Книга - Ring der Drachen

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Ring der Drachen
Morgan Rice


Das Making of Riley Paige #4
„Hat alle Zutaten für sofortigen Erfolg: Verschwörungen, Gegenkomplotte, Geheimnisse, tapfere Ritter und jung erblühende Beziehungen voller gebrochener Herzen, Täuschung und Verrat. Es wird Ihnen stundenlange Unterhaltung verschaffen und alle Altersgruppen begeistern. Eine Bereicherung für die Bibliothek aller Fantasy-Leser.“. – Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Ring der Zauberei). „Dies ist der Beginn von etwas Bemerkenswertem“. – San Francisco Book Review (zu Queste der Helden). Von der #1 Bestseller-Autorin Morgan Rice, Autorin von Queste der Helden (über 1.300 5-Sterne-Bewertungen) kommt eine packende neue Fantasy-Serie: . In RING DER DRACHEN (Das Zeitalter der Magier – Buch Vier), hat Ravin das Königreich umstellt. Mit dem Feigling Vars als Befehlshaber und nur den Gezeiten, die sie vor dem Untergang noch schützen können, liegt die Stadt im Chaos und droht, zerstört zu werden… Allein der Junge kennt den wahren Mörder des Königs. Wird er noch die Gelegenheit bekommen, das Geheimnis zu enthüllen und das Schicksal der Stadt zu ändern?. Wird Devin das neue Schwert fertigschmieden? Wird Lenore ihre Liebe zu Devin erkennen? Wird Greave das Heilmittel für seine Schwester noch rechtzeitig finden?. Und wird Nerra sich erheben und eine Armee von Drachen anführen?. DAS ZEITALTER DER MAGIER erzählt eine epische Saga über ein Netz von Liebe, Leidenschaft und Geschwisterrivalität; von Schurken und verborgenen Schätzen; von Geheimnissen; von Mönchen und Kriegern; von Ehre und Verrat, Schicksal und Bestimmung. Es ist eine Geschichte, die Sie bis in die frühen Morgenstunden fesseln wird. Sie wird Sie in eine andere Welt entführen und Sie werden Figuren erleben, die Sie nie vergessen werden. Es ist großartige Unterhaltung, geschlechter- und generationenübergreifend für alle, die eine gute Fantasy-Saga zu schätzen wissen… Buch #5 (DIE KRONE DER DRACHEN) wird bald verfügbar sein… „Eine temperamentvolle Fantasy-Saga … Nur der Beginn einer epischen Serie für junge Erwachsene.“. – Midwest Book Review (zu Queste der Helden). „Aktionsgeladen … Rices Stil ist wasserdicht und die Prämisse faszinierend.“. – Publishers Weekly (zu Queste der Helden)





Morgan Rice

RING DER DRACHEN




RING DER DRACHEN




(DAS ZEITALTER DER MAGIER – BUCH VIER)




MORGAN RICE




INS DEUTSCHE ÜBERSETZT VON ANGELA LESSENIG



Morgan Rice

Morgan Rice ist #1 Bestseller-Autor und USA Today-Bestsellerautor der epischen Fantasy-Serie RING DER ZAUBEREI, die siebzehn Bücher umfasst; der Bestseller-Serie WEG DER VAMPIRE, bestehend aus zwölf Büchern; der Bestseller-Serie TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, einem postapokalyptischen Thriller mit drei Büchern; der epischen Fantasy-Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN, bestehend aus sechs Büchern; der epischen Fantasy-Serie FÜR RUHM UND KRONE, bestehend aus acht Büchern; der epischen Fantasy-Serie EIN THRON FÜR SCHWESTERN, bestehend aus acht Büchern; der neuen Science-Fiction-Serie CHRONIK DER INVASION mit vier Büchern; der Fantasy-Serie OLIVER BLUE UND DIE SCHULE FÜR SEHER, bestehend aus vier Büchern; der Fantasy-Serie DER WEG DES STAHLS, bestehend aus vier Büchern; und der neuen Fantasy-Serie DAS ZEITALTER DER MAGIER. Morgans Bücher sind in Audio- und Printausgaben erhältlich, und Übersetzungen sind in über 25 Sprachen erhältlich.



Morgan freut sich, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie also www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/), um sich in die E-Mail-Liste einzutragen, ein kostenloses Buch und kostenlose Werbegeschenke zu erhalten, die kostenlose App herunterzuladen, die neuesten exklusiven Nachrichten zu erhalten und sich auf Facebook und Twitter zu verbinden. Und bleiben Sie in Kontakt!



BÜCHER VON MORGAN RICE




DAS ZEITALTER DER MAGIER

REICH DER DRACHEN (BUCH #1)

THRON DER DRACHEN (BUCH #2)

VON DRACHEN GEBOREN (BUCH #3)

RING DER DRACHEN (BUCH #4)


OLIVER BLUE UND DIE SCHULE FÜR SEHER

DIE ZAUBERFABRIK (BUCH #1)

DIE KUGEL VON KANDRA (BUCH #2)

DIE OBSIDIANE (BUCH #3)

DAS FEUERZEPTER (BUCH #4)


DIE INVASIONSCHRONIKEN

ÜBERMITTLUNG (BUCH #1)

ANKUNFT (BUCH #2)


DER WEG DES STAHLS

EHRE WEM EHRE GEBÜHRT (BUCH #1)

NUR DEN TAPFEREN (BUCH #2)

NUR DEN AUSERWÄHLTEN (BUCH #3)


EIN THRON FÜR SCHWESTERN

EIN THRON FÜR SCHWESTERN (BUCH #1)

EIN GERICHT FÜR DIEBE (BUCH #2)

EIN LIED FÜR WAISEN (BUCH #3)

EIN KLAGELIED FÜR DIE PRINZESSIN (BUCH #4)

EIN JUWEL FÜR KÖNIGE (BUCH #5)

EIN KUSS FÜR KÖNIGINNEN (BUCH #6)

EINE KRONE FÜR MÖRDER (BUCH #7)

EIN HÄNDEDRUCK FÜR THRONERBEN (BUCH #8)


FÜR RUHM UND KRONE

SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN (BUCH #1)

SCHURKIN, GEFANGENE, PRINZESSIN (BUCH #2)

RITTER, THRONERBE, PRINZ (BUCH #3)

REBELL, SCHACHFIGUR, KÖNIG (BUCH #4)

SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER (BUCH #5)

HELD, VERRÄTER, TOCHTER (BUCH #6)

HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE (BUCH #7)

SIEGER, BESIEGTER, SOHN (BUCH #8)


VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (BUCH #1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (BUCH #2)

DAS GEWICHT DER EHRE (BUCH #3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (BUCH #4)

EIN REICH DER SCHATTEN (BUCH #5)

DIE NACHT DER VERWEGENEN (BUCH #6)




VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN: EINE KURZGESCHICHTE




DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (BUCH #1)

MARSCH DER KÖNIGE (BUCH #2)

FESTMAHL DER DRACHEN (BUCH #3)

KAMPF DER EHRE (BAND #4)

DER SCHWUR DES RUHMS (BAND #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT (BAND #6)

RITUS DER SCHWERTER (BAND #7)

GEWÄHR DER WAFFEN (BAND #8)

HIMMEL DER ZAUBER (BAND #9)

MEER DER SCHILDE (BAND #10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (BAND #11)

LAND DES FEUERS (BAND #12)

DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)

DER EID DER BRÜDER (BAND #14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN (BAND #15)

DAS TOURNIER DER RITTER (BAND #16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (BAND #17)


DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)

ARENA ZWEI (BAND #2)


DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (BAND #1)

VERGÖTTERT (BAND #2)

VERRATEN (BAND #3)

BESTIMMT (BAND #4)

BEGEHRT (BAND #5)

VERMÄHLT (BAND #6)

GELOBT (BAND #7)

GEFUNDEN (BAND #8)

ERWECKT (BAND #9)

ERSEHNT (BAND #10)

BERUFEN (BAND #11)

BESESSEN (BAND #12)


GEFALLENE VAMPIRE

VOR DEM MORGENGRAUEN (BUCH #1)



Ausgewähltes Kritikerlob für Morgan Rice

"Wenn Sie glaubten, dass es nach dem Ende der Serie RING DER ZAUBEREI keinen Grund mehr zum Leben gäbe, haben Sie sich geirrt. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN hat Morgan Rice eine weitere brillante Serie entwickelt, die uns in eine Fantasy-Welt von Trollen und Drachen, von Tapferkeit, Ehre, Mut, Magie und Schicksal entführt. Morgan hat es wieder geschafft, starke Figuren zu kreieren, mit denen wir auf jeder Seite mitfiebern. Eine Bereicherung für die Bibliothek aller Leser, die eine gut geschriebene Fantasystory lieben.“



    – Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



"Eine actiongeladene Fantasystory, die Fans von Morgan Rices früheren Romanen und Fans von Werken wie DIE ERAGON-TETRALOGIE von Christopher Paolini begeistern wird. Fans von Fiktion für junge Erwachsene werden diese neueste Arbeit von Rice verschlingen und um mehr bitten.“



    – The Wanderer, A Literary Journal (zu Der Aufstand der Drachen)



„Eine temperamentvolle Fantasy-Erzählung, die Elemente von Geheimnis und Intrige in ihre Handlung einbindet. Bei Queste der Helden geht es darum, den Mut zu finden, seiner Bestimmung zu folgen, die zu Wachstum, Reife und Brillanz führt. Wer kraftvolle Fantasy-Abenteuer sucht, wird von den Protagonisten und Aktionen dieser Erzählung mit packenden Begegnungen belohnt. Thors Entwicklung von einem verträumten Kind zu einem jungen Erwachsenen mit unmöglichen Überlebenschancen findet vor diesem mitreißenden Hintergrund statt. Der Beginn einer epischen Serie für junge Erwachsene.“



    – Midwest Book Review (D. Donovan, eBook-Rezensent)



“Der Ring der Zauberei hat alle Zutaten für einen umgehenden Erfolg: Komplotte, Gegenkomplotte, Geheimnisse, tapfere Ritter und junge, erblühende Beziehungen voller gebrochener Herzen, Täuschung und Verrat. Es wird Ihnen stundenlange Unterhaltung verschaffen und alle Altersgruppen begeistern. Eine Bereicherung für die Bibliothek aller Fantasy-Leser.“



    – Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



„In diesem actiongeladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Reihe Ring der Zauberei (die derzeit 14 Bücher umfasst) stellt Rice den Lesern den 14-jährigen Thorgrin "Thor" McLeod vor, dessen Traum es ist, sich der Silberlegion anzuschließen, den Elite-Rittern des Königs. Rices Stil ist wasserdicht und die Prämisse faszinierend. “



    – Publishers Weekly



Wussten Sie, dass ich mehrere Serien geschrieben hat? Wenn Sie noch nicht alle kennen, klicken Sie einfach auf einen der Titel und holen Sie sich den Serienauftakt!






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Copyright © 2020 by Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer mit Genehmigung unter dem U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Veröffentlichung vervielfältigt, weitergegeben oder in jedweder Form durch jegliche Mittel übertragen oder in einer Datenbank oder einem Speichersystem gespeichert werden, ohne ausdrückliche Genehmigung des Autors. Dieses eBook ist rein für Ihre persönliche Unterhaltung lizenziert.  Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Leser weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch gerne mit anderen Personen teilen möchten, erwerben Sie bitte eine weitere Kopie für jeden weiteren Leser. Wenn Sie dieses eBook lesen ohne eine eigene Kopie erworben zu haben, geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Dieses Buch beruht auf Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Gegebenheiten sind entweder vom Autor ausgedacht oder fiktional verwendet. Jede Ähnlichkeit zu real existierenden Personen, lebend oder verstorben, ist absolut zufällig. Coverbild Copyright  kevron2001, lizenziert durch Shutterstock.com.




KAPITEL EINS


Meister Grey stand mit weit ausgebreiteten Armen hoch über Royalsport, während er die Flut, die er gerufen hatte und die nun die Bach- und Flussbetten in der Stadt überschwemmte, unnatürlich hoch hielt. Er spürte, wie die Schwere von allem, was geschah, ihn zu belasten begann. Er hatte gewusst, dass so viel Wasser kommen würde, hatte gewusst, dass es viele Tote geben würde, aber die Realität war schlimmer, viel schlimmer.

Eine Schweißperle tropfte über sein Gesicht, während er über die Stadt blickte. Die Dunkelheit war für ihn dabei kein Hindernis. Er hatte dieses Geheimnis schon vor langer Zeit gelernt. Unten konnte er sehen, wie sich Royalsport ausbreitete und durch das tosende Wasser in seine getrennten Bezirke zerteilt wurde, von denen jeder jetzt eine kleine Insel für sich war. Auf diesen Inseln schwärmten Hunderte, wenn nicht Tausende von Truppen in rot und purpurfarben Uniformen, den Farben der Männer von König Ravin.

Zumindest hatte seine Magie sie verstreut über die Inseln in Gruppen aufgeteilt und es bedeutete ebenfalls, dass der größte Teil der Streitkräfte immer noch am Rande der Stadt gefangen war und nur einen Ring um Royalsports Ausgänge legen konnte. Eine andere Gruppe befand sich in dem Bezirk, in dem das Haus der Waffen normalerweise sogar im Dunkeln Rauch und Flammen ausstieß, jetzt jedoch lagen seine Öfen still, und die Männer waren damit beschäftigt, es zu verteidigen. Weitere hatten sich in den anderen Bezirken um die Häuser der Gelehrten, der Kaufleute und der Seufzer ausgebreitet. Voneinander abgeschnitten, könnten sie weniger Schaden anrichten, aber es gab trotzdem noch viel Schaden, den sie dem Königreich zufügen konnten und würden, jetzt, wo es so viele ihrer Leute einfach weggespült hatte.

Meister Grey zuckte bei diesem Gedanken zusammen. Wie viele Leben hatte er heute Nacht genommen, wie viele waren am Flussufer gestürzt und eingebrochen und in den Tiefen ertrunken? So viele es auch waren, waren es einfach nur noch mehr Gesichter für die Abrechnung, die auf den Magier wartete und von der ein Teil von ihm wusste, dass sie eines Tages fällig würde. Schließlich wurden alle Dinge am Ende irgendwie ausgeglichen.

All dies, um sie vor einem Ansturm auf die Burg zu bewahren, bei dem die Betroffenen geschlachtet worden wären, wenn die Soldaten dem Blutrausch freien Lauf ließen. Zumindest war dies Meister Grey gelungen. Unten konnte er die Gruppe von König Ravin sehen, die im Adelsviertel in der Nähe der Burg gefangen war und nicht weiterkommen konnte.

Ein Teil von Meister Grey wünschte sich, er könnte mit seiner Magie einfach das Herz des Mannes für immer anhalten. Es würde so viel Leid ersparen, aber es würde zu viele andere Dinge in Bewegung setzen. Er musste darauf vertrauen, dass die Dinge, die bereits geschahen, ausreichten, dass die Personen, die in diesem Moment bereits ihr Schicksal erfüllten, alles waren, was er sich von ihnen erhoffte. Auf jeden Fall veränderte es den, der solche Dinge mit Magie bewirkte. Er war nicht einer der Verborgenen, die das Gleichgewicht der Dinge außer Kraft setzten und zunehmend verzerrte Versionen ihrer selbst wurden. Er arbeitete mit diesem Gleichgewicht, und das gab ihm die Kraft.

Wie eine Ermahnung an die Grenzen dieser Kraft, begannen Meister Greys Hände nun zu zittern, doch er behielt den Zauber bei, und sein Geist hielt alle wichtigen Verbindungsglieder fest, die erforderlich waren, um Wasser dahin zu schicken, wo es unter normalen Umständen nicht sein sollte. Jede Sekunde, die er festhielt, war eine mehr, in der sich die Bewohner des Schlosses besser vorbereiten konnten und die Ereignisse auf den ihnen gegebenen Wegen voranschreiten konnten. Meister Grey dachte an Devin, der geschickt worden war, um die Fragmente des unvollendeten Schwertes zu sammeln. An Erin, die unten in den Gassen kämpfte; an die Personen, die noch darauf warteten, ihren Teil zu erfüllen.

Im Moment war sein Teil einfach: Er musste an dem Zauber festhalten. Sekunde für Sekunde wurde es jedoch schwieriger. Früher oder später würde er scheitern und dann … dann würde der Sturm der Gewalt folgen.


*

König Ravin starrte auf den Turm, der sich neben der Burg erhob. Der Magier stand dort oben und für einen Moment war sich Ravin sicher, dass der Mann in seine Richtung schaute. Das war gut; lass den Feind ruhig jenen sehen, der ihn und alle anderen holen würde.

Um ihn herum lagen die Gebäude des Adelsviertels still in der Dunkelheit, die Bewohner waren zu verängstigt, um auf die Straße zu kommen. Sie hatten guten Grund, Angst zu haben: Um Ravin herum lagen die Leichen derer, die ihm im Weg gestanden hatten. Vorher hatten die feindlichen Soldaten versucht, ihren Vormarsch in den Bezirk zu blockieren, aber jetzt standen nur noch seine eigenen Männer dort. Die Straßen hier gehörten ihnen, die Männer warteten schweigend auf seine Befehle.

„Was fordert Ihr von uns, mein König?“, fragte einer seiner Offiziere. „Schreiten wir voran zum Schloss?“

Ravin dachte darüber nach; er war sich sicher, dass sich zumindest einige seiner Männer ins Wasser des Burggrabens werfen würden, wenn er den Befehl gäbe, und wenn er dort seine vollen Kräfte gehabt hätte, hätte er es vielleicht in Betracht gezogen und die Lücke mit dem bloßen Gewicht der zahlenmäßigen Übermacht geschlossen. Er hatte jedoch nur diese wenigen und im Moment bestand keine Notwendigkeit.

Ravin war kein Magier, aber er hatte etwas über Magie und ihre Grenzen gelernt, genauso wie er etwas über alle anderen Waffen gelernt hatte, zu denen ein König Zugang haben könnte. Meister Grey war zweifellos mächtig, aber er war immer noch ein Mensch, hatte immer noch Grenzen.

„Der Zauber wird irgendwann fallen“, sagte Ravin mit ruhiger Stimme und zeigte seinen Truppen, dass dieser Rückschlag kein Problem war. „Arbeitet daran, die Bezirke wieder zu verbinden. Werft Seile zwischen den Häusern, damit Männer darüber klettern und Nachrichten bringen können. Kontaktiert die Männer, die wir in jedem Bezirk haben.“

„Ja, mein König“, sagte der Mann, nickte einigen der Männer dort zu und schickte sie weg, um die Befehle zu erfüllen.

Ravin überlegte, was der Magier wohl zu tun versuchte. Für einen anderen Mann mochte es offensichtlich gewesen sein: Einzelne Truppen abschneiden und sie dann von den Verteidigern auseinandernehmen lassen. Für Ravin ergab das jedoch keinen Sinn. Es waren noch nicht genug Truppen in der Stadt, um so eine Strategie anzuwenden. Stattdessen wäre  die Invasion dadurch nur langsamer.

Was dann noch? Vielleicht hoffte der Mann, dass Ravin in Panik geraten und sich zurückziehen würde, oder er hoffte, dass die Verteidiger sich ausreichend vorbereiten könnten, um die Burg zu halten, wenn er nur lange genug durchhielt. Vielleicht war auch sein einziger Gedanke, die Burg zu beschützen. Nicht jeder dachte so tief über Strategie nach wie Ravin, vielleicht nicht einmal Magier.

Vielleicht hätte seine Strategie funktioniert, wäre Ravin nicht so sorgfältig vorbereitet oder wäre er ein weniger geduldiger Kommandant gewesen. Vielleicht hätte es auch funktioniert, wenn Ravin nicht rechtzeitig aus dem Bachbett herausgekommen wäre. Wenn man um eine Krone kämpfte, war es ein effektiver Weg, den Mann zu töten, der sie tragen wollte.

Dies war auch etwas, das Ravin ihm nicht vergeben würde. Der Magier würde für diesen Versuch, ihn zu töten, sterben. Aber jetzt noch nicht.

„Ausbreiten“, sagte er den anderen. „Einer von Euch findet einen hohen Platz und signalisiert den anderen mit Eurer Fackel. Sagt dem Rest der Männer, dass sie dasselbe tun sollen. Ich möchte, dass sie die Stadt halten, sie einnehmen. Brecht jeden Widerstand, und jeder, der sich auf der Straße zeigt, ist Freiwild, aber zerstört nicht mehr als nötig.“

„Wo werdet Ihr sein, Majestät?“, fragte der Offizier.

„Folgt mir.“

Ravin wählte eine beliebige Adligen-Residenz aus, eine mit elegantem Mauerwerk um die Tür und Pflanzen in den Fenstern, die wie Tränen für die Toten in der Stadt herabfielen. Er trat an die Tür und schlug mit der Faust dagegen. Verständlicherweise antwortete ihm nur die Stille.

Ravin hob einen Fuß, trat mit dem klobigen Stiefel gegen die Tür und zerschmetterte die Riegel, die sie hielten, mit einem einzigen Tritt. Er betrat einen Flur, in dem Gemälde hingen, eines nach dem anderen zeigten sie Personen, wahrscheinlich die Ahnen, die die Abstammung des Besitzers und sein Recht auf alles, was sie besaßen, bekräftigen sollte. Während Ravin sie betrachtete, trat ein Mann aus dem Dämmerlicht des Hauses heraus und eilte mit erhobenem Schwert auf ihn zu. Ravin schlug es beiseite und hackte dann sein eigenes Schwert durch die Brust des Mannes, sodass er zu Ravins Füßen fiel.

„Wenn Ihr damit nicht angefangen hättet, hättet Ihr weitergelebt“, sagte er.

Er ging durch das Haus zu der Stelle, an der sich eine Küche befand, und folgte dem einzigen Lichtschein, den er innerhalb des Hauses sehen konnte. Er stieß dort die Tür auf und fand eine Frau und ihre Töchter, wie er vermutete, die hinten in der Küche zusammengekauert waren, zusammen mit einer Anzahl Diener. Sie drängten sich am Feuer zusammen und versuchten, einen großen Holztisch, der auf die Seite gekippt war, als eine Art Barrikade zu benutzen. Ein paar männliche Bedienstete hatten Messer in der Hand und traten vor, als könnten sie kämpfen.

Ravin hob sein Schwert, die Klinge noch feucht vom Blut des Mannes, der sich ihm gestellt hatte.

„Glauben Sie wirklich, Sie können mich besiegen?“, forderte er die Diener heraus. „Ich bin Ravin, König der drei Königreiche, Ihr rechtmäßiger Herrscher. Knien Sie nieder oder Sie werden sterben.“

Er legte die volle Befehlsgewalt in seine Stimme und sah, wie die Männer erblassten, als sie die Ungeheuerlichkeit verstanden, mit der sie konfrontiert waren. Das Messer des einen rasselte zu Boden, das andere war nicht so schnell. Ravin verlor die Geduld, er steckte sein Schwert in die Brust dieses Mannes und ignorierte die Schreie der Frauen um ihn herum. Ravin trat ihn zurück und schob den Tisch wieder auf die Füße. Er nahm einen Stuhl, stellte ihn vor den Tisch und legte sein immer noch blutiges Schwert darauf.

Er sah sich nach denen seiner Männer um, die ihm gefolgt waren. „Ich werde hier bleiben. Geht Euren Pflichten nach.“

Sie machten sich auf den Weg, nur ein paar blieben als seine Leibwächter zurück. Ravin saß da und betrachtete die, die noch lebten. Alle waren jetzt auf den Knien und sahen ihn mit offensichtlichem Entsetzen an.

„Einer von Euch, bringt mir Wein“, sagte er. „Der Rest von Euch akzeptiert eine einfache Tatsache: Alles, was Ihr für Euer Eigentum gehalten habt, gehört jetzt mir – Eure Münze, Euer Eigentum, Ihr selbst. Diese Stadt, dieses ganze Königreich gehört mir. “

Oder das würde es, sobald der Zauber des Magiers fiel.




KAPITEL ZWEI


Der große Saal des Schlosses war voller Aktivitäten, seine Teppichquadrate waren überfüllt mit Menschen, die mit jeder möglichen Aufgabe betraut hin und her eilten, und die hohen Steinmauern hallten mit Gesprächsfetzen, während sie versuchten, herauszufinden, was als Nächstes zu tun war.

Insofern erinnerte es Lenore an das geschäftige Treiben in den Wochen vor ihrer Hochzeit, als das ganze Schloss voller Vorbereitungen auf die Festlichkeiten war, aber jetzt war nichts Leichtes oder Freudiges an den Dingen. Stattdessen waren einige der Banner an den Wänden heruntergezogen worden und Adlige stritten derzeit darüber, ob sie zerschnitten werden sollten, um provisorische Bandagen herzustellen, während der Thron leer stand, ohne ein Zeichen von Vars, um ihn zu füllen, und dem Mann, der dort hätte sitzen sollen, tot.

Allein der Gedanke daran erfüllte Lenore mit Trauer, aber sie durfte ihre Gefühle nicht zeigen und sie musste das ruhige Zentrum sein, um das sich andere drehen konnten. Sie brauchten jemanden, der die Kontrolle übernahm, ruhig war und bereit, das Denken zu übernehmen, wenn sie nur handeln wollten; Sie brauchten eine Prinzessin, und das bedeutete, dass Lenore die Rolle spielte, auf die sie sich ihr ganzes Leben vorbereitet hatte.

„Nein“, sagte sie, „Verbarrikadiert nicht nur die Außentür der großen Halle. Ich möchte, dass die Teile festgenagelt werden.“

„Aber wo sollen wir Nägel finden?“, fragte ein Adliger. Lenore war nicht erfreut darüber, dass er sie nach Anweisungen fragte, da er sie nur ein oder zwei Tage zuvor noch als hübsches, nutzloses Schmuckstück angesehen hatte.

„Ich weiß es nicht. Durchsucht die Lagerräume des Schlosses, wenn es sein muss“, sagte Lenore. „Geht.“

Der Mann ging ohne weitere Fragen. Viele von ihnen handelten, ohne ihre Anweisungen infrage zu stellen. Lenore vermutete, dass vieles damit zu tun hatte, wer sie war: die Schwester des neuen Königs und die Frau von Herzog Viris' Sohn. Möglicherweise hatte ein Teil davon auch damit zu tun, dass die Leute einfach wollten, dass ihnen jemand sagte, was sie jetzt tun sollten, da sie mitten in einer Krise steckten.

Lenore wünschte sich, es gäbe jemanden, der es ihr sagen könnte.

Sie hatte im Moment so viel Angst wie nie zuvor in ihrem Leben. In ihrer Stadt war eine Armee, die sich aus Leuten zusammensetzte, die sie entführt hatten. Die Ritter des Sporns waren verschwunden, ebenso die meisten Soldaten. Wie sollten sie sich gegen all das behaupten? Wenn die Burg fiel, was dann? Würden alle darin außer Kontrolle geraten?

Das war nicht einmal das Schlimmste, was Lenore sich vorstellen konnte, angesichts der schrecklichen Dinge, die einigen ihrer Dienstmädchen während der Entführung widerfahren waren. Sie war nur in einer Schlacht gewesen, und das war schon schrecklich genug gewesen, aber wie würde es sein, wenn eine ganze Horde außer Kontrolle geratener Soldaten in die Burg einfiel?

Dann war da noch König Ravin, der Mann, der befohlen hatte, sie zu entführen, der Mann, der für den Tod ihres Bruders und ihres Vaters verantwortlich war. Lenore hatte die Geschichten über seine Grausamkeit gehört, eine schlimmer als die andere. Allein beim Gedanken an ihn lief ihr ein Angstschauer den Rücken hinunter.

„Hoheit“, sagte ein Diener. „Wollt Ihr Waffen aus der Waffenkammer hierher bringen?“

Lenore betrachtete ihre potenziellen Truppen. Es gab Diener, die wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben ein Schwert gehalten hatten. Da war eine Anzahl von Adligen, von denen viele älter waren und von denen die meisten genauso ängstlich aussahen, wie Lenore sich fühlte. Trotzdem war es vielleicht besser, zumindest zu versuchen, zu kämpfen. Schnell zu sterben könnte besser sein als die Alternativen.

„Holen Sie, was Sie können für die Menschen hier“, sagte sie. Sie zeigte auf einen anderen Diener. „Gehen Sie mit ihm.“

„Ja, Hoheit“, sagte der Mann.

Lenore organisierte weiterhin, was sie konnte, um die Burg zu verteidigen, und wandte sich abwechselnd an Diener und Adlige. „Nehmt mit, wen Ihr braucht und geht in die Küche, um alles Öl einzusammeln, das Ihr finden könnt. Bringt es zum Torhaus und beginnt, es zu erhitzen, bereit zum Gießen. Ihr, schließt die Tore und bringt das Fallgitter herunter.“

„Was ist mit denen in der Stadt?“, fragte der Mann.

Lenores Herz brach bei der Frage und bei der Antwort darauf, die sie nicht sagen wollte. „Sie … mit dem hohen Wasser haben sie keine Chance zurückzukommen. Wenn wir sie zurückkehren sehen, können wir … können wir Seile fallen lassen.“

Sie sagte nicht, wie gering die Wahrscheinlichkeit war, dass sie zurückkehrten. Sie würde nicht darüber nachdenken, denn Erin und ihr seltsamer Mönch waren immer noch da draußen und kämpften gegen den Feind. Vielleicht waren sie dort draußen sogar sicherer als im Schloss, weil es bedeutete, dass sie die Möglichkeit hatten, sich zu verstecken und zu rennen, wenn die Zeit gekommen war. Nicht dass Erin jemals bereitwillig rennen würde, aber vielleicht würde Odd sie dazu bringen.

Lenore sah sich um und wusste, dass sie und die anderen dort keine Chance hatten, zu rennen. Ihre einzige Hoffnung war es, zu versuchen, das Schloss zu halten, und die Wahrheit war, dass sie zu wenig Leute hatten, um es zu tun. Sie könnte jedem Diener einen Speer geben und darauf bestehen, dass sich jeder Adlige an den Wänden aufstellte, um die entgegenkommende Flut abzuwehren, und es wäre immer noch nicht annähernd genug. Die Aufgaben, die sie den Menschen stellte, gab sie ihnen, weil sie wusste, dass sie sich in einer Zeit wie dieser nützlich fühlen mussten, nicht, weil sie glaubte, dass es tatsächlich irgendetwas nützen würde, wenn König Ravins Armee kam.

Vielleicht hätte es geholfen, wenn sie tatsächlich mehr über Strategie gewusst hätte. Gegenwärtig stammte alles, was sie befohlen hatte, aus halb erinnerten Fragmenten, Erinnerungen daran, wenn Erin darauf bestanden hatte, den Ort vor imaginären Feinden zu verteidigen, als sie noch klein waren, oder wenn Rodry oder ihr Vater Geschichten darüber erzählt hatten, wie sie gegen diesen oder jenen Feind gekämpft hatten. Einiges schien offensichtlich, aber zu viel davon war es nicht.

Sie wünschte sich zum hundertsten Mal, dass jemand anderes hier wäre, um die Dinge zu regeln. Vars sollte jetzt König sein, aber er war nicht hier, um zu befehlen. Rodry und ihr Vater waren beide weg, genau in dem Moment, als sie alle ihre Fähigkeiten im Krieg am dringendsten brauchten. Erin war draußen in der Stadt und tat, was sie konnte, an dem Ort, an dem es am meisten helfen könnte. Selbst als Lenore den Sinn begriffen hatte und verstand, dass es mit so wenigen Truppen besser war, in der Stadt zuzuschlagen und zu rennen, als im Schloss zu warten, wünschte sie sich, ihre Schwester wäre neben ihr.

Sie wünschte sich sogar Finnal herbei, obwohl Lenore nicht wusste, was sie über ihren Ehemann denken sollte. War er der gute Mann, den er manchmal schien, oder der grausame, der er anderen gegenüber zu sein schien? Würde ein Barde diese Geschichte erzählen, so wäre dies der Moment, in dem er hereinkam, um das Kommando über alles zu übernehmen und Lenore zu beweisen, wie sehr er sie liebte. Stattdessen gab es kein Zeichen von ihm. Vielleicht spielte er seine Rolle bei der Verteidigung der Stadt?

Noch mehr als Finnal wünschte sich Lenore, Devin wäre da. Er war klug und freundlich, und jedes Mal, wenn sie an ihn dachte, fühlte sie sich … sie fühlte sich sicher. Wenn er dort wäre, gäbe es vielleicht einen Trick, den er von Meister Grey gelernt hatte, irgendeinen Weg, wie er helfen könnte, sie zu schützen. Noch mehr als nach ihrem Ehemann sehnte sich Lenore nach seiner Gegenwart. Vielleicht war es auch gut, dass er nicht da war. Vielleicht war es besser, dass er irgendwo in der Welt war und die seltsame Aufgabe erfüllte, die der Magier ihm gestellt hatte. Vielleicht wäre er dort sicherer. Ganz bestimmt sicherer als Lenore hier war.

Lenore dachte immer noch darüber nach, als ihre Mutter den Raum betrat. Ihr Schritt erregte zuerst ihre Aufmerksamkeit; für so viele Tage zuvor war Königin Aethe wie ein gebeugtes und zerbrochenes Ding herumgelaufen. Jetzt, obwohl sie immer noch schwarze Trauerkleidung trug, trat sie mit dem selbstbewussten Schritt eines Generals in die Mitte des Raumes.

„Wer ist hier verantwortlich?“, forderte sie. Alle Augen schauten Lenore an.

„Ich denke … ich denke, dass ich es bin, Mutter“, sagte Lenore.

Ihre Mutter legte eine Hand auf ihre Schulter. „Dann solltest du das nicht alleine machen müssen. Ihr“, sagte sie und zeigte auf einen Adligen. „Warum steht Ihr untätig herum? Findet etwas Nützliches, auch wenn es nur darum geht, diese Banner zu zerschneiden, um daraus Bandagen zu machen.“

Sie hatte offensichtlich erkannt was Lenore für ihre Leute im Sinn hatte, obwohl sie die ganze Zeit nicht da gewesen war.

„Aber die Banner“, sagte der Mann. „Sie tragen das königliche Wappen.“

„Glaubt Ihr, meinen Mann interessierten mehr die Banner oder die Leute, die sie trugen?“, schnappte Königin Aethe zurück. „Ich bin die Frau eines Königs und die Stiefmutter eines anderen. Wenn ein Mann verblutet, weil wir nicht genug Bandagen hatten, werde ich Euch dafür verantwortlich machen.“

Der Adlige eilte seiner Aufgabe nach. Lenore konnte nur ihre Mutter anstarren.

„Ich habe ewig versucht, sie dazu zu bringen“, sagte sie.

„Ja, nun, sie sind eher daran gewöhnt, dass ich hart bin“, sagte Königin Aethe. Sie sah Lenore in die Augen. „So wie ich mit dir wegen Finnal hart war. Eine Mutter sollte für ihre Tochter da sein und nicht nur dann, wenn sie das tut, was sie von ihr erwartet.“

Nach ihrem letzten Gespräch, als ihre Mutter nicht zugehört und stattdessen Lenore ihren Kummer entgegengeworfen hatte, als ob ihre eigenen Schwierigkeiten angesichts dessen niemals von Bedeutung sein könnten, war dies das Letzte, was Lenore erwartet hatte.

„Danke“, sagte Lenore und umschloss die Hand ihrer Mutter mit ihrer eigenen.

„Du solltest mir nicht dafür danken müssen, dass ich mich wie eine Mutter benehme“, sagte sie. „Du hattest recht, als du mir sagtest, dass es mehr auf der Welt gibt, als nur meinen Kummer.“

„Es tut mir leid“, sagte Lenore. „Ich war hart, als ich es sagte. Ich vermisse Vater auch.“

„Ich weiß“, sagte Königin Aethe. „Aber du hattest recht. Es gibt Dinge, die größer sind, als all das. Sein Königreich, unser Königreich, ist in Gefahr, und ich werde nicht tatenlos zusehen. Ich werde tun, was erforderlich ist, um es zu schützen, und dich. Was auch immer ich dafür tun muss.“




KAPITEL DREI


Erin kniete auf einer Mauer und beobachtete mit Abscheu, wie drei von König Ravins Soldaten unten vorbeikamen. In der Dunkelheit des frühen Morgens konnten sie sie nicht sehen und es war vielleicht besser so. Erin hatte sich nie sehr um ihr Aussehen gekümmert, ihr dunkles Haar immer kurz geschnitten, damit es nicht im Weg war, und Tuniken und Hosen anstelle von Kleidern getragen, wann immer sie konnte. Jetzt jedoch sah sie aus wie ein Monster.

Es war nicht nur das Blut, das ihre Rüstung bedeckte, oder die Dellen darin, von den Schlägen ihrer Feinde. Da war auch der Schmutz, der sorgfältig über ihre Rüstung und ihr Gesicht verschmiert war, ihre Tarnung für die Dunkelheit. Mehr als alles andere jedoch, stand in ihrem Gesicht, was sie fühlte. Odd hatte vielleicht Zeit damit verbracht, sie zu lehren, mit Gelassenheit zu kämpfen, aber in diesem Moment konnte Erin nur Zorn auf die Männer spüren, die in ihre Heimatstadt eingedrungen waren.

Sie sprang von der Wand herunter und stieß einen Wutschrei aus, als sie mit ihrem Speer voraus landete und ihn in den ersten der drei Soldaten rammte. Mehr Blut spritzte auf, als sie ihren Feind aufspießte, und schloss sich der Patina auf ihrer Rüstung an. Sie schlug hart auf den Boden auf, rollte sich auf die Füße und ließ ihren Speer für einen Moment zugunsten eines langen Messers zurück, das sie mit beiden Händen hielt.

Die beiden verbliebenen Soldaten drehten sich jetzt zu ihr um, waren aber zu sehr in Schock durch den Angriff, sie reagierten zu langsam und Erin war bereits in der Nähe des zweiten und stach mit beiden kurzen Klingen zu, sodass er sein Schwert nicht mehr zum Einsatz bringen konnte.

Sie hielt den sterbenden Mann zwischen sich und dem dritten und benutzte ihn als Schutzschild, um den Schlag einer Axt zu blockieren. Sie ließ ihren bereits toten Feind fallen und zog die Axt seines Kameraden mit sich – es stellte sich heraus, dass der letzte Mann seine Axt mit einem Stück Schnur um sein Handgelenk geschlungen hatte, damit er sie nicht mitten im Kampf fallen ließ. Seine Axt zog ihn nach vorne und er bot ihr eine weite Öffnung in die Erin hineinsprang, um ihr Messer seitlich in seinen Hals zu versenken.

Wie viele waren das jetzt? Zu Beginn der Nacht hatte Erin versucht, die Zahlen im Auge zu behalten, und sogar versucht, mit den Männern, die ihr folgten, ein Spiel daraus zu machen. Jetzt hatte sie den Überblick verloren; dafür waren es einfach zu viele gewesen.

Es war weit entfernt von den Ritterspielen, zu denen sie Rodry manchmal überredet hatte, mit ihr zu spielen, als sie noch klein war. Weit entfernt von der Art von schneller, gerechter Gewalt, die sie in dem Dorf erlebte, das Ravins Stille Männer eingenommen hatten und wo sie mit Sir Til und Sir Fenir Seite an Seite gekämpft hatte. Dies war zähe Arbeit, von Haus zu Haus, sie schlugen zu und rannten, töteten und verschwanden wieder im Schutz der Dunkelheit.

Erin holte ihren Speer, setzte einen Fuß auf den Rücken des ersten Soldaten und zog, bis er sich mit einem hässlichen Geräusch löste. Sie reinigte gerade ihr Messer und ihren Speer von den gröbsten Blutspuren, als sie das Geräusch von Stiefeln hörte, die sich näherten, und sah weitere zwanzig von Ravins Soldaten, die sich schnell näherten, beleuchtet vom Licht ihrer Laternen.

„Verdammt“, fluchte sie und rannte los. Hinter Erin beschleunigten sich die Schritte, und jetzt rannte Erin schneller und schlug Haken nach links und rechts. Sie hoffte, dass sie die Straßen von Royalsport wirklich so gut kannte, wie sie dachte. Ja, dies war die Straße der Töpfer, und dies war die Gasse, in die sie in den besseren Tagen ihren Abfallton geworfen hatten. Erin wusste, wo sie war.

Das machte sie nicht sicherer. Ein Armbrustbolzen blitzte an ihrer Schulter vorbei und sie verstärkte ihren Zickzack, um ihrem Feind kein stilles Ziel zu präsentieren. Sie sprang über einen Stapel Kisten, hörte Gestalten hinter sich durch und sprintete, um ihren Abstand zu wahren.

Sie war müde und nicht nur vom Laufen. Sie trug inzwischen ein Dutzend kleiner Wunden von Kämpfen früher in der Nacht. Sie war mehr Stunden auf den Beinen gewesen, als sie sich erinnern konnte, und dann war da die endlose, betäubende Gewalt von allem, bei jedem Schritt starben Männer um sie herum, Freund und Feind.

Trotzdem trug der Kampfrausch sie durch all das hindurch, sie lief weiter und geriet erneut in einen Innenhof, der roch, als stünde er hinter einer Gerberei. Der Gestank war ein noch größerer Angriff auf ihren Geruchssinn als das Blut. Es gab keinen offensichtlichen Ausweg aus dem Hof, also drehte sie sich in Position und beobachtete, wie die Soldaten kamen. Sie bewegten sich jetzt langsamer, als sie bemerkten, dass sie nirgendwo anders hin rennen konnte.

„Jetzt!“, rief sie.

Männer kletterten auf den Dächern in Sicht und hielten Bögen und Armbrüste, Speere und, zu diesem Zeitpunkt, sogar Steine. Sie begannen mit ihrem Sperrfeuer und schossen auf den eingeschlossenen Feind, während einige von ihnen nach hinten zogen, um jeden Fluchtversuch im Keim zu ersticken. Um sich zu befreien, stürzte einer der Männer mit erhobenem Schwert auf Erin zu. Erin trat gerade rechtzeitig zur Seite und trieb ihren Speer in seine Eingeweide, als sein Hieb an ihr vorbeisurrte.

Dann sprangen ihre Männer von den Dächern und fielen nach ihrer ersten Salve der Gewalt mit Schwertern, Knüppeln und Äxten über den Feind her. Sie hackten die Soldaten des Südkönigreichs nieder und töteten sie nacheinander, aber sie zahlten einen Preis. Erin sah, wie einer der edlen Gefolgsleute mit einem kurzen Schwert durchbohrt wurde und sah, wie der Kopf eines Gardisten durch den Aufprall eines Streitkolbens aufplatzte. Jedes Mal, wenn sie einen ihrer Leute fallen sah, zuckte Erin zusammen und fühlte es, als würde die Waffe in ihr eigenes Fleisch eindringen. Sie wusste jedoch, dass dies der Preis des Kommandos war; Sie konnte nicht alle Leute, die ihr folgten, in Sicherheit bringen. Sie konnte nur hoffen, dass jedes verlorene Leben ihrer Männer so viele tote Feinde wie möglich ebenfalls das Leben kostete.

Der Kampf im Hof war schnell und brutal, König Ravins Soldaten waren in weniger als einer Minute tot. Erin und ihre Männer blieben jedoch nicht am selben Fleck, um sich auszuruhen, weil noch mehr kommen würde. Es kamen immer mehr. Stattdessen schnappten sie sich so viele Waffen wie sie konnten von den Toten und machten sich auf den Weg durch die Straßen, hielten sich an die kleinen Gassen und vertrauten darauf, dass sie die Stadt besser kannten als ihre Feinde.

„Wie viele mehr noch?“, fragte ein Mann hinter Erin. Sie konnte seine Müdigkeit hören, teilte sie sogar, aber sie wusste, dass sie es nicht zeigen konnte.

„So viele wie nötig, um sie aus unserer Stadt zu vertreiben“, antwortete Erin. „Wir gehen weiter. Wir hören nicht auf. Das Leben eines jeden hängt davon ab.“ Sie war sich sicher, dass ihr Bruder oder ihr Vater oder sogar Lenore in diesem Moment eine mitreißende Rede gehalten hätten; alles, was Erin tun konnte, war mit gutem Beispiel voranzugehen. „Befestigt ein Seil, das hinüberführt.“

Der Mann grummelte, nickte aber und ging zu einem der Gebäude, die dem Bach am nächsten lagen, schleuderte ein Seil darüber und zog daran, bis er sicher war, dass es sich an einem Schornstein auf der anderen Seite verfangen hatte. Erins Männer banden das nahe Ende auf ihrem Dach ab, aber sie war diejenige, die darauf stieg und so flink wie ein Akrobat darauf lief. Unter ihr toste der normalerweise ruhige Bach, der zwischen dem ärmsten Bezirk und dem Unterhaltungsviertel floss, sich nun aber anhörte wie der Slate. Oben konnte Erin die Gestalt von Meister Grey sehen, der immer noch seinen Zauber aufrechterhielt.

„Ich weiß, dass dies den Feind verlangsamt, Magier, aber es macht es uns auch nicht gerade leicht“, murmelte sie, als sie leichtfüßig auf dem gegenüberliegenden Dach landete. Dort sah sie, dass das Gewirr des Seils fast gelöst war; noch ein oder zwei Sekunden, oder wäre sie schwerer gewesen, und Erin wäre ins Wasser gestürzt. Sie band es fest und stellte sicher, dass ihre Männer folgen konnten. Sie eilten ihr nach und zogen ein zweites Seil über das erste, damit sie leichter überqueren konnten.

„Es sieht so aus, als hätte der Feind die gleiche Idee gehabt“, sagte einer von ihnen, während er sich hinüber hangelte. „Ich bin sicher, dass ich Lampenlicht am anderen Ufer gesehen habe.“

„Wo?“, fragte Erin und kletterte die Seite eines Gebäudes hinauf, bis sie eine Stelle sah, an der die Lichter zu nahe am Fluss zu sein schienen. Sie rannte darauf zu und eilte mit den Männern, die ihr folgten, durch die Gassen.

Sie bewegte sich langsamer, als sie sich in der Dunkelheit näherte. Schließlich sah sie eine Hängebrücke zwischen zwei Gebäuden, über die sich ein Mann bewegte. Er sah aus wie ein Bote, aber es war Erin egal, was er tat, sie interessierte nur, dass er daran beteiligt war, die Menschen in ihrer Stadt zu ermorden. Sie ergriff den Kopf ihres Speers, schlug damit auf und schnitt eines der Seile mit einem einzigen Schlag ab.

Der Mann schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Er drehte sich um und ging zurück zum anderen Ufer, aber Erin schnitt bereits ein zweites Seil ab. Sie sah den Schatten des Boten ins Wasser fallen, und Erin wandte sich an die Männer, die ihr folgten.

„Wir können es nicht zulassen“, sagte Erin. „Aber wir können es für unsere Zwecke nutzen. Wir schleichen uns an und schneiden ihre Brücken mit Männern darauf ab. Wir töten diejenigen, die überquert haben. Wenn sie Befehle für die anderen Truppen in der Stadt haben, ändern wir sie, um sie in Fallen zu führen. Bei allem, was sie tun, werden wir einen Weg finden, sie dazu zu bringen, mit ihrem Leben dafür zu bezahlen.“

„Und was ist mit unserem Leben?“, fragte einer ihrer Männer.

„Wollt Ihr die Wahrheit hören?“, fragte Erin. „Unser Leben spielt momentan keine Rolle. Denkt an all die anderen Menschen in dieser Stadt, an diejenigen, die sterben oder kaum mehr als Sklaven sein werden, wenn das südliche Königreich Royalsport einnimmt. Ihre einzige Hoffnung ist, dass wir in Bewegung bleiben und so viele von Ravins Männern wie möglich töten.“

Vielleicht würde sie mit so wenigen Truppen um ihn herum sogar Glück haben und König Ravin selbst  finden, um ihn zu töten. Im Laufe der Nacht schien es jedoch immer weniger wahrscheinlich. Nein, es war nicht einmal mehr Nacht. Erin konnte einen dünnen Lichtstreifen am Horizont sehen, rot wie das Blut, das in den Straßen der Stadt vergossen wurde. Normalerweise hätte sie die Morgendämmerung begrüßt, aber jetzt verfluchte sie sie. Die Dunkelheit war ihr Freund und ihr Schutz; Licht war das Letzte, was sie brauchten.

Erin wusste, dass sie sich bald zum Schloss zurückziehen musste; Sie hasste den Gedanken, Lenore und ihre Mutter so lange so unbewacht zu lassen. Im Moment musste sie jedoch versuchen, weiterzukämpfen, auch wenn die Zahl der Armee des Südkönigreichs im Vergleich zu ihrer eigenen kleinen und zersplitterten Streitmacht endlos schien.

„Wir sind noch nicht fertig“, versprach Erin ihren Soldaten. „Kommt schon.“

Mit dem Speer in der Hand stürzte sie sich ins frühe Morgenlicht und suchte nach der nächsten Gruppe ihrer Feinde, die sie töten konnte.




KAPITEL VIER


Odd schnitt einen Soldaten, der auf ihn zukam, der Schlag kam genau zum richtigen Zeitpunkt, sodass er den Angriff seines Feindes beiseite schlug während gleichzeitig die Schwertspitze in seine Kehle schnitt. Bei einem Geräusch neben sich wirbelte er herum und parierte einen weiteren Angriff. Er trat zu und sandte den Mann zu Boden. Blitzschnell schnitt er dann einen dritten und zwang ihn, den Schlag, den er gerade auf Schwertmeister Wendros vorbereitete, abzubrechen.

„Vorsicht“, sagte Odd. „Dieser hat Euch fast erwischt.“

„Ich wusste, dass Ihr ihn abfangen würdet“, antwortete der Schwertmeister, entwaffnete einen entgegenkommenden Soldaten fachmännisch und schob dann seine eigene schlanke Klinge durch die Brust des Mannes.

Um sie herum war der Trainingsraum des Hauses der Waffen voller Gewalt, die Schmiede und die Lehrer kämpften Seite an Seite, während König Ravins Soldaten auf sie zukamen, und versuchten, die Kontrolle über die Waffen zu übernehmen. Odd sah Männer mit Hämmern und Klingen kämpfen und sowohl ihre Werkzeuge als auch die Waffen nutzen, die sie mit ihnen hergestellt hatten.

Hier im Trainingsring, wo Odd und Schwertmeister Wendros Rücken an Rücken kämpften, kletterten Männer über die Holzgeländer, die den Raum umgaben, und kamen zu zweit auf sie zu und griffen mit Schwertern, Hellebarden, Speeren und Streitaxt an. Odd lenkte ein Schwert nach links ab, schlug mit dem Knauf seines Langschwerts einen Feind bewusstlos und enthauptete ihn dann fast mit einem Rückhandschlag. Einer kam von der anderen Seite herein und Wendros schlug die Klinge nach oben, die auf Odd gerichtet war, und hielt Odd so den Weg frei, um den Soldaten niederzuschlagen.

„Ihr seid sehr gut“, bemerkte Wendros, der sich mit scheinbar müheloser Leichtigkeit bewegte, um einer Axt auszuweichen, und den Mann tötete, der mit erhobener Klinge auf ihn zukam. „Nach den Gerüchten hatte ich angenommen, dass Ihr wilder wärt.“

Odd grunzte eine Antwort und versank in dem Raum, in dem er jetzt kämpfte. Ruhige Präzision trat an die Stelle der Wut und seine Klinge schoss erneut heraus, um zwei weitere Gegner abzuwehren.

„Ist es wirklich der richtige Zeitpunkt für dieses Gespräch?“, fragte er, als der Stich einer Klinge über seinem Arm ihn zu sich zurückbrachte. Als Antwort schlug er zu, spürte den Aufprall seines Schwertes auf das Fleisch, hatte aber keine Zeit anzuhalten und das Ergebnis zu sehen.

„Das ist passiert, weil Ihr Euer Handgelenk etwas zu sehr rollt, während Ihr vom Parieren zum Konter übergeht“, sagte Schwertmeister Wendros. Wie um die Feststellung zu unterstreichen, lenkte er eine Klinge ab und schob dann sein eigenes Schwert durch das Dach des Mundes eines Mannes.

„Wenn ich eine Schwertstunde möchte, werde ich Euch fragen“, sagte Odd. Er duckte sich erneut, tötete einen anderen Mann und ging weiter.

Die Gewalt in dieser Phase hatte etwas Mechanisches, sodass anstatt über Finte und Konter, Taktik und Distanz nachzudenken, nur die Bewegung und das Töten von einem Gegner zum nächsten wichtig waren.

Trotzdem ließ Schwertmeister Wendros alles mühelos aussehen. Er bewegte sich reibungslos und mit perfektem Timing, schien nie in Eile zu sein, schien immer da zu sein, wo er sein musste. Er lenkte Hiebe ab und ließ sie vorbei schlagen, schlug mit beinahe nebensächlicher Tödlichkeit zu und hinterließ eine Spur von Körpern. Nur das Hinken seines verletzten Beines brachte ihn kaum merklich aus dem Gleichgewicht, verlangsamte ihn und ließ einiges seiner Beinarbeit etwas ruckartig wirken.

Während Odd einen weiteren Gegner niederschlug, musste er sich fragen, was für ein großartiger Schwertkämpfer der Schwertmeister in seiner Blütezeit gewesen sein musste. Odd war immer als einer der gefährlichsten Ritter des Sporns angesehen worden, aber der Schwertmeister wirkte wie aus einer anderen Welt. Es war ein Wunder, dass Odd ihn niemals aufgesucht hatte, um gegen ihn zu kämpfen.

Odd versank tiefer in der Meditation der Gewalt und erlebte jeden Moment so lebendig, dass es seine Sinne zu füllen schien. Alle Farben des Ortes waren heller, die Geräusche der Schlacht klarer, jede mit ihrer eigenen Botschaft, und er stellte fest, dass er das Auf und Ab des Kampfes um ihn herum dadurch erst so gut erkennen konnte. Es gab jetzt weniger kleine Kämpfe um sie herum, die Kämpfer fielen oder siegten, Odd wusste nicht welche. Er konnte das Atmen der Männer erkennen, die auf sie zukamen, jedes Detail eines Schwertes erfassen, das seinen Schädel anvisierte, in dem Moment, in dem er auswich und den Mann mit einem Aufwärtsschub tötete.

Bald gab es keine Feinde mehr zu bekämpfen. In dem Raum um den Trainingsring herum standen keine Feinde mehr, der Raum enthielt nur ihre Leichen, der Geruch des Todes erfüllte alles. Oben, durch breite, gewölbte Fenster, glaubte Odd, einen dünnen Streifen der rötlichen Morgendämmerung zu sehen.

„Ich hätte nie gedacht, dass wir lange genug leben würden, um das zu sehen“, sagte er und sah zu Schwertmeister Wendros hinüber. Der Mann saß auf einem der Geländer des Trainingsrings und band sich mit einem Stoffstreifen eine Wunde am Oberkörper. Odd hatte den Hieb nicht durchdringen sehen, hatte nicht geglaubt, dass irgendetwas durch das dichte Netz seiner Verteidigung gelangen könnte.

„Es gab Zeiten, da wäre dies auch nicht geschehen“, sagte der Schwertmeister mit einem irritierten Zungenschnalzen. Odd konnte ihm das wohl glauben.

„Ich hätte damals gerne mit Euch gekämpft“, sagte Odd.

Der Schwertmeister runzelte die Stirn. „Ich hätte es nicht," er antwortete. „Ich habe von dem Mann gehört, der Ihr wart. Wir hätten nicht gekämpft, wenn es nicht bis zum Tod gewesen wäre.“

Odd senkte den Kopf, weil er die Wahrheit in diesen Worten nicht leugnen konnte. Einst hätte sein Stolz nicht zugelassen, dass ein Mann mit Wendros' Fähigkeiten existierte, ohne ihn herauszufordern, und seine Kampfwut hätte nichts weniger als Blut gefordert.

„Ich bin nicht der Mann, der ich war“, sagte Odd. Es war eher eine Hoffnung als eine Tatsache.

„Wer von uns ist das schon?“, konterte Wendros. „Es ist mir eine Ehre, jetzt neben Euch zu kämpfen.“

Das überraschte Odd ein wenig. Erin schien erfreut zu sein, seine Schülerin zu sein, aber sie wusste nicht genau, wer er war und was er getan hatte. Schwertmeister Wendros war alt genug, um es zu wissen, aber er schreckte nicht vor ihm zurück, wie es die meisten Ritter des Sporns getan hätten.

„Also“, sagte Wendros. „Gibt es einen Plan für all das hier?“

„Wir helfen, wo wir können“, sagte Odd. „Es gibt zu viele Feinde und zu wenige von uns. Prinzessin Erin führt Männer auf der Straße an, sie schlagen zu und rennen. Sie hat mich hierher geschickt, um zu versuchen, Männer und Waffen für den Kampf zu sichern.“

Es waren jedoch nur noch wenige Männer übrig. Während die Schulungsräume leer von Invasoren standen, standen auch nur noch wenige Waffenlehrer und Schmiede im Raum, und die meisten von ihnen waren verwundet.

„Geht“, befahl Odd ihnen. „Es sind zu wenige von Euch übrig, um dieses Haus zu halten. Macht beim Kampf auf der Straße mit. Tötet Eure Feinde und bleibt in Bewegung. Geht.“

Sie gingen, offensichtlich froh, jemanden zu haben, der sich anhörte, als wüsste er, was er tat, der ihnen Befehle erteile.

„Wir sollten uns ihnen wahrscheinlich anschließen“, sagte Wendros. Er sprang von seinem Platz auf der Reling und sein verletztes Bein wackelte leicht.

„Bald“, antwortete Odd. „Wann immer Ihr soweit seid.“

„Versucht nicht, mich zu bemitleiden“, antwortete der Schwertmeister, „Sonst werden wir wirklich kämpfen.“

Trotzdem gingen sie viel langsamer als die anderen durch das Haus der Waffen, gingen in die Räume hinunter, in denen die Schmieden lagen, und bewegten sich zum Ausgang. Die Schmieden lagen jetzt still, nur ein schwaches Leuchten ging von ihnen aus und trug zum Licht der Morgendämmerung bei.

„Glaubt Ihr, wir können das gewinnen?“, fragte Wendros ihn.

Odd zuckte die Achseln. „Manchmal geht es nur darum, wie lange Ihr kämpft und wie gut.“

Sie waren immer noch auf den Weg zum Ausgang, als mehr von Ravins Männern das Haus der Waffen betraten. Ein Paar kam zuerst herein, und Odd schnitt sie leicht ab, aber mehr folgten ihnen und noch mehr waren hinter ihnen. Sie strömten in das Haus der Waffen, fast zu viele, um sie zu zählen. Sicherlich zu viele, als dass die beiden sie bekämpfen könnten. Trotzdem wog Odd sein Schwert in der Hand.

„Plant Ihr, wieder anzugreifen?“, fragte Wendros.

„Nein“, sagte Odd. „Wir kämpfen und ziehen uns zurück und nutzen die Schmieden als Deckung.“

Es war ein guter Plan, und sie zogen sich zusammen zurück und näherten sich einem Ausgang. Der Feind rückte zunächst langsam vor, als wollte niemand der Erste sein, der sie erreichte. Dann trat ein Mann vor und griff sie an, und Odd schlug ihn nieder.

Weitere Männer strömten herein und kamen aus allen Richtungen auf ihn und Wendros zu. Jetzt war keine Zeit für Eleganz, keine Zeit für Geschicklichkeit. Es war nur Zeit zum Hacken und Schlagen, um Schritt für Schritt Boden zu schaffen. Für den Moment war es in Ordnung, denn die Schmieden schützten die beiden, als sie Seite an Seite kämpften, aber ein Blick zurück sagte Odd, dass es ein Problem geben würde; das gleiche Problem, mit dem er und Erin auf der Brücke konfrontiert waren. Hinter den Schmieden, in Richtung des Ausgangs, auf den sie zusteuerten, öffnete sich der Raum und ihre Feinde würden sie umzingeln können. Nur bezweifelte Odd sehr, dass dieses Mal eine Armee kommen würde, um sie zu retten.

„Es gibt ein Problem“, sagte Schwertmeister Wendros, der offensichtlich das gleiche Problem gesehen hatte. Sein Schwert fegte herum, um sich an die Klinge eines Feindes zu binden, als er ihn tötete. „Aber es ist zumindest ein Problem mit einer Lösung.“

„Welche Lösung?“, fragte Odd und schnitt einen anderen Mann nieder, dann noch einen.

„Ich halte die Stellung, während Ihr flieht“, sagte Wendros. Er lenkte einen Schlag ab und trat einen Soldaten in zwei andere zurück. Es verlangsamte sie für einen Moment.

„Was? Nein“, sagte Odd und nicht nur, weil ihm die Idee, vor einem Kampf davonzulaufen, nicht gefiel. Der Schwertmeister hatte ihn wie Seinesgleichen behandelt, nicht wie einen tollwütigen Hund, der auf seine Feinde zeigte und den Rest der Zeit davonlief.

„Seid Ihr der Meinung, dass ich rennen kann?“, fragte Wendros, als er einen anderen Mann tötete. „Geht, Odd!“

„Ich … danke“, sagte Odd. Er fiel zurück und ging zur Tür. Er konnte jedoch nicht anders, als zurückzublicken.

Was er sah, brannte sich so fest in sein Gehirn ein wie jede andere dunkle Erinnerung an sein Leben. Er sah, wie Wendros sich in einem Wirbel aus Stahl bewegte und seine Feinde so gerade eben zu berühren schien, aber die Schärfe seiner Klinge reichte aus, um sie mit genau dieser Berührung zu töten. Er wickelte sich um Schwerter und band sich an sie und tötete die Männer, die auf ihn zukamen, als sie begannen, um ihn herum zu strömen.

Wenn sein verletztes Bein nicht den Halt verloren hätte, als er sich umdrehte, um sich mit einem anderen zu befassen, hätte er es vielleicht sogar mit allen aufnehmen können. So wie es war, verlor er für einen Moment das Gleichgewicht und bot seinem Gegner eine Lücke in seiner Verteidigung.

Ein Schwert fand sie und er stand wie erstarrt da, als er es trotz allem noch schaffte, einen weiteren Soldaten zu töten.




KAPITEL FÜNF


Meister Grey spürte, wie das Licht der Morgendämmerung über ihn hereinbrach. An einem anderen Tag mochte die Wärme angenehm gewesen sein, aber jetzt war es eine Störung. Bei Magie ging es darum, die Kräfte der Welt auszugleichen, und jede Veränderung konnte dieses Gleichgewicht stören. Die Morgendämmerung fühlte sich wie ein stürmischer Wind an, der an die Ränder seines Geistes drückte und ihn hin und her schlug, unmöglich zu kontrollieren.

„Nur … ein paar … Minuten … länger“, murmelte Grey durch zusammengebissene Zähne. Er war der Drehpunkt, über den sich die Hebel der Welt bewegten, die Nabe des Rades, das stille Zentrum im Herzen von allem.

Aber er war nicht still. Er hatte fast von Anfang an vor Anstrengung gezittert, Schweiß sickerte in seine Robe, während er sich bemühte, alles in Verbindung zu halten und die Magie durch ihn fließen zu lassen.

Mit jedem Moment, in dem ein Zauber andauerte, wurde es schwieriger, ihn aufrechtzuerhalten. Die ordentlichen Strukturen der ersten Augenblicke verfielen und wurden wilder, während die Kräfte in ihm hin und her schlugen. Der Zauber eines Neulings würde an diesem Punkt zusammenbrechen, wie es so viele von Devin bei der Formgebung des Sternenmetalls getan hatten. Ein erfahrener Magier konnte sich für eine Weile anpassen, aber Meister Grey hatte diese Anstrengung stundenlang gehalten, sich an jede Veränderung angepasst und alles wieder in das Ganze gebracht.

Es kam jedoch ein Punkt, an dem selbst er es nicht mehr lange halten konnte, und jetzt hatte Meister Grey eine Entscheidung zu treffen. Er konnte etwas länger durchhalten, sich an die absolute Grenze bringen, aber irgendwann würde der Druck dazu führen, dass der Zauber zusammenbrach und er mit ihm.

Und dann … wäre er zu erschöpft, um zu fliehen, unfähig, sich zu wehren, wenn König Ravins Streitkräfte hereinkamen. Wenn sie ihn gefangen nahmen, was dann? Meister Grey war nicht arrogant genug zu glauben, dass er in den Händen von Ravins Folterern keine Geheimnisse preisgeben würde, dass er ihnen keine Hilfe geben würde, wenn sie ihn dazu zwängen.

Er konnte das nicht zulassen. Es gab immer noch Dinge, die passieren mussten, immer noch Dinge, die er tun musste, oder alle drei Königreiche würden durch schlimmere Dinge als nur die Streitkräfte von König Ravin bedroht sein.

Er sah sich ein letztes Mal in der Stadt um. In das Licht der Morgendämmerung getaucht musste man kein Magier sein, um die Ausbreitung der Armee des Südkönigreichs zu erfassen. Sie füllte jetzt alle unteren Viertel der Stadt und würde sich bald auch bis auf die Burg ausbreiten. Er nahm das Rauschen des Wassers in sich auf, dessen gewaltige Strömung durch die Kanäle lief, die die Stadt trennten. Grey dachte an all diejenigen, die gestorben waren und noch sterben könnten. Er konnte nur hoffen, dass er durch seine Handlungen einige gerettet hatte. Vielleicht würde es die folgenden Todesfälle ein wenig ausgleichen.

Er ließ den Zauber fallen.

Es war, als würde man die Zügel eines Hengstes loslassen, der angreifen wollte. Die aufgestaute Kraft brach in einem Donnerschlag aus, der über Royalsport hallte, selbst als die Wut des Wassers unter ihm nachließ. Die Bäche begannen zu fallen und das Wasser floss nach so langer Zeit wieder in Richtung Meer. Die Wasserstände sanken und bald wusste Meister Grey, dass Ravins Truppen in der Lage sein würden, über sie hinweg zu strömen, unaufhaltsam, wenn sie wieder zu einem Ganzen zusammengefügt wurden.

Er musste gehen.

Er ging zu der Truhe, die er in seinen Zimmern eingeschlossen hatte, und nahm den Inhalt heraus. Dann stand er da, schöpfte aus seiner Kraft und hoffte, dass er noch genug Kraft dafür hatte. Es gab einige magische Künste, die Meister Grey besser verstand als jeder andere Lebende. Was er als Nächstes tat, war eine von ihnen. Er nahm diese Kraft und formte sie so, dass Nebel den Raum füllten und sogar die Wände verdeckten. Meister Grey ging Schritt für Schritt durch diese Nebel, durch die Zwischenräume.

Im Turmraum begannen sich die Nebel zu heben, trieben von den Fenstern und brannten im Sonnenlicht weg. Sie hatten jedoch lange genug gedauert, denn als sie sich hoben, war Meister Grey verschwunden.


*

Vars floh mit der Geschwindigkeit eines gejagten Tieres durch die Tunnel, die von der Burg führten, stolperte über sich selbst und erhob sich wieder, ohne sich darum zu kümmern, dass seine Knie von dem harten Stein verletzt wurden. In diesem Moment war alles, was zählte, sich so weit wie möglich zu entfernen, sich in Sicherheit zu bringen.

Er war jetzt schmutzig vom Staub und dem Schmutz des Tunnels, seine königlichen Kleider waren an den Stellen gerissen, auf die er gestürzt war, sein dunkles Haar war schmutzig, seine Gesichtszüge mit Staub verschmiert. Es gab Abschnitte, in denen der Tunnel eng war, und Vars war froh, dass er nicht so breit oder so groß war wie sein Bruder Rodry. Aber Rodry wäre auch nicht hier unten gewesen. Er wäre geblieben, um zu kämpfen.

Angst trieb ihn an, drückte ihn nach vorne und verlieh ihm eine Geschwindigkeit, die seine Beine zu keinem anderen Zeitpunkt besessen hätten. Er wusste, dass König Ravin ihn für den Thron töten würde, um klar zu machen, dass er das Königreich erobert hatte, und um gleichzeitig einen Rivalen zu entfernen. Vars verfluchte sich für seine Angst, auch wenn sie sich als Segen erwies, sie ließ ihn entkommen, ließ ihn überleben. Jeder Schritt fühlte sich wie ein Schritt näher an die Sicherheit an, aber auch so, als würde er seine Pflichten aufgeben und vor all den Dingen davonlaufen, an denen er so hart gearbeitet hatte.

Sein Vater wäre nicht gerannt. Sein Bruder auch nicht. Natürlich wären beide auch gestorben. Vars hatte alles, was er als König tun konnte, getan, hatte seine Streitkräfte geschickt, um der Bedrohung durch das südliche Königreich entgegenzuwirken. Was hätte irgendjemand sonst mehr tun können?

Vor sich sah Vars einen Lichtspalt und ging darauf zu. Dort fand er einen Rost, der von innen mit braunen und roten Rostschrauben befestigt war. Vars zog mit aller Kraft daran und wünschte sich in diesem Moment, er hätte mehr Zeit damit verbracht, seinen Körper so zu stärken, wie Rodry es immer gesagt hatte. Er spürte, wie das Metall in seine Hände schnitt, aber er machte weiter und zog an den Bolzen, bis das Metall kreischte und schließlich nachgab. Er stürzte zu Boden, als der Rost aufklappte.

Vars rappelte sich im Licht der Morgendämmerung wieder auf und schnappte nach Luft.

Er stieg herauf und sah sich um, um herauszufinden, wo er war. Irgendwo im Unterhaltungsviertel, dachte er, weil er die seidenumhüllten Umrisse des Hauses der Seufzer erkannte, das sich über den Rest der Häuser erhob.

Es war schon mal besser, als im Schloss zu sein, aber er musste immer noch die Stadt verlassen.

Vars ging mit gesenktem Kopf durch die Straßen und zog sich jedes Mal in einen Hauseingang zurück, wenn er Soldaten kommen hörte. Er sah, wie sie in Formation vorbeimarschierten, die Straßen für sich einnahmen und versuchten, alles zu tun, was militärisch nützlich war. Er sah einen Bürger, der ihnen im Weg stand, er versuchte, sich umzudrehen und zu rennen. Ohne zu zögern, schlugen sie ihn nieder.

Vars schluckte und wusste, dass sie ihm dasselbe antun würden, wenn sie ihn sahen, aber zum Glück gingen sie vorbei und er lief weiter in Richtung Stadtrand. Die ungeheure Flut der Bäche war zurückgewichen und so kletterte Vars durch ein schlammiges Bachbett, hielt sich geduckt und versuchte, zu den Stadtmauern zu gelangen.

Er wusste, dass er nicht versuchen konnte, durch die Tore zu entkommen, aber es gab immer andere Wege in eine Stadt hinein und auch heraus. Er hatte sie manchmal benutzt, wenn er sich mit Lyril oder anderen Frauen getroffen hatte. Vars fragte sich, was mit der Adligen, die ihn unbedingt heiraten wollte, geschehen war, seit er sie fortgeschickt hatte. Wahrscheinlich kauerte sie irgendwo in einem Haus; das oder sie versuchte, einen südlichen Offizier zu verführen. Sie hatte immer gute Überlebenskünste besessen.

Vars konnte jetzt die Mauern vor sich sehen und die Stelle, an der ein kleiner Handschuhladen stand, fast an die Mauern gelehnt. Er schaute in beide Richtungen die Straße entlang, stellte sicher, dass keine Soldaten zu sehen waren, und sprintete dann zum Laden, um Deckung zu finden.

Er glitt dahinter zu einem Raum, an dem es eine Öffnung in der Mauer gab, die von Holzbrettern bedeckt war. Sie war lange Zeit von Schmugglern benutzt worden und Vars war nur allzu bereit gewesen, ein Auge zuzudrücken, wenn er sie im Austausch nutzen konnte, um diskret kommen und gehen zu können, wenn er es gerade brauchte. Und selbstverständlich gelegentlich ein kleines „Geschenk“. Jetzt würde diese Öffnung sein Leben retten. Alles, was er tun musste, war durchzukommen, auf der anderen Seite ein Pferd zu finden und in die Sicherheit der Landschaft hinauszureiten. Er würde sich verstecken, bis er einen Weg zurück an die Macht finden konnte.

Vars bückte sich und schob sich durch die Lücke. Er bewegte sich schnell und wollte nicht gesehen werden. Er schob die Decke auf der anderen Seite beiseite; er hatte es geschafft! Er war in Sicherheit!

Dann packten ihn grobe Hände und zogen ihn aus der Lücke ins Freie. Sie warfen ihn auf den Boden und neben ihm konnte Vars ein halbes Dutzend Leichen auf einem Haufen liegen sehen, auf den sie geworfen worden waren. Er rollte sich auf den Rücken und blickte in die Gesichter von zwei von König Ravins Soldaten. Der Schrecken durchfuhr ihn, als er bemerkte, dass sie offensichtlich bereitgestellt worden waren, um die Öffnung zu bewachen und jeden zu töten, der versuchte zu fliehen.

In einem solchen Moment hätte Rodry oder sogar Erin wahrscheinlich gekämpft. Lenore wäre zweifellos in Würde gestorben, Greave wahrscheinlich, während er etwas Ergreifendes zitierte, über das die Menschen jahrhundertelang sprechen würden. Vars war keiner von ihnen. Stattdessen tat er, als sich ein Schwert über ihm erhob, das Einzige, woran er denken konnte: Er hob kapitulierend die Hände.

„Mein Name ist König Vars des Nordreichs“, sagte er. „Und ich bin lebend für König Ravin hundertmal nützlicher als tot!“




KAPITEL SECHS


Greave eilte den Hafen entlang, der hinter der Stadt Astare lag. Sein dunkles Haar wehte in der Meeresbrise, seine fast femininen Gesichtszüge waren von den Tagen mit dem dunklen Bart, der ungezähmt wuchs, etwas aufgeraut, seine Kleidung war von den Reisen und der Gewalt befleckt. Er versuchte, den Schmerz des Verlustes zu unterdrücken, den er bei jedem Schritt fühlte, während er sich umsah und versuchte, ein Boot zu finden, das ihn in Sicherheit bringen würde. Über ihm erklangen die Geräusche der Invasion in der Stadt.

Es schien jetzt keine offensichtlichen Kandidaten zu geben. Die Schiffe des südlichen Königreichs bewachten das Größte der dortigen Schiffe und ließen keine Flucht zu, während kleinere Schiffe sich entfernten und zum Ozean hin zerstreuten. Das bedeutete, dass nur noch wenige von ihnen übrig waren und ihre Kapitäne lieber Risiken auf dem offenen Meer eingingen, statt dort zu sitzen und darauf zu warten, dass die Männer von König Ravin sie fanden. Greave konnte ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Vielleicht … vielleicht hätte er einfach auf das Boot steigen sollen, das er mit Aurelle losgeschickt hatte, und danach alles klären sollen.

Nein. Allein bei dem Gedanken an Aurelle verkrampfte Greaves Herz sich vor Schmerz. Als sie mit ihm auf diese Reise gekommen war, hatte er gedacht, sie tat es, weil sie ihn liebte, so wie er sie geliebt hatte. Greave war ihr so tief verfallen, dass er erst gesehen hatte, als es viel zu spät war, was sie war: eine Spionin, die ihn davon abhalten sollte, das verborgene Heilmittel gegen die Schuppenkrankheit zu finden – auch wenn es bedeutete, ihn zu töten. Es war egal, dass sie ihm am Ende geholfen hatte; der Verrat … tat zu weh, um es einfach vergessen zu können.

Greaves Hand ging zu der Stelle in seiner Tunika, an der er die Seite versteckt hatte, die er aus Hillards Notizen herausgerissen hatte. Das Pergament war sicher, auch wenn der Rest von Astares unterirdischer Bibliothek durch Aurelles Hand verbrannt war. Wenn er sich nur in Sicherheit bringen könnte, einfach die Zutaten finden, die er brauchte …

In diesem Moment konnte Greave jedoch kein Boot mehr sehen, das ihn in Sicherheit bringen könnte. Es gab einige, aber sie waren eindeutig zu groß für einen Mann, selbst wenn er viel über das Segeln gewusst hätte. Schlimmer noch, da waren Soldaten, die den Klippenweg hinunterstiegen, der zu den Docks führte, sich darunter ausbreiteten und sich bewegten, als ob sie nach etwas suchten.

Greave versuchte sich zu zwingen, ruhig zu sein. Es konnte nicht für ihn sein. Die Männer, die ihm und Aurelle in der großen Bibliothek nachgekommen waren, waren tot, entweder direkt von Aurelle getötet oder von dem Feuer gefangen, das sie dort gelegt hatten, als sie flohen. Es schmerzte Greave immer noch, Teil so vieler Zerstörungen gewesen zu sein, an einem Ort , der so viel Wissen enthielt, aber es gab nichts, was er tun konnte, um das jetzt zu ändern.

Er lief weiter bis zum letzten der hölzernen Kais und hoffte, dass wenigstens ein Kapitän noch übrig sein würde, der ihm helfen könnte. Es gab jedoch niemanden und keine Boote, die er stehlen konnte, um seine begrenzten nautischen Fähigkeiten gegen die Gezeiten auf die Probe zu stellen. Es gab nur Stapel von Vorräten, die darauf warteten, welche Schiffe als Nächstes in den Hafen kamen oder vielleicht von denen zurückgelassen wurden, die ausgelaufen waren: Teerfässer, Kisten mit Schiffszwieback, Kisten mit Salzfisch.

Greave drehte sich um, um die Docks entlangzugehen, entschlossen, sich unerkannt unter die Einheimischen zu mischen und einen Ausweg aus Astare zu finden, aber als er es tat, sah er die Soldaten, die zu den Docks gekommen waren, mit den wenigen Einwohnern sprechen, die dort noch übrig waren. Er sah jemanden in seine Richtung deuten.

„Nein“, sagte Greave. „Sie können mich nicht suchen.“

Es schien jedoch ganz so. Vielleicht hatte es doch jemand aus der brennenden Bibliothek heraus geschafft, oder vielleicht hatte jemand ihn und Aurelle auf der Straße entdeckt und erkannt. Was auch immer es war, es bedeutete, dass Greave in schrecklicher Gefahr war … und jetzt gab es keine Aurelle, die ihn beschützte.

Greave lachte bitter über diesen Gedanken, sich jetzt jemanden herbei zu wünschen, der ihn so schwer verletzt hatte, nur weil ihre Fähigkeiten mit einem Messer sich als nützlich erwiesen hatten. Hatte der Philosoph Serecus nicht geschrieben, dass Liebe weniger wichtig war als die Dinge, die im Leben praktisch sind? Hatte Yerrat nicht geschrieben, dass es besser war, einen starken Feind an seiner Seite gegen einen gemeinsamen Feind zu haben als schwache Freunde? Greave dachte immer, dass etwas in der Übersetzung verloren gegangen war.

Es war jedoch sinnlos, sich jetzt Aurelle herbei zu wünschen, sei es in der Erinnerung an die Weichheit ihrer Haut oder nur, weil sie einen Mann schneller töten konnte, als Greave blinzeln konnte. Sie war weg, ihre Überfahrt bezahlt, der Kapitän hatte geschworen, nicht umzudrehen. Greave musste seinen eigenen Weg dorthin finden. Er ging wieder das Dock hinunter, auf dem er sich befand.

Er war zu langsam, zu sehr in Gedanken an Aurelle gefangen, um sich so schnell zu bewegen, wie er sollte. Selbst hier schien es, dass sie ihn geschwächt hatte. Die Soldaten, die nach ihm gefragt hatten, befanden sich jetzt am Ende des Docks, und mindestens einer hatte Brandspuren auf seiner Uniform, die besagten, dass er dem Feuer der Bibliothek entkommen sein musste.

„Es gibt keinen Ort, an den Ihr rennen könnt, Prinz Greave!“, rief der Mann. „Oh, wir wissen, dass Ihr es seid und auch, was wir mit Euch tun werden, weil Ihr versucht habt, uns zu verbrennen, bevor wir Euch König Ravin übergeben – Ihr werdet Euch wünschen, dass Ihr Royalsport nie verlassen hättet!“

Greave zog sich die Docks hinunter zurück und die Soldaten folgten im gemächlichen Tempo der Männer, die wussten, dass ihr Opfer nicht entkommen konnte. Das Problem war, dass sie recht zu haben schienen. Greave dachte über all die Dinge nach, die er über die Taktiken und Strategien der großen Kommandeure gelesen hatte. Alle Strategiespiele, die er gespielt hatte, würden einem General helfen, das Kommandieren zu lernen. Keines von ihnen schien eine Antwort auf diese Situation zu haben – ein Mann, der nichts vom Schwertspiel wusste, der sich mindestens zwanzig Männern gegenübersah und nirgendwohin fliehen konnte.

Was würde Aurelle tun? Der Gedanke kam Greave abrupt und unerwartet und ein Teil von ihm wollte ihn unterdrücken, nur weil es weh tat, an das Rot ihrer Haare oder das tiefe Grün ihrer Augen zu denken. Aber im Moment war das nicht der Teil von ihr, den er nun brauchte. Er brauchte die rücksichtslose Frau, die unter der Oberfläche gewesen war, jene, die die große Bibliothek von Astare in Brand gesteckt hatte, nur damit sie …

Das war's.

Greave wich weiter zurück und ging weiter, bis er mit den Teerfässern auf einer Höhe war. Mit viel Anstrengung kippte er eines davon um und ließ den Inhalt über den Kai strömen. Er nahm Feuerstein und Stahl von seinem Gürtel und sah, wie sich die Augen der Soldaten weiteten.

„Das werdet Ihr nicht tun“, sagte der Soldat, der am weitesten vorne stand. „Ihr werdet getötet.“

„Eigentlich“, sagte Greave, „habe ich den Verdacht, dass ich mit dem Wind, der in diese Richtung weht, und dem Brennmaterial, das von mir weg fließt, eine gute Chance habe, dies zu überleben. Ihr jedoch …“

Er schlug mit seinem Feuerstein Funken und ließ sie auf den Teer fallen. Es brauste auf als Antwort und Greave musste sich rückwärts auf das Ende des Docks werfen, als das Feuer ausbrach. Innerhalb von Sekunden hatte es das Dock verzehrt und loderte in den Himmel. Diejenigen der Soldaten, die nicht schnell genug aus dem Weg rennen konnten, fielen schreiend und versuchten, das Feuer zu löschen, während es sie fraß.

Das Feuer schoss am Dock entlang und zündete mehr Teerfässer an. Greave spürte, wie das Dock erbebte, als sie vor Hitze explodierten und weitere Flammen hoch in die Luft schossen. Das Dock taumelte, als sich die Hölzer unter der Belastung spalteten, und Greave musste kämpfen, um das Gleichgewicht zu halten.

Die Hitze des Feuers war immens wie das Dröhnen einer Schmiede an einem Sommertag. Es verschlang die Vorräte entlang des Docks mit der Gier, die nur Feuer haben konnte, und ein Teil von Greaves Gedanken versuchte, sich an alles zu erinnern, was er über die Eigenschaften von Flammen gelesen hatte, wie Gelehrte theoretisiert hatten, dass solche Dinge aus der Luft gezogen werden könnten mit nichts mehr als Kraftstoff und Funken. Nichts davon schien ausreichend zu erklären, wie sich das Feuer entlang des Hafens von Astare auf den Weg zu den anderen Docks machte und sich so schnell ausbreitete, dass Greave Soldaten verbrennen sah, die nicht wegrennen konnten.

Das Feuer auf dem Dock war nicht weniger intensiv und die Hölzer bewegten sich, als die Flammen den Kleber und das Seil auflösten, die sie hielten. Greave hatte einen Moment Zeit, sich zu fragen, ob dies tatsächlich der am besten kalkulierte Plan gewesen war, und dann fiel er und stürzte in die schockierende Kälte des Wassers.

Holme und Holzlatten fielen wie Hagel auf das Wasser um Greave, sodass es so aussah, als könnte ihn jeden Moment eines davon treffen, aber das geschah nicht. Greave hielt den Atem an und versuchte, seine Angst vor den Dingen, die dort lauern könnten, zu unterdrücken. Er hatte aus erster Hand gesehen, wie gefährlich die Kreaturen des tiefen Wassers sein konnten, konnte nur hoffen, dass es hier in der Nähe der Docks nichts so Gefährliches gäbe. Sogar unter Wasser spürte er die Hitze der Flammen über sich und sah das flackernde Licht des Feuers, das sich auszubreiten schien, um die Welt zu erfüllen.

Als seine Lungen es nicht länger aushalten konnten, tauchte Greave auf.

Der Hafen war jetzt ein Inferno, alles, was Greave erkennen konnte, stand in Flammen, sogar die großen Schiffe an den Docks mussten umdrehen und auf das offene Meer zusteuern, um Schäden zu vermeiden. Eines war nicht schnell genug, und Greave sah, wie das Feuer wie eine Kerze auf seine Takelage kletterte und die Segel so beleuchtete, dass sie an der Spitze loderten. Er sah sich um und versuchte einen Ausweg aus dem Inferno zu finden.

Ein ganzer Abschnitt des Docks lag wie ein Floß auf dem Wasser, ein Quadrat aus Holz, vielleicht doppelt so lang wie ein Mann auf jeder Seite. Im Wasser schwebten einige der verlassenen Fässer. Greave schwamm zu ihnen hinüber, dachte nach und versuchte herauszufinden, wie viele er brauchen würde. Langsam und mit akribischer Sorgfalt begann er, sie unter dem gebrochenen Abschnitt in Position zu bringen und sie mit dem bereits vorhandenen Seil festzurren.

Es dauerte lange Minuten, aber im Moment achtete niemand auf Greave. Als er sicher war, dass er alles getan hatte, was er konnte, stieg er auf das provisorische Floß und griff nach einem Stück Holz, um es als Ruder zu verwenden. Das Floß wackelte, hielt aber und Greave begann vom Hafen aus zu paddeln. Er war sich nicht sicher, wie weit er so kommen würde oder wie viel Kontrolle er haben würde, wenn ihn die Strömungen ergreifen würden, aber alles war besser als hierzubleiben. Er hatte immer noch die Seite aus dem Buch mit der Methode für die Heilung und alles, was er tun musste, war, die Zutaten zu finden.

Astare brannte hinter ihm, als er auf das offene Meer zusteuerte, aber trotzdem machte sich Greave mit Hoffnung in seinem Herzen auf den Weg.




KAPITEL SIEBEN


„Bringt mich zurück!“, beharrte Aurelle zu dem Kapitän des kleinen Schiffes, das sie aus Astare herausführte. „Bitte, ich kann Greave nicht alleine lassen. Er wird dort sterben.“

Es machte keinen Unterschied, da alle ihre anderen Bitten auch keinen Unterschied gemacht hatten. Der Kapitän war ein großer Mann mit einem versteinerten Gesicht, das nicht viel zeigte, aber jetzt lächelte er.

„Er wird sterben, weil Ihr nicht da seid, um ihn zu beschützen?“

Die Mannschaft um Aurelle lachte, und das wühlte das Durcheinander von Schmerz, Trauer und Scham in ihrem Innern noch mehr auf. Natürlich wusste sie, was sie sahen, als sie sie ansahen, dasselbe, was sie seit dem Moment, als sie Greave traf, so sorgfältig projiziert hatte. Ihr rotes Haar peitschte vielleicht jetzt im Wind, anstatt in einem kunstvollen edlen Zopf gefangen zu sein, aber sie sahen immer noch ihre edlen Kleider, die zarte Eleganz ihrer Gesichtszüge, die Schlankheit ihres Körpers, alles bis auf die simple Tatsache, dass sie eine Frau war. All das ließ sie annehmen, dass sie schwach und hilflos war.

Sie trat von dem Kapitän zurück und dachte verzweifelt nach, um einen Weg zu finden, zu Greave zurückzukehren und ihm alles zu erklären. Alles wäre in Ordnung, wenn sie ihm nur zeigen könnte … wenn sie ihm nur beweisen könnte, dass sie ihn liebte.

Sie klammerte sich an die Reling des Bootes und versuchte herauszufinden, ob sie irgendwie zurück zu Greave schwimmen konnte, aber es war jetzt zu weit, und auf jeden Fall würden die großen Schiffe des südlichen Königreichs sie wahrscheinlich aufhalten, bevor sie auf halbem Weg dort war.

Sie musste einen anderen Weg finden, und das Haus der Seufzer hatte ihr viele Wege beigebracht.

Sie beobachtete die Funktionsweise des Bootes und versuchte herauszufinden, ob sie es auf irgendeine Weise durch einen Unfall bewerkstelligen konnte. Sie beobachtete ein halbes Dutzend Männer, die sich perfekt aufeinander abgestimmt bewegten, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, und es war klar, dass sie es ohne ihre Hilfe nicht schaffen würde, umzudrehen. Welche Möglichkeit kam als Nächstes in Frage?

Sie wartete bis zu der Gelegenheit, als der Kapitän für einen Moment unter Deck ging, dann schlüpfte sie in den Raum hinter ihm und versuchte einzuschätzen, wie dies am besten zu tun war. Was würde sie tun, um nach Greave zurückzukehren? Besser gefragt: Was würde sie nicht tun?

„Seid Ihr hier, um mich dazu zu bringen, mein Boot wieder umzudrehen?“, fragte der Kapitän als sie sich ihm näherte.

„Das bin ich“, sagte Aurelle. „Ich muss zu meinem Prinzen zurückkehren. Ich werde alles tun, um zurückzukommen. Alles.“

Sie trat näher an den Kapitän heran.

„Glaubt Ihr wirklich, dass das funktionieren wird?“, fragte er.

Aurelle zog ein Messer und drückte es mit einer geschmeidigen Bewegung gegen die Kehle des Kapitäns.

„Bringt mich jetzt zurück“, forderte sie.

„Tötet mich, und meine Männer werden Euch töten“, sagte der Kapitän. Das Schlimmste war, dass es wahrscheinlich die Wahrheit war. Mit genügend Versteckmöglichkeiten hätte Aurelle es mit allen Männern dort einzeln aufnehmen können, aber auf dem kleinen Raum des Bootes würde sie gegen sechs Männer kämpfen. Selbst ein Ritter des Sporns hätte das wahrscheinlich nicht tun können, und sie war keine Ritterin. Es war immer besser, ein Messer in den Rücken zu stecken, als offen zu kämpfen.

Selbst wenn sie es irgendwie geschafft hätte, sie alle zu töten, hätte sie dann keine Möglichkeit, das Boot umzudrehen. Aurelle konnte es nicht alleine zurück zum Hafen steuern.

„Warum dreht Ihr nicht um?“, forderte sie.

Der Kapitän zuckte die Achseln. „Ich bin der Krone treu und ich bin treu, sobald ich bezahlt bin. Prinz Greave hat mich dafür bezahlt, Euch bis nach Royalsport zu bringen, und das werde ich tun.“

„Aber er wird dort sterben“, sagte Aurelle. „Wir müssen ihn retten. Ich … ich liebe ihn.“

„Meine Männer haben wahrscheinlich nichts von dem gehört, was Ihr und der Prinz zueinander gesagt habt“, sagte der Kapitän, „Aber ich habe es gehört. Ich weiß wer Ihr seid. Ich weiß, was Ihr seid, meine Dame, und ich habe keine Geduld für diese Art von Täuschung. Ich bringe Euch zurück und Ihr habt Glück, dass wir Euch nicht einfach die Kehle durchschneiden und Euch über Bord werfen, weil Ihr den Prinzen verraten habt.“

Er ging wieder an Deck und es dauerte einen Moment, bis Aurelle sich in der Lage fühlte zu folgen. Der bloße Schock ihres Versagens hielt sie für einen Moment an Ort und Stelle. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie einen Weg finden würde, dieses Boot umzudrehen, sicher, dass sie einen Weg finden würde, die Welt zu manipulieren, um das zu tun, was sie für ihre Zwecke brauchte. Jetzt steckte sie fest. Mit einem Seufzer ging sie wieder an Deck.

Dort sah sie die Docks von Astare in Flammen stehen.

„Nein!“ Aurelle schrie auf, als sie die brennenden Schiffe und das Holz der Dockfront in Flammen aufgehen sah. Sie sah eine einsame Gestalt am brennenden Ende eines der Docks stehen, und sie sah, wie es unter ihm zusammenbrach und Feuer die Welt um ihn herum zu verzehren schien. „Nein, bitte nein.“

Aurelle sah zum Kapitän hinüber, aber er setzte gerade mehr Segel und brachte sie so schnell es ging von Astare weg. Auf keinen Fall würde er jetzt umdrehen, auf keinen Fall würde er sein Boot gegen Greaves ausdrücklichen Befehl in die Flammen steuern, die es verzehren könnten.

Als sie sich an die Reling des Fischerboots klammerte, spürte Aurelle, wie ihr Herz brach. Sie hatte gewusst, dass sie mehr für Greave empfand als jemals zuvor für irgendjemanden, mehr als sicher oder vernünftig war, aber dies … es konnte nur so weh tun, jemanden zu verlieren, wenn man ihn mehr liebte als alles andere auf der Welt. Zumindest nahm Aurelle an, dass dies der Fall war; Sie hatte noch nie jemanden so geliebt.

Im Haus der Seufzer war Aurelle immer stolz darauf gewesen, dass etwas so Dummes wie Emotionen sie nicht berühren konnte. Sie hatte alle Arten gesehen, wie Menschen versuchten, sich gegenseitig zu benutzen, und sich selbst als realistisch hinsichtlich der Transaktionen gesehen, die im Mittelpunkt aller Dinge standen, auch wenn andere versuchten, dumme Bedürfnisse oder Gefühle hineinzubringen, die am Ende nur im Weg waren. Als sie eine der Auserwählten gewesen war, die spionierten und aus den Schatten heraus handelten, war es für Aurelle leicht gewesen. Es fühlte sich kaum wie ein Verrat an, wenn es keine Liebe gab.

Jetzt fühlte es sich jedoch so an, als hätte sie alles verraten. Sie hatte Greave verraten, indem sie ihn überhaupt erst ausspioniert hatte, und sie hatte all das verraten, was sie sein sollte, indem sie es gewagt hatte, sich in ihn zu verlieben. Aurelle wusste nicht, was sie nun tun sollte.

Sie schaute zurück auf die lodernden Flammen im Hafen, und genau in diesem Moment fühlte es sich so an, wie es ihr Herz tat, alles stand in Flammen, sodass bald nur mehr Asche übrig sein würde. Aurelle vermutete, dass dieser Verlust der Invasion des Südkönigreichs schaden könnte, aber das war kein Trost. Auf jeden Fall war der Kampf in Astare beendet; die Stadt gehörte ihnen.

Das Schlimmste war, dass ihre Arbeitgeber wahrscheinlich mit dem Ergebnis zufrieden sein würden. Sie konnte sich fast vorstellen, wie Herzog Viris lächeln würde, wenn sie ihm erzählte, dass die Bibliothek, in der sich das Rezept für das Heilmittel gegen Schuppenkrankheiten befand, verbrannt war, dass der Prinz, der danach gesucht hatte, zusammen mit dem Rezept verschwunden war.

Selbst wenn sie ihm sagen würde, dass sie nichts davon getan hatte, würde der Herzog wahrscheinlich annehmen, dass sie nur vorsichtig war und wäre mehr als zufrieden mit dem Verlauf der Dinge. Aurelle konnte sich vorstellen, wie er es feiern wollte, denn ein Mann wie er würde sie niemals als etwas anderes als eine Kurtisane sehen, wie viel sie auch für ihn tat.

Meredith … Aurelle wusste, dass die Herrin des Hauses der Seufzer immer im Interesse des Gleichgewichts, des Königreichs und des Hauses handelte und immer versuchte, die Frauen und Männer zu schützen, die ihm dienten. Aurelle konnte ihr keine Schuld geben, weil sie das Geld des Herzogs genommen hatte, da sie wusste, dass es dem Haus der Seufzer Einfluss geben würde, wenn Aurelle Erfolg hätte.

Sie konnte jedoch Herzog Viris und seinen Sohn die Schuld geben. Er dachte wahrscheinlich, dass Aurelle dumm war und keinen seiner Pläne durchschauen konnte. Der Wunsch, die königliche Familie zu destabilisieren und gleichzeitig Finnal immer höher zu treiben, war so offensichtlich, wenn man wusste, was hinter den Kulissen vor sich ging. Die Tatsache, dass Männer wie er oft so dachten, war zumindest ein Beweis dafür, dass das Haus der Seufzer gut in dem war, was es tat.

Greave war nicht so … er hatte nicht so gedacht und dieser Gedanke reichte aus, um eine neue Welle von Schmerz durch Aurelle zu senden. Er war die einzige Person, die sie jemals so geliebt hatte, wie sie war, und nicht für das, was sie für sie tun konnte. Die einzige Person, die sie jemals geliebt hatte, und jetzt war er weg.

Aurelle stand an der Reling und fühlte sich völlig untröstlich, während Astare in der Ferne verschwand. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun würde oder wohin sie gehen würde, wenn sie wieder in Royalsport war. Sie wollte Herzog Viris einfach nicht sagen, dass er Erfolg gehabt hatte, dass alle seine Pläne verwirklicht wurden.

Sie erkannte, was sie stattdessen tun wollte, und es war dumm und gefährlich und würde sie wahrscheinlich in mehr Schwierigkeiten bringen, als sie hoffen konnte, zu überleben. Wenn sie einfach zurückgehen und so tun würde, als hätte sie die Arbeit perfekt gemacht, wäre sie gut bezahlt und könnte sich als zusätzliche Belohnung wahrscheinlich sogar in eine Machtposition manövrieren.

Aurelle wollte nichts davon tun. Sie konnte den Gedanken an eine Welt nicht ertragen, in der Greave verschwunden war.  Und der Gedanke an eine Welt, in der Finnal an die Macht kam, während Herzog Viris im Hintergrund weiterlächelte, war ihr unerträglich. Sie konnte diesen Gedanken nicht zu Ende denken … warum tat sie also nichts dagegen?

Was sie erwog, würde Greave nicht zurückbringen. Es würde keinen der Schäden rückgängig machen, die sie in der Welt angerichtet hatte, würde die Dinge nicht wiedergutmachen, aber vielleicht, nur vielleicht, würde es die Welt zu einem besseren Ort machen.

Sie würde die beiden töten.




KAPITEL ACHT


Das Wasser schlug auf Renard ein und warf ihn mühelos herum wie einen Spielball und er schien vom Wasser selbst abzuprallen. Er war ein großer Mann, aber das Wasser spielte mit ihm und bewegte sein nicht unerhebliches  Gewicht, als wäre es nichts.

Es zerrte an dem Umhang, den Renard trug, sodass er zu einem Bleigewicht um seine Schultern wurde. Renard riss an dem Kleidungsstück, bis er sich lösen konnte, aber die Schließe verfing sich in seinem roten Haar und hielt ihn fest, als der Umhang an einem Felsen hängen blieb. Renard riss sich eine Haarsträhne heraus, um sich zu befreien, und wurde dann von der Strömung weitergetrieben.

Renard kämpfte, um an der Oberfläche zu bleiben und versuchte, sich zu erinnern, warum es so eine gute Idee gewesen war, sich überhaupt erst ins Wasser zu werfen. Er kam hoch, holte Luft und erinnerte sich, als er die große rote Masse des Drachen in der Ferne verweilen sah. Was war ein bisschen Wasser im Vergleich dazu, lebendig verbrannt zu werden?

Der Fluss gab eine Antwort darauf, als er ihn wieder nach unten saugte und ihn mit größerer Geschwindigkeit vorwärtstrieb, als Renard es zu Pferde jemals hätte schaffen können. Er prallte gegen Steine, spürte, wie sie in seine Rippen schlugen, und musste seine Arme und Beine benutzen, um sich von den schlimmsten von ihnen wegzudrücken, bevor sie ihn zerschmettern konnten.

Zumindest konnte es kaum schlimmer werden.

Er kam an die Oberfläche und bereute es sofort, das gedacht zu haben. Vor ihm gab das Wasser Schaum und Sprühnebel ab, während der Fluss einfach hinter den Spitzen einiger Felsen zu verschwinden schien. Ein Wasserfall oder ein Wehr lag vor ihm und Renard wollte wirklich nicht herausfinden, welches von beiden es war, indem er hinunterstürzte.

Er schwamm zum Ufer, er versuchte, nicht gegen den Fluss anzukämpfen, sondern sich schräg hinüberschleppen zu lassen. Schon nach den ersten paar Zügen erkannte er, dass es nicht funktionieren würde. Der Fluss war zu stark und zog ihn zu schnell. Jetzt musste Renard entscheiden, ob er riskieren würde, über den Rand zu treiben oder gegen die Felsen zu prallen, die er sehen konnte – aber in letzter Zeit schien es, als wäre sein ganzes Leben zu einer einzigen Wahl zwischen zwei Übeln geworden.

Renard vermutete, dass die meisten Menschen die Felsen gewählt und versucht hätten, sich an sie zu klammern, um nicht den Wasserfall hinunterzustürzen. Sie wären wahrscheinlich an ihnen zu Tode gestürzt, und Renard war zudem nie jemand gewesen, der sich an die sichere Option geklammert hatte. Er schwamm zu dem offenen Wasser zwischen ihnen, hatte einen Moment Zeit, um zu sehen, wie sich dieser Raum über dreißig Meter bis zum Abgrund erstreckte, und dann fiel er.

Renard verwandelte den Sturz in einen Tauchgang, so gut er konnte, aber trotzdem war sein Sturz in das Wasser, das auf ihn wartete, alles andere als elegant. Da unten war ein kreisförmiger See und Renard konnte nur hoffen, dass er tief genug war, oder dieser Sturz würde ein sehr plötzliches Ende haben.

Er streckte die Hände aus und teilte das Wasser, als er es mit einem Aufprall traf, der bis in die Knochen schmerzte. Renard bog sich zurück und versuchte, seinen Tauchgang flacher zu machen, aber trotzdem schlug er so hart auf den Boden des Sees auf, dass es ihm den restlichen Atem aus den Lungen schlug.

Oben sah Renard die Oberfläche als einen Lichtkreis, der viel zu weit weg schien, um ihn zu berühren. Renards Lungen fingen bereits an zu brennen und er musste kämpfen, um nicht zu atmen, als er sich auf den Weg zum Licht machte.

Es schien ewig zu dauern, bis er dort ankam. Renards Sicht begann sich zu verdunkeln, Druck stieg in seinem Kopf auf, bis es schien, als würde er explodieren. Er würde bald atmen, ob er wollte oder nicht, und das würde bedeuten, dass Wasser in ihn strömte und ihn ertränkte …

Renard zerriss die Oberfläche als er auftauchte und schnappte nach Luft. Er starrte hinauf und sah den donnernden Wasserfall hoch über sich, und von hier unten schien er noch höher zu sein als beim Fallen. Wasser schlug um ihn herum in den See und in diesem Moment schien es Renard das Erfrischendste auf der Welt zu sein, denn es bedeutete, dass er am Leben war.

„Ich lebe!“, rief der Welt zu, was wahrscheinlich ein dummer Schachzug war. Er hatte bereits  ausreichend Gelegenheit gehabt, festzustellen, dass die Götter viel zu viel Spaß daran hatten, ihn zu quälen. Renard schwamm zum Ufer.

Als er dort ankam, schleppte er sich aus dem Wasser und legte sich auf das steinige Ufer, bis auf die Haut durchnässt und erschöpft. Er lag eine Ewigkeit dort, die Sonne schien heiß und es fühlte sich an, als würde Dampf von ihm aufsteigen.

Renard überprüfte seine Besitztümer und versuchte herauszufinden, was die Reise flussabwärts überlebt hatte. Er hatte kein Schwert, aber immer noch ein langes Messer an der Hüfte. Sein Münzbeutel hatte überlebt, was bedeutete, dass er dank des Amuletts, das er in Geertstown verkauft hatte, immer noch viel Geld hatte.

Renard wusste, ohne zu schauen, dass das Amulett noch da war. Er konnte es fühlen, es zog an den Rändern seines Wesens und saugte ihm nach und nach das Leben aus. In diesem Moment fühlte sich Renard gebrochen und verletzt, erschöpft und kaum in der Lage, wieder zu Atem zu kommen. Trotzdem konnte er etwas viel Heimtückischeres darunter fühlen, als das Amulett begann, ihm das Leben zu entziehen.

Warum war er nicht schon tot? Renard war normalerweise kein Mann, der solche Fragen stellte, denn es schien nur eine Einladung zum Scheitern zu sein, aber im Moment wunderte er sich einfach nur. Er konnte auch nichts anderes tun, als sich wundern, denn selbst mit dem Gedanken an einen Drachen irgendwo in der Ferne, der ihn möglicherweise verfolgte, war er zu erschöpft, um sich sofort zu bewegen.

Der Hehler, an den er das Amulett verkauft hatte, war weniger als eine Stunde nach dem Verkauf gestorben und so vollständig entleert, dass er kaum noch menschlich aussah. Ja, der Mann war alt gewesen, aber trotzdem konnte Renard nicht glauben, dass das ausreichen würde, um so viel zu bewirken. Es gab da noch etwas, etwas, das er nicht verstand.

Schließlich schaffte es Renard, sich in eine sitzende Position und dann auf die Füße zu stemmen. Er wusste, ohne dass es ihm gesagt wurde, was er tun musste, hatte es gewusst, seit er das Amulett in Geertstown gestohlen hatte: Er brauchte die Hilfe eines Magiers.

Das Problem war immer noch das gleiche. Magier waren eher selten und  jemanden zu finden, der genug über Magie wusste, um mit einem Amulett fertig zu werden, vor dem selbst die Verborgenen mit all ihrer schrecklichen Kraft Angst hatten … wie konnte er jemals hoffen, einen Mann zu finden, der das konnte?

Renard begann zu laufen, und seine Kleidung tropfte bei jedem Schritt. Er war ein Dutzend Schritte gegangen, bevor er überhaupt begriff, in welche Richtung er ging. Der Sonnenstand gab ihm die Antwort darauf. Er lief nach Osten in Richtung Royalsport.

Er wusste, dass das ein dummer Schachzug war, denn alle Gerüchte in Geertstown besagten, dass der Krieg nach Osten kommen würde. Eine Stadt voller Diebe und Schmuggler hatte sich im Vergleich zu dem, was im Rest des Königreichs geschah, wie ein sicherer Hafen angefühlt.

Natürlich brannte derzeit ziemlich viel in Geertstown, dank des Drachen, der nach dem Amulett gesucht hatte.

Renard nahm es jetzt heraus und starrte es an. In der Mitte seines achteckigen Umfeldes lag eine Drachenschuppe, auf jeder Seite befand sich ein andersfarbiger Edelstein, der im Sonnenlicht leuchtete.

„Ich hätte dich zurücklassen sollen“, sagte Renard zum Amulett. „Wann habe ich angefangen, das Richtige zu tun?“

Er hatte es jedoch getan. Er hatte es zurückgenommen wegen all des Schadens, der sonst entstehen würde, und weil die Alternative darin bestand, etwas so Mächtiges den Verborgenen zu überlassen. Diese Motivation hatte bereits ausgereicht, um Renard dazu zu bringen, es mit Leuten aufzunehmen, die ihn mit ihrer Magie auseinanderreißen konnten.

Eine Reise nach Royalsport, um einen Magier zu finden, war nichts im Vergleich dazu. Er wusste, wen er brauchte, denn es gab nur einen Mann, der bei so etwas helfen konnte. Renard brauchte die Hilfe des Magiers des Königs, Meister Grey. Er musste zum Magier gehen, auch wenn das bedeutete, sich durch das Kriegsgeschehen im Osten zu bewegen, und er musste um seine Hilfe bitten.

Entweder das oder einfach dem Magier das Amulett in seine Hand drücken und wegrennen, in der Hoffnung, dass dies ausreichen würde, um die Verbindung zu unterbrechen, und dass der Magier wissen würde, was zu tun ist.

In jedem Fall ging Renard weiter über den felsigen Boden in der Hoffnung, eine Straße zu finden. Als er einen Weg fand, folgte er ihm, bis er zu einem größeren Weg führte, und ging weiter.

Er war zum nächsten Dorf unterwegs, bevor er sich einen Blick zurück erlaubte. Der Gedanke an das, was dort lauern könnte, hatten seine Augen so lange nach vorne gerichtet gehalten. Schließlich konnte sich Renard jedoch nicht länger zurückhalten. Er sah über die Schulter, starrte und suchte das Land und den Himmel ab.

Es dauerte nicht lange, bis er fand, wonach er suchte. Es war jetzt nur mehr ein Punkt, aber es war da, sodass Renard wusste, dass er keinen Augenblick länger in diesem oder einem anderen Dorf anhalten durfte, als er brauchte, um ein Pferd zu stehlen.

Der Drache hing dort in der Ferne und folgte langsam, und Renard wusste, dass er wieder versuchen würde, ihn zu verbrennen, wenn er nicht schnell zum Magier gelangen würde, Krieg oder nicht Krieg.




KAPITEL NEUN


Nerra starrte zu der großen dunklen Masse des Drachen auf, der sich über ihr aufrichtete, und sie war sich sicher, dass sie sterben würde. Das tiefe, unergründliche Gelb seiner Augen starrte auf sie hinunter und betrachtete Nerra, als wollte es herausfinden, wie leicht es sie verschlingen könnte.

Die zerstörte Kolonie um sie herum war ausreichend Beweis, dass es nur ein Flackern ihres Atems dauern würde, um sie zu zerstören. Seltsamerweise war jedoch das, was ihr Herz in diesem Moment am meisten erfüllte, nicht Entsetzen, sondern Faszination.

Im Vergleich zu dem Drachen, dessen Ei sie gefunden hatte, war dieser Drache riesig und glänzend und dunkel, und jetzt konnte Nerra sehen, dass die Schwärze tatsächlich ein Dutzend verschiedener Schattierungen und Farbtöne war, von den hellsten Grautönen bis zum tiefen Schwarz des Teers und der Schatten des Nachthimmels. Seine Schuppen waren so breit geworden, dass sie auf seiner Unterseite wie Panzerplatten wirkten, die einzigen Farbtupfer darauf das Gelb seiner Augen und das tiefe Rot der Innenseite seines Mundes, als der Drache ihn weit öffnete.

Er schoss eine Flamme neben Nerra und das rückte die Furcht zurück in den Vordergrund von Nerras Gedanken. Sie drehte sich um und rannte, stolperte durch die Trümmer der zerstörten Kolonie und lief auf die Bäume zu, nicht auf die felsige Dunkelheit des offenen Geländes, in der Hoffnung, dass sie ihr Schutz geben würden.

Nerra hörte ein Brüllen hinter sich und rannte weiter.

Jetzt war sie im Dschungel des Inselinneren und die Sonne schien durch den Baldachin, als sie weiterlief. Die Pflanzen, die Nerra beim Laufen erkennen konnte, waren nicht so wie die, die sie von zu Hause kannte, üppig und grün, hell und leuchtend und füllten ihre Nase mit ihren Düften. Gingen diese überwältigenden Düfte und Farben wirklich von ihnen aus oder lag es an dem, was sie geworden war?

Oben, selbst durch die Baumkronen, konnte Nerra den Schatten des Drachen erkennen, der über sie hinwegflog, riesig und breit, und leicht mit ihr Schritt halten konnte. Nerra konnte nicht anders, als darauf zu starren, gefangen zwischen ihrem Entsetzen bei dem Gedanken an ein so großes Raubtier über ihr und der Bewunderung dieser Eleganz, mit der er durch die Luft segelte. Er schien zu gleiten und zu schweben, schlug kaum mit den riesigen Flügeln, und blies eine Flamme in die Luft vor ihm, um eine Thermik zu erzeugen, die seinen Flug erleichterte.

Moment mal, woher wusste Nerra das? Sie hatte ihren eigenen Drachen gesehen, hatte natürlich ein Gefühl der Verbundenheit damit gespürt, aber sie hatte nichts darüber gewusst, wie ihre Körper funktionierten oder was es bedeutete, ein Drache zu sein. Dieses Wissen schien nun plötzlich in ihr zu sein und sich aufzubauen, es war unmöglich zu ignorieren.

Als sie eine Lichtung erreichte, konnte Nerra nicht anders, als den Drachen anzustarren und sie verstand, dass seine Krallen fast so geschickt waren wie Hände, verstand, wie sein Körper Magie aus der Luft heraus nehmen und sie in Flamme oder Schatten oder Nebel wandeln konnte. Sie wusste, dass dieser Drache weiblich war und dass er selbst für seine Art groß war.

Nerra verbrachte lange Sekunden damit, den Drachen anzustarren, und in diesen Sekunden erschien eine flackernde Bewegung zu ihrer Linken. Sie sah, wie etwas Schuppenförmiges und Bestialisches aus den Bäumen sprang und mit entblößten Zähnen auf sie zu sprang, bereit zu beißen. Nerra erkannte, dass es den verdrehten Gestalten der Verwandlungen, die sie auf der Insel der Hoffnung beobachtet hatte, ähnlich war, aber dieses schien irgendwie tierischer zu sein, als sei schon seine Ursprungsform etwas gewesen, das nicht menschlich war.

Es war jedoch keine Zeit, herauszufinden was, weil es sich bereits auf sie stürzte. Normalerweise wäre Nerra gerannt, hätte nicht gewusst, was sie sonst tun sollte, aber jetzt ließ ihr Instinkt sie mit krallenförmigen Händen zuschlagen. Diese Krallen schlugen eine Furche über das Fleisch der Kreatur und zwangen sie, zurückzuspringen. Es starrte sie an, zischte und entblößte seine Zähne, als würde es wieder auf Nerra zuspringen, und in diesem Moment schlossen sich zwei weitere an.

Nerra wusste auf die gleiche instinktive Weise, wie sie wusste, wie der Drache aufstieg, dass es zwar leicht genug sein würde, es mit einem der Echsenverwandten aufzunehmen, aber dass drei auf einmal schwieriger sein würden. Sie umzingelten sie und Nerra vermutete, dass sie sterben würde.

Sie sah, wie der Drache wie ein Stein in Richtung Erde stürzte, die Flügel an die Seiten gepresst, als er hineinstürzte und fiel, bis er fast am Boden war, bevor er seine Flügel wieder ausbreitete und sie heftig schlug, was einen solchen Luftstrom verursachte, dass es Nerra von den Füßen riss. Die Eidechsengestalten wurden ebenfalls verstreut.





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„Hat alle Zutaten für sofortigen Erfolg: Verschwörungen, Gegenkomplotte, Geheimnisse, tapfere Ritter und jung erblühende Beziehungen voller gebrochener Herzen, Täuschung und Verrat. Es wird Ihnen stundenlange Unterhaltung verschaffen und alle Altersgruppen begeistern. Eine Bereicherung für die Bibliothek aller Fantasy-Leser.“. – Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Ring der Zauberei). „Dies ist der Beginn von etwas Bemerkenswertem“. – San Francisco Book Review (zu Queste der Helden). Von der #1 Bestseller-Autorin Morgan Rice, Autorin von Queste der Helden (über 1.300 5-Sterne-Bewertungen) kommt eine packende neue Fantasy-Serie: . In RING DER DRACHEN (Das Zeitalter der Magier – Buch Vier), hat Ravin das Königreich umstellt. Mit dem Feigling Vars als Befehlshaber und nur den Gezeiten, die sie vor dem Untergang noch schützen können, liegt die Stadt im Chaos und droht, zerstört zu werden… Allein der Junge kennt den wahren Mörder des Königs. Wird er noch die Gelegenheit bekommen, das Geheimnis zu enthüllen und das Schicksal der Stadt zu ändern?. Wird Devin das neue Schwert fertigschmieden? Wird Lenore ihre Liebe zu Devin erkennen? Wird Greave das Heilmittel für seine Schwester noch rechtzeitig finden?. Und wird Nerra sich erheben und eine Armee von Drachen anführen?. DAS ZEITALTER DER MAGIER erzählt eine epische Saga über ein Netz von Liebe, Leidenschaft und Geschwisterrivalität; von Schurken und verborgenen Schätzen; von Geheimnissen; von Mönchen und Kriegern; von Ehre und Verrat, Schicksal und Bestimmung. Es ist eine Geschichte, die Sie bis in die frühen Morgenstunden fesseln wird. Sie wird Sie in eine andere Welt entführen und Sie werden Figuren erleben, die Sie nie vergessen werden. Es ist großartige Unterhaltung, geschlechter- und generationenübergreifend für alle, die eine gute Fantasy-Saga zu schätzen wissen… Buch #5 (DIE KRONE DER DRACHEN) wird bald verfügbar sein… „Eine temperamentvolle Fantasy-Saga … Nur der Beginn einer epischen Serie für junge Erwachsene.“. – Midwest Book Review (zu Queste der Helden). „Aktionsgeladen … Rices Stil ist wasserdicht und die Prämisse faszinierend.“. – Publishers Weekly (zu Queste der Helden)

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