die Luft und rannte auf Stefanus zu. Stefanus wich rasch zur Seite aus und erwischte ihn mit seinem Schwert am Oberschenkel. Im Gegenzug schwang der Fremde sein Schwert herum und verletzte Stefanus am Arm.

Beide Kämpfer brüllten vor Schmerz, doch schienen die Wunden sie nur noch mehr in Rage zu versetzen statt sie auszubremsen. Der Fremde riss sich seinen Helm vom Kopf und schmiss ihn auf den Boden. Von dem schwarzen Bart seines Kinns rann Blut, sein rechtes Auge war geschwollen, doch in seinem Gesichtsausdruck konnte Ceres erkennen, dass er es satt hatte Spielchen mit Stefanus zu spielen. Er wollte ihn jetzt einfach nur noch töten. Aber wie schnell würde es ihm gelingen ihn abzuschlachten?

Stefanus ging auf den Fremden los und Ceres schnappte nach Luft als Stefanus’ Dreizack mit dem Schwert seines Kontrahenten zusammenstieß. Auge in Auge versuchte ein jeder die Oberhand zu gewinnen. Sie stöhnten, keuchten und schoben, ihre Adern traten hervor und Muskeln spielten unter ihrer verschwitzten Haut.

Der Fremde duckte sich und wrang sich aus dem Griff ihrer Waffen frei. Zu Ceres’ Überraschung wirbelte er wie ein Tornado herum, ließ sein Schwert durch die Luft rauschen und enthauptete Stefanus.

Nach einigen Atemzügen hob der Fremde triumphierend seinen Arm in die Luft.

Die Menge verstummte für eine Sekunde. Auch Ceres. Sie blickte zu dem jungen Mann, dem Stefanus gehört hatte. Sei Mund stand sperrangelweit offen, seine Augenbrauen waren wütend zusammengezogen.

Der junge Mann schmetterte seinen Silberbecher in die Arena und stürmte aus seinem Rang. Der Tod macht die Menschen gleich, dachte Ceres und musste ein Lächeln unterdrücken.

„August!“ schrie ein Mann in der Menge. „August! August!“

Ein Zuschauer nach dem anderen stimmte mit ein, bis das gesamte Stadion den Namen des Siegers rief. Der Fremde verbeugte sich vor König Claudius. Dann kamen drei andere Kämpfer von den Eisentoren hergelaufen um ihn abzulösen.

Einem Kampf folgte der nächste und so verging der Tag. Ceres beobachtete aufmerksam jeden einzelnen. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Tötungen hasste oder liebte. Auf der einen Seite faszinierten sie die Strategien, die Fähigkeiten und der Mut der Herausforderer; auf der anderen Seite widerte es sie an, wie die Kämpfer nichts als Spielsteine der Reichen waren.

Im letzten Kampf der ersten Runde kämpften Brennius und ein anderer Kämpfer gleich neben den Sitzplätzen von Rexus, Ceres und ihren Brüdern. Sie kamen immer näher, ihre Schwerter klirrten, Funken flogen. Es war berauschend.

Ceres sah wie Sartes sich über die Brüstung lehnte, seine Augen gebannt auf die Kämpfenden gerichtet.

„Lehn dich zurück!“ rief sie zu ihm hinüber.

Doch noch bevor er antworten konnte sprang plötzlich eine Omnikatze aus der Bodenklappe auf der anderen Seite des Stadions. Das gigantische Biest leckte sich die Pfoten und seine Klauen gruben sich in den roten Dreck als es sich auf den Weg zu den Kämpfern machte. Diese hatten das Tier noch nicht bemerkt und das Stadion hielt den Atem an.

„Brennius ist so gut wie tot“, murmelte Nesos.

„Sartes!“ rief Ceres erneut. „Ich habe dir doch gesagt –“

Sie konnte den Satz nicht zu Ende führen. Denn in diesem Augenblich zerbröckelte der Stein unter Sartes’ Händen und noch bevor irgendjemand reagieren konnte, stürzte er über die Brüstung in die Grube hinein. Er landete mit einem Bums auf dem Boden.

„Sartes!“ schrie Ceres vor Entsetzen und sprang auf die Füße.

Ceres blickte nach unten zu Sartes, er saß drei Meter unter ihr gegen die Wand gelehnt. Seine Unterlippe bebte, aber er vergoss keine Träne. Kein Wort. Er hielt seinen Arm und blickte nach oben, sein Gesicht war vor Schmerzen verzogen.

Ihn dort unten so zu sehen, war mehr als Ceres ertragen konnte. Ohne Nachzudenken zog sie Nesos’ Schwert und sprang über die Brüstung in die Grube. Sie landete genau vor ihrem jüngeren Bruder.

„Ceres!“ schrie Rexus.

Sie blickte nach oben und sah wie zwei Wächter Rexus und Nesos davonschleppten noch bevor sie ihr hätten folgen können.

Ceres stand in der Grube. Beim Gedanken hier unten mit den Kämpfern in der Arena zu sein beschlich sie ein seltsames Gefühl. Sie wollte Sartes hier rausholen, doch sie hatte keine Zeit. Also stellte sie sich vor ihm auf, fest entschlossen ihn vor der fauchenden Omnikatze zu beschützen. Diese machte einen Buckel und ihre bösen gelben Augen fixierten Ceres. Gefahr machte sich breit.

Sie zog Nesos’ Schwert und umklammerte es fest mit beiden Händen.

„Lauf Mädchen!“ schrie Brennius.

Aber es war zu spät. Die Omnikatze nahm bereits Anlauf und war nur noch wenige Meter entfernt. Ceres trat noch näher an Sartes heran. Doch kurz bevor das Tier angreifen konnte sprang Brennius von der Seite dazwischen und hieb dem Tier ein Ohr ab.

Die Omnikatze bäumte sich auf ihren hinteren Tatzen stehend auf und knurrte. Sie riss einen Brocken aus der Mauer hinter Ceres. Violettes Blut befleckte ihr Fell.

Die Menge tobte.

Der zweite Kampfherr kam nun auch näher, doch bevor er dem Biest noch irgendeinen Schaden zufügen konnte, schlitzte die Omnikatze ihm mit ihren Klauen die Kehle auf. Der Krieger ging zu Boden, seine Hände um den Hals geklammert, Blut sickerte durch seine Finger.

Die bluthungrige Menge jubelte.

Die Katze fauchte und traf Ceres mit solch einer Wucht, dass sie durch die Luft flog und auf den Boden prallte. Beim Aufprall glitt ihr das Schwert aus der Hand und landete einen Meter neben ihre.

Ceres’ Lungen waren wie zugeschnürt. Nach Luft japsend drehte sich ihr der Kopf und sie versuchte sich auf ihren Füßen und Händen fortzubewegen, doch schnell kippte sie wieder um.

Atemlos lag sie dort mit dem Gesicht gegen den rauen Sand gepresst. Sie sah wie die Omnikatze sich nun auf Sartes zubewegte. Ihren Bruder in solch einer hilflosen Position sehend entfachte das Feuer in ihr. Sie zwang ihr Lungen sich zu öffnen und erkannte in vollkommener Klarheit was sie zu tun hatte um ihren Bruder zu retten.

Energie schoss durch ihren Körper und gab ihr Kraft. Sie stand auf, nahm das Schwert und preschte so schnell nach vorne auf das Biest zu, dass sie glaubte zu fliegen.

Das Biest war jetzt noch drei Meter von ihr entfernt. Zweieinhalb, zwei, einen Meter.

Ceres biss die Zähne zusammen und schwang sich auf den Rücken des Biests. Sie grub entschlossen ihre Finger in das borstige Fell des Tieres und versuchte es von ihrem Bruder abzulenken.

Die Omnikatze stellte sich auf seinen Hinterpfoten und versuchte Ceres mit aller Kraft abzuwerfen. Aber Ceres’ eiserner Griff und ihr Entschlossenheit waren stärker als die Versuche des Tieres sie abzuschütteln.

Als das Tier wieder auf seine Viere fiel, nutze Ceres die Gelegenheit. Sie hob ihr Schwert in die Luft und stach dem Tier in den Nacken.

Das Tier kreischte und stellte sich erneut auf. Die Menge kochte.

Es schwang seine Tatze nach hinten und durchbohrte Ceres’ Rücken. Ceres schrie vor Schmerzen, denn die Klauen fühlten sich so an, als hätte jemand Dolche in ihren Rücken gestoßen. Die Omnikatze bekam sie zu fassen und schleuderte sie gegen die Mauer. Sie landete zwei Meter neben Sartes.

„Ceres!“ schrie Sartes.

Ihre Ohren rauschten und Ceres hatte Mühe aufrecht zu sitzen. Ihr Hinterkopf pochte und etwas Warmes rann ihren Nacken hinab. Doch sie hatte keine Zeit herauszufinden wie schlimm die Wunde war. Die Omnikatze setzte bereits zum nächsten Angriff auf sie an.

Schon war die Katze vor ihr und Ceres’ Optionen erschöpft. Ohne überhaupt nachzudenken, hob sie ihre Hand und hielt sie mit der Handinnenfläche nach außen gestreckt vor sich. Sie glaubte, dass es das letzte war was sie sehen würde.

Doch gerade als die Omnikatze sich auf sie stürzen wollte, spürte Ceres wie ein Feuerball in ihrer Brust entflammte und plötzlich fühlte sie einen Energieball aus ihrer Hand schießen.

Das Biest gefror im Flug.

Es krachte auf den Boden und kam rutschend auf seinen Beinen zum stehen. Ceres hielt den Atem an und erwartete, dass das Tier nun gleich wieder zu sich kommen und ihr den Rest geben würde. Doch es stand einfach nur dort und bewegte sich nicht.

Verblüfft starrte Ceres auf ihre Hand. Die Menge hatte nicht gesehen was da aus ihrer Hand gekommen war und so dachte sie, dass Ceres das Tier wahrscheinlich mit ihrem Schwert erstochen hatte. Aber sie wusste es besser. Eine geheimnisvolle Kraft war ihrer Hand entwichen und hatte das Biest augenblicklich getötet. Was war das für eine Kraft gewesen? Es war das erste Mal, dass ihr so etwas passiert war und sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte.

Wer war sie, dass sie solche Kräfte besaß?

Ängstlich ließ sie ihre Hand sinken.

Zögernd hob sie den Blick und sah, dass das Stadion verstummt war.

Und sie fragte sich nur, ob sie es auch gesehen hatten?




KAPITEL ZWEI


In der Sekunde, in der Ceres wie von Schmerz und Unglauben betäubt dort auf dem Boden der Arena saß, spürte sie für die Ewigkeit einer Sekunde alle Blicke auf sich gerichtet. Mehr als die Konsequenzen dieser Aktion fürchtete sie die übernatürlichen Kräfte, die in ihr zum Vorschein gekommen waren und die Omnikatze getötet hatten. Sie fürchtete nicht die Menschen, die sie umgaben, sondern ihr neues unheimliches selbst, das ihr völlig fremd war.

Plötzlich brach die vor Erstaunen erstarrte Menge in Gebrüll aus. Es dauerte einen Moment bis sie realisierte, dass sie für sie jubelten.

Eine Stimme drang an ihr Ohr.

„Ceres!“ rief Sartes neben ihr. „Bist du verletzt?“

Sie drehte sich zu ihrem Bruder, der ebenso noch auf dem Boden des Stadions lag und öffnete den Mund. Doch kein einziges Wort kam heraus. Sie hatte ihren Atem verbraucht und sie fühlte sich wie benommen. Hatte er gesehen was wirklich geschehen war? Bei den anderen konnte sie sich nicht sicher sein, aber so nah? Es wäre ein Wunder gewesen, wenn er es nicht gesehen hatte.

Ceres hörte Schritte näher kommen und plötzlich griffen zwei starke Hände nach ihr und brachten sie in eine stehende Position.

„Raus mit dir!“ brummte Brennius und schubste sie in Richtung des offenen Tores zu ihrer Linken.

Die tiefen Wunden auf ihrem Rücken schmerzten, doch sie zwang sich zurück in die Gegenwart zu kehren. Sie griff Sartes und half ihm auf die Beine. Den Jubelrufen der Menge entfliehend gingen sie zusammen zügig zum Ausgang.

Schon waren sie in dem dunklen und stickigen Tunnel und Ceres sah, wie dort Dutzende von Kampfherren auf ihren Einsatz in der Arena und ein paar Momente des Ruhms warteten. Einige saßen in tiefer Meditation auf Bänken, andere strafften ihre Muskeln, indem sie ihre Unterarme pumpend hoch- und niederfahren ließen, wieder andere bereiteten ihre Waffen für das bevorstehende Blutbad vor. Doch beim Anblick von Ceres blickten sie auf und starrten sie neugierig an, denn sie alle waren Zeugen des letzten Kampfes gewesen.

Ceres eilte weiter die unterirdischen Korridore entlang. An den Seiten hingen Fackeln, sie gaben den grauen Steinen einen warmen Schirmer. Außerdem lehnten alle möglichen Sorten Waffen an den Wänden. Sie versuchte den Schmerzen in ihrem Rücken keine Beachtung zu schenken, doch das war nicht ganz einfach, denn mit jedem Schritt den sie tat, scheuerte das raue Material ihres Kleides über die offenen Wunden. Die Klauen der Omnikatze hatten sich wie Dolche in ihren Rücken gebohrt. Jeder der Einschnitte klaffte nun pochend unter ihrer Kleidung und so waren die Schmerzen fast noch schlimmer als zuvor.

„Dein Rücken blutet“, sagte Sartes mit einem Zittern in der Stimme.

„Mir geht es gut. Wir müssen Nesos und Rexus finden. Wie geht es deinem Arm?“

„Er tut weh.“

Als sie den Ausgang erreicht hatten, schwang die Tür auf und gab den Blick auf zwei Reichssoldaten frei.

„Sartes!“

Noch bevor sie reagieren konnte, ergriff der eine Soldat ihren Bruder und der andere sie selbst. Es war zwecklos sich zu wehren. Der zweite Soldat warf sie wie einen Getreidesack über seine Schulter und trug sie fort. Sie fürchtete verhaftet worden zu sein und schlug auf seinen Rücken ein, doch es brachte nichts.

Nachdem sie aus dem Stadion getragen worden waren, warf er sie auf den Boden. Sartes landete gleich neben ihr. Ein paar Schaulustige stellten sich gaffend im Halbkreis um sie auf, so als würden sie begierig auf den Beginn eines Blutbades warten.

„Solltet ihr jemals wieder das Stadion betreten“, knurrte der Soldat, „werdet ihr gehängt werden.“

Die Soldaten machten zu Ceres’ Überraschung kehrt und verschwanden ohne ein weiteres Wort in der Menge.

„Ceres!“ rief eine tiefe Stimme über das Dröhnen der Menge hinweg.

Ceres blickte auf und sah voller Erleichterung Nesos und Rexus auf sie zukommen. Rexus’ feste Umarmung verschlug ihr für einen Moment den Atem. Er löste sich aus der Umarmung und blickte sie voller Sorge an.

„Mir geht es gut“, sagte sie schlicht.

Als die Menschenmassen aus dem Stadion drängten, mischten sich Ceres und die Anderen unter sie und eilten entschlossen weiteren Zwischenfällen aus dem Weg zu gehen zurück auf die Straße. Auf dem Weg zum Quellplatz spielte Ceres das Geschehene nochmals in ihrem Kopf durch. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Sie bemerkte die Blicke ihrer Brüder auf dem Gehweg und fragte sich, was sie wohl gerade dachten. Hatten sie gesehen was sie gesehen hatte? Wahrscheinlich nicht. Die Omnikatze musste ihnen die Sicht versperrt haben. Doch hatte sie in ihren Blicken auch einen neu gewonnenen Respekt entdeckt. Sie wollte nichts sehnlicher, als ihnen zu erzählen, was passiert war. Doch sie wusste, dass das nicht möglich war. Sie selbst war sich nicht einmal sicher.

Es gab so viel Unausgesprochenes zwischen ihnen, doch hier inmitten der dichten Menge war wahrlich nicht der richtige Zeitpunkt diese Dinge anzusprechen. Sie mussten erst einmal sicher nach Hause gelangen.

Je weiter sie sich vom Stadion entfernten desto lichter wurde die Menge. Rexus, der neben ihr lief, nahm eine ihrer Hände und verschränkte ihre Finger.

„Ich bin stolz auf dich“, sagte er. „Du hast das Leben deines Bruders gerettet. Ich glaube, dass es nicht viele Schwestern gibt, die das tun würden.“

Er lächelte, in seinen Augen spiegelte sich Mitgefühl.

„Die Wunden scheinen wirklich tief zu sein“, bemerkte er auf ihren Rücken blickend.

„Das wird schon wieder“, murmelte sie.

Das war eine Lüge. Sie war sich keineswegs sicher, dass alles gut würde oder dass sie es überhaupt nach Hause schaffen würde. Sie hatte viel Blut verloren und fühlte sich schwindlig. Dass ihr Magen knurrte und ihr Rücken noch mehr litt, weil sie wie verrückt schwitzte, machte es nicht besser.

Schließlich erreichten sie den Quellplatz. Sobald sie an den Ständen vorbeikamen, bot ihnen ein Händler einen großen Korb voller Essen zum halben Preis an.

Sartes grinste von einem Ohr zum anderen und Ceres wunderte sich warum. Dann hielt er mit seinem gesunden Arm eine Kupfermünze in die Höhe.

„Ich glaube, ich schulde dir etwas zu essen“, sagte er.

Ceres schnappte nach Luft. „Woher hast du das?“

„Das reiche Mädchen in dem goldenen Wagen hat vorhin zwei Münzen unters Volk geworfen, nicht nur eine, aber alle waren so sehr durch den Kampf zwischen den Männern abgelenkt, dass sie es gar nicht bemerkt haben“, antwortete Sartes mit unverändert breitem Grinsen.

Ceres wurde wütend und wollte die Münze konfiszieren und wegwerfen. Schließlich was es immer noch Blutgeld. Sie brauchten das Geld der Reichen nicht.

Gerade als sie ihre Hand ausstreckte und nach der Münze greifen wollte, tauchte eine alte Frau auf und stellte sich zwischen sie.

„Du!“ sagte sie und deutete dabei auf Ceres. Ihre Stimme war so laut, dass Ceres das Gefühl hatte sie würde ihren Körper in Schwingungen versetzen.

Die Haut der Frau war weich und scheinbar durchsichtig. Ihre perfekt geformten Lippen waren grün gefärbt. Eicheln und Moos schmückten ihre langen, dicken, schwarzen Haare und das Braun ihrer Augen stimmte mit dem ihres Kleides überein. Sie ist schön anzusehen, dachte Ceres und war für einen Moment in ihren Bann gezogen.

Ceres blinzelte verdattert zurück, denn sie war sich sicher, dass sie diese Frau noch nie zuvor gesehen hatte.

„Woher kennst du meinen Namen?“

Sie hielt ihrem Blick stand als sie noch ein paar Schritte näher an sie herantrat. Ceres bemerkte, dass sie stark nach Myrre roch.

„Von der Art der Sterne“, sagte sie in ihrer schaurigen Stimme.

Als die Frau in einer graziösen Geste ihren Arm hob, erblickte Ceres eine Triqueta, die auf die Innenseite ihres Handgelenks eingebrannt worden war. Eine Hexe. So wie sie roch war sie aller Wahrscheinlichkeit nach eine Wahrsagerin.

Die Frau nahm ein Büschel von Ceres’ rosig goldenem Haar in die Hand und roch daran.

„Dir ist das Schwert nicht fremd“, sagte sie. „Dir ist der Thron nicht fremd. Das Schicksal hat dich auserwählt. Der Wandel wird groß und mächtig sein.“

Die Frau drehte sich plötzlich um und eilte davon. Sie verschwand hinter einem der Stände. Ceres stand wie versteinert da. Sie fühlte wie die Worte der Frau in ihre Seele drangen. Sie spürt, dass sie mehr gewesen waren als das Ergebnis bloßer Beobachtung; sie waren eine Prophezeiung gewesen. Mächtig. Wandel. Thron. Schicksal. Diese Worte waren ihr in Bezug auf sich selbst fremd.

Konnten sie wahr sein? Oder waren sie nichts als die Worte einer Verrückten?

Ceres blickte zu Sartes hinüber, der einen Essenskorb in den Armen hielt und sich seinen Mund bereits mit allerlei Brot vollgestopft hatte. Er hielt ihr den Korb entgegen. Sie sah die Backwaren, das Obst und Gemüse und sie wäre beinahe schwach geworden. Normalerweise hätte sie keine Sekunde gezögert.

Aber gerade hatte sie aus irgendwelchen Gründen ihren Appetit verloren.

Sie hatte eine Zukunft.

Ein Schicksal.


*

Der Weg nach Hause hatte fast eine Stunde länger als normal gedauert und alle hatten sie in Gedanken verloren unterwegs geschwiegen. Ceres konnte nur ahnen, was diejenigen die sie in dieser Welt am meisten liebte von ihr dachten. Sie wusste schließlich kaum, was sie selbst von sich halten sollte.

Sie blickte auf und sah ihr bescheidenes Zuhause. Sie war überrascht, dass sie es trotz der Kopf- und Rückenschmerzen bis hierher geschafft hatte.

Die Anderen waren bereits vorher abgebogen um für ihren Vater noch einige Besorgungen zu machen. So trat Ceres alleine über die krächzende Schwelle. Angespannt hoffe sie nicht ihrer Mutter über den Weg zu laufen.

Hitze schlug ihr entgegen. Sie lief durch den Raum und griff nach dem Fläschchen Alkohol, das ihre Mutter unter dem Bett aufbewahrte und entkorkte es. Sie achtete darauf nur soviel zu benutzen, dass es nicht auffiel. Sie hielt die Luft an als der bissige Geruch ihr in die Nase stieg, dann zog sie ihr Hemd hoch und goss den Alkohol über ihren Rücken.

Ceres schrie vor Schmerzen, die Klauen der Omnikatze brannten wie tausend Stiche und sie ballte ihre Hände zu Fäusten und lehnte ihre Stirn gegen die Wand. Es fühlte sich so an als würden die Wunden niemals heilen.

Die Tür wurde aufgerissen und Ceres zuckte zusammen. Erleichtert erkannte sie, dass es nur Sartes war.

„Vater will dich sehen Ceres“, sagte er.

Ceres sah, dass seine Augen leicht gerötet waren.

„Wie geht es deinem Arm?“ fragte sie, da sie annahm, dass er des verletzten Armes und der Schmerzen wegen geweint hatte.

„Er ist nicht gebrochen, nur verstaucht.“ Er trat näher und sein Gesicht wurde ernst. „Danke, dass du mich heute gerettet hast.“

Sie antwortete mit einem Lächeln. „Wie hätte ich das nicht tun können?“ sagte sie.

Er grinste.

„Geh jetzt zu Vater“, sagte er. „Ich werde dein Kleid und den anderen Stoff verbrennen.“

Sie hatte keine Ahnung wie sie ihrer Mutter erklären sollte, dass ihr Kleid plötzlich verschwunden war, aber das Erbstück musste definitiv verbrannt werden. Wenn ihre Mutter es so fände – durchlöchert und mit Blut besprenkelt – dann würde ihr eine kaum vorzustellende Strafe drohen.

Ceres verließ das Haus und wanderte über das niedergetretene Gras in Richtung der Hütte, die hinter dem Haus lag. Nur ein Baum war ihnen auf ihrem bescheidenen Grundstück geblieben. Die anderen waren in Feuerholz verwandelt und im Herd verbrannt worden um das Haus während der kalten Winternächte warm zu halten. Die Äste des Baumes schwebten wie eine schützende Hand über dem Haus. Jedes Mal wenn Ceres sie sah, musste sie an ihre im letzten Jahr verstorbene Großmutter denken. Es war ihre Großmutter gewesen, die diesen Baum gepflanzt hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Er war für sie und auch ihren wie ein Tempel gewesen. Wenn ihnen das Leben zu viel wurde, legten sie sich unter den Sternenhimmel und ihre Herzen würden zu Nana sprechen, als wäre sie noch immer am Leben.

Ceres betrat die Hütte und begrüßte ihren Vater mit einem Lächeln. Zu ihrer Überraschung war fast alles Werkzeug von dem Arbeitstisch verschwunden, kein Schwert wartete neben dem Herd darauf geschmiedet zu werden. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie den Boden das letzte Mal so sauber gesehen hatte oder die Wände und Zimmerdecke bedeckt von so wenigen Werkzeugen.

Die blauen Augen ihres Vaters leuchteten auf, so wie sie es immer taten, wenn er sie sah.

„Ceres“, sagte er und stand auf.

Im Laufe des letzten Jahres waren sein schwarzes Haar und sein Bart stark ergraut, die Tränensäcke unter seinen lieben Augen waren heute doppelt so groß. Früher hatte er eine starke Statur gehabt und war fast so muskelbepackt wie Nesos gewesen; doch in der letzten Zeit hatte Ceres bemerkt, dass er viel Gewicht verloren hatte und seine vormals kerzengerade Haltung war in sich zusammengesackt.

Er ging zu ihr hinüber und legte ihr seine von der schweren Arbeit verhornte Hand auf den Rücken.

„Komm ein Stück mit mir.“

Seine Brust fiel ein wenig zusammen. Er wollte reden und spazieren gehen, das bedeutete, dass er ihr etwas Wichtiges mitzuteilen hatte.

Seite an Seite bahnten sie sich hinter der Hütte ihren Weg zu einem kleinen Feld. Dunkle Wolken standen nicht fern von ihnen am Himmel. Angenehm warme Luft wehte aus ihrer Richtung. Sie hoffte, dass sie den dringend notwendigen Regen bringen würden um die scheinbar niemals endende Dürre zu beenden. Doch wahrscheinlich waren sie wie so oft zuvor nichts als leere Versprechen lebensnotwendiger Regengüsse.

Die Erde knirschte unter ihren Füßen. Der Boden war trocken, die Pflanzen gelb, braun und tot. Dieses Fleckchen Land hinter ihrem kleinen Anwesen gehörte König Claudius, doch es war schon seit Jahren nicht bestellt worden.

Sie erklommen einen Hügel, blieben stehen und blickten über das Feld. Ihr Vater war stumm geblieben. Er verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und blickte in den Himmel. Das war ungewöhnlich für ihn und eine dunkle Vorahnung beschlich sie.

Dann begann er seine Worte mit Bedacht wählend zu sprechen.

„Manchmal ist es uns nicht vergönnt den Weg den wir gehen müssen zu wählen“, sagte er. „Wir müssen alles für diejenigen die wir lieben aufgeben. Uns selbst, wenn nötig, miteingeschlossen.“

Er seufzte und in der langen Stille, die nur vom Wind unterbrochen wurde, pochte Ceres’ Herz und fragte sich, was er damit meinte.

„Ich würde viel dafür geben, dir deine Kindheit nicht jetzt schon rauben zu müssen“, fügte er hinzu und blickte suchend in den Himmel, sein Gesicht war für einen Moment schmerzverzerrt.

„Was ist los?“ fragte Ceres und legte eine Hand auf seinen Arm.

„Ich muss euch für eine gewisse Zeit verlassen“, sagte er.

Ihr Hals fühlte sich wie zugeschnürt an und es fiel ihr schwer zu atmen.

„Verlassen?“

Er drehte sich zu ihr und schaute ihr in die Augen.

„Du weißt, dass der Winter und Frühling dieses Jahres besonders hart gewesen sind. Die letzten Jahre der Dürre waren schwer. Wir haben nicht genug Geld zur Seite legen können um über den Winter zu kommen und wenn ich jetzt nicht gehe, wird unsere Familie verhungern. Ich habe einen Auftrag von einem anderen König erhalten. Ich werde als sein Hauptklingenschmied angestellt werden und gutes Geld verdienen.“

„Du wirst mich mitnehmen, nicht wahr?“ sagte Ceres mit einem wilden Unterton in der Stimme.

Er schüttelte düster den Kopf.

„Du musst hier bleiben und deiner Mutter und deinen Brüdern helfen.“

Beim Gedanken daran überkam sie eine Welle des Horrors.

„Du kannst mich nicht allein mit Mutter hier lassen“, sagte sie. „Das würdest du nicht tun.“

„Ich habe mit ihr darüber gesprochen und sie wird sich um dich kümmern. Sie wird gut zu dir sein.“

Ceres stampfte mit dem Fuß auf. Staub flog auf.

„Nein!“

Tränen traten in ihre Augen und kullerten ihre Wangen hinab.

Er trat einen kleinen Schritt auf sie zu.

„Hör mir genau zu, Ceres. Der Palast braucht nach wie vor gelegentlich einige Schwerter. Ich habe ein gutes Wort für dich eingelegt und wenn du die Schwerter so anfertigst wie ich es dir beigebracht habe, dann kannst du dir ein kleines Zubrot verdienen.“

Ihr eigenes Geld zu verdienen, würde ihr mehr Freiheit geben. Ihre kleinen und zierlichen Hände hatten sich als geschickt darin erwiesen aufwendige Muster und Inschriften in die Klingen und Schwertgriffe zu hauen. Die Hände ihres Vaters waren grob, seine Finger dick und breit und es gab nicht viele andere, die diese Fähigkeit vorweisen konnten.

Dennoch schüttelte sie den Kopf.

„Ich will keine Schmiedin werden“, sagte sie.

„Es liegt dir im Blut Ceres. Und du bist talentiert.“

Sie schüttelte entschlossen den Kopf.

„Ich will die Waffen benutzen“, sagte sie, „nicht machen.“

Sobald diese Worte ihren Mund verlassen hatten, bereute sie es sie ausgesprochen zu haben.

Ihr Vater legte seine Stirn in Falten.

„Willst du ein Krieger werden? Ein Kampfherr?“

Er schüttelte den Kopf.

„Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es eines Tages auch Frauen gestattet sein wird zu kämpfen“, sagte sie. „Du weißt, dass ich trainiert habe.“

Seine Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen.

„Nein“, sagte er bestimmt. „Das ist nicht der Weg, den du einschlagen wirst.“

Der Mut verließ sie. Ihre Hoffnungen und Träumen schienen sich mit seinen Worten zu verflüchtigen. Sie wusste, dass er versuchte es ihr nicht zu schwer zu machen – das tat er immer. Das war eben die Realität. Und um sie am Leben zu halten, musste sie ihren Teil eben beisteuern.

Sie blickte in die Ferne und der Himmel leuchtete im Schein des ersten Blitzes auf. Drei Sekunden später rollte der Donner zu ihnen hinüber.

Hatte sie nicht erkannt wie schlimm es um sie stand? Sie war stets davon ausgegangen, dass sie es gemeinsam schaffen würden, wenn sie als Familie zusammenhielten. Aber das änderte nun alles. Jetzt würde Vater sie nicht mehr in Schutz nehmen können und es gab keine andere Person, die sich zwischen sie und Mutter hätte stellen können.

Eine Träne nach der anderen tropfte auf die ausgedörrte Erde während sie unbeweglich dort stand. Sollte sie ihre Träume aufgeben und dem Rat ihres Vaters folgen?

Er zog etwas hinter seinem Rücken hervor und ihre Augen wurden beim Anblick des Schwertes in seiner Hand groß. Er trat näher an sie heran und sie konnte die Details der Waffe sehen.

Sie war voller Ehrfurcht. Der Schwertgriff, in den eine Schlange eingraviert worden war, bestand aus purem Gold. Sie Klinge war zweischneidig und schien aus dem besten Stahl zu sein. Auch wenn die Herkunft dieses Meisterstücks ihr nicht bekannt war, wusste Ceres sofort, dass es sich dabei um die beste Qualität handelte. Auf der Klinge stand eine Inschrift.



Wo Herz und Schwert sich treffen, da ist Sieg.


Sie hielt den Atem an und starrte es voller Ehrfurcht an.

„Hast du das geschmiedet?“ fragte sie ihre Augen auf das Schwert geheftet.

Er nickte.

„Nach der Art der Nordmänner“, antwortete er. „Ich habe drei Jahre daran gearbeitet. Der Verkauf der Klinge allein könnte unsere Familie ein ganzes Jahr lang ernähren.“

Sie sah ihn an.

„Warum verkaufst du es dann nicht?“

Er schüttelte heftig den Kopf.

„Dafür ist es nicht gemacht worden.“

Er trat noch näher heran und zu ihrer Überraschung streckte er es ihr entgegen.

„Es wurde für dich gemacht.“

Ceres hob eine Hand zum Mund und stieß einen kleinen Schrei aus.

„Für mich?“, fragte sie verwundert.

Er grinste jetzt breit.

„Hast du wirklich geglaubt, ich hätte deinen achtzehnten Geburtstag vergessen?“ antwortete er.

Sie fühlte Tränen in ihre Augen treten. Sie war noch nie so gerührt gewesen.

Aber dann musste sie daran denken, was er zuvor gesagt hatte, dass er nicht wollte, dass sie kämpfte und sie war verwirrt.

„Aber du hast doch gesagt, dass ich nicht trainieren darf“, antwortete sie.

„Ich will nicht, dass du dich dabei in den Tod stürzt“, erklärte er. „Aber ich sehe doch wofür dein Herz wirklich schlägt. Und daran kann ich nichts ändern.“

Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf bis sich ihre Augen trafen.

„Deshalb bin ich stolz auf dich.“

Er übergab ihr das Schwert und in dem Moment als sie das kühle Metall auf ihrer Handinnenfläche spürte wurde sie eins mit ihm. Das Gewicht war geradezu perfekt für sie und der Griff schmiegte sich in ihre Hand als wäre er für sie gemacht.

All die Hoffnung die sie zuvor geglaubt hatte verloren zu haben, erwachte nun erneut in ihrer Brust.

„Erzähl deiner Mutter nichts davon“, warnte er sie. „Verstecke es an einem Ort, an dem sie es nicht finden kann, sonst wird sie es verkaufen.“

Ceres nickte.

„Wie lange wirst du fort sein?“

„Ich werde versuchen für einen Besuch noch vor dem ersten Schneefall zurückzukommen.“

„Das sind noch Monate bis dahin!“ sagte sie und tat einen Schritt zurück.

„Mir bleibt nichts anderes übrig –“

„Nein. Verkauf das Schwert und bleib!“

Er legte eine Hand auf ihre Wange.

„Das Schwert zu verkaufen würde uns dieses Jahr über die Runden bringen. Und vielleicht nächstes Jahr. Aber was dann?“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein. Wir brauchen eine Lösung auf Dauer.“

Auf Dauer? Plötzlich realisierte sie, dass diese neue Arbeit ihn ihr nicht nur für ein paar Monate nehmen würde, sondern wahrscheinlich für Jahre.

Ihre Verzweiflung wuchs.

Er trat wieder auf die zu und umarmte sie als würde er ihre Gedanken spüren können.

Sie begann in seinen Armen zu weinen.

„Du wirst mir fehlen Ceres“, sagte er über ihrer Schulter. „Du bist anders als alle Anderen. Jeden Tag werde ich in den Himmel blicken und gewiss sein, dass du unter den selben Sternen wandelst. Wirst du das gleich für mich tun?“

Zuerst wollte sie ihn anschreien und sagen, wie kannst du es wagen, mich hier alleine zu lassen.

Aber ihr Herz hielt sie davon ab und sie wollte es ihm nicht noch schwerer machen als es bereits war.

Eine Träne rollte ihre Wange hinab. Sie schniefte und nickte mit dem Kopf.

„Ich werde jede Nacht unter unserem Baum stehen“, sagte sie.

Er küsste sie auf die Stirn und nahm sie nochmals zärtlich in die Arme. Die Wunden auf ihrem Rücken fühlten sich wie Messer an, doch sie biss die Zähne zusammen und sagte nichts.

„Ich hab dich lieb Ceres.“

Sie wollte ihm antworten, doch sie brachte keinen Ton heraus – die Worte waren ihr im Halse steckengeblieben.

Er holte sein Pferd aus dem Stall und Ceres half ihm dabei Essen, Werkzeug und Material zu verstauen. Er umarmte sie ein letztes Mal und sie glaube, dass ihre Brust vor Traurigkeit zerspringen würde. Noch immer brachte sie kein Wort heraus.

Er stieg auf das Pferd und nickte ihr zu bevor er dem Tier die Sporen gab.

Ceres winkte ihm nach als er davonritt. Sie blickte ihm sehnsüchtig nach bis er hinter einem fernen Hügel verschwand. Die einzig wahrhaftige Liebe die sie jemals empfangen hatte, kam von diesem Mann. Und nun war er fort.

Regen begann vom Himmel zu fallen und prasselte ihr gegen das Gesicht.

„Vater!“ schrie sie so laut sie konnte. „Vater ich hab dich lieb!“

Sie fiel auf die Knie und vergrub das Gesicht schluchzend in ihren Händen.

Sie wusste, dass sich ihr Leben für immer verändert hatte.




KAPITEL DREI


Mit schmerzenden Füßen und brennenden Lungen stieg Ceres so schnell sie nur konnte den steilen Hügel empor. Sie war darauf bedacht, keinen Tropfen Wasser aus den beiden Eimern, die sie auf beiden Seiten trug, zu verschütten. Normalerweise würde sie jetzt eine Pause machen, doch ihre Mutter hatte ihr gedroht kein Frühstück zu geben, sollte sie bei Sonnenaufgang nicht zurück sein – und kein Frühstück bedeutet, dass sie bis zum Abend nichts essen würde. Der Schmerz machte ihr nichts aus – wenigstens lenkte er sie von den um ihren Vater kreisenden Gedanken ab und von den neuen Zuständen, die seit seiner Abreise zu Hause Einzug gehalten hatten.

Die Sonne war gerade hinter den fernen Alva Bergen aufgegangen und tauchte die zerklüfteten Wolken über ihr in ein goldenes Rosa. Ein weicher Wind blies durch das hohe gelbe Gras zu beiden Seiten der Straße. Ceres sog die frische Morgenluft ein und trieb sich dazu an, noch schneller zu laufen. Ihr Brunnen war ausgetrocknet und an dem nächsten in einem Kilometer Entfernung bildete sich jetzt immer eine lange Schlange. Doch das würde ihre Mutter nicht als Entschuldigung taugen. So hielt sie tatsächlich erst auf dem Kamm des Hügels an – die Aussicht verschlug ihr den Atem.

Dort in der Ferne sah sie ihr Haus, vor dem ein bronzener Karren stand. Ihre Mutter stand dort und sprach mit einem Mann, der so übergewichtig war, dass Ceres glaubte noch nie jemanden gesehen zu haben, der auch nur halb so dick war. Er trug eine violette Leinentunika und einen roten Seidenhut. Sein langer Bart war buschig und grau. Sie blinzelte und versuchte die Situation zu verstehen. War er ein Händler?

Ihre Mutter trug ihr bestes Kleid, ein grünes bodenlanges Leinengewand, das sie vor einigen Jahren von dem Geld gekauft hatte, das eigentlich für ein neues Paar Schuhe für Ceres bestimmt gewesen war. Das ergab alles keinen Sinn.

Zögernd begann Ceres den Hügel hinabzusteigen. Sie wendete ihren Blick nicht von der Szene ab. Ceres wurde noch neugieriger als sie sah, dass der alte Mann ihrer Mutter einen schweren Ledersack gab. Das eingefallene Gesicht ihrer Mutter begann dabei zu leuchten. Hatte sich das Blatt gewendet? Würde Vater nach Hause kommen können? Dieser Gedanke machte ihr das Herz ein wenig leichter, auch wenn sie versuchte ihn nicht zu sehr an sich heranzulassen, bevor sie die Einzelheiten kannte.

Als sich Ceres dem Haus näherte, drehte sich ihre Mutter zu ihr um und lächelte sie freundlich an – Ceres spürte einen Knoten in ihrem Magen. Das letzte Mal als ihre Mutter sie so angelächelt hatte – mit strahlenden Zähnen und leuchtenden Augen – hatte Ceres eine ordentliche Tracht Prügel einstecken müssen.

„Mein liebes Kind“, sagte ihre Mutter in zuckersüßem Ton. Sie öffnete ihre Arme und grinste sie an, dass Ceres das Blut in den Adern gefror.

„Das ist das Mädchen?“ sagte der Mann mit einem lüsternen Lächeln, seine dunklen durchdringenden Augen weiteten sich bei Ceres’ Anblick.

Ceres war nun so weit herangekommen, dass sie jede einzelne Hautfalte des übergewichtigen Mannes sehen konnte. Sein Gesicht war nichts als eine breite flache Nase und als er seinen Hut abnahm, kam darunter eine schweißbedeckte Glatze zum Vorschein, die in der Sonne glänzte.

Ihre Mutter tänzelte zu Ceres hinüber, nahm ihr die Eimer ab und setzte sie auf dem versenkten Gras ab. Allein diese Geste zeigte Ceres, dass wirklich etwas nicht stimmte. Langsam machte sich Panik in ihr breit.

„Darf ich Ihnen meine einzige Tochter Ceres vorstellen, sie ist mein ganzer Stolz und meine ganze Freude“, sagte ihre Mutter und tat so als würde sie sich eine Träne wegwischen. „Ceres, das ist Lord Blaku. Bitte zeige deinem neuen Herren Respekt.“

Dieser Satz traf Ceres wie ein Messer ins Herz. Sie fuhr zusammen. Ceres blickte zu ihrer Mutter, die mit dem Rücken zu Lord Blaku stand und Ceres so böse anlächelte, wie sie es noch nie getan hatte.

„Meinem neuen Herren?“ fragte Ceres.

„Um unsere Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten und uns die öffentliche Schande zu ersparen, hat Lord Blaku in seiner Güte deinem Vater und mir ein großzügiges Angebot unterbreitet: ein Sack Gold im Tausch gegen dich.“

„Was?“ keuchte Ceres und glaubte einer Ohnmacht nahe zu sein.

„Bitte sei nun das gute Mädchen, das ich kenne und erweise ihm Respekt“, sagte ihre Mutter und warf Ceres einen warnenden Blick zu.

„Das werde ich mit Sicherheit nicht“, sagte Ceres und trat einen Schritt zurück. Sie richtete sich verärgert auf. Warum war ihr nicht gleich klar gewesen, dass es sich bei dem Mann um einen Sklavenhändler handelte und der Inhalt des Ledersacks sie das Leben kosten würde.

„Vater würde das niemals zulassen“, fügte sie verbissen hinzu während Horror und Empörung zunahmen.

Ihre Mutter verzog das Gesicht und griff nach ihrem Arm, ihre Fingernägel gruben sich in Ceres’ Haut.

„Wenn du dich zusammenreißt, dann wird dich dieser Mann vielleicht zur Frau nehmen und das wäre in deinem Fall doch das Beste, was dir passieren könnte“, murmelte sie.

Lord Blaku fuhr mit der Zunge über seine verkrusteten Lippen, seine gierigen und geschwollenen Augen verschlangen Ceres’ Körper. Wie konnte ihre Mutter ihr das nur antun? Sie wusste, dass ihre Mutter sie nicht so sehr liebte wie ihre Brüder – aber das?

„Marita“, sagte er mit nasaler Stimme. „Sie sagten Ihre Tochter sei schön, aber Sie haben ganz vergessen zu erwähnen, was für eine prächtige Kreatur sie ist. Wenn mir erlaubt ist zu sagen, dass ich noch nie ein Weib mit solch sinnlichen Lippen, solch leidenschaftlichen Augen und einem Körper so wohlgeformt und fest wie dem ihren gesehen habe.“

Ceres’ Mutter legte seufzend eine Hand auf ihr Herz und Ceres hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und befreite sich von dem Griff ihrer Mutter.

„Dann hätte ich ja vielleicht sogar einen höheren Preis verlangen können, wenn sie Ihnen so sehr zusagt“, sagte Ceres’ Mutter und senkte traurig ihren Blick. „Schließich ist sie noch immer unser geliebtes Mädchen.“

„Ich bin bereit für eine solche Schönheit auch gut zu bezahlen. Was halten Sie von fünf Goldstücken mehr?“ fragte er.

„Das wäre sehr großzügig von Ihnen“, antwortete ihre Mutter.

Lord Blaku trottete zu seinem Wagen hinüber um das zusätzliche Gold zu holen.

„Vater würde nie und nimmer seine Zustimmung geben“, sagte Ceres spöttisch.

Ceres’ Mutter trat drohend einen Schritt näher auf sie zu.

„Oh, allerdings war es die Idee deines Vaters“, entgegnete sie schnippisch und mit hochgezogenen Augenbrauen. Ceres wusste, dass sie log – immer wenn sie die Augenbrauen so hochzog, log sie.

„Glaubst du etwa dein Vater liebt dich mehr als mich?“ fragte ihr Mutter.

Ceres zwinkerte und wunderte sich, was das mit der ganzen Sache zu tun hatte.

„Ich könnte nie jemanden lieben, der glaubt, besser zu sein als ich“, fügte sie hinzu.

„Du hast mich nie geliebt?“ fragte Ceres und ihr Ärger wandelte sich in Hoffnungslosigkeit.

Mit dem Gold in der Hand watschelte Lord Blaku zu Ceres’ Mutter hinüber, um es ihr zu überreichen.

„Ihre Tochter ist jedes dieser Goldstücke wert“, sagte er. „Sie wird mir eine gute Frau sein und viele Söhne gebären.“

Ceres biss sich auf die Lippen und schüttelte immer wieder ihren Kopf.

„Lord Blaku wird dich morgen früh abholen, geh ins Haus und pack deine Habseligkeiten zusammen“, sagte Ceres’ Mutter.

„Nein!“ schrie Ceres.

„Das ist schon immer dein Problem gewesen Mädchen. Du denkst immer nur an dich selbst. Dieses Gold“, sagte ihre Mutter und wedelte mit dem Geldbeutel vor Ceres’ Gesicht herum, „wird deine Brüder am Leben halten. Es wird unsere Familie zusammenhalten, uns ermöglichen das Haus zu behalten und nötige Reparaturen durchzuführen. Hast du schon einmal darüber nachgedacht?“

Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Ceres darüber nach, ob sie selbstsüchtig war, aber dann erkannte sie, dass ihre Mutter sie zu manipulieren versuchte und dabei Ceres’ Liebe zu ihren Brüdern ausspielte.

„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte Ceres’ Mutter und drehte sich zu Lord Blaku. „Ceres wird tun, was ich ihr sage. Alles was Sie tun müssen, ist streng zu ihr zu sein und sie wird zahm wie ein Lämmchen werden.“

Niemals. Niemals würde sie die Frau dieses Mannes oder das Eigentum von sonst jemandem. Niemals würde sie ihrer Mutter oder jemand anderem gestatten ihr Leben gegen fünfundfünfzig Goldstücke einzutauschen.

„Ich werde niemals zu diesem Sklavenhändler gehen“, sagte Ceres energisch und warf ihm einen angeekelten Blick zu.

„Undankbares Kind!“ rief Ceres’ Mutter. „Wenn du nicht tust, was ich dir sage, werde ich dich so lange prügeln bis du nicht mehr gerade gehen kannst. Geh mir jetzt aus den Augen!“

Der Gedanke von ihrer Mutter geschlagen zu werden, brachte alte und schreckliche Erinnerungen zurück; er führte sie zurück zu der fünf Jahre alten Ceres und dem furchtbaren Moment, als ihre Mutter sie so lange geschlagen hatte bis sie das Bewusstsein verloren hatte. Die physischen Wunden, die diese anderen Prügelstrafen hinterlassen hatten, waren geheilt, die Wunden in Ceres’ Herz jedoch hatten niemals aufgehört zu bluten. Jetzt, da sie wusste, dass ihre Mutter sie nicht liebte und niemals geliebt hatte, zerriss ihr das Herz endgültig.

Noch bevor sie antworten konnte, trat Ceres’ Mutter an sie heran und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige.

Zunächst war Ceres von dem plötzlichen Angriff überrascht und sie verlor beinahe das Gleichgewicht. Doch dann geschah etwas mit ihr. Dieses Mal würde sie sich nicht wie sonst alles gefallen lassen.

So verpasste Ceres ihrer Mutter auch eine Ohrfeige, die so hart war, dass sie mit erschrockenem Blick zu Boden fiel.

Mit rotem Gesicht kam ihre Mutter zurück auf die Beine. Sie griff Ceres’ Schulter und Haar und rammte ihr ein Knie in den Magen. Als Ceres sich von Schmerzen ergriffen vorn überbeugte, stieß ihre Mutter ihr Knie in Ceres’ Gesicht, sodass sie zu Boden ging.

Der Sklavenhalter stand nur da und glotzte, seine Augen stierten und er kicherte. Er fand ganz offensichtlich Gefallen an diesem Kampf.

Noch immer hustend und nach Luft ringend schaffte es Ceres zurück auf ihre Füße. Mit einem Schrei schmiss sie sich gegen ihre Mutter und warf sie zu Boden.

Das war das allerletzte Mal, war alles, was Ceres denken konnte. All die Jahre, in denen sie nicht geliebt worden war, in denen sie nichts als Verachtung erfahren hatte, warf sie in diesem Moment wie Zunder in das Feuer ihrer Wut. Mit eisernen Fäusten schlug sie immer und immer wieder ihrer Mutter ins Gesicht, wuterfüllte Tränen rannen ihr über die Wangen und entfesselte Schluchzer drangen ihr über die Lippen.

Schließlich regte ihre Mutter sich nicht mehr.

Ceres’ Schultern zogen sich bei jedem Schluchzen in die Höhe und ihre Eingeweide schienen sie zusammenzuballen. Von Tränen verquollen blickte sie mit noch größerem Hass zu dem Sklavenhalter auf.

„Du wirst dich prächtig schlagen“, sagte Lord Blaku mit einem arglistigen Grinsen. Er hob den Geldsack vom Boden auf und befestigte ihn an seinem Ledergürtel.

Noch bevor sie sich versah, hatte er sie gepackt. Er zerrte Ceres zu seinem Wagen und schmiss sie mit einer flinken Bewegung auf die Rückbank als wäre sie ein Sack Kartoffeln. Seine Masse und Kraft überstiegen ihre Möglichkeiten sich zu wehren. Er hielt ihr Handgelenk mit einer Hand fest, während er mit der anderen nach einer Kette fischte. Dabei sagte er: „Du hast doch nicht etwa gedacht, dass ich glauben würde, dich hier morgen noch antreffen zu können.“

Sie blickte zu dem Haus, in dem sie achtzehn Jahre lang gelebt hatte und ihre Augen füllten sich beim Gedanken an ihre Brüder und ihren Vater mit Tränen. Sie musste eine Entscheidung treffen, bevor er sie angekettet hatte, wenn sie sich selbst retten wollte.

Sie nahm all ihre Kraft zusammen und zog ihren Arm mit einer schnellen Bewegung aus dem griff des Sklavenhalters. Sie ließ ihr Bein nach oben schnellen und trat ihm so hart sie nur konnte ins Gesicht. Er fiel rücklings aus dem Wagen auf den Boden.

Sie sprang aus dem Wagen und rannte so schnell, wie sie ihre Füße trugen, die staubige Straße hinab. Sie ließ eine Frau zurück, die sie schwor nie wieder Mutter zu nennen, sie ließ aber auch all das zurück, was sie in ihrem bisherigen Leben gekannt und geliebt hatte.




KAPITEL VIER


Umgeben von der königlichen Familie versuchte Thanos vergebens seinem Gesicht einen freundlichen Ausdruck zu verleihen. Er griff nach dem goldenen Weinkelch. Er hasste es hier zu sein. Er hasste diese Leute, seine Familie. Auch hasste er diese königlichen Zusammenkünfte – vor allem diejenigen, die auf die Tötungen folgten. Er wusste wie das Volk lebte, in welcher Armut sie lebten und er spürte wie sinnlos und ungerecht dieser Pomp und Hochmut wirklich war. Er hätte alles dafür gegeben nicht hier sein zu müssen.

Thanos gab sich nicht die geringste Mühe an den belanglosen Gesprächen seiner Cousins und Cousine Lucious, Varius und Aria teilzunehmen. Stattdessen beobachtete er die herrschaftlichen Gäste, die im Palastgarten in ihren Togen und Stolen umherstolzierten und dabei aufgesetzt grinsten und falsche Nettigkeiten ausspuckten. Einige seiner Cousins und Cousinen bewarfen sich mit Essen, während sie auf dem gepflegten Rasen und zwischen den Tischen voll mit gutem Essen und Wein umherhuschten. Andere stellten ihre Lieblingsszenen aus den Tötungen nach, sie lachten und machten sich über diejenigen lustig, die heute ihr Leben verloren hatten.

Hunderte Menschen waren hier und nicht einer war ehrhaft.

„Ich werde nächsten Monat drei Kampfherren kaufen“, sagte der älteste unter ihnen, Lucious, mit aufgeregter Stimme, während er sich mit einem seidenen Tuch eine Schweißperle von der Augenbraue tupfte. „Stefanus war nicht einmal die Hälfte von dem wert, was ich für ihn bezahlt habe und wenn er nicht schon tot wäre, so würde ich höchstpersönlich ein Schwert in ihn stoßen, dafür dass er wie ein Mädchen in der ersten Runde gekämpft hat.“

Aria und Varius lachten, doch Thanus fand seine Bemerkung alles andere als amüsant. Ob sie die Tötungen nun als Spiele betrachteten oder nicht, sie sollten den Tapferen wie den Toten zumindest Respekt zollen.

„Aber habt ihr Brennius gesehen?“ fragte Aria und ihre großen blauen Augen wurden groß. „Ich hatte eigentlich vor ihn zu kaufen, aber dann hat er mir diesen dünkelhaften Blick zugeworfen als ich ihn bei den Proben beobachtet habe. Könnt ihr euch das vorstellen?“ fügte sie augenrollend und schnaufend hinzu.

„Und er riecht wie ein Stinktier“, setzte Lucious noch eine drauf.

Alle außer Thanos lachten erneut.

„Keiner von uns hätte sich wohl für ihn entschieden“, sagte Varius. „Auch wenn er länger als erwartet durchgehalten hat, so war er doch schrecklich in Form.“

Thanos konnte sich nicht länger zusammenreißen.

„Brennius war von allen am besten in Form“, rief er dazwischen. „Wenn ihr keine Ahnung von der Kampfkunst habt, dann haltet besser den Mund.“

Die Cousins verfielen ins Schweigen und Arias Augen nahmen die Größe von Untertassen an, sie blickte zum Boden. Varius plusterte sich auf und verschränkte finster dreinblickend die Arme. Er trat näher an Thanos heran als würde er ihn herausfordern wollen, Spannung lag in der Luft.

„Vergesst doch diese selbstherrlichen Kampfherren“, sagte Aria und stellte sich in einem Versuch die Situation zu entschärfen zwischen sie. Sie winkte die jungen Männer näher zu sich heran und begann zu flüstern, „Ich habe ein sonderbares Gerücht gehört. Eine kleine Biene hat mich wissen lassen, dass der König mit dem Gedanken spielt jemanden von königlicher Abstammung bei den Tötungen antreten zu lassen.“

Sie tauschten unsichere Blicke aus und verstummten.

„Ich glaube nicht, dass er mich schicken würde“, sagte Lucious. „Ich habe kein Interesse daran mein Leben für ein dämliches Spiel zu riskieren.“

Thanos wusste, dass er im Stande war die meisten der Kampfherren zu schlagen, doch einen anderen Menschen zu töten war etwas, das er nicht würde tun wollen.

„Du hast doch nur Angst dabei draufzugehen“, sagte Aria.

„Habe ich nicht“, erwiderte Lucious. „Nimm das zurück!“

Thanos Geduld war am Ende. Er verließ die Gruppe.

Er sah wie seine entfernte Cousine Stephania umherwanderte als würde sie nach jemandem aller Wahrscheinlichkeit sogar ihm Ausschau halten. Erst vor ein paar Wochen hatte ihm die Königin mitgeteilt, dass sie Stephania für ihn als Frau auserkoren hatte, er jedoch sah das ganz anders. Stephania war genauso verzogen wie alle anderen seiner Cousins und Cousinen und er hätte lieber auf den Titel, sein Erbe und sogar sein Schwert verzichtet als sie zu heiraten. Sie war in der Tat eine Schönheit, sie hatte goldenes Haar, milchweiße Haut und blutrote Lippen, doch wenn sie ihm noch einmal erzählen würde, wie ungerecht das Leben für sie war, würde er sich die Ohren abschneiden.

Er floh zu den Rosen am Rande des Gartens und versuchte dabei jeglichen Augenkontakt mit den Anwesenden zu vermeiden. Aber gerade als er um die Ecke biegen wollte, stellte Stephania sich ihm in den Weg. Ihre braunen Augen leuchteten auf.

„Guten Abend Thanos“, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen, dass wohl den meisten der jungen Männer die Spucke aus den Mundwinkeln geflossen wäre. Allen außer Thanos.

„Dir auch einen guten Abend“, sagte Thanos, umrundete sie und setzte seinen Weg fort.

Sie hob den Saum ihrer Stola und folgte ihm wie eine Fliege, die man nicht mehr loswird.

„Findest du es nicht auch furchtbar ungerecht, dass – “, setzte sie an.

„Ich habe zu tun“, antwortete er mit barscherem Tonfall als gewollt, sodass sie kurz innehielt. Er drehte sich zu ihr um. „Es tut mir leid… Ich habe diese Partys nur so satt.“

„Vielleicht hast du ja Lust einen kleinen Spaziergang mit mir im Garten zu machen?“ sagte Stephania. Ihre rechte Augenbraue schnellte in die Höhe während sie näher trat.

Das war so ziemlich das letzte was er gewollt hätte.

„Hör mal“, sagte er, „ich weiß, dass die Königin und deine Mutter sich in den Kopf gesetzt haben uns irgendwie zusammenzubringen, aber – “

„Thanos!“ hörte es jemanden hinter ihm rufen.

Thanos drehte sich um und erblickte den Boten des Königs.

„Der König würde sich freuen, wenn Sie zu ihm in den Gartenpavillon kommen würden“, sagte er. „Und Sie ebenso, gnädige Frau“

„Darf ich fragen warum?“ fragte Thanos.

„Es gibt wohl einiges zu besprechen“, sagte der Bote.

Da er in der Vergangenheit keine regelmäßigen Unterredungen mit dem König gehabt hatte, fragte sich Thanos, worum es wohl gehen würde.

„Selbstverständlich“, sagte Thanos.

Zu seinem Missfallen hakte sich eine überaus wohlgelaunte Stephania bei ihm ein und zusammen folgten sie dem Boten hinüber zu der Laube des Königs.

Als Thanos bemerkte, dass mehrere Berater des Königs und sogar der Kronprinz anwesend waren, kam ihm die Einladung in diese Runde noch seltsamer vor. Sie alle hatten bereits auf Bänken und Stühlen Platz genommen. Er würde kaum etwas zu ihren Gesprächen beizutragen haben, da seine Vorstellung von Regierungsführung stark von der ihren abwich. Das Beste ist es einfach den Mund zu halten, dachte er.

„Was für ein schönes Paar ihr seid“, sagte die Königin mit einem strahlenden Lächeln als sie eintraten.

Thanos biss sich auf die Lippe und bot Stephania einen Stuhl neben ihm an.

Nachdem alle eingetroffen waren, erhob sich der König und die Versammlung verstummte. Sein Onkel trug eine knielange Toga, doch im Gegenzug zu den weißen, roten und blauen Gewändern der Anderen, war seines in violett, der Farbe, die dem König vorbehalten war. Auf seinem zunehmend haarlosen Haupt thronte ein goldener Kranz und seine Wangen und Lider schienen trotz eines Lächelns zu hängen.

„Die Massen sind aufsässig“, sagte er mit seiner ernsten Stimme langsam. Er ließ seinen Blick mit der Autorität eines Königs über die Gesichter gleiten. „Die Zeit ist überreif, sie daran zu erinnern, wer hier der König ist. Strengere Gesetze müssen eingeführt werden. Vom heutigen Tage an werden deshalb die Abgaben auf Eigentum und Nahrung verdoppelt.“

Ein überraschtes Murmeln setzte ein, das von zustimmendem Nicken gefolgt wurde.

„Eine vortreffliche Idee, Eure Exzellenz“, sagte einer seiner Berater.

Thanos konnte seinen Ohren nicht trauen. Die Steuern verdoppeln? Er hatte sich mit Bürgerlichen unterhalten und wusste, dass die bisher verlangten Abgaben bereits mehr waren, als die meisten leisten konnten. Er hatte Mütter gesehen, die den Tod ihres verhungerten Kindes beweinten. Erst gestern hatte er einem obdachlosen, vier Jahre alten und klapperdürren Mädchen etwas zu essen gegeben.

Thanos musste den Blick senken, um nicht dem Drang Einspruch gegen diese kranke Idee zu erheben nachzugeben.

„Und außerdem“, fuhr der König fort, „wird von nun an der erstgeborene Sohn einer jeden Familie in der königlichen Armee dienen. Auf diese Weise werden wir der sich im Untergrund formierenden Revolutionsbewegung entgegenwirken.“

Einer nach dem anderen beglückwünschte den König zu dieser weisen Entscheidung.

Doch dann wendete sich der König Thanos zu.

„Thanos“, sagte der König schließlich. „Du hast bisher geschwiegen. Sprich!“

Es wurde still in der Gartenlaube und alle Augen richteten sich auf Thanos. Er stand auf. Er wusste, dass er dem verhungernden Mädchen, der trauernden Mutter, all denjenigen deren Leben scheinbar nicht zählte, eine Stimme geben musste. Er musste für sie sprechen, denn es würde sonst niemand tun.

„Noch strengere Regeln werden die Rebellion nicht brechen“ sagte er mit klopfendem Herzen. „Sie werden sie damit nur noch mehr ermuntern. Die Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen und ihnen jegliche Freiheit abzusprechen, wird sie der Revolution gegen uns in die Arme treiben.“

Ein paar Leute lachten, andere besprachen sich untereinander. Stephania nahm seine Hand und versuchte ihn damit vorzeitig zum Schweigen zu bringen, doch er entzog sich diesem Versuch.

„Ein großer König macht von Liebe und Angst Gebrauch, um seine Untergebenen zu regieren“, sagte Thanos.

Der König warf der Königin einen nervösen Blick zu. Er erhob sich und ging zu Thanos hinüber.

„Thanos du hast Mut bewiesen, deine Meinung hier vorzubringen“, sagte er und legte dabei eine Hand auf seine Schulter. „Doch war es nicht dein jüngerer Bruder, der kaltblütig von diesen Menschen ermordet wurde, Menschen, die sich selbst regierten wie du sagst?“

Thanos kochte innerlich. Wie konnte sein Onkel es wagen den Tod seines Bruders an dieser Stelle so leichtfertig einzusetzen? Seit Jahren trauerte Thanos jede Nacht vor dem Einschlafen um seinen verlorenen Bruder.

„Diejenigen, die meinen Bruder ermordeten, hatten nicht genug Essen, um am Leben zu bleiben“, sagte Thanos. „In der Verzweiflung ergreift der Mensch verzweifelte Maßnahmen.“

„Stellst du etwa die Weisheit des Königs in Frage?“ fragte die Königin.

Thanos konnte einfach nicht glauben, dass niemand dagegen Einspruch erhob. Sahen sie denn nicht wie ungerecht dieser Vorschlag war? Erkannten sie denn nicht, dass diese neuen Gesetze Öl in das Feuer der Revolution gießen würden?

„Du wirst den Leuten damit nicht einen Moment lang glauben machen können, dass es dir um etwas anderes ginge, als ihnen Leid zuzufügen und deinen eigenen Vorteil zu suchen“, sagte Thanos.

Aus der Gruppe kam Widerspruch.

„Das sind harte Worte, Neffe“, sagte der König und blickte ihm in die Augen. „Ich habe fast den Eindruck, du würdest dich gerne der Rebellion anschließen.“

„Oder vielleicht hat er das bereits?“ sagte die Königin mit skeptischem Blick.

„Habe ich nicht“, knurrte Thanos.

Die Luft in dem Pavillon begann zu brennen und Thanos realisierte, dass, wenn er jetzt nicht aufpasste, er leicht wegen Verrats angeklagt werden konnte – ein Verbrechen auf das die Todesstrafe ohne Prozess stand.

Stephania stand nun auch auf und griff erneut nach Thanos’ Hand – von ihrer Geste genervt, befreite er jedoch erneut seine Hand aus ihrer Umklammerung.

Stephania erbleichte und blickte zu Boden.

„Vielleicht wirst du im Laufe der Zeit erkennen, dass deine Ansichten falsch sind“, sagte der König zu Thanos. „Das neue Gesetz ist beschlossene Sache und soll sofort umgesetzt werden.“

„Gut“, sagte die Königin und lächelte plötzlich. „Nun lasst uns zum zweiten Punkt der heutigen Agenda kommen. Thanos, du bist ein junger Mann von neunzehn Jahren und wir – deine kaiserlichen Vormünder – haben dir eine Frau ausgewählt. Wir haben uns dafür entschieden, dir Stephania zur Frau zu geben.“

Thanos blickte zu Stephania hinüber, ihre Augen waren von Tränen erfüllt und ein besorgter Ausdruck stand ihr im Gesicht geschrieben. Er war angewidert. Wie konnten sie so etwas von ihm verlangen?

„Ich kann sie nicht heiraten“, flüsterte Thanos und ein Kloß bildete sich in seinem Hals.

Ein Murmeln ging durch die Menge und die sprang so schnell auf, dass ihr Stuhl mit einem Krachen rücklings zu Boden fiel.

„Thanos!“ schrie sie und ballte die Fäuste. „Wie kannst du es wagen, dich dem König zu widersetzen? Du wirst Stephania heiraten, ob du es willst oder nicht.“

Beim Anblick der Tränen, die Stephania über die Wangen flossen, warf Thanos ihr einen mitleidigen Blick zu.

„Glaubst du zu gut für mich zu sein?“ fragte sie und ihre Unterlippe bebte.

Er tat einen Schritt auf sie zu und wollte ihr so gut er eben konnte Trost spenden, doch noch bevor er sie erreichen konnte, lief sie bitterlich weinend aus dem Pavillon.

Der König erhob sich sichtlich verärgert.

„Verschmähe sie, mein Sohn“, sagte er und seine Stimme donnerte plötzlich kalt und hart durch die Gartenlaube, „und du landest im Kerker.“




KAPITEL FÜNF


Ceres rannte durch die Straßen der Stadt bis sie spürte, dass ihre Beine sie nicht länger tragen würden, ihre Lungen so sehr brannten, dass sie fast zerrissen und sie sicher sein konnte, dass der Sklavenhalter sie nicht mehr finden konnte.

Sie brach auf einem Hinterhof inmitten von Abfall und Ratten zusammen, sie schlang ihre Arme um ihre Beine und Tränen strömten ihr über die glühenden Wangen. Ohne ihren Vater und eine Mutter, die sie verkaufen wollte, blieb ihr niemand mehr. Wenn sie auf der Straße bliebe und auf den Gehwegen schliefe, dann würde sie irgendwann entweder verhungern oder erfrieren, wenn der Winter einbrach. Vielleicht wäre es das Beste.

Stundenlang saß sie dort und weinte, ihre Augen waren verquollen und ihre Gedanken vor Verzweiflung verwirrt. Wohin würde sie gehen? Wie konnte sie Geld verdienen, um zu überleben?

Der Tag war fast ins Land gegangen als sie sich dazu entschloss, nach Hause zurückzukehren, sich in die Hütte zu schleichen, die noch übrigen Schwerter zu nehmen und sie dem Palast zu verkaufen. Sie erwarteten sie heute dort sowieso. Auf diese Weise würde sie genug Geld haben, um sich in den nächsten Tagen über Wasser halten und einen Plan schmieden zu können.

Sie würde auch das Schwert, das ihr Vater ihr gegeben hatte und das sie unter den Dielen der Hütte versteckte, an sich nehmen. Aber das würde sie niemals verkaufen. Nicht bis sie dem Tod ins Auge blickte, würde sie das Geschenk ihres Vaters aufgeben.

Sie lief nach Hause und war dabei vor bekannten Gesichtern und dem Wagen des Sklavenhalters auf der Hut. Als sie den letzten Hügel erreichte, ging sie hinter der Häuserreihe in Deckung und von dort aus geduckt durch das Feld. Auf Zehenspitzen lief sie über den vertrockneten Boden und hielt dabei Ausschau nach ihrer Mutter.

Eine Welle von Schuldbewusstsein erfasste sie als sie daran dachte, wie sehr sie ihre Mutter geschlagen hatte. Sie hatte ihr trotz all ihrer Grausamkeit kein Leid zufügen wollen. Auch wenn sie ihr das Herz für immer gebrochen hatte.

Nachdem sie auf der Rückseite der Hütte angekommen war, linste sie durch einen Spalt in der Wand. Sie sah, dass sie leer war und ging hinein, um die Schwerter einzusammeln. Doch gerade als sie ihr unter den Dielen verstecktes Schwert hervorholen wollte, hörte sie von draußen Stimmen nahen.

Sie stand auf und lugte durch ein kleines Loch in der Wand. Zu ihrem Erschrecken erblickte sie ihre Mutter und Sartes auf die Hütte zukommend. Ihre Mutter hatte ein blaues Auge und eine geschwollene Wange. Jetzt, da Ceres sah, dass ihre Mutter wohlauf war, musste sie bei ihrem Anblick und dem was sie auf ihrem Gesicht angerichtet hatte, fast grinsen. All die Wut über die Dreistigkeit ihrer Mutter, sie verkaufen zu wollen, wallte wieder in ihr auf.

„Wenn ich dich dabei erwische, wie du für Ceres Essen rausschmuggelst, dann setzt es was, hast du verstanden?“ sagte ihre Mutter schroff als sie und Sartes den Baum der Großmutter passierten.

Als Sartes nicht antwortete, schlug ihre Mutter ihm ins Gesicht.

„Hast du das verstanden Junge?“ sagte sie.

„Ja“, sagte Sartes und blickte mit einer Träne im Auge auf den Boden.

„Und solltest du sie jemals irgendwo sehen, bring sie nach Hause, sodass ich ihr eine Tracht Prügel verpassen kann, die sie ihren Lebtag nicht vergessen wird.“

Sie setzten sich erneut in Richtung Hütte in Bewegung und Ceres’ Herz begann plötzlich wie wild zu schlagen. Sie griff nach den Schwertern und schoss so schnell und leise sie konnte zur Hintertür der Hütte. Gerade als sie hinausschlüpfte, wurde die Vordertür aufgerissen und sie lehnte sich gegen die Außenwand und horchte. Die Wunden der Klauen der Omnikatze brannten auf ihrem Rücken.

„Wer ist dort?“, sagte ihre Mutter.

Ceres hielt den Atem an und schloss ihre Augen.

„Ich weiß, dass du dort bist“, ihre Mutter und wartete. „Sartes geh und schau nach der Hintertür. Sie ist angelehnt.“

Ceres drückte die Schwerter an ihre Brust. Sie hörte die Schritte von Sartes näher kommen und dann öffnete sich die Tür mit einem Ächzen.

Sartes’ Augen wurden weit als er sie sah, und er schnappte nach Luft.

„Ist dort irgendjemand?“ fragte ihre Mutter.

„Ähm… nein“, sagte Sartes, seine Augen füllten sich mit Tränen als sie Ceres’ trafen.

Ceres formte mit den Lippen ein „danke“, und Sartes gab ihr mit der Hand ein Zeichen zu verschwinden.

Sie nickte, und mit schwerem Herzen lief sie zurück Richtung Feld. Die Hintertür schlug zu. Sie würde ein anderes Mal kommen, um ihr Schwert zu holen.


*

Ceres blieb schwitzend vor den Toren des Palastes stehen, ausgehungert und erschöpft hielt sie die Schwerter in der Hand. Die Reichssoldaten standen Wache, erkannten sie aber klar als das Mädchen, dessen Vater üblicherweise die Schwerter lieferte und ließen sie ohne nachzufragen passieren.

Sie rannte über das Kopfsteinpflaster des Hofes und bog hinter einem der vier Türme zu dem Steinhaus des Schmiedes ab. Sie trat ein.

Der Schmied stand neben dem Amboss vor dem knisternden Ofen und schlug auf ein glühendes Schwert ein. Eine Lederschürze schützte ihn vor den umherfliegenden Funken. Der besorgte Ausdruck in seinem Gesicht rief Ceres’ Wachsamkeit auf den Plan. Er war ein fröhlicher und energiegeladener Mann mittleren Alters und machte sich nur selten Sorgen.

Seine verschwitzte Glatze grüßte ihn noch, bevor er bemerkte hatte, dass sie eingetreten war.

„Guten Tag“, sagte er als er sie sah und nickte in Richtung des Werktisches, wo sie ihre Schwerter ablegen sollte.

Sie durchquerte den heißen und verqualmten Raum. Das Metall rasselte, als sie es auf dem verbrannten und zerfurchten Holz des Tisches ablegte.

Er schüttelte sichtlich verstört seinen Kopf.

„Was ist los?“ fragte sie.

Er blickte besorgt auf.

„Ausgerechnet an diesem Tag krank zu werden“, murmelte er,

„Bartholomew?“ fragte sie und sah, dass der junge Waffenhalter der Kampfherren nicht wie gewöhnlich hier war und hektisch die letzten paar Waffen für das anstehende Kampftraining vorbereitete.

Der Schmied hörte auf zu hämmern und blickte bekümmert auf, seine buschigen Augenbrauen waren zusammengezogen.

Er schüttelte seinen Kopf.

„Und dazu noch vor einem Kampftraining“, sagte er. „Und nicht irgendeinem Kampftraining.“ Er versenkte die Klinge in den glühenden Kohlen des Ofens und trocknete sich seine tropfende Braue mit dem Ärmel seiner Tunika ab. „Heute werden die Adligen mit den Kampfherren trainieren. Der König hat zwölf von ihnen auserwählt. Drei von ihnen werden bei den Tötungen antreten.“

Sie verstand nun seine Sorge. Es stand in seiner Verantwortung, die Waffenhalter zu stellen und wenn er das nicht konnte, dann würde seine Anstellung auf dem Spiel stehen. Hunderte von Schmieden warteten nur darauf, seine Stelle zu übernehmen.

„Der König wird nicht erfreut sein, wenn ein Waffenhalter fehlt“, sagte sie.

Er stützte seine Hände auf den dicken Oberschenkeln ab und schüttelte den Kopf. Genau in diesem Moment traten zwei Reichssoldaten ein.

„Wir kommen, um die Waffen abzuholen“, sagte einer und blickte Ceres finster an.

Auch wenn es nicht verboten war, so schickte es sich doch für Mädchen nicht in Waffenschmieden zu arbeiten. Sie waren Männersache. Dennoch hatte sie sich bereits an die abfälligen Bemerkungen und gehässigen Blicke gewöhnt, die sie fast jedes Mal hinnehmen musste, wenn sie die Lieferungen zum Palast brachte.

Der Schmied erhob sich und ging zu drei mit Waffen gefüllten Eimern hinüber, die für das Training vorbereitet worden waren.

„Sie finden hier alle übrigen Waffen, die der König für den heutigen Tag gewünscht hat“, sagte der Schmied zu den Reichssoldaten.

„Und der Waffenhalter?“, fragte einer der Reichssoldaten nach.

Gerade als der Schmied seinen Mund öffnen wollte, hatte Ceres eine Idee.

„Das bin ich“, sagte sie und sie spürte wie Aufregung in ihr wach wurde. „Ich vertrete Bartholomew heute und bis er wieder gesund ist.“





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Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird.. Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen. Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Von der Nummer 1 Bestseller Autorin Morgan Rice eine neue mitreißende Fantasy-Serie. Die siebzehn Jahre alte Ceres aus der Reichsstadt Delos ist ein hübsches wenngleich auch armes Mädchen, das als Bürgerliche ein hartes und beschwerliches Leben fristet. Tagsüber liefert sie die von ihrem Vater geschmiedeten Schwerter am Palast aus während sie in der Nacht heimlich am königlichen Hof trainiert, denn ihr größter Traum ist es den für Mädchen verbotenen Beruf der Kriegerin auszuüben. An einen Sklavenhalter verkauft scheint dieser Traum für sie zu platzen. Der achtzehnjährige Prinz Thanos verabscheut die Machenschaften der königlichen Familie zu der auch er gehört. Er hasst das harte Vorgehen gegen das Volk und vor allem den brutalen Wettstreit – Die Tötungen – um den sich im Reich alles dreht. Er sehnt sich danach aus dem Gefängnis seiner Abkunft auszubrechen. Obwohl er selbst ein hervorragender Kämpfer ist, sieht er keinen Ausweg aus seiner Situation. Als Ceres den Hof mit ihren geheimen Kräften verblüfft, wird sie fälschlicherweise eingekerkert und sieht sich mit einem Leben konfrontiert, das sie sich schlimmer nicht hätte vorstellen können. Thanos der ihr vollständig verfallen ist, muss sich entscheiden, ob er alles für sie aufs Spiel setzen will. In einer Welt aus Betrug und tödlichen Geheimnissen lernt Ceres sehr schnell zwischen denjenigen, die die Spielregeln machen und denjenigen die als Spielsteine eingesetzt werden zu unterscheiden. Auserwählt zu sein ist dabei häufig die schlechteste Option. SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN ist eine tragische Geschichte über Liebe, Rache, Betrug, Ehrgeiz und Schicksal. Durch seine unvergesslichen Helden und adrenalinreiche Aktion entführt uns diese Geschichte in eine Welt, die wir niemals vergessen werden und durch die wir uns wieder neu in das Fantasy-Genre verlieben werden. Buch 2 der FÜR RUHM UND KRONE Reihe erscheint bald!

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