Книга - Ehe Er Fühlt

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Ehe Er Fühlt
Blake Pierce


Ein Mackenzie White Krimi #6
In Ehe er fühlt (ein Mackenzie White Mystery – Buch 6) wird FBI Special Agent Mackenzie White überrascht, von einem Fall mit Opfern, die zu keinem Profil passen, dass sie bisher kannte: Schockierender Weise sind alle Opfer blind. Heißt das, dass auch der Mörder selber blind ist?Einmal eingetaucht in die Subkultur der Blinden, kämpft Mackenzie damit diese zu verstehen. Sie fühlt sich fehl am Platz, während sie quer durch den Staat reist, von Gruppenheimen zu Privathäusern, Pfleger befragt, Bibliothekare, Experten und Psychologen. Und dennoch, obwohl sie eine der besten Köpfe im Lande ist, scheint Mackenzie nicht in der Lage, die Morde verhindern zu können. Hat sie endlichen den richtigen gefunden?Ein dunkler Psychothriller mit Spannung. EHE ER FÜHLT ist Buch #6 in einer fesselnden neuen Reihe – mit einem liebgewordenen neuen Charakter – der Sie bis spät abends lesen lässt.





Blake Pierce

Ehe Er Fühlt. Ein Mackenzie White Krimi 6




Blake Pierce

Blake Pierce ist der Autor der Bestseller RILEY PAGE Mystery Reihen, die zehn Bücher umfasst (und mehr). Blake Pierce ist ebenfalls Autor der MACKENZIE WHITE Mystery Reihe, die aus sechs Büchern (und mehr) besteht; der AVERY BLACK Mysterie Reihen, die fünf Bücher (und mehr) umfässt und der neuen KERI LOCKE Mystery Reihe, die aus vier Büchern (und weiteren) besteht.

An alle eifrigen Leser und lebenslange Fans des Mystery und Thriller Genres, Blake liebt es von Ihnen zu hören, bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com (http://www.blakepierceauthor.com/) um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.



Copyright © 2017 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Wenn nicht anders im U.S. Copyright Gesetz von 1976 vorgegeben, darf  diese Veröffentlichung nicht wiedergegeben, verteilt oder in irgendeiner Form auf keinen Fall auf einem Datenträger oder einem Abrufsystem gespeichert werden, nicht ohne vorherige Erlaubnis des Autors. Dieses Buch ist ausdrücklich zum persönlichen Vergnügen lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiter verkauft oder an andere Menschen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht ausschließlich für Ihre Nutzung gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Dies ist eine Fiktions Arbeit. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organsiationen, Orte, Veranstaltungen und Vorfälle sind entweder das Produkt der Vorstellungskraft des Autors oder werden nur fiktionell genutzt. Jegliche Ähnlichkeit mit aktuellen Personen, lebend oder tot ist zufällig. Buchumschlagsbild Copyright Kichigin, mit Lizenz von Shutterstock.com



BÜCHER VON BLAKE PIERCE



RILEY PAIGE KRIMI SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)



MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #7)



AVERY BLACK KRIMI SERIE

GRUND ZU TÖTEN (Band #1)

GRUND ZU FLÜCHTEN (Band #2)

GRUND ZU VERSTECKEN (Band #3)

GRUND ZU FÜRCHTEN (Band #4)



KERI LOCKE KRIMI SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON LASTER (Band #3)




PROLOG


Er hatte das Buch mindestens schon ein Dutzend Mal gelesen, aber das war okay. Es war ein gutes Buch und er war sogar so weit gegangen, dass er jedem Charakter seine oder ihre eigene Stimme gegeben hatte. Es war auch eines seiner Lieblingsbücher – Etwas Böses ist auf dem Weg von Ray Bradbury. Für die meisten schien es ein merkwürdiges Buch zum Vorlesen der Bewohner des Blindenheimes zu sein, aber allen denen er es vorlas, schien es zu gefallen.

Er näherte sich dem Ende und seine aktuelle Bewohnerin hörte aufmerksam zu. Ellis, eine fünfundsiebzigjährige Frau hatte ihm erzählt, dass sie blind geboren war und die letzten elf Jahre in einem Heim gelebt hatte, nachdem ihr Sohn entschieden hatte, sich der Last seiner blinden Mutter zu entledigen und sie ins Wakeman Heim für Blinde geschickt hatte.

Ellis schien ihn gleich zu mögen. Sie hatte ihm später erzählt, dass sie nur wenigen anderen Bewohnern von ihm erzählt hatte, weil sie ihn gerne alleine für sich haben wollte. Und das war in Ordnung für ihn. Tatsache war, dass das sehr gut war, soweit es ihn betraf.

Noch besser, vor drei Wochen hatte sie darauf bestanden, die Mauern des Heimes zu verlassen; sie wollte seine Geschichten in der frischen Luft genießen, mit der Brise auf ihrem Gesicht. Und obwohl es heute keine große Brise gab – war es tatsächlich mörderisch heiß – das war in Ordnung für ihn. Sie saßen in einem kleinen Rosengarten eineinhalb Kilometer vom Heim entfernt. Es war, wie sie sagte, ein Ort, den sie oft besuchte. Ihr gefiel der Geruch der Rosen und das Summen der Bienen.

Und jetzt erzählte seine Stimme ihr die Ray Bradbury’s Geschichte.

Er war froh, dass sie ihn so mochte. Er mochte sie auch. Ellis unterbrach sein Lesen nicht mit Hunderten von Fragen, wie andere das taten. Sie saß einfach da, schaute in die Weite, die sie noch nie richtig gesehen hatte und hing an jedem einzelnen Wort von ihm.

Als er das Kapitel beendet hatte, überprüfte er seine Uhr. Er war bereits zehn Minuten über seine normale Zeit geblieben. Er hatte keine anderen Menschen, die er heute noch besuchen wollte, aber er hatte Pläne für später.

Er legte sein Lesezeichen zwischen die Seiten und legte das Buch ab. Ohne die Ablenkung der Geschichte erkannte er, wie bedrückend die südliche Hitze auf seinem Rücken war.

“War es das für heute?”, fragte Ellis.

Er lächelte bei der Beobachtung. Es wunderte ihn immer wieder, wie gut die anderen Sinne, das Sehen wettmachten. Sie hörte, wie er sich auf der kleinen Bank in der Nähe des Zentrums des Gartens bewegte, dann das weiche Geräusch des Buches, das er auf seine Beine legte.

“Ja, tut mir leid”, sagte er. “Ich habe bereits zehn Minuten überzogen.”

“Wie viel ist noch übrig?”, fragte sie.

“Über vierzig Seiten. Ich denke, wir werden es nächste Woche beenden. Hört sich das gut an?”

“Perfekt”, antwortete sie. Dann zögerte sie kurz und fügte hinzu: “Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie frage … naja Sie wissen schon … das ist dumm, aber …”

“Nein, das ist in Ordnung, Ellis.”

Er lehnte sich zu ihr herüber und ließ sie sein Gesicht anfassen. Sie ließ ihre Hände an den Konturen entlang laufen. Er verstand den Drang danach (und Elli war nicht die einzige blinde Frau, die das mit ihm gemacht hatte), aber er fand es immer noch befremdend. Ein flüchtiges Lächeln überflog sein Gesicht, als sie sich ihren Weg um seinen Kopf tastete und dann ihre Hände entfernte.

“Danke”, sagte sie. “Und danke fürs Lesen. Ich habe mich gefragt, ob Sie irgendwelche Ideen für das nächste Buch haben?”

“Hängt davon ab, in was für einer Stimmung Sie sind?”

“Ein Klassiker, vielleicht?”

“Das ist Ray Bradbury”, antwortete er. “Es geht hier um Klassik, soweit ich weiß. Ich glaube nicht, dass ich den Herr der Fliegen hier irgendwo rumliegen haben.”

“Das ist der, wo die Jungen auf einer Insel stranden, oder?”

“Kurz gesagt, ja.”

“Hört sich gut an. Aber dieser hier … dieses Etwas Böses ist auf dem Weg ist brillant. Gute Wahl!”

“Ja, es ist einer meiner Lieblingsbücher.”

Er war eher froh, dass sie nicht das hinterhältige Lächeln auf seinem Gesicht sehen konnte. Etwas Böses ist auf dem Weg, tatsächlich, dachte er.

Er nahm das Buch, abgenutzt und ramponiert von der jahrelangen Nutzung, erstmalig vor über dreißig Jahren geöffnet. Er wartete, bis sie bei ihm stand, wie ein ungeduldiges Date. Sie hatte ihren Gehstock dabei, aber benutzte ihn selten.

Sie gingen zurück zum Wakeman Home für Blinde, ein kurzer Weg. Er fragte sich, wie es sein musste, sich auf alle seine anderen Sinne verlassen zu müssen, um sich zu bewegen. Es musste erschöpfend sein, sich in einer Welt zu bewegen, die man nicht sehen konnte.

Während er ihr Gesicht studierte, hoffte er am allermeisten, dass Ellis genossen hatte, was sie von dem Buch gehört hatte.

Er hielt das Buch eng an sich gedrückt, fast schon ein wenig enttäuscht, dass Ellis niemals das Ende erfahren würde.


*

Ellis erwischte sich dabei, wie sie an die jungen Männer von Etwas Böses ist auf dem Weg, dachte. Es war Oktober im Buch. Sie wünschte sich, dass hier ebenfalls Oktober wäre. Aber nein … es war Ende Juli in Südvirginia und sie glaubte nicht, dass es noch heißer werden könnte. Auch nach der Planung ihres Spaziergangs kurz vor der Dämmerung, betrug die Temperatur immer noch grausame 32° Grad, laut Siri auf ihrem iPhone.

Leider hatte sie Siri gut kennengelernt. Sie war eine gute Art, die Zeit verstreichen zu lassen, wenn sie in ihrer hochnäsigen, kleinen Stimme Ellis über Belanglosigkeiten, Wetter und Sport aufklärte.

Es gab ein paar wenige technisch versierte Menschen im Heim, die immer aufpassten, dass all ihre Computer Gadgets aktuell waren. Sie hatte ein MacBook mit iTunes und einer recht beträchtlichen Musikbücherei. Sie hatte auch das neuste iPhone und sogar eine ganz aktuelle App, die auf ein angehängtes Gadget antwortete, die es ihr ermöglichte, in Braille zu interagieren.

Siri hatte ihr gerade gesagt, dass es 30°C draußen waren. Das schien unmöglich, wenn man bedachte, dass es fast 19:30 Uhr war. Aber okay, dachte sie. Ein wenig Schweiß schadet niemandem.

Sie dachte daran ihren Spaziergang ausfallen zu lassen. Es war ein Spaziergang, den sie mindestens fünf Mal die Woche machte. Und sie hatte ihn heute bereits gemacht, als sie sich mit dem Mann getroffen hatte, der ihr vorlas. Sie brauchte die Übung nicht, aber … naja sie hatte bestimmte Rituale und Routinen. Es ließ sie sich normal fühlen. Sie fühlte sich gesund. Außerdem lag etwas Bestimmtes in dem Geräusch des Abends, während die Sonne unterging. Sie konnte fühlen, wie sie unterging und hörte es manchmal, wie ein sanftes elektrisches Summen in der Luft, während die Welt ruhig wurde, zog die Dämmerung ein.

Sie entschied sich also ihren Spaziergang zu machen. Zwei Menschen im Haus sagten ihr auf Wiedersehen, bekannte Stimmen – eine gefüllt mit Langeweile, die andere mit abgestumpften Beifall. Sie genoß das Gefühl der frischen Luft auf ihrem Gesicht, als sie auf den Hauptrasen trat.

“Wo gehen Sie denn jetzt hin Ellis?”

Es war eine weitere bekannte Stimme – die des Verwalters von Wakeman, ein fröhlicher Mann, namens Randall Jones.

“Mein üblicher Spaziergang”, antwortete sie.

“Es ist aber so heiß! Machen Sie einen kurzen Spaziergang. Ich will nicht, dass Sie ohnmächtig werden!”

“Oder das ich meine alberne Sperrstunde verpasse”, erwiderte sie.

“Ja oder das”, sagte Randall ein wenig spöttisch.

Sie ging weiter, fühlte die drohende Anwesenheit des Hauses hinter sich abnehmen. Sie fühlte die offene Fläche vor sich, der Rasen, der auf sie wartete. Daneben war der Bürgersteig und 800 Meter später, der Rosengarten.

Ellis hasste den Gedanken, dass sie fast sechzig wurde und eine Sperrstunde hatte. Sie verstand es, aber sie fühlte sich damit wie ein Kind. Trotzdem, abgesehen von ihrer Blindheit hatte sie es recht gut im Blindenheim. Sie hatte sogar den netten Mann, der einmal in der Woche zum Vorlesen kam – und manchmal auch zwei Mal. Sie wusste, dass er auch anderen vorlas. Aber diese Menschen waren in anderen Heimen. Hier bei Wakeman war sie die Einzige, der er vorlas. Sie fühlte sich besonders dadurch. Sie fühlte sich, als wenn er sie bevorzugte. Er hatte sich bei ihr beschwert, dass die meisten lieber Romanzen oder Bestseller genossen. Aber bei Ellis konnte er Dinge lesen, die er genoss. Vor zwei Wochen hatten sie Cujo von Stephen King beendet. Und jetzt dieses Bradbury Buch und –

Sie hielt inne in ihrem Spaziergang und wandte leicht ihren Kopf.

Sie dachte, sie hätte etwas in der Nähe gehört. Aber nach dem sie angehalten hatte, hörte sie es nicht wieder.

Wahrscheinlich nur ein Tier, das rechts von mir durch die Wälder streift, dachte sie. Es war immerhin Südvirginia … und es gab viele Wälder und viele Viecher, die darin lebten.

Sie schwang ihren Stock vor sich und fand eine merkwürdige Beruhigung in diesem vertrauten klick klick Geräusch, als es den Gehweg streifte. Obwohl sie natürlich noch nie den Pfad oder die Straße daneben gesehen hatte, wurden sie ihr mehrere Male beschrieben. Sie hatte sogar ein geistliches Bild in ihrem Kopf zusammengesetzt, verband die Gerüche mit der Beschreibung von Blumen und Bäumen, die einige der Pflegekräfte und Helfer des Heimes ihr gegeben hatten.



Innerhalb von fünf Minuten konnte sie die Rosen mehrere Meter vor sich riechen. Sie konnte die Bienen darum summen hören. Manchmal dachte sie, sie könnte sogar die Bienen riechen, die mit Pollen bedeckt waren und welchen Honig sie irgendwo produzieren.

Sie kannte den Pfad zum Rosengarten so gut, dass sie den Weg auch ohne ihren Blindenstock finden würde. Sie war den Weg mindestens tausend Mal in den elf Jahren in dem Heim gelaufen. Sie kam hierher, um über ihr Leben nachzudenken, wie die Dinge so schwierig geworden waren, dass ihr Mann sie vor fünfzehn Jahren verlassen hatte und dann ihr Sohn vor elf Jahren. Sie vermissten den Bastard von Ex-Mann nicht, aber sie vermisste das Gefühl der Hand eines Mannes an ihr. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann war das einer der Gründe, warum sie es so sehr genoß, das Gesicht des Mannes zu fühlen, der ihr vorlas. Er hatte ein starkes Kinn, hohe Wangenknochen und sprach in dieser gedehnten Sprechweise, der man gerne zuhörte. Er konnte ihr das Telefonbuch vorlesen und sie würde es genießen.

Sie dachte an ihn, als sie den bekannten Umriss des Gartens betrat. Der Boden war kiesig und fühlte sich hart unter ihren Füßen an, aber alles andere vor ihr fühlte sich weich und einladend an. Sie machte einen Moment Pause und bemerkte, dass wie üblich an Nachmittagen, sie den Platz ganz für sich hatte. Niemand anderes war da.

Wieder hielt sie an. Sie hörte etwas hinter sich.

Ich fühle es auch, dachte sie.

“Wer ist da?”, fragte sie.

Sie bekam keine Antwort. Sie war so spät hier hergekommen, weil sie wusste, dass der Garten dann leer war. Manche kamen hier nach sechs Uhr abends her, weil die Stadt Stateton in der sich das Wakeman Blindenheim befand, ein kleiner Ort war.

Als sie vor fünfzehn Minuten herausgekommen war, hatte sie nach Bewegungen gelauscht, um zu hören, ob noch jemand vor ihr auf dem Rasen war und es war niemand da gewesen. Sie hatte auch niemand anderen auf dem Weg hier her zum Garten gehört. Es gab die Möglichkeit, dass jemand mit Absicht hier hergekommen war, um sich anzuschleichen oder sie zu erschrecken. Aber das wäre gefährlich. Es gab Strafe für solch ein Verhalten in der Stadt, Gesetze, die von einer bewährten Süd-Polizei erzwungen wurden, die nicht zimperlich war, wenn es um einheimische Jugendliche und Tyrannen ging, die versuchten, die Behinderten zu mobben.

Aber da war es schon wieder und das Gefühl, dass jemand da war, war jetzt stärker. Sie roch jemanden. Es war kein schlechter Geruch. Tatsächlich war er ihr bekannt.

Angst durchfuhr sie und dann öffnete sie ihren Mund, um zu schreien.

Aber ehe sie das konnte, fühlte sie plötzlich einen immensen Druck an ihrem Hals. Sie fühlte auch etwas anderes, das aus der Person wie Hitze entstieg.

Hass.

Sie würgte, konnte nicht schreien, nicht sprechen, nicht atmen sie fühlte, wie sie auf ihre Knie sank.

Der Druck, der sich um ihren Hals zog und das Gefühl des Hasses schienen in sie zu dringen, als Schmerz sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete und zum ersten Mal war Elli erleichtert, dass sie blind war. Als sie fühlte, wie das Leben aus ihr wich, war sie erleichtert, dass sie sich das Gesicht des Teufels nicht anschauen musste. Stattdessen hatte sie nur die allzu bekannte Dunkelheit hinter ihren Augen, die sie bei was auch immer sie nach diesem Leben erwartete, willkommen hießen.




KAPITEL EINS


Mackenzie White war immer in Bewegung, sie war völlig zufrieden damit auf ihre kleine Kabine beschränkt zu sein. Sie war noch glücklicher, als McGrath sie vor drei Wochen angerufen hatte, um ihr zu sagen, dass es dank einer Runde von Regierungsentlassungen ein freies Büro gab, und wenn sie wollte, wäre es ihrs. Sie hatte ein paar Tage gewartet und als es niemand anderes genommen hatte, war sie eingezogen.

Es war minimal möbliert, nur mit ihrem Tisch, einer Bodenlampe, einem kleinen Bücherschrank und zwei Stühle gegenüber ihrem Tisch. Ein großer Dry-Erase Kalender hing an der Wand. Sie starrte auf den Kalender, während sie eine Pause zwischen E-Mails und Anrufen machte, in dem Versuch mehr Einzelheiten über einen bestimmten Fall herauszufinden.

Es war ein älterer Fall …. Ein Fall, der mit einer Visitenkarte verbunden war, die sie auf dem Dry-erase Kalender mit einem Magneten befestigt hatte:


Barker Antiquitäten

Es war der Name eines Geschäfts, das anscheinend niemals existiert hatte.

Alle Ermittlungsversuche, die aufkamen, wurden für gewöhnlich sofort wieder gestrichen. Am nächsten waren sie dem Ganzen gekommen, als Agent Harrison einen Ort in New York entdeckt hatte, der eine mögliche Verbindung sein konnte. Aber das war am Ende ein Mann gewesen, der alte Knock-off Antiquitäten in seiner Garage in den späten 80ern verkauft hatte.

Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie so nahe dran war, einen Hinweis zu finden, der sie zu Antworten führen würde, nach denen sie gesucht hatte – Antworten im Hinblick auf den Tod ihres Vaters und dem augenscheinlich verbundenen Mord, der früher in diesem Jahr stattgefunden hatte.

Sie versuchte an dem Gefühl, dass da draußen etwas war festzuhalten, es war unsichtbar, aber dennoch irgendwie direkt vor ihrer Nase. Das musste sie, an Tagen wie diesem, wenn sie drei mögliche Hinweise hatte, die alle durch Handy Anrufe und E-Mails gestorben war.

Die Visitenkarte war für sie zu einem Puzzlestück geworden. Sie starrte jeden Tag darauf, versuchte eine Herangehensweise herauszufinden, die sie noch nicht probiert hatte.

Sie war so darin vertieft, dass sie sich ein wenig erschrak, als jemand an ihre Bürotür klopfte. Sie schaute zur Tür und sah Ellington dort stehen. Er steckte seinen Kopf hinein und schaute sich um.

“Naja, eine Büroanstellung steht dir immer noch nicht.”

“Ich weiß”, sagte Mackenzie. “Ich fühle mich wie eine Heuchlerin. Komm rein.”

“Oh, ich hab nicht so viel Zeit”, sagte er. “Ich hab mich nur gefragt, ob du vielleicht mit mir Mittagessen gehen willst.”

“Klar”, antwortete sie. “Warte unten auf mich in einer halben Stunde und –“

Ihr Telefon klingelte und unterbrach sie. Sie las das Display und sah, dass es McGraths Durchwahl war. “Eine Sekunde”, sagte sie. “Das ist McGrath.”

Ellington nickte und machte ein spielerisch ernstes Gesicht.

“Agentin White”, sagte sie.

“White, hier ist McGrath. Ich will Sie beide in meinem Büro sehen, so schnell wie möglich, es geht um einen neuen Auftrag. Sagen Sie Ellington Bescheid und bringen Sie ihn mit.”

Sie öffnete ihren Mund um Ja, Sir zu sagen, aber McGrath legte auf, bevor sie so viel Atem hatte holen können.

“Scheint so, als ob das Mittagessen warten muss”, sagte sie. “McGrath will uns sehen.”

Sie teilten einen unbehaglichen Blick, als derselbe Gedanke sie zu durchfahren schien. Sie hatten sich schon oft gefragt, wie lange sie ihre Beziehung vor ihren Kollegen geheim halten konnten, besonders vor McGrath.

“Glaubst du er weiß Bescheid”, fragte Ellington.

Mackenzie zuckte mit den Schultern. “Ich weiß es nicht. Aber er hat gesagt, er will uns wegen eines Auftrag sehen. Wenn er es also weiß, dann ist das anscheinend nicht der Grund für seinen Anruf.”

“Dann lass es uns herausfinden”, meinte Ellington.

Mackenzie loggte sich auf ihrem Computer aus und zusammen mit Ellington ging sie durch das Gebäude und in Richtung McGraths Büro. Sie versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihr wirklich egal war, ob McGrath über sie Bescheid wusste. Es war kein Grund zur Suspendierung oder Ähnliches, aber er würde ihnen wahrscheinlich nie wieder erlauben zusammenzuarbeiten, wenn er es herausfand.

Sie versuchte also ihr Bestes sich nicht allzu besorgt zu sein, war es aber trotzdem ein wenig. Sie versuchte es so gut wie möglich hinunterzuschlucken, als sie sich McGraths Büro näherten. Sie versuchte absichtlich so weit wie möglich entfernt von Ellington zu gehen.


***

McGrath schaute sie argwöhnisch an, als sie auf den beiden Stühlen vor seinem Tisch Platz nahmen. Es war ein Stuhl, an den Mackenzie sich langsam gewöhnte, darauf zu sitzen und entweder eine Lektion zu bekommen oder von McGrath gelobt zu werden. Sie fragte sich, was es heute wäre, ehe er ihnen ihren Auftrag zuteilte.

“Also lassen Sie uns zuerst einmal mit Gerüchten aufräumen”, sagte McGrath. “Ich habe bemerkt, dass da was zwischen Ihnen vor sich geht. Ich weiß nicht, ob es Liebe ist oder nur ein Flirt oder was … und es ist mir auch ehrlich gesagt egal. Aber das ist Ihre erste und einzige Warnung. Wenn das Ihre Arbeit beeinträchtigt, dann werden Sie nie wieder als Partner zusammenarbeiten. Und das wäre verdammt schade, weil Sie beide wirklich gut zusammenarbeiten. Haben wir uns verstanden?”

Mackenzie sah keinen Grund zu widersprechen. “Ja Sir.”

Ellington wiederholte ihre Antwort und sie grinste, als sie sah, dass er ein wenig peinlich berührt aussah. Sie nahm an, er war nicht der Typ, der daran gewöhnt war, von Vorgesetzten gemaßregelt zu werden.

“Okay, da wir das jetzt aus der Welt geschafft haben, kommen wir jetzt zum Fall”, sagte McGrath. Wir haben einen Anruf vom Sheriff einer kleinen südlichen Stadt, namens Stateton bekommen. Dort befindet sich ein Blindenheim – und das war es, soviel ich weiß. Letzte Nacht wurde dort eine blinde Frau ganz nah an der Einrichtung getötet. Und als wenn das nicht schon tragisch genug wäre, ist es der zweite Mord an einer blinden Person im Staat Virginia innerhalb von zehn Tagen.

In beiden Fällen scheint es ein Trauma im Nacken zu geben, was ein Erwürgen anzeigt, sowie auch Reizung an den Augen.”

“War das erste Opfer auch Bewohner des Heimes?”, fragte Mackenzie.

“Ja, aber soweit ich weiß, war das ein viel kleineres Heim. Ursprünglich wurde spekuliert, dass der Mörder ein Familienmitglied war, aber es hat nur eine Woche gedauert, bis das ausgeräumt war. Mit einer zweiten Leiche und dem, was aussieht wie ein sehr spezifisches Set an Zielen, ist es wahrscheinlich nicht zufällig. Sie verstehen also die Dringlichkeit dieser Situation, hoffe ich. Ehrlich, wenn ich das so höre, machen mir Kleinstädte bald Angst. Es gibt nicht viele Menschen dort, es sollte also einfacher sein, schnell den Verdächtigen zu finden. Ich gebe Ihnen beiden den Fall, weil ich von Ihnen erwarte, den Fall innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden abzuschließen. Weniger wäre noch besser.”

“Ist Agent Harrison in dem Fall nicht involviert?”, fragte Mackenzie. Da sie seit seine Mutter gestorben war, nicht wieder mit ihm gesprochen hatte, fühlte sie sich schon fast schuldig. Auch wenn er sich nie wie ein Partner angefühlt hatte, respektierte sie ihn dennoch.

“Agent Harrison wird woanders gebraucht”, sagte McGrath. “Für diesen Fall wird er für Sie recherchieren … Recherchen, schnellere Informationen und solche Dinge. Ist es Ihnen unangehnem mit Agent Ellington zu arbeiten?”

“Nein überhaupt nicht Sir”, antwortete sie und bereute das sie überhaupt etwas gesagt hatte.

“Gut. Die Personalabteilung bucht Ihnen ein Zimmer in Stateton. Ich bin kein Idiot …. Also habe ich nur ein Zimmer angefordert. Auch weenn bei Ihnen nichts außer dieser kleinen Affäre herauskommt, dann spare ich dem Büro zumindest die Unterbringungskosten.”

Mackenzie war sich nicht sicher, ob das McGraths Versuch war einen Witz zu machen. Es war schwer zu sagen, weil dieser Mann nie zu lächeln schien.

Als sie aufstanden, um ihren Auftrag zu erfüllen, fiel Mackenzie auf wie vage McGraths Antwort auf Harrison ausgefallen war. Er war anderweitig beschäftigt, dachte Mackenzie. Was sollte das bedeuten?

Das war aber dennoch nicht ihre Sorge. Stattdessen hatte sie einen Fall von McGrath zugeteilt bekommen, der schnell erledigt werden sollte. Sie konnte bereits die Herausforderung in sich brodeln fühlen, die sie dazu drängte, sofort anzufangen.




KAPITEL ZWEI


Mackenzie fühlte ein Frösteln, als Ellington sie die State Route 47 runter fuhr, tiefer in das Herz des ländlichen Virginias. Ein paar Kornfelder tauchten hier und da auf und unterbrachen die Monotie der weitläufigen Felder und Wälder. Die Anzahl der Kornfelder war nicht das, was sie von Nebraska gewöhnt war, aber der Anblick ließ sie sich ein wenig unwohl fühlen.

Gott sei Dank sah sie, je näher sie der Stadt Stateton kamen, umso weniger Kornfelder. Sie wurden von frisch eingeebneten Hektar Land ersetzt, die von den einheimischen Holzfirmen zerrissen worden waren. Bei ihrer Nachforschung über die Gegend auf der viereinhalbstündigen Fahrt hierher hatte sie gesehen, dass es eine recht große Anzahl an Holzverteilern in der Gegend gab. Die Stadt Stateton bestand aus dem Wakeman Blindenheim, ein paar Antiquitätsläden und sehr wenig anderen Läden.

“Gibt es irgendetwas, dass diese Akten dir sagen und das ich noch nicht weiß? Es ist ein wenig schwer, die ganzen E-Mails vom Fahrersitz aus zu lesen.”

“Nicht wirklich”, antwortete sie. “Sieht so aus, als wenn wir die übliche Prozedur vor uns haben. Familien besuchen, das Blindenheim, die Art von Dinge.”

“Familien besuchen … das sollte leicht sein in so einer inzüchtigen kleinen Stadt wie dieser, hm?”

Sie war zuerst geschockt, aber ließ es dann durchgehen. Nach ein paar Wochen als, wie sie annahm, “Paar” mit Ellington hatte sie gelernt, dass dieser einen relativ aktiven Sinn für Humor hatte; er konnte aber manchmal ziemlich trocken sein.

“Hast du schon mal Zeit an so einem Ort verbracht?”, fragte Mackenzie.

“Sommercamp”, antwortete Ellington. “Ein Teil meiner Teenagerzeit, die ich wirklich gerne vergessen würde. Und du? War es jemals so schlimm in Nebraska?”

“Nicht so wie hier. Aber es war recht einsam manchmal. Manchmal glaube ich, dass ich die Ruhe hier eher bevorzuge, als den ganzen Verkehr und die Menschen in DC.”

“Ja, ich glaube, das kann ich verstehen.”

Es machte Mackenzie Spaß Ellington besser ohne die Fallen einer traditionellen Date Beziehung kennenzulernen. Anstatt sich bei netten Abendessen oder langen Spaziergängen im Park kennenzulernen, hatten sie sich bei Autofahrten und Zeit im FBI-Büro oder Konferenzräumen kennengelernt. Und sie hatte jede Minute davon genossen. Manchmal fragte sie sich, ob sie jemals müde wurde ihn kennenzulernen.

Bis jetzt war sie sich nicht sicher, ob das möglich sein würde.

Vor ihnen hieß sie ein kleines Schild am Straßenrand in Stateton, Virginia willkommen. Eine einfache zweispurige Straße führte sie an weiteren Bäumen vorbei. Ein paar Häuser und ihre Gärten durchbrachen die Gleichmäßigkeit des Waldes für eineinhalb Kilometer oder so, ehe echte Anzeichen einer Stadt übernahmen. Sie kamen an einem fettigen Spoon-type Dinner, einem Friseur, zwei Antiquitäten Läden, einem ländlichen Versorgungsladen, zwei Minimärkten, einer Post vorbei und dann drei Kilometer nach all dem erschien ein perfekt quadratisches Backsteingebäude direkt von der Hauptstraße abgehend. Ein sehr militärisch angehauchtes Schild davor informierte über die Stateton County Polizei und Justivollzugsanstalt.

“Hast du so was schon einmal gesehen?”, fragte Ellington. “Eine Polizeiwache und Justizvollzugsanstalt in einem Gebäude?”

“Ein paar Mal in Nebraska”, antwortete sie. “Ich denke das ist an solchen Orten wie hier nicht ungewöhnlich. Das nächste Gefängnis für Stateton liegt in Petersburg und das ist über hundertachtundzwanzig Kilometer entfernt, glaube ich.”

“Meine Güte, dieser Ort ist so klein. Wir sollten das recht schnell abwickeln können.”

Mackenzie nickte, während Ellington in die Einfahrt fuhr und dann in die Parklücke, des großen Backsteingebäudes, das aussah, als wenn es wortwörtlich mitten im Nichts stünde.

Was sie dachte, aber nicht sagte, war: Ich hoffe, du hast uns gerade nichts herbeibeschworen.


***

Mackenzie roch dunklen Kaffee und etwas wie Febreeze, als sie in die kleine Lobby vor dem Gebäude trat. Es sah recht nett innen aus, aber es war ein altes Gebäude. Das Alter konnte man an den Rissen in der Wand und der offensichtlich dringenden Notwendigkeit eines neuen Teppichs in der Lobby sehen. Ein riesiger Tisch stand an der entfernten Wand, und obwohl er so alt wie der Rest des Gebäudes aussah, sah er gut erhalten aus.

Eine ältere Frau saß hinter dem Tisch und blätterte durch einen dicken Ordner. Als sie Mackenzie und Ellington eintreten hörte, schaute sie mit breitem Lächeln hoch. Es war ein wunderbares Lächeln, aber es zeigte auch ihr Alter. Mackenzie schätzte, dass sie fast siebzig war.

“Sind Sie die Agenten vom FBI?”, fragte die ältere Dame.

“Ja Ma’am”, antwortete Mackenzie. “Ich bin Agentin White und das ist mein Partner, Agent Ellington. Ist der Sheriff da?”

“Ist er”, sagte sie. “Tatsächlich hat er mich gebeten, Sie direkt in sein Büro zu bitten. Er ist ziemlich beschäftigt Anrufe entgegenzunehmen über den neusten schrecklichen Mord. Gehen Sie einfach den Flur hinunter nach links. Sein Büro ist die letzte Tür rechts.”

Sie folgten ihren Anweisungen, und als sie den langen Flur hinuntergingen, der ins Hintere des Gebäudes führte, wurde Mackenzie von der Stille des Ortes überrascht. Inmitten eines Mordfalles hatte sie erwartet, dass der Ort vor Taten brummte, auch wenn es inmitten vom Nichts war.

Als sie zum Ende des Flurs gingen, bemerkte Mackenzie ein paar Schilder, die an den Wänden hingen. Einer sagte: Gefängniszutritt erfordert Schlüsselkarte. Ein weiteres sagte: Alle Gefängnisbesuche müssen vom Bezirksbeamten abgeklärt sein. Die Zustimmung muss beim Besuch vorgelegt werden!

Ihr Verstand begann zu rotieren mit Gedanken an Verwaltung und Regelungen, die es an einem Ort, das gleichzeitig Gefängnis und Justizvollzugsanstalt war, geben musste. Sie fand es recht faszinierend. Aber ehe ihr Verstand noch weiter arbeiten konnte, erreichten sie das Büro am Ende des Flurs.

Goldene Buchstaben standen auf der oberen Glashälfte der Tür, Sheriff Clarke. Die Tür war angelehnt und so öffnete Mackenzie langsam die Tür zu dem Geräusch einer kräftigen, männlichen Stimme. Als sie hinein schielte, sah sie den schwergewichtigen Mann hinter dem Tisch, der laut in ein Tischtelefon sprach. Ein weiterer Mann saß in einem Stuhl in der Ecke und textete wütend auf seinem Handy.

“Eine Minute Randall”, sagte er. Dann bedeckte er das Mundstück und schaute zwischen Mackenzie und Ellington hin und her.

“Kommen Sie vom Büro”, fragte er.

“Kommen wir” erwiderte Ellington.

“Gott sei Dank”, seufzte er. “Geben Sie mir eine Sekunde.” Dann nahm er die Hand wieder von der Sprechmuschel und redete weiter. “Hör zu Randall, die Kavallerie ist grad angekommen. Hast du in fünfzehn Minuten Zeit? Ja? Okay, gut. Bis dann.”

Der schwergewichtige Mann legte auf und ging um seinen Tisch herum. Er bot ihnen seine fleischige Hand an, wobei er sich Ellington zuerst näherte. “Nett Sie kennenzulernen”, sagte er. “Ich bin Sheriff Robert Clarke. Das”, sagte er und nickte in Richtung des Mannes in der Ecke, “ist Beamte Keith Lambert. Mein Vertreter ist draußen und überwacht die Straßen, er tut sein Bestes, um irgendeinen Hinweis in diesem Riesendurcheinander zu finden.”

Er vergaß Mackenzie fast, nachdem er Ellington die Hand geschüttelt hatte, erst fast im Nachhinein bot er ihr seine Hand an. Als sie sie schüttelte, stellte sie sich beide vor, in der Hoffnung, dass ihm die Tatsache klar wurde, dass sie genauso gut die Ermittlungen leiten konnte, wie die Männer im Zimmer. Sofort kamen alte Erinnerungen an Nebraska in ihr hoch.

“Sheriff Clarke, ich bin Agentin White und das ist Agent Ellington. Werden Sie hier unsere Kontaktperson in Stateton sein?”

“Süße, ich werde alles für Sie sein, solange Sie hier sind”, sagte er. “Die Polizeikraft für den gesamten Landkreis zählt 12 Mitarbeiter. Dreizehn, wenn Sie Frances da draußen an der Rezeption und Abfertigung mitzählen. Bei diesen Mordfällen sind wir ein wenig dünn besetzt.”

“Naja, dann schauen wir mal was wir tun können, um Ihnen zu helfen”, sagte Mackenzie.

“Ich wünschte, es wäre so einfach”, sagte er. “Auch wenn wir diesen Scheißfall heute lösen, habe ich die Hälfte der Vorgesetzten des Landkreises am Arsch.”

“Warum?”, fragte Ellington.

“Naja die einheimische Zeitung hat davon Wind bekommen, wer das Opfer war. Ellis Ridgeway. Die Mutter eines aufsteigenden, dusseligen Politikers. Einige sagen, dass er in den nächsten fünf Jahren vielleicht Senat werden kann.”

“Und wer ist das?”, fragte Mackenzie.

“Langston Ridgeway. Achtundzwanzig Jahre alt und glaubt, er ist John Fucking Kennedy.”

“Ist das so?”, sagte Mackenzie, ein wenig schockiert, dass das nicht in den Berichten stand.

“Ja. Wie die einheimische Zeitung an die Information gekommen ist, habe ich keine Ahnung. Die meiste Zeit können die Deppen nicht mal richtig schreiben, aber das haben sie herausbekommen.”

“Ich habe die Schilder für das Wakeman Blindenheim auf unserem Weg hierher gesehen”, sagte Mackenzie. “Es liegt nur zehn Kilometer von hier, ist das korrekt?”

“Exakt”, erwiderte Clarke. “Ich habe gerade mit Randall Jones gesprochen, dem Manager dort drüben. Mit ihm habe ich gerade gesprochen, als Sie hereinkamen. Er ist gerade dort und wird alle Ihre Fragen beantworten. Je eher, desto besser. Er hat die Presse und einige hohe Tiere am Hals, die ihn anrufen und ihn auf Teufel komm raus nerven.”

“Okay, wir fahren dort hin”, sagte Mackenzie. “Kommen Sie mit?”

“Auf keinen Fall, Süße. Ich bin hier voll beschäftigt. Aber kommen Sie doch zurück, wenn Sie mit Randall fertig sind. Ich werde Ihnen helfen so weit ich kann, aber ehrlich … mir ist es lieber, wenn Sie beide das in die Hand nehmen und regeln.”

“Kein Problem”, sagte Mackenzie. Sie war sich nicht sicher, wie sie Clarke einschätzen sollte. Er war offen und ehrlich, was gut war. Er schien es auch sehr zu mögen Flüche auszusprechen. Sie dachte, auch wenn er sie Süße nannte, meinte er es nicht verletzend. Es war diese merkwürdige Art des südlichen Charmes.

Auch war der Mann gestresst.

“Wir kommen sofort zurück, wenn wir in dem Heim fertig sind”, sagte Mackenzie.

“Bitte rufen Sie uns an, wenn Sie irgendwas Neues in der Zeit hören.”

“Natürlich”, sagte Clarke.

In der Ecke immer noch textend am Handy grunzte Beamte Lambert als Zustimmung. Nach weniger als drei Minuten im Büro von Sheriff Clarke, gingen Mackenzie und Ellington den Flur herunter und wieder durch die Lobby. Die ältere Frau, von der Mackenzie annahm, dass sie Frances war, die Clarke erwähnt hatte, winkte ihnen kurz, als sie nach draußen gingen.

“Gut, das war … interessant”, sagte Ellington.

“Der Mann ist der Sache nicht gewachsen”, sagte sie. “Verschon ihn.”

“Du magst ihn nur, weil er dich Süße nennt”, sagte Ellington.

“Und?” sagte sie mit einem Lächeln.

“Hey, ich kann dich auch Süße nennen.”

“Bitte nicht”, sagte sie, während sie ins Auto stieg.

Ellington fuhr einen Kilometer den Highway 47 herunter und fuhr dann nach links auf die Nebenstraße. Direkt erschien das Schild für das Wakeman Blindenheim. Als sie näher an das Grundstück herankamen, fragte Mackenzie sich, warum jemand so eine willkürliche und isolierte Lage für ein Blindenheim wählte. Sicherlich gab es irgendeine psychologische Bedeutung dahinter. Vielleicht half es ihnen, sich inmitten von Nichts zu entspannen, weit weg von den beständigen, dröhnenden Geräuschen einer großen Stadt.

Alles, was sie sicher wusste, war das die Bäume dicker um sie herum wurden, sie begann sich mehr abgeschnitten von dem Rest der Welt zu fühlen. Und zum ersten Mal seit langer Zeit sehnte sie sich fast nach dem bekannten Anblick der Kornfelder ihrer Jugend.




KAPITEL DREI


Das Wakeman Blindenheim sah überhaupt nicht so aus, wie Mackenzie es erwartet hatte. Im Gegensatz zur Stateton Polizeidienststelle und der Justizvollzuganstalt, sah das Wakeman Blindenheim wie ein Wunderwerk des modernen Designs und Baus aus – und das war ein Anblick der Mackenzie durchfuhr, ehe sie überhaupt einen Fuß hineingesetzt hatten.

Der Vorderbereich des Gebäudes war aus großen Glasfenstern gemacht, die das meiste der Wände einzunehmen schienen. Auf dem halben Weg in Richtung Eingang konnte Mackenzie schon hineinsehen. Sie sah eine große Lobby, die aussah wie einer Art Spa. Es sah freundlich und einladend aus.

Es war ein Gefühl, das noch stärker wurde, als sie hineinging. Alles sah sehr sauber und neu aus. Bei ihren Ermittlungen auf dem Weg nach Stateton, hatte sie herausgefunden, dass das Wakeman Blindenheim erst im Jahr 2007 gebaut worden war. Als es gebaut worden war, hatte es ein schwaches Hurra innerhalb des Stateton Landkreises gegeben, da es neue Jobs und Wirtschaft brachte. Jetzt, obwohl es immer noch eines der eher bekannten Gebäude im Landkreis war, hatte sich die Aufregung gelegt und das Haus schien von seiner ländlichen Umgebung verschluckt worden zu sein.

Eine junge Frau saß hinter einer gebogenen Theke entlang der hinteren Wand. Sie grüßte sie lächelnd, obwohl man ihr ansehen konnte, dass sie nervös war. Mackenzie und Ellington näherten sich ihr, stellten sich vor und wurden sofort gebeten im Sitzbereich Platz zu nehmen, während Randall Jones herauskam, um sie zu treffen.

Wie sich herausstellte, konnte Randall Jones es gar nicht erwarten, sie zu treffen. Mackenzie hatte gerade erst zehn Sekunden gesessen, als sich eine Doppeltür die ins Hintere des Gebäudes führte, auf der anderen Seite des Raumes öffnete. Ein großer Mann in mit Hemd und Kakis trat heraus. Er versuchte zu lächeln, als er sich vorstellte, aber wie die Rezeptionistin konnte er die Tatsache, dass er müde und aufgewühlt war, nicht verstecken.

“Ich freue mich, dass Sie so schnell kommen konnten”, sagte Jones. “Je eher, wir das hier abschließen, umso besser. Der Kleinstadt Flurfunk brodelt.”

“Wir würden das auch gerne so schnell wie möglich aufklären”, erwiderte Mackenzie. “Wissen Sie, wo genau die Leiche gefunden wurde?”

“Ja. In einem Rosengarten ca. einen Kilometer von hier. Es sollte der ursprüngliche Bauort für Wakeman sein, aber ein paar merkwürdige Grafschaft Begrenzungs-messungen haben das alles versaut”.

“Könnten Sie uns dort hinbringen?”, fragte Mackenzie.

“Natürlich. Alles, was Sie wollen. Kommen Sie mit.”

Jones führte sie die durch Doppeltüren, durch die sie gekommen waren. Auf der anderen Seite, gab es eine kleine Nische, die direkt in das Heim führte. Die ersten paar Türen, an denen sie vorbeigingen, waren Büros und Stauräume. Diese waren durch einen offenen Bürobereich von den Zimmern der Bewohnern getrennt, wo ein Mann und eine Frau hinter einem Tresen wie in einem Krankenhaus saßen.

Als sie an den Zimmern vorbeigingen, schaute Mackenzie in die hinein, die offen standen. Die Zimmer waren recht geräumig und mit schönen Möbeln dekoriert. Sie sah auch Laptops und Smartpads in ein paar Zimmern.

Auch wenn sie sich mitten im Nichts befanden, gab es offensichtlich keine Kürzung an Geldern, um das Heim am Laufenden zu halten, dachte sie.

“Wie viele Personen leben hier?”, fragte Mackenzie.

“Sechsundzwanzig”, antwortete er. “Und die kommen von überallher. Wir haben einen alten Mann hier, der aus Kalifornien gekommen ist, wegen des außergewöhnlichen Services und der Lebensqualität, die wir hier anbieten.

“Verzeihung, wenn das eine ignorante Frage ist”, sagte Mackenzie, “aber was für Dinge tun Sie hier?”

“Naja wir haben Unterricht, der jede Menge Interessen abdeckt. Die meisten müssen natürlich auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten werden. Wir haben Kochunterricht, Sportprogramme, ein Spielklub, Triviaklub, Gärtnerei, Handwerken, so was halt. Ein paar Mal im Jahr organisieren wir Ausflüge, wo sie dann wandern oder schwimmen können.

Wir haben sogar zwei mutige Seelen die gerne Kanufahren, wann immer wir Ausflüge machen.”

Das alles zu hören, ließ Mackenzie sich sowohl unempfindlich, als auch glücklich fühlen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Menschen die völlig blind waren, auch Dinge wie Kanufahren oder Schwimmen ausüben können.

Am Ende des Flurs führte Jones sie zu einem Fahrstuhl. Als sie hineintraten und nach unten fuhren, lehnte Jones sich erschöpft gegen die Wand.

“Herr Jones”, sagte Mackenzie, “haben Sie eine Idee, wie die einheimischen Zeitungen bereits Wind von den Morden bekommen haben?”

“Keine Ahnung”, sagte er. “Das ist einer der Gründe, warum ich so müde bin. Ich habe mein Personal umfangreich befragt. Aber es ist nichts dabei herausgekommen. Es gibt auf jeden Fall ein Loch, aber ich habe keine Ahnung, wo das herkommt.”

Mackenzie nickte. Nicht wirklich was, worum man sich hier Sorgen machen muss, dachte sie. Ein Loch in einer kleinen Stadt wie dieser ist fast schon eine Gewissheit. Es sollte dennoch den Ermittlungen nicht im Weg stehen.

Der Fahrstuhl hielt an und ließ sie in einer kleinen Art von fertigem Keller heraus. Ein paar Stühle standen hier und da, aber Jones führte sie zu einer Tür direkt vor ihnen. Sie traten hinaus und Mackenzie fand sich selbst hinter dem Gebäude wieder, auf einem Parkplatz für Angestellte.

Randall führte sie zu seinem Auto, und als er hineinstieg, stellte er sofort die Klimaanlage an. Das Innere des Autos war wie ein Backofen, aber die Klimaanlage begann, sofort zu arbeiten.

“Wie ist Frau Ridgeway in den Garten gekommen?”, fragte Ellington.

“Naja, da wir hier inmitten von nichts sind, erlauben wir unseren Bewohnern eine bestimmte Menge an Freiheiten. Wir haben eine Sperrstunde von neun Uhr abends während des Sommers – im Herbst sechs Uhr abends und im Winter ebenso, wenn es früher dunkler wird. Wie Sie sehen können, ist es ein schneller Spaziergang ohne irgendwelche Risiken.”

Randall fuhr sie aus der Parklücke und fuhr auf die Straße. Er fuhr in die entgegengesetzte Richtung der Polizeiwache und zeigte Ellington und Mackenzie einen neuen Abschnitt der Straße.

Die Straße war eine gerade Strecke, die weiter in die Wälder hineinführte. Aber innerhalb von dreißig Sekunden konnte Mackenzie die kleinen gusseisernen Tore sehen, die den Rosengarten umgaben. Randall fuhr in eine schmale Parklücke, wo nur drei andere Autos parkten, eines davon war ein unbesetztes Polizeiauto.

“Sheriff Clarke und seine Männer waren fast die ganze Nacht da draußen und heute Morgen auch”, sagte Randall. “Als er gehört hat, dass Sie kommen, ist er gegangen. Er will Ihnen wirklich nicht in die Quere kommen, wissen Sie?”

“Das wissen wir wirklich zu schätzen”, sagte Mackenzie, stieg aus dem Auto und zurück in die stickige Hitze.

“Wir wissen sicher, dass dies der letzte Ort war, den Ellis Ridgeway besucht hat”, sagte Randall. “Sie ist an zwei anderen Bewohnern vorbeikommen, als sie gegangen ist, sowie auch an mir. Weitere Beweise können Sie auf der Sicherheitskamera des Hauses sehen. Sie ist offensichtlich in diese Richtung gegangen – und alle hier im Heim wissen, dass sie gerne noch späte Spaziergänge gemacht hat. Sie hat das mindestens vier oder fünf Mal in den meisten Wochen getan.”

“Und war niemand bei ihr?”, fragte Mackenzie.

“Keiner vom Heim. Ehrlich, nicht viele Menschen kommen hier in dem heißen Sommer her. Ich bin mir sicher, Sie haben bemerkt, dass wir uns inmitten eines sehr heißen Sommers befinden.”

Sie bemerkte den Geruch von Rosen, Hortensien und vielleicht Lavendel. Sie nahm an, es müsste ein nettes Fluchtziel für die Blinden sein – ein Weg, die anderen Sinne wirklich zu genießen.

Als sie eine Bank auf dem Weg erreichten, die sich nach Osten neigte, drehte sich Jones um und zeigte hinter ihnen. “Wenn Sie durch die Bäume hier auf die andere Seite der Straße schauen, können Sie die Rückseite von Wakeman sehen”, sagte er traurig. “Sie war so nah bei uns, als sie gestorben ist.”

Er trat dann vom Pfad und drückte sich an zwei großen Blumentöpfen vorbei, die rote Rosen enthielten. Mackenzie und Ellington folgten ihm. Sie erreichten die Hintertür, die hauptsächlich von all den Bäumen, Blumen und der Vegetation versteckt lag. Es gab einen Platz von ca 1,20 m, der leer war, abgesehen von ein wenig Gras.

Während sie da durchliefen, konnte sie sofort sehen, warum dies ein perfekter Platz für einen geduldigen Mörder war, um zuzuschlagen. Randall Jones hatte es selbst gesagt – niemand kam hier heraus, wenn es so heiß war. Der Mörder wusste davon und hatte es zu seinem Vorteil genutzt.

“Hier habe ich sie gefunden”, sagte Jones und zeigte auf die leere Stelle zwischen den größeren Blumentöpfen und den schwarzen gusseisernen Pforten. “Sie lag mit dem Gesicht nach unten und war in eine Art U gebeugt.”

“Sie haben Sie gefunden?”, fragte Ellington.

“Ja. Ungefähr um 21.45 Uhr letzten Abend. Als sie zur Sperrstunde nicht zurückkam, habe ich angefangen, mir Sorgen zu machen. Nach einer halben Stunde habe ich gedacht, ich komme mal nachschauen, falls sie hingefallen ist oder in Panik ist oder so etwas.”

“War ihre Kleidung vollständig”, fragte Mackenzie.

“Soweit ich weiß”, erwiderte Randall, sichtlich überrascht von der Frage. “In dem Moment habe ich nicht an so etwas gedacht.”

“Und es gibt absolut niemand anderen auf dem Videomaterial des Heims zu sehen?”, fragte Ellington. “Niemand der ihr gefolgt ist?”

“Niemand. Sie können sich gerne das Material selbst anschauen, wenn wir zurückkommen.”

Während sie zurück durch den Garten gingen, brachte Ellington eine Frage auf, die in Mackenzies Gedanken ebenso brodelte. “Es ist sehr ruhig hier in dem Heim heute. Warum?”

“Ich denke, man nennt das Trauern. Wir sind eine sehr verbundene Gemeinschaft bei Wakeman und Ellis war so beliebt. Nur wenige unserer Bewohner sind tagsüber heute aus ihren Zimmern gekommen. Wir haben auch eine Bekanntgebung über die Beschallungsanlage gemacht, dass wir Agenten aus DC hier haben, die Ellis Tod untersuchen. Seitdem ist fast niemand mehr aus dem Zimmer gekommen. Ich denke, sie drehen durch …. haben Angst.



Das, Plus die Tatsache, das niemand ihr gefolgt ist, streicht die Tatsache, dass der Mörder ein Bewohner sein könnte, dachte Mackenzie. Die dünne Akte des ersten Opfers besagte, dass der Mordfall zwischen dreiundzwanzig Uhr und Mitternacht stattfand … und eine recht gute Distanz entfernt von Stateton.

“Wäre es möglich für uns mit einigen Ihrer Bewohner zu sprechen?”, fragte Mackenzie.

“Das ist absolut in Ordnung für mich”, sagte Jones. “Natürlich, wenn es ihnen unangenehm ist, dann muss ich Sie bitten, es zu beenden.”

“Natürlich. Ich denke, ich könnte –“

Sie wurde von dem Klingeln ihres Handys unterbrochen. Sie schaute drauf und sah eine unbekannte Nummer auf dem Display.

“Eine Sekunde”, sagte sie und nahm den Anruf an. Sie drehte sich von Jones weg und antwortete: “Hier ist Agentin White.”

“Agentin White, hier ist Sheriff Clarke. “Hören Sie, ich weiß Sie sind gerade erst hier gewesen, aber ich würde es wirklich zu schätzen wissen, wenn Sie so schnell wie möglich wieder hier herkommen könnten.”

“Bestimmt. Ist alles in Ordnung?”

“Es war schon besser”, antwortete er. “Ich habe gerade diese Platz Verschwendung von Langston Ridgeway hier im Büro. Und er macht hier eine kleine Szene.”

Nicht mal da, wo sich Hase und Fuchs Gute Nacht sagen, kann man der Politik entfliehen, dachte Mackenzie.

Irritiert gab sie ihr Bestes, um professionell zu antworten. “Geben Sie uns zehn Minuten”, sagte sie und legte auf.

“Herr Jones, wir müssen jetzt zurück zum Sheriff”, sagte sie.

“Können Sie dieses Sicherheitsmaterial für uns bereithalten? Wenn wir zurückkommen?”

“Natürlich”, sagte Randall und führte sie zu seinem Auto.

“Und in der Zwischenzeit”, fügte Mackenzie hinzu, “möchte ich gerne eine Liste von allen Personen, denen gegenüber sie argwöhnisch sind. Ich spreche hierbei von Personal und anderen Bewohnern. Menschen, die die Reichweite der Sicherheitskamera im Garten kennen.”

Jones nickte düster. Der Blick auf seinem Gesicht sagte Mackenzie, dass dies etwas war, das er selbst in Betracht gezogen hatte, aber sich nicht getraut hatte, zu viel Glauben da hineinzulegen. Mit demselben Ausdruck auf seinem Gesicht startete er den Wagen und fuhr sie zurück nach Wakeman. Auf dem Weg bemerkte Mackenzie wieder die Stille in dieser kleinen Stadt – nicht ruhig, aber eher wie die Ruhe vor dem Sturm.




KAPITEL VIER


Der erste Gedanke, der Mackenzie durch den Kopf ging, als sie Langston Ridgeway sah war, dass er wie ein Gottesanbeter aussah. Er war groß und dünn und er bewegte seine Arme in unangenehmen kleinen Kneifbewegungen, wenn er sprach. Es machte es auch nicht besser, dass seine Augen voll von Wut waren, während er jeden anschrie, der versuchte mit ihm zu sprechen.

Sheriff Clarke hatte sie alle in einen kleinen Konferenzraum am Ende des Flures gedrängt – ein Zimmer das nicht größer, als sein Büro war. Hier, hinter geschlossenen Türen stand Langston Ridgeway in voller Länge da, während Mackenzie und Ellington seinen Zorn ertrugen.

“Meine Mutter ist tot und nicht mehr da”, stöhnte er, “und ich neige dazu, die Unfähigkeit des Personals dieses verdammten Heimes dafür verantwortlich zu machen. Und weil diese faule Ausrede von einem Sheriff sich weigert, mich persönlich mit Randall Jones sprechen zu lassen, würde ich gerne wissen, was Sie zwei FBI-Trottel dagegen zu tun denken.”

Mackenzie wartete kurz, ehe sie antwortete. Sie versuchte, sein Trauerlevel einzuschätzen. So wie er sich verhielt, war es schwer zu sagen, ob seine Wut ein Ausdruck seines Verlusts war oder ob er wirklich so ein entsetzlicher Mann war, dem es gefiel, anderen Befehle zuzubrüllen.

Bis jetzt konnte sie es nicht sagen.

“Um ehrlich zu sein”, sagte Mackenzie. “Ich stimme dem Sheriff zu. Sie sind wütend und verletzt im Moment und es scheint, als wenn Sie gerne die Schuld abgeben würden. Es tut mir leid für Ihren Verlust. Aber das Schlimmste dass Sie jetzt tun können, ist der Verwaltung des Heimes gegenüberzutreten.”

“Schuld?”, fragte Ridgeway, sicherlich nicht daran gewöhnt, dass Menschen sich nicht einfach beugten und ihm sofort zustimmen. “Wenn der Laden verantwortlich dafür ist, was meiner Mutter passiert ist, dann –“

“Wir haben das Heim bereits besucht und mit Herrn Jones gesprochen”, sagte Mackenzie und schnitt ihm das Wort ab. “Ich kann Ihnen versichern, dass das was mit Ihrer Mutter passiert ist, ein Einfluss von äußeren Quellen war. Und wenn es intern ist, dann weiß Herr Jones auf jeden Fall nichts darüber. Das kann ich Ihnen mit absoluter Sicherheit sagen.”

Mackenzie war sich nicht sicher, ob der Schock auf Ridgeway’s Gesicht das Ergebnis ihres Widerwortes gegen ihn war oder weil sie ihn einfach unterbrochen hatte.

“Und all das haben Sie aus einem Gespräch gesammelt?”, fragte er klar skeptisch.

“Habe ich”, sagte sie. “Natürlich ist die Ermittlung erst am Anfang, also kann ich mir nicht bei allem sicher sein. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es schwer ist, eine Ermittlung zu leiten, wenn ich Anrufe bekomme, die damit enden, dass ich einen Tatort verlassen muss, nur um Menschen zuzuhören die herumschreien und sich beschweren.”

Sie konnte schon die Wut fühlen, die ihn überkam. “Ich habe gerade meine Mutter verloren”, sagte er und flüsterte jedes Wort. “Ich will Antworten. Ich will Gerechtigkeit.”

“Gut”, sagte Ellington. “Dann wollen wir dasselbe.”

“Aber um das zu bekommen”, sagte Mackenzie, “müssen Sie uns arbeiten lassen. Ich verstehe, dass Sie herrschen wollen, aber um ehrlich zu sein, ist mir das egal. Wir haben einen Job zu tun und wir können es nicht gebrauchen, dass Ihre Wut, Ihre Trauer oder Ihre Arroganz uns in den Weg kommt.”

Während des gesamten Gesprächs saß Sheriff Clarke an dem kleinen Konferenztisch. Er tat sein Bestes, um ein Lächeln aufrechtzuerhalten.

Ridgeway war für einen Moment ruhig. Er schaute zwischen den Agenten und Sheriff Clarke hin und her. Er nickte und als eine Träne an seinem Gesicht herunterlief, dachte Mackenzie, dass diese echt sein könnte. Aber sie konnte trotzdem immer noch die Wut in seinen Augen sehen, direkt an der Oberfläche.



“Ich bin mir sicher, dass Sie daran gewöhnt sind, Anweisungen an Kleinstadtpolizisten und Verdächtige und so herumzureichen”, sagte Langston Ridgeway. “Aber lassen Sie mich eines sagen … wenn Sie Mist bauen oder übrigens auch mich wieder nicht respektieren, dann werde ich in DC anrufen. Ich werde Ihren Vorgesetzten anrufen und Sie fertigmachen.”

Das Traurige ist, dass er glaubt, dass er wirklich in der Lage dazu ist, dachte Mackenzie.

Und vielleicht ist er das. Aber ich würde gerne Mal Mäuschen spielen, wenn jemand wie Langston Ridgeway beginnt, McGrath anzuschreien.

Bevor die Situation noch eskalierte, entschied Mackenzie sich ruhig zu bleiben. Sie schaute neben sich und sah, dass Ellington seine Faust zusammenpresste und wieder öffnete … ein kleiner Trick, den er nutze, wann immer er nahe dran war, irrational wütend zu werden.

Am Ende sagte Mackenzie: “Wenn Sie uns unseren Job ungehindert tun lassen, dann wird es nicht dazu kommen.”

Es war klar, dass Ridgeway nach Worten suchte. Alles, was er herausbrachte, war ein gedämpftes hmmpf. Anschließend drehte er sich schnell um und verließ den Raum. Er erinnerte Mackenzie sehr an ein Kind inmitten eines Trotzanfalls.

Nach ein paar Sekunden lehnte Sheriff Clarke sich mit einem Seufzen zurück. “Und jetzt sehen Sie, womit ich hier zu tun habe. Dieser Junge glaubt, die Sonne steigt und sinkt um seinen verwöhnten Arsch herum. Und er kann ewig darüber reden, dass er seine Mutter verloren hatte, soviel er will. Alles, worüber er sich Sorgen macht ist, dass die Presse in den größeren Städten herausfindet, dass er sie in ein Heim abgeschoben hat … wenn auch in ein schönes. Er macht sich Sorgen um sein eigenes Image, mehr als über alles andere.”

“Ja, ich hab dasselbe Gefühl”, sagte Ellington.

“Glauben Sie, wir können noch mehr Störungen von ihm erwarten?”, fragte Mackenzie.

“Ich weiß nicht. Er ist unberechenbar. Er wird tun, was immer er glaubt, dass es seine Chancen Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit zu bekommen verbessert, was sich später in Stimmen äußern wird, für das, worauf immer er auch abzielt.”

“Na, dann Sheriff”, sagte Mackenzie, “wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, warum setzen wir uns nicht und gehen durch was wir haben?”

“Das wird nicht lange dauern”, sagte er. “Es gibt nicht viel.”

“Besser als nichts”, erwiderte Ellington.

Clarke nickte und stand auf. “Kommen Sie in mein Büro”, sagte er.

Während sie den schmalen Flur entlang gingen, erschraken sowohl Mackenzie als auch Ellington ein wenig, als Clarke rief “Hey Frances! Setzt mal einen Kaffee auf, ja Darling?”

Mackenzie und Ellington tauschten einen befremdlichen Blick. Sie begann ein sehr gutes Gefühl für Sheriff Clarke und die Art, wie er die Dinge lenkte zu bekommen. Und obwohl er ein wenig rustikal war, gefiel er ihr ein wenig – abgesehen von der schmutzigen Sprache und dem unbeabsichtigten Sexismus.

Als der Nachmittag sich zum Abend neigte, versammelten Mackenzie und Ellington sich an Clarkes Tisch und gingen das bestehende Material des Falles durch.




KAPITEL FÜNF


Kurz bevor Frances ihnen den Kaffee brachte, kam Beamte Lambert zurück. Jetzt wo er nicht an seinem Handy textete, sah Mackenzie, dass er ein junger Mann in den Dreißigern war. Sie fand es merkwürdig, dass ein Beamte als Clarke’s rechte Hand diente, anstatt ein Stellvertreter, aber sie dachte nicht viel darüber nach.

Kleinstadt, dachte sie.

Die Vier saßen um Clarkes Tisch und schauten sich das Material an. Clarke schien mehr als glücklich, dass Mackenzie die Besprechung übernahm. Sie war glücklich zu sehen, dass er so schnell verstanden hatte – und sie als gleichwertig akzeptierte.

“Also lassen Sie uns mit dem Neusten anfangen”, sagte sie. “Ellis Ridgeway. Siebenundfünfzig Jahre alt. Wie ich jetzt selbst erfahren habe, hat sie einen sehr arroganten und egoistischen Sohn. Außer der Tatsache, dass sie blind war, was können Sie mir noch über sie sagen?”

“Das wars eigentlich schon”, sagte Clarke. “Sie war eine süße Lady. Soweit ich weiß, hat jeder in dem Heim sie geliebt. Was mir bei dieser ganzen Situation Angst macht ist, dass der Mörder mit ihr bekannt war, richtig? Sie mussten gewusst haben, dass sie das Heim verlässt, um sie dann abzupassen.”

“Ich denke da auch dran”, sagte Mackenzie. “Aber wenn diese Morde miteinander verbunden sind – und es sieht auf jeden Fall so aus, als wenn sie das wären, dann bedeutet das, dass es jemand von hier war, der sie kannte und der wäre dann viel dabei gefahren. Der andere Mord war … zweieinhalb Stunden entfernt?”

“Fast drei”, sagte Clarke.

“Genau”, sagte Mackenzie. “Wissen Sie, ich habe mich kurz gefragt, ob es ein anderer Bewohner sein könnte, aber ich weiß aus glaubwürdiger Quelle, von Randall Jones, dass ihr gestern niemand gefolgt ist. Es gibt das Video als Beweis, das wir noch nicht gesehen haben, dank Langston Ridgeways Unterbrechung. Und hinsichtlich der Bewohner oder des Personals die das Haus verlassen haben, als Frau Ridgeway weg war, gibt es keinen Beweis, dass jemand anderes zu der Zeit gegangen ist – keine Bewohner, kein Personal, niemand.”

“Und dann kommen wir zum ersten Mord”, sagte Ellington, “wir müssen mit den Familienmitgliedern sprechen. Was können Sie uns über das erste Opfer sagen, Sheriff?”

“Tja, es war ein anderes Blindenheim”, sagte er. “Und alles was ich darüber weiß, steht in derselben Akte, die Sie auch haben, da bin ich mir sicher. Wie ich sagte, es ist fast drei Stunden von hier, schon fast in West Virginia. Ein schäbiger Ort, von dem was ich zusammengetragen habe. Nicht wirklich ein Heim, sondern eher wie eine Schule, glaube ich.”

Er schob ihr ein Blatt Papier zu und sie sah sich den kurzen Polizeibericht des ersten Tatorts an. Es war eine Stadt namens Treston, ca. vierzig Kilometer von Bluefield, West Virginia entfernt. Der dreiundachtzigjährige Kenneth Able wurde zu Tode erstickt. Es gab leichte Schürfwunden um den Augen herum. Er wurde in einem Kleiderschrank versteckt, in dem Zimmer gefunden, wo er sich die meiste Zeit innerhalb des Heimes aufgehalten hatte.

Die Fakten waren roboterhaft ohne Einzelheiten. Obwohl es Notizen über die laufenden Ermittlungen gab, bezweifelte Mackenzie, dass es irgendwas Ernstes war.

Ich wette, das ist es jetzt, dachte sie.

Dieser neue Mord war zu explizit, um das zu leugnen. Die Opfer waren sich zu ähnlich, sowie die Anzeichen der Gewalt an den Körpern.



“Ich habe Randall Jones gebeten eine Liste der Angestellten oder anderen zu erstellen, die mit dem Heim verbunden sind und bei denen er es sich auch nur irgendwie vorstellen könnte, dass die damit etwas zu tun haben könnten”, sagte Mackenzie. “Ich denke, unser nächster Einsatz ist es, mit dem Heim in Treston zu sprechen, um zu sehen, ob es dort irgendwelche Verbindungen gibt.”

“Der Nachteil ist, das Treston so verdammt weit weg ist”, wies Ellington darauf hin.

“Auch wenn das nur ein Spaziergang wird, müssen wir fahren. Hört sich so an, als wenn wir das nicht so schnell lösen, wie der berühmte Herr Ridgeway das gerne hätte.”

“Wann wird eine vollständige gerichtsmedizinische Untersuchung bei Frau Ridgeway durch sein?”, fragte Mackenzie.

“Ich erwarte in ein paar Stunden etwas zu hören”, sagte Clarke. “Eine vorherige Ermittlung hat nichts Offensichtliches ergeben. Keine Fingerabdrücke, keine sichtbaren Haare oder Materialien, die hinterlassen wurden.”

Mackenzie nickte und schaute wieder auf die Fallunterlagen. Als sie sich gerade darauf konzentriert hatte, klingelte ihr Handy. Sie nahm ab: “Hier ist Agentin White.”

“Hier ist Randall Jones. Ich habe eine Liste von Namen für Sie, wie Sie gebeten hatten. Sie ist kurz und ich bin mir ziemlich sicher, dass dabei nichts herauskommen wird.”

“Wer sind die Personen?”

“Da ist ein Typ bei den Putzkräften, der nicht so zuverlässig ist. Er hat gestern den ganzen Tag gearbeitet und sich kurz nach fünf ausgestempelt. Ich habe herumgefragt und niemand hat gesehen, wie er zurückgekommen ist. Ein weiterer Mann ist einer, der für eine Stelle eines sozialen Dienstes arbeitet. Er kommt und spielt manchmal Spiele. Er hängt halt dort herum und scherzt mit den Bewohnern. Er macht auch Freiwilligen Arbeit, wie putzen oder manchmal Möbel herumrücken.”

“Können Sie mir die Namen und alle Kontaktinformationen schicken, die Sie haben?”

“Natürlich”, erwiderte Jones, sichtlich nicht glücklich darüber, die Männer als Tatverdächtige einstufen zu müssen.

Mackenzie beendete den Anruf und schaute wieder auf die drei Männer im Zimmer. “Das war Jones mit zwei möglichen Kandidaten. Eine Reinigungskraft und jemand der Freiwilligenarbeit leisten und mit den Bewohnern rumhängt. Sheriff, er wird mir die Namen jeden Moment schicken. Können Sie da drauf schauen –“

Ihr Handy piepte, als sie die entsprechende Nachricht bekam. Sie zeigte Sheriff Clarke die Namen und er zuckte mit den Schultern.

“Der erste Name, Mike Crews ist die Reinigungskraft”, sagte er. “Ich weiß, dass er niemanden in den letzten Abendstunden getötet hat, weil ich mit ihm zusammen in Rock’s Bar Bier getrunken habe. Das war, nachdem er bei Mildred Cann war, um kostenlos ihre Klimaanlage zu reparieren. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass Mike Crews nicht Ihr Mann ist.”

“Und was ist mit dem zweiten Namen?”, fragte Ellington.

“Robbie Huston”, sagte er. “Ich kenne ihn nur vom Sehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er von einer Art Dienstleistungsstelle in Lynchburg geschickt wird. Aber soweit ich weiß, ist er eine Art Engel dort in dem Heim. Liest den Bewohnern vor, ist wirklich freundlich. Wie ich sagte, er ist aus Lynchburg. Das ist über eineinhalb Stunden von hier entfernt – direkt auf dem Weg nach Treston, eigentlich.”

Mackenzie sah sich wieder Jones’s Text an und speicherte die Nummer ab, die er von Robbie Huston bereitgestellt hatte. Es war eine dünne Spur, wenn überhaupt, aber immerhin etwas.

Sie schaute auf ihre Uhr und sah, dass es schon fast sechs Uhr war. “Wann werden Ihr Stellvertreter und die anderen Beamten sich wieder zurückmelden?”, fragte sie.

“Schon bald. Aber niemand hat wegen irgendwas angerufen. Ich halte Sie auf dem Laufenden, wenn Sie los wollen.”

“Hört sich gut an”, erwiderte Mackenzie.

Sie sammelte ihre Aktenblätter ein und stand auf. “Vielen Dank für Ihre Hilfe heute Nachmittag”, sagte sie.

“Natürlich. Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr Hilfe bieten. Wenn Sie wollen, kann ich die Staatspolizei wieder herholen, um zu helfen. Sie waren heute Morgen hier, aber sind recht schnell gegangen. Ich glaube, ein paar von ihnen bleiben einen Tag lang oder so in der Stadt.”

“Wenn es so weit ist, lass ich es Sie wissen”, sagte Mackenzie. “Gute Nacht, die Herren.”

Damit gingen sie und Ellington. Die Vorderlobby war jetzt leer, Frances hatte wohl für heute Feierabend gemacht.

Auf dem Parkplatz zögerte Ellington für einen Moment, während er die Schlüssel herausnahm. “Hotel oder eine Fahrt nach Lynchburg?”, fragte er.

Sie dachte nach und obwohl die Verlockung die Ermittlung auch in den späten Stunden noch weiterzuführen stark war, spürte sie, dass sie besser versuchen sollte, Robbie Huston per Telefon zu erreichen, das würde wahrscheinlich dasselbe ergeben, wie eine Fahrt nach Lynchburg. Noch mehr, sie begann zu glauben, dass Sheriff Clarke wusste, was er tat – und wenn er keine echten Vorbehalte gegenüber Huston hatte, dann würde sie sich für jetzt darauf verlassen. Das war eines der Vorteile, in einer Kleinstadt an einem Fall zu arbeiten – wenn jeder jeden schon fast auf intimer Basis kannte, dann konnte man sich oft auf die Meinungen und die Instinkte der einheimischen Polizei verlassen.

Lohnt sich trotzdem ihn anzurufen, wenn wir das Zimmer bezogen haben, dachte sie.

“Hotel”, sagte sie. “Wenn ich das, was ich wissen will, nicht bei einem Anruf bei ihm heute Abend herausbekomme, dann fahren wir morgen in Lynchburg vorbei.”

“Auf dem Weg nach Treston? Hört sich nach viel Fahrerei an.”

Sie nickte. Es war viel Hin und Her. Sie wären vielleicht erfolgreicher, wenn sie sich morgen trennten. Aber sie könnten eine Strategie austüfteln, wenn sie erst mal in einem Hotelzimmer waren, mit den Akten vor ihnen und der laufenden Klimaanlage.

Obwohl sie keine hohen Ansprüche hatte, war der Gedanke an eine Klimaanlage in dieser erdrückenden Hitze zu schwer zu widerstehen. Sie stiegen in das heiße Auto, Ellington kurbelte die Fenster herunter und sie fuhren nach Westen, in das, was als Herz von Stateton diente.


***

Statetons einziges Motel war ein überraschend gut erhaltenes Gebäude, genannt das Staunton County Inn. Es hatte nur zwölf Zimmer, neun davon waren frei, als Mackenzie in die Lobby ging und ein Zimmer für die Nacht forderte. Jetzt, wo McGrath über ihre Beziehung Bescheid wusste, machten sie und Ellington sich nicht mehr länger Sorgen darum zwei Zimmer zu buchen, nur um den Schein zu wahren. Sie buchten ein Einzelzimmer mit einem Bett und nach einem stressigen Tag mit Fahrten in der Hitze, wussten sie den Moment, in dem sich die Tür hinter ihnen schloss, gut zu nutzen.

Anschließend als Mackenzie duschte, konnte sie nicht anders, als das warme Gefühl gewollt zu werden, zu schätzen. Es war mehr als das; die Tatsache, dass sie sich den Klamotten entledigt hatten, sobald sie alleine waren und Zugang zu einem Bett hatten, ließ sie sich zehn Jahre jünger fühlen. Es war ein gutes Gefühl, aber auch eins, das sie versuchte unter Kontrolle zu halten. Ja, sie genoss die Dinge mit Ellington und was immer auch zwischen ihnen passierte, es war eines der aufregendsten und vielversprechendsten Dinge, die ihr in den letzten Jahren passiert waren, aber sie wusste auch, wenn sie nicht vorsichtig genug war, könnte es ihr bei der Arbeit in die Quere kommen.

Sie spürte, dass er das auch wusste. Er riskierte dieselben Dinge wie sie: Ruf, Spott und Kummer. Obwohl sie sich neuerdings nicht sicher war, ob er sich über den Kummer Sorgen machten. Als sie ihn besser kennengelernt hatte, war sie sich sicher, dass Ellington nicht die Art von Mann war, der herumschlief oder Frauen schlecht behandelte, aber sie wusste auch, dass er gerade eine gescheiterte Ehe hinter sich hatte und sehr vorsichtig mit ihrer Beziehung umging – wenn sie es so nennen konnten.

Sie bekam das Gefühl, dass Ellington nicht zu verstört wäre, wenn die Dinge zwischen ihnen endeten. Wenn es um sie ging … naja sie war sich nicht sicher, wie sie das aufnehmen würde.

Als sie aus der Dusche kam und sich abtrocknete, stand Ellington im Badezimmer. Es sah aus, als wenn er geplant hatte, mit ihr zu duschen, aber seine Chance verpasst hatte. Es schaute sie mit dem Blick an, in dem seine übliche Verschlagenheit steckte, aber auch etwas Konkretes und Stoisches – etwas, dass sie als seine “Arbeitsmiene” bezeichnete.

“Ja?”, fragte sie spielerisch.

“Morgen … Ich möchte das eigentlich nicht, aber vielleicht sollten wir uns trennen. Einer fährt nach Treston und der andere bleibt hier und arbeitet mit der einheimischen Polizei und dem Gerichtsmediziner zusammen.”

Sie lächelte, erkannte gerade, wie übereinstimmend sie manchmal sein konnten. “Ich habe gerade dasselbe gedacht.”

“Irgendwelche Vorlieben?”, fragte er.

“Nicht wirklich. Ich nehme Lynchburg und Treston. Mir macht das Fahren nichts aus.”

Sie dachte, er würde widersprechen, dass er selber fahren wollte. Sie wusste, dass er nicht so gerne fuhr, aber ihr gefiel auch der Gedanke nicht, ganz alleine zu fahren.

“Hört sich gut an”, sagte er. “Wenn wir den Tag mit neuen Informationen aus dem Heim in Treston abschließen können, mit was für Informationen auch immer wir von dem Gerichtsmediziner dort bekommen, dann können wir die Sache hier vielleicht so schnell abschließen, wie alle erwarten.”

“Hört sich gut an”, sagte sie. Sie drückte ihm einen Kuss auf den Mund, als sie vorbeiging.

Ein Gedanke kam ihr, als sie zurück in das Zimmer ging, einer der ihr schon fast Liebeskummer bereitete, aber nicht verleugnet werden konnte.

Was wenn er nicht dasselbe fühlt, wie ich für ihn?

Er war leicht distanziert die letzte Woche gewesen und obwohl er sein bestes getan hatte, um das vor ihr zu verstecken, hatte sie es hier und da bemerkt.

Vielleicht hatte er erkannt, wie sehr das unsere Arbeit beeinflussen konnte.

Es war ein guter Grund – ein Grund, an den sie oft genug selbst gedacht hatte. Aber sie konnte sich darüber jetzt keine Sorgen machen. Mit dem Bericht des Gerichtsmediziners, der jeden Moment kommen konnte, hatte der Fall das Potenzial recht schnell abgewickelt zu werden. Und sie wusste, wenn ihre Gedanken bei Ellington waren und was sie einander bedeuteten, dann könnte es völlig an ihr vorbeigehen.




KAPITEL SECHS


Als sie sich am folgenden Morgen trennten, war Mackenzie überrascht zu sehen, dass Ellington richtig traurig darüber zu sein schien. Er umarmte sie ein wenig länger als gewöhnlich im Motelzimmer und sah eher deprimiert aus, als sie ihn an der Stateton Polizeistation absetzte. Mit einem Winken durch die Windschutzscheibe, als er hineinging, fuhr Mackenzie zurück auf die Hauptstraße mit einer fast dreistündigen Autofahrt vor sich.

Hier in den Wäldern war das Signal auf ihrem Handy eher lau. Sie konnte keinen Anruf zu Jones zweitem potenziellen Verdächtigen, Robbie Houston machen, bis sie ca. sechzehn Kilometer außerhalb der Stateton Stadtgrenze war. Als sie endlich durchkam, antwortete er beim zweiten Klingeln.

“Hallo?”

“Spreche ich mit Robbie Huston”, fragte sie.

“Am Apparat. Wer ist da?”

“Hier ist Agentin Mackenzie White vom FBI. Ich frage mich, ob Sie Zeit für ein Gespräch heute Morgen haben.”

“Ähm … darf ich fragen, worum es geht?”

Seine Verwirrung und Überraschung war echt. Das merkte sie bereits am Handy.

“Es geht um einen Bewohner des Wakeman Blindenheims, den Sie meines Erachtens kennen. Ich kann am Telefon keine weiteren Details nennen. Wenn Sie fünf oder zehn Minuten Zeit heute Morgen hätten, dann würde ich das sehr zu schätzen wissen. Ich werde in ca. einer Stunde durch Lynchburg fahren.”

“Okay”, sagte er. “Ich arbeite von zu Hause aus, Sie dürfen also gerne bei mir vorbeikommen, wenn Sie wollen.”

Sie beendete den Anruf, nachdem sie seine Adresse bekommen hatte. Sie gab es in ihr GPS und war erleichtert, als sie sah, dass dieser Umweg sie nur weitere 20 Minuten kosten würde.

Auf dem Weg nach Lynchburg war sie viel zu abgelenkt von den ganzen Fakten des aktuellen Falls, sie war gefesselt von Hunderten von unbeantworteten Fragen, die sich um den alten Fall ihres Vaters drehten und dem neuen Mord, der ihn wieder aktuell gemacht hatte. Aus irgendwelchen Gründen hatten dieselben Menschen, die ihren Vater getötet hatten, auch jemand anderen auf ähnliche Weise getötet.

Und wieder hatten sie eine geheimnisvolle Visitenkarte hinterlassen. Aber warum?

Sie hatte Wochen damit verbracht, etwas herauszufinden. Vielleicht war der Mörder einfach nur dreist. Oder vielleicht sollten die Karten die Ermittler irgendwo anders hinführen … wie eine Art umgekehrtes Katz und Mausspiel. Sie wusste, dass Kirk Peterson noch am Fall dran war – ein bescheidener und engagierter Privatdetektiv in Nebraska, den sie nicht gut genug kannte, um ihm komplett zu vertrauen. Trotzdem war die Tatsache, dass jemand aktiv die Spur so frisch wie möglich hielt, beruhigend. Es gab ihr das Gefühl, dass das Puzzle fast fertig war, aber jemand hatte ein Puzzleteil weggenommen und gab es nicht her, sondern war entschlossen, es erst im letzten Moment hinzuzulegen.

Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie so unterlegen gefühlt. Es war nicht länger eine Frage, ob sie den Mörder ihres Vaters finden würde oder nicht, sondern es ging eher darum, ein Jahrzehnte altes Mysterium zu Ende zu bringen. Während ihre Gedanken sich darum drehten, klingelte ihr Telefon. Sie sah die Nummer des Sheriffs auf dem Display, antwortete und hoffte auf eine Art Hinweis im aktuellen Fall.

“Guten Morgen, Agentin White”, sagte Sheriff Clarke am anderen Ende. “Hören Sie, Sie wissen, dass der Handyempfang hier in Stateton Mist ist. Ich habe Agent Ellington hier, der schnell mit Ihnen sprechen möchte. Sein Handy hat kein Empfang.”

Sie hörte, wie das Handy an Ellington weitergegeben wurde. “Also”, sagte er. “Bist du schon verloren ohne mich?”

“Wohl kaum”, erwiderte sie, “ich treffe mich in einer Stunde mit Robbie Huston.”

“Ah ein Fortschritt. Wo wir gerade dabei sind, ich schaue mir gerade den Bericht des Gerichtsmediziners an. Direkt aus dem Druck. Ich sage dir Bescheid, wenn ich etwas finde. Randall Jones kommt auch bald. Ich schaue Mal, ob er mich mit ein paar anderen Bewohnern im Heim sprechen lässt.”

“Hört sich gut an. Ich fahre jetzt die nächsten drei Stunden an Kuhweiden und leeren Feldern vorbei.”

“Ah, das glamouröse Leben”, sagte er. “Ruf mich an, wenn du etwas brauchst.”

Und damit beendete er den Anruf.

So neckten sie sich die ganze Zeit über. Sie fühlte sich ein wenig dümmlich wegen ihrer Sorgen heute Morgen, darüber wie er sich fühlte, ob sich etwas zwischen ihnen entwickelte oder nicht.

Der Anruf hatte die Gedanken an den Fall ihres Vaters beendet, sie konnte sich auf den aktuellen Fall konzentrieren. Das digitale Thermometer in ihrem Auto sagte ihr, dass es bereits einunddreißig Grad draußen waren … und es war noch nicht mal neun Uhr.

Die Bäume entlang der Straße waren unglaublich dick, hingen wie ein Vordach über der Straße. Und obwohl etwas recht Mysteriöses dabei war, in dem schwachen Licht des frühen südlichen Morgens, konnte sie es kaum erwarten, auf die größeren Autobahnen und die vierspurige Straße zu kommen, die sie in Richtung Lynchburg und Treston bringen würde.


***

Robbie Huston lebte in einem modernen kleinen Apartmentkomplex in der Nähe des Zentrums von Lynchburg. Die Bücherläden und Kaffees hier in der Gegend waren von Studenten besetzt, die wahrscheinlich nur durch das große private christliche College gediehen, das eine große Rolle in der Stadt spielte. Als sie um 9:52 Uhr an seine Tür klopfte, antwortete er fast sofort.

Er sah aus wie in den frühen Zwanzigern – drahtig, umgekämmtes Haar und die Art von weichem Teint, der Mackenzie annehmen ließ, dass alles was er jemals gearbeitet hatte, nur hinter einem Schreibtisch stattgefunden hatte. Er war süß auf eine burschikose Art und war am Rande der Aufregung oder Nervosität, dass tatsächlich eine FBI-Agentin an seine Tür klopfte.

Er bat sie hinein und sie sah, dass das Innere seines Apartments genauso schön und modern war wie das Äußere. Der Wohnbereich, die Küche und das Arbeitszimmer waren ein einzelnes Zimmer, getrennt von kleinen schmuckvollen Trennwänden und geflutet mit natürlichem Sonnenlicht, das durch zwei riesige Fenster an der gegenüberliegenden Seite hereinschien.

“Ähm … kann ich Ihnen einen Kaffee oder so anbieten?”, fragte er. “Ich habe noch etwas von meiner Morgen Ration übrig.”

“Kaffee wäre tatsächlich toll”, sagte sie.

Sie folgte ihm in die Küche, wo er ihr einen Becher eingoss und ihn ihr übergab.

“Sahne? Zucker?”

“Nein danke”, sagte sie. Sie nahm einen Schluck, befand ihn für gut und kam auf den Punkt. “Herr Huston, Sie arbeiten oft freiwillig im Wakeman Blindenheim, ist das korrekt?”

“Ja.”

“Wie oft?”

“Das hängt von meiner Arbeitslastung ab. Manchmal schaff ich es nur ein oder zwei Mal im Monat. An manchen Monaten schaffe ich es auch einmal in der Woche.”

“Wie war es in der letzten Zeit?”, fragte Mackenzie.

“Naja, ich war am Montag dieser Woche da. Letzte Woche war ich Mittwochs da und die Woche davor, war ich Montag und Freitag da, glaube ich. Ich kann Ihnen meinen Plan zeigen.”

“Vielleicht später”, sagte sie. “Ich habe mit Randall Jones gesprochen, ich habe herausgefunden, dass Sie dort Spiele spielen und mit den Möbeln helfen und sauber machen. Stimmt das?”

“Das stimmt. Ab und zu lese ich den Bewohnern auch etwas vor.”

“Den Bewohnern? Welchen Bewohnern haben Sie den in den letzten zwei Wochen vorgelesen oder Spiele gespielt?”

“Mit ein paar. Da ist ein älterer Mann namens Percy, mit dem ich Äpfel zu Äpfeln spiele. Es muss auch mindestens ein Pfleger mitspielen … der ihm sagt, wie seine Karten aussehen. Und letzte Woche habe ich ein wenig mit Ellis Ridgeway über Musik gesprochen. Ich habe ihr auch eine Weile vorgelesen.”

“Wissen Sie, wann Sie die Zeit mit Ellis verbracht haben?”

“Als ich das letzte Mal da war. Montag hatte ich ihr Brian Eno mitgebracht. Wir haben über klassische Musik gesprochen und ich habe ihr einen online Artikel vorgelesen, über die Art wie klassische Musik das Gehirn stimuliert.”

Mackenzie nickte, sie wusste, dass es Zeit war, ihre größte Karte auf den Tisch zu werfen.

“Ok, ich hasse es Ihnen das sagen zu müssen, aber Ellis wurde Dienstagabend ermordet aufgefunden.Wir versuchen herauszufinden, wer es war und ich bin mir sicher, Sie verstehen, dass wir uns jeden anschauen müssen, der kürzlich mit ihr Zeit verbracht hat. Besonders Freiwillige, die nicht immer im Heim sind.”

“Oh mein Gott”, sagte Robbie, sein Gesicht wurde von Moment zu Moment immer blasser.

“Vor Frau Ridgeway gab es einen weiteren Mord in einem Heim in Treston, Virgina. Waren Sie jemals dort?”

Robbie nickte. “Ja, aber nur zwei Mal. Einmal für eine Art Gemeindeservice, Dinge, die wir freiwillig tun, meine Alma Mater. Ich habe geholfen, ihre Küche zu renovieren und hab ein wenig gegärtnert. Ich kam ein oder zwei Monate später zurück, um zu helfen, wo ich konnte. Es war hauptsächlich ein Beziehung Aufbau Ding.”

“Wie lange ist das her?”

Er dachte darüber nach, immer noch sichtlich erschüttert von den Nachrichten der zwei Morde. “Vier Jahre, würde ich sagen. Vielleicht viereinhalb.”

“Erinnern Sie sich an ein Treffen mit einem Mann namens Kenneth Able, als Sie da waren. Er wurde kürzlich ermordet.”

Wieder schien er in Gedanken versunken zu sein. Seine Augen schienen fast erstarrt. “Der Name sagt mir nichts. Aber das muss nicht heißen, dass ich nie mit ihm gesprochen habe, als ich da war.”

Mackenzie nickte, sie war sich mehr und mehr sicher, dass Robbie Huston weit weg davon war, ein Mörder zu sein. Sie konnte sich nicht sicher sein, aber sie dachte, sie sah Tränen in seinen Augen schimmern, während sie den Kaffee runterschluckte, den er ihr gegeben hatte.

Man kann nie vorsichtig genug sein, dachte sie.

“Herr Huston, wir wissen sicher, dass Frau Ridgeway 800 m vom Wakemans Grundstück zwischen 19.05 und 21.40 Uhr am Dienstagabend getötet wurde. Haben Sie irgendwelche Alibis für diesen Zeitraum?”

Sie sah diesen suchenden Blick zum dritten Mal, aber dann begann er, langsam zu nicken.

“Ich war hier in meiner Wohnung. Ich hatte einen Konferenzanruf mit drei anderen Männern. Wir gründen gerade eine kleine Organisation, um den Obdachlosen der Stadt und in anderen umgebenden Städten zu helfen.”

“Haben Sie Beweise dafür?”

“Ich kann Ihnen zeigen, dass sich mich eingeloggt habe. Ich glaube, eine der anderen Männer hat auch recht gute Notizen bei dem Anruf gemacht. Es gibt jede Menge Zeitstempel der Nachrichten, Bemerkungen und so was.” Er ging bereits seinen Laptop holen, der auf einem Tisch vor einem der großen Fenster stand. “Hier ich kann es Ihnen zeigen.”

Sie war sich jetzt sicher, dass Robbie Huston unschuldig war, aber sie wollte es dennoch sehen. Wenn man bedachte, wie die Neuigkeiten ihn erschüttert hatten, wollte sie, dass Robbie fühlte, dass er etwas zum Fall beigetragen hatte. Sie schaute ihm also über seine Schulter, als er auf die Konferenz Plattformseite ging, sich einloggte und den Verlauf aufrief, nicht nur für die letzten Tage, sondern auch für die letzten Wochen. Sie sah, dass er die Wahrheit gesagt hatte; er hatte an einem Konferenzanruf teilgenommen und hatte eine geplante Sitzung von 18:45 bis 22:04 Uhr am Dienstagabend gehabt.

Der ganze Vorgang hatte ihn weniger als fünf Minuten gekostet, er zeigte ihr die Nachrichten und Bearbeitungen, sowie auch, wann er sich eingeloggt und aus dem Anruf ausgeloggt hatte.

“Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Huston”, sagte sie.

Er nickte, während er sie zur Tür begleitete. “Zwei blinde Menschen …”, sagte er und versuchte einen Sinn darin zu sehen. “Warum sollte jemand das tun?”

“Ich versuche das herauszufinden”, sagte sie. “Bitte rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfällt, was helfen könnte”, fügte sie hinzu und gab ihm eine ihrer Karten.

Er nahm sie, winkte ihr zum Abschied und schloss dann die Tür, als sie hinausgegangen war.

Mackenzie fühlte sich fast, als wenn sie gerade die Nachrichten über den Mord den Angehörigen überbracht hätte, anstatt einem freundlichen jungen Mann, der sich aufrichtig über die Getöteten zu sorgen schien.

Sie beneidete ihn fast um die Fähigkeit… sich ehrlich schlecht für Fremde zu fühlen. In letzter Zeit hatte sie den Tod, als nichts Weiteres als Leichen gesehen – unbenannte Leichen voll mit potenziellen Hinweisen.

Es war nicht die beste Art das Leben zu leben, das wusste sie. Sie durfte es nicht zulassen, das der Job ihren Sinn für Mitleid auslöschte. Oder ihre Menschlichkeit.




KAPITEL SIEBEN


Mackenzie kam um 11:46 Uhr vor dem Treston Blindenheim zum Stehen, sie war schneller gewesen, als ihr GPS geschätzt hatte. Als Mackenzie vor dem Gebäude parkte, überprüfte sie noch einmal die Adresse, die Clarke ihr gegeben hatte. Das Haus sah klein aus, nicht größer als eine gewöhnliche Ladenfassade. Es lag im Westen der Stadt Treston, die zwar viel größer als Stateton war, aber auch nicht viel spektakulärer. Obwohl die Stadt weit entfernt von der ländlichen Vernachlässigung von Stateton war, gab es nur zwei Ampeln. Das Einzige was es überhaupt ein wenig städtisch machte, war der McDonald’s entlang der Hauptstraße.

Sicher, dass sie die richtige Adresse hatte – was noch von dem reparaturbedürftigen Schild vor dem Gebäude unterstrichen wurde – stieg Mackenzie aus dem Auto und ging den kaputten Gehweg entlang. Die Vordertür wurde von nur drei Betonstufen von dem Gehweg getrennt, die aussahen, als wenn sie seit Jahren nicht gefegt worden wären.

Sie ging hinein und trat in das, was als Lobby und Wartebereich diente. Eine Frau saß hinter der Theke entlang der vorderen Wand und sprach ins Telefon. Die Wand hinter ihr war in einem erschreckenden Weißschatten gestrichen. Eine Dry Erase Tafel links von ihr war mit einigen vereinzelten Notizen versehen. Abgesehen davon war die Wand flach und eigenschaftslos.

Mackenzie musste zur Theke gehen und sich davor stellen, sie lehnte sich dagegen und tat ihr Bestes, um so auszusehen, als wenn sie Hilfe bräuchte. Die Frau hinter der Theke schien unglaublich genervt davon und beendete widerwillig ihren Anruf. Sie sah endlich Mackenzie an und fragte: “Kann ich Ihnen helfen?”

“Ich bin hier, um mit Ihrem Manager zu sprechen”, sagte sie.

“Und Sie sind?”

“Agentin Mackenzie White, vom FBI.”

Die Frau hielt einen Moment inne, als wenn sie Mackenzie nicht glauben würde. Dieses Mal war es an Mackenzie genervt zu schauen. Sie zog ihr Abzeichen hervor und schaute zu, wie die Frau plötzlich aktiv wurde. Sie hob den Hörer ab, drückte eine Durchwahl und sprach kurz mit Jemanden. Dabei vermied sie die ganze Zeit Augenkontakt mit Mackenzie.

Als die Frau fertig war, schaute sie endlich wieder Mackenzie an. Es war klar, dass sie sich schämte, aber Mackenzie gab sich Mühe nicht allzu schadenfroh zu sein.

“Frau Talbot empfängt Sie”, sagte die Dame. “Gehen Sie nach hinten. Ihr Büro ist das Erste, an dem Sie vorbeikommen.”

Mackenzie ging durch die einzige andere Tür in der Lobby und betrat den Flur.

Der Flur war kurz und es gingen nur drei Türen davon ab. Am Ende der Halle befand sich eine verschlossene Doppeltür. Sie nahm an, die Bewohner wohnten hinter diesen Türen und hoffte, dass die Zimmer im besseren Zustand waren, als der Rest des Gebäudes.

Sie erreichte die erste Tür entlang des Flurs. Ein Namensschild an dem Türrahmen las Gloria Talbot. Die Tür stand halboffen, aber Mackenzie klopfte trotzdem. Die Tür wurde sofort von einer übergewichtigen Frau geöffnet, die eine dicke zwei Stärkenlinse Brille trug.

“Agentin White, bitte kommen Sie herein”, sagte Talbot.

Mackenzie tat wie geheißen und nahm auf dem Stuhl auf der anderen Seite des kleinen überladenden Schreibtischs platz.

“Ich nehme an, es geht um den Mord an Kenneth Able?”, fragte Talbot.

“Ja, Ma’am darum geht es”, sagte Mackenzie. “Es gab einen weiteren Mord in einer Stadt, über zweieinhalb Stunden südlich von hier. Eine weitere blinde Person – eine Bewohnerin eines Blindenheims.”

“Zweieinhalb Stunden entfernt?”, fragte Talbot. “Das müsste das Wakeman Blindenheim sein, oder?”

“Das ist es. Und die Art, wie dieses Opfer getötet wurde, scheint identisch zu sein, wie bei Kenneth Able. Ich hoffte, Sie könnten mir das Haus zeigen, inklusive des Schranks, wo die Leiche gefunden wurde.”

“Absolut”, sagte Talbot. “Kommen Sie mit.”

Talbot führte sie zurück in die Halle und dann durch die Doppeltüren, die Mackenzie auf dem Weg zu Talbots Büro bemerkt hatte. Sie betraten eine große offene Fläche, die sich in so etwas wie eine Art Gemeinschaftszimmer öffnete. Innerhalb des offenen Raums zählte Mackenzie acht Zimmer.

“Dies hier”, sagte Talbot, “sind die Zimmer der Bewohner. Wir haben keine moderne Unterkunft wie bei Wakeman.”

Sie sagte das nicht entschuldigend, tatsächlich glaubte Mackenzie, ein wenig Gift in Talbot’s Stimme zu hören.

“Dieses hier”, sagte Talbot und führte Mackenzie zur zweiten Tür rechts, “war Kenneths Zimmer.”

Talbot macht die Tür auf und sie gingen hinein. Das Zimmer roch nach Staub und einer Art chemischem Reiniger, der zu stark schien. Mackenzie gab sich große Mühe nicht zu erschüttert von dem Zustand des Zimmers zu sein, im Vergleich zu dem, was sie bei Wakeman gesehen hatte. Sie schaute sich das Bett an, den kleinen Schreibtisch, das Büro und die Schranktür. Alles sah alt, abgestumpft und wie aus einer anderen Zeit aus.

Sie ging zum Schrank und öffnete ihn. Als sie in den leeren Schrank schaute, fragte sie Talbot: “Können Sie mir erzählen, wie die Leiche entdeckt wurde?”

“Es gibt hier eine weitere Bewohnerin, Margaret Dunwoody”, sagte Talbot. Sie und Kenneth machten Witze darüber, dass sie Dates hatten – was witzig ist, weil Kenneth dreiundachtzig war und Maragret erst sechzig. Sie waren immer zusammen, unterhielten sich im Gemeinschaftsraum, aßen zusammen und all so was. Naja, also sie kam an dem Nachmittag in sein Zimmer, um zu schauen, ob er mit ihr zu McDonalds gehen würde.

Als er nicht aufmachte, ging sie hinein. Sie sagte, sie wusste sofort, das etwas nicht stimmte. Sie sagte, das Zimmer wäre zu ruhig. Sie bekam Panik und ging zum Wachmann, der an dem Abend Dienst hatte – ein junger Mann namens Tyrell Price. Tyrell fand Kenneth im Schrank, tot.”

“Erwürgt, mit Prellungen um den Augen, korrekt?”, fragte Mackenzie.

“Das stimmt”, sagte Talbot.

Mackenzie schaute in den Schrank, nahm die kleine Taschenlampe aus ihrem Gürtel und leuchtete hinein. Sie suchte auf dem Teppich und dem Türrahmen, aber fand keine Anzeichen, dass der Mörder vorsätzlich Hinweise hinterlassen hatte. Das Einzige, was sie im Schrank fand, war ein einzelner Kleiderbügel, der von der Spannstage am oberen Ende baumelte.

Das ist viel dreister als das, was Ellis Ridgeway passiert ist, dachte sie.

Jemand ist einfach in das Zimmer gegangen, um ihn zu töten. Das bedeutet, dass ihn jemand hineingelassen hatte. Kannten sie ihn? Wusste Kenneth Able, wer es war?

“Wie sieht es hier mit der Überwachung aus?”, fragte Mackenzie.



“Da gibt es nicht viel zu reden”, sagte Talbot. “Es gibt eine einzige Kamera draußen, die den Parkplatz überwacht, aber die ist seit dem letzten Monat kaputt. Wir haben zwei Wachmänner, die sich unter der Woche abwechseln. Das wars.”





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In Ehe er fühlt (ein Mackenzie White Mystery – Buch 6) wird FBI Special Agent Mackenzie White überrascht, von einem Fall mit Opfern, die zu keinem Profil passen, dass sie bisher kannte: Schockierender Weise sind alle Opfer blind. Heißt das, dass auch der Mörder selber blind ist?Einmal eingetaucht in die Subkultur der Blinden, kämpft Mackenzie damit diese zu verstehen. Sie fühlt sich fehl am Platz, während sie quer durch den Staat reist, von Gruppenheimen zu Privathäusern, Pfleger befragt, Bibliothekare, Experten und Psychologen. Und dennoch, obwohl sie eine der besten Köpfe im Lande ist, scheint Mackenzie nicht in der Lage, die Morde verhindern zu können. Hat sie endlichen den richtigen gefunden?Ein dunkler Psychothriller mit Spannung. EHE ER FÜHLT ist Buch #6 in einer fesselnden neuen Reihe – mit einem liebgewordenen neuen Charakter – der Sie bis spät abends lesen lässt.

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